Konziliarismus

Würdelose Menschenwürde

Würdelose Menschenwürde on März 16, 2013

Eine Leserin brach eine Lanze für die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Kultfreiheit, auch Religionsfreiheit genannt. Selbst wenn die „Eleison Kommentare“ dieses Thema schon öfter behandelten, ist es lohnenswert, ihre Argumente durchzugehen, denn die heutigen Katholiken sollten dringend die Falschheit dieser Lehre begreifen. Das Konzil lehrte in seiner Erklärung über die Religionsfreiheit ( Dignitatis Humanae ) im Abschnitt 2, daß alle Menschen, wenn sie privat oder öffentlich ihrem Glauben entsprechend handeln, frei sein müssen von irgendeinem Zwang durch andere Menschen oder Menschengruppen. Darüberhinaus müsse jeder Menschenstaat dieses Naturrecht in seiner Verfassung oder seinem Bürgerrecht verankern.

Im Gegensatz dazu lehrte die katholische Kirche beständig bis zum Zweiten Vatikanum, daß jeder Staat – als Verkörperung von Gottes bürgerlicher Autorität über Gottes menschliche Geschöpfe – als Staat verpflichtet ist, diese Autorität zum Schutze und zur Förderung von Gottes einer und wahrer Kirche auszuüben, welche die katholische Kirche des menschgewordenen Gottes, unseres Herrn Jesus Christus, ist. Nicht-katholische Staaten werden daher offensichtlich mehr für ihren Mangel an Glauben verurteilt werden, denn dafür, daß sie diesem Glauben keinen bürgerlichen Schutz einräumten. Zudem dürfen katholische Staaten von ihrem Recht, das öffentliche Ausüben von falschen Religionen zu verbieten, absehen, wenn ein solches Verbot für die Seelenrettung eher abträglich denn nützlich sein sollte. Doch das Prinzip bleibt bestehen, wonach Gottes Staaten Gottes wahre Religion begünstigen und schützen müssen.

Die konziliare Lehre bedeutet in Wirklichkeit, entweder daß die Staaten nicht von Gott sind, oder daß es keine eine und wahre Religion Gottes gibt. In jedem Fall befreit diese Konzilslehre den Staat vorbehaltlos von Gott und stellt somit die Freiheit des Menschen über die Rechte Gottes, oder einfacher gesagt den Menschen über Gott. Aus diesem Grunde nannte Erzbischof Lefebvre die Konzilslehre gotteslästerlich. Und daran ändert auch der Hinweis nichts, daß es andere Abschnitte in Dignitatis Humanae gibt, welche der katholischen Lehre entsprechen. Bereits der eine vom Eisberg verursachte Riß brachte die Titanic zum Sinken. Auf ähnliche Weise genügt schon Abschnitt 2 von Dignitatis Humanae, um die katholische Lehre zu versenken. Betrachten wir kurz die Argumente der Leserin, welche die Konzilslehre verteidigt:

1) „Dignitatis Humanae (kurz DH) ist Teil des ordentlichen Lehramtes (Magisterium), welches ernstgenommen werden muß.“

Zwar stammt DH von den Kirchen-Magistern, d.h. -Lehrern, aber nicht vom unfehlbaren Lehramt, weil DH der überlieferten Lehre der Kirche widerspricht, wie oben gezeigt.

2) „DH verdeutlicht lediglich die Menschenrechte, welche durch das Naturrecht gewährt werden.“

Das Naturrecht ordnet die Rechte des Menschen unter die Rechte Gottes ein, nicht über sie.

3) „DH verneint keinesfalls das katholische Muster für die Beziehung zwischen Kirche und Staat.“

Durchaus verneint DH dieses Muster. Abschnitt 2 befreit den Staat von seiner innewohnende Verpflichtung gegenüber der einen und wahren Kirche.

4) „DH wurde im Zusammenhang der modernen Welt geschrieben, wo jeder an die Menschenrechte glaubt.“

Seit wann muß die Kirche der Welt angepaßt werden, anstatt die Welt an die Kirche?

5) „DH lehrt jedoch nicht, daß der Mensch ein Recht auf Irrtum habe.“

Indem DH vom Staate Gottes verlangt, ein Bürgerrecht auf die öffentliche Ausübung von falschen Religionen zu gewähren, verlangt DH tatsächlich von Gott ein Recht auf Irrtum.

6) „DH ist ein Gesuch an die modernen Regierungen, wenigstens einen halben Laib zu gewähren, anstatt gar kein Brot.“

Die wahre katholische Glaubenslehre ist so logisch und folgerichtig aufgebaut, daß bereits die Aufgabe eines Teiles von ihr gleichbedeutend ist mit der Aufgabe der gesamten Lehre. Und welches Schaf kann sich retten, indem es sich selber dem Wolf anbietet?

7) „Katholiken dürfen sich nicht aus der modernen Welt zurückziehen in ein lehrmäßiges Ghetto.“

Um die Rechte Gottes aufrechtzuerhalten und seine Ehre zu schützen, müssen Katholiken stets das tun, was sie zu tun haben, und dorthin gehen, wo sie hingehen müssen. Wenn dies zum Martyrium führt, so geschehe es.

Kyrie eleison.

Unschuldige Liberale?

Unschuldige Liberale? on Februar 23, 2013

Vor vier Wochen bejahten die „Eleison Kommentare“ die Frage, ob Liberalismus wirklich so schrecklich sei, wofür er gehalten wird. Denn der Liberalismus führt implizit einen Krieg gegen Gott. Es blieb die Frage offen, ob die vielen Liberalen, welche abstreiten, Liberale zu sein, Recht haben. Die Antwort lautet, daß wir alle heute sicherlich so vom Liberalismus durchtränkt sind, daß nur noch wenige von uns überhaupt merken, wie liberal wir in Wirklichkeit sind.

Liberalismus im weitesten Sinne meint die Befreiung des Menschen von Gottes Gesetz, was z.B. jeder Mensch tut, wenn er eine Sünde begeht. Somit ist im weitesten Sinne jeder Sünder ein Liberaler und also müßte auch jeder Sünder zugeben, daß er im weitesten Sinne ein Liberaler ist. Allerdings ist es eine Sache, Gottes Gesetz zu brechen und dabei wenigstens noch einzugestehen, daß Gott wirklich Gott und daß sein Gesetz auch sein Gesetz ist. Ein derartiger Sünder wäre lediglich ein praktischer Liberaler. Etwas ganz anderes ist hingegen, Gottes Gesetz zu brechen und dabei abzustreiten, daß Gott wirklich Gott und daß sein Gesetz auch wahrlich sein Gesetz ist. Ein solcher prinzipieller Liberaler stellt den Liberalismus der modernen Zeit dar.

Mit der Französischen Revolution von 1789 platzte dieser moderne Liberalismus in das Weltgeschehen hinein. Denn die Satzung dieser Revolution – die sogenannte Erklärung der Menschenrechte – war in Wirklichkeit eine Erklärung der Unabhängigkeit des Menschen von Gott. Wenn von nun an ein Mensch das Gesetz Gottes befolge, so mache er dies ausschließlich aus eigener Entscheidung heraus, nicht jedoch auf Geheiß oder Befehl von Gott. Durch diesen scheinbaren Gehorsam verhält der Mensch sich dann zwar praktisch nicht wie ein Liberaler, aber im tieferen Sinn ist er durch all sein Tun sogar ein prinzipieller Liberaler. Dies ist der moderne Liberalismus, dessen heutige Katholiken ihre Gegner oft bezichtigen. Haben diese Gegner dann Recht, wenn sie ebenso oft abstreiten, überhaupt Liberale zu sein? Subjektiv ja, aber objektiv nein.

Subjektiv ja, weil die Menschen seit 1789 die falschen Prinzipien der Revolution immer stärker in sich aufgesogen haben, so daß sie angesichts der Beschuldigung, von Gottes Gesetz sich zu befreien, ehrlich antworten können: „Welches Gesetz? Welcher Gott? Von was reden Sie nur!“ In einem so großen Maße wurden Gott und sein Gesetz anscheinend ausgelöscht.

Objektiv nein, weil Gott und sein Gesetz eben mit Sicherheit nicht zu existieren aufgehört haben. Und das wissen tief in ihrem Innern selbst die modernen Menschen. Zu behaupten, daß Gott nicht existiere, ist sogar „unentschuldbar“ (siehe Römer 1,20), und Gottes Gesetz ist den Menschen in ihr Herz geschrieben (siehe Römer 2,15), was immer die Menschen mit dem Munde auch sagen mögen. Beim oben erwähnten „ehrlich antworten“ muß also das „ehrlich“ in Anführungszeichen stehen, denn es wird nur gelten, was es vor Gottes Richterstuhl gilt.

Können also die Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., welche ihre Bruderschaft mit der Konzilskirche vereinigen wollen, wirklich bestreiten, Liberale zu sein? Aus subjektiver Sicht sind sie gewiß davon überzeugt, ihr Bestes für die Kirche zu geben. Doch objektiv gesehen versuchen sie halsstarrig, das gegenrevolutionäre Werk von Erzbischof Lefebvre den Amtskirchen-Autoritäten zu unterwerfen, welche wiederum wild entschlossen sind, die liberale Revolution ein für allemal triumphieren zu lassen. Dabei sagen sie, daß wir wieder in die sichtbare Kirche eintreten müßten, weil sie die katholische Kirche sei. Aber auch die anglikanische „Kirche“ ist immer noch in ganz England sichtbar, und dennoch macht sie das nicht katholisch. Zudem kann den gegenwärtigen Bruderschaftsoberen nicht entgangen sein, auf welche Art und Weise sie die Worte des Erzbischofs verzerren und unterdrücken, um ihn an ihre Vision von Kirche anzupassen.

Die traurige Wahrheit ist, daß diese zuletzt erwähnten Liberalen nie verstanden haben, um was es Erzbischof Lefebvre wirklich ging. Wie so viele von uns waren sie zu seinen Lebzeiten von seinem Charisma wie gebannt. Doch begriffen sie seinen Glauben nie, welcher für sein Charisma die gleiche Bedeutung hatte wie die Wurzel für ihre Frucht. Es sei diesen Liberalen angerechnet, daß sie diese Frucht des Erzbischofs liebten. Doch kaum war er unter dem Boden, da fing die entwurzelte Frucht an, zu verwelken und abzusterben. Und weil sie den Glauben des Erzbischofs nicht begriffen, war es auch unvermeidlich, daß sie seine Bruderschaft in ihre eigene umwandeln würden. Genau das erleben wir seit einiger Zeit. Himmel hilf!

Kyrie eleison.

Neuer Ärger, Di Noia

Neuer Ärger, Di Noia on Februar 16, 2013

Vor zwei Monaten schrieb der Vizepräsident der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei in Rom, Erzbischof Di Noia, einen mehrseitigen Brief an den Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und an all ihre Priester. Der Vatikansprecher Hw. Lombardi nannte den Brief einen „persönlichen Appell.“ Schon viele Kommentatoren gingen auf den Brief ein, welcher im Internet erhältlich ist. Er stellt sicherlich den jüngsten Versuch Roms dar, die Bruderschaft gefügig zu machen und ihrem 40jährigen Widerstand gegen die konziliare Revolution ein Ende zu setzen. Schon im Oktober 2011 sagte Bischof de Galarreta, daß, selbst wenn die Bruderschaft Roms Angebote ablehne, so doch Rom immer wieder darauf zurückkommen werde. Eben das bestätigen wir. Betrachten wir nun, was Erzbischof Di Noia in seinem Brief zu sagen hat, welchen er mit den Worten einleitet „Eure Exzellenz und liebe Priesterbrüder von der Priesterbruderschaft St. Pius X.“:—

Zuerst erfolgt eine Mahnung des Erzbischofs an die Bruderschaftsoberen, namentlich an Hw. Schmidberger, Hw. Pfluger und Bischof Fellay (in dieser Reihenfolge), weil ihre rom-kritischen Interviews in Frage stellen würden, daß die Bruderschaft überhaupt eine Versöhnung mit Rom wünsche. Weil außerdem die Lehrunterschiede zwischen Rom und der Bruderschaft so unlösbar seien wie eh und je, werde daher ein neuer Ansatz verfolgt, die Konzentration auf die Einheit.

Der Erzbischof fährt fort, daß die kirchliche Einheit durch vier Laster behindert und durch die vier gegenteiligen Tugenden gefördert werde: durch Demut, Milde, Geduld und Nächstenliebe. Kirchenspalter seien Feinde Gottes, und allein die Liebe genüge. Hinweg also mit der „harten und unproduktiven Rhetorik,“ so der Tenor. Die Bruderschaft möge mit ihrem eigenen Charisma fortfahren, Priester auszubilden – Priester allerdings, welche fügsam gegenüber dem offiziellen Lehramt sind, welche den Glauben anstatt Rhetorik predigen und welche theologische Probleme nicht vor dem ungeschulten Laienvolk klären, sondern mit den fachkundigen und zuständigen Behörden in Rom. Und der Papst sei der oberste Richter solcher schwierigen Fragen. Schlußendlich wolle Benedikt XVI. die Versöhnung. Verbitterung müsse geheilt werden. Mit den Worten unseres Herrn: „Mögen sie eins sein.“ (Ende des erzbischöflichen Briefes.)

Beachten wir nebenbei, wie dieser Erzbischof in einer für die modernen Menschen und für die Modernisten typischen Weise die grundsätzliche Frage der Glaubenslehre ausklammert. Doch das eigentlich Interessante an diesem Brief ist etwas anderes: Wie hätte der Erzbischof wagen können, seinen Brief ohne Absprache mit dem Generalhaus der Bruderschaft an alle ihre Priester zu senden? Vielmehr war ihm das Generalhaus dienlich, indem es den Brief an alle seine Priester weiterleitete. Dies ist ein weiterer Hinweis von vielen, daß vor der Öffentlichkeit verborgene Kontakte zwischen Rom und dem Bruderschafts-Generalhaus in Menzingen stattfinden. Die Schlüsselfrage lautet allerdings, welchen Beweggrund das Generalhaus haben konnte, dem modernistischen Erzbischof so einen bevorzugten und gefährlichen Zugang zu all den Bruderschaftspriestern zu gewähren. Möchte das Generalhaus, daß sie ebenfalls Modernisten werden? Vermutlich nicht. Aber es kann durchaus wünschen, Rom zu helfen beim Marsch in die „Versöhnung.“

Durch die bloße Weitergabe des erzbischöflichen Liebes-Appells an die Priester erreicht das Generalhaus, daß diese süße Botschaft alle Priester erreicht, ohne daß jemand das Generalhaus beschuldigen könnte, weich geworden zu sein. Im Gegenteil wird der römische Brief diese Priester alle glauben machen, wie nett die Römer seien. Zwar gibt es den erwähnten sanften Tadel an die Bruderschaftsoberen – daß diese nicht so nett seien –, allerdings dient dieser doch insbesondere der Demonstration, wie fest die Oberen in der Glaubensverteidigung stünden. Vor allen Dingen war der Brief ein Versuchsballon, um die Reaktion der Priester zu erkunden. Wie denken diese darüber? Sowohl Rom als auch Menzingen müssen ermitteln können, an welchem Punkt sie mit der „Versöhnung“ voranschreiten können, so daß diese mit einer großen Mehrheit der Priester erfolgt, anstatt zu viele Priester zu entfremden, welche dann einen organisierten Widerstand gegen die Neue Weltordnung fortsetzen würden.

Liebe Bruderschaftspriester, wenn Sie nicht bei lebendigem Leibe vom „Rom der Neuen Ordnung“ geschluckt werden wollen, so möchte ich auf schonende Weise empfehlen, daß Sie reagieren. Informieren Sie Ihre Oberen – so diskret wie Sie wünschen, aber in aller Deutlichkeit –, daß Sie nichts, aber auch gar nichts mit dem konziliaren Rom zu tun haben wollen, bevor es nicht eindeutig das Konzil aufgibt.

Kyrie eleison.

Gelbes Licht

Gelbes Licht on Januar 5, 2013

Vor ungefähr zwei Monaten schrieb Hw. Pater Ronald Ringrose einen bewundernswerten Brief an den US-amerikanischen Distriktoberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. namens Hw. Pater Arnaud Rostand. Nicht alle Leser dieser „Eleison Kommentare“ werden diesen Brief kennen. Hw. Ringrose betreut als unabhängiger Priester seit über 30 Jahren die traditionelle katholische Gemeinde St. Athanasius nahe Washington, D.C., und er war stets ein treuer Freund der Bruderschaft, auch wenn er kein Mitglied von ihr ist. Im Juni letzten Jahres war Hw. Ringrose mit seiner Gemeinde Gastgeber für das erste Treffen der Kernmannschaft jener Bruderschaftspriester, welche in den USA Widerstand gegen den Kurswechsel der Bruderschaft leisten. Zwar fand besagter Kurswechsel schon seit längerem im Verborgenen statt, doch wurde er erst im Frühling des letzten Jahres offen und für alle sichtbar. Als getreue Führungskraft von Bischof Fellay in den USA schlug Hw. Rostand in einem Brief zuvor dem Hw. Ringrose ein Treffen vor, wo der Distriktobere ihn dann davon überzeugen könnte, daß der Kurswechsel gar kein echter Wechsel sei. Es folgt die Antwort von Hw. Ringrose:—

„Vielen Dank für Ihren Brief vom 12. Oktober 2012, wo Sie ein Treffen vorschlagen, um die Situation in der Priesterbruderschaft zu diskutieren. Obwohl dies ein sehr freundliches Angebot Ihrerseits ist, welches ich sehr schätze, so denke ich dennoch nicht, daß dieses Treffen einen nützlichen Zweck haben würde. Denn die Probleme der Priesterbruderschaft kommen von ihrer obersten Führung her, und Sie sind nicht in einer Position, dies zu ändern.

Tatsächlich war ich seit vielen Jahren ein großer Befürworter der Priesterbruderschaft. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß meine Mission als Priester und die Mission der Bruderschaft ein- und dieselbe war: den Seelen zu helfen, den katholischen Glauben aufrechtzuerhalten während dieser Zeit, wo er selber vom nachkonziliaren Rom aufgegeben worden zu sein scheint.

Inzwischen muß ich mit meiner Unterstützung der Priesterbruderschaft allerdings vorsichtiger und zurückhaltender sein. So war ich tief beunruhigt, als Ihr Generaloberer sagte, daß 95% des Zweiten Vatikanischen Konzils annehmbar seien. Und ich bin sehr erstaunt darüber, daß die Bruderschaftsführung an drei der Bischöfe der Bruderschaft antwortete, daß letztere aus den Irrtümern des Zweiten Vatikanum eine „Super-Häresie“ machen würden. Auch bin ich enttäuscht darüber, wie saft- und kraftlos die Reaktion der Bruderschaft auf Assisi III ausgefallen ist. Ich bin traurig über die ungerechte Disziplinierung jener Bruderschaftspriester, welche nach dem Vorbild Erzbischof Lefebvres handeln. Und schließlich bin ich empört über die Behandlung von Bischof Williamson durch die Bruderschaft – empört nicht nur über seinen kürzlichen Ausschluß aus der Bruderschaft, sondern auch über sein schäbiges Behandeltwerden während der letzten Jahre.

Wenn ich bis vor dem letzten Jahr von einem Gemeindemitglied zur Priesterbruderschaft gefragt wurde, so gab ich stets grünes Licht. Angesichts ihrer jüngsten Aktionen gebe ich zwar noch kein rotes Licht, aber ein gelbes Licht der Vorsicht. Das rote Licht von meiner Seite wird kommen, wenn und sobald die Bruderschaft zuläßt, von der Konzilskirche aufgesogen zu werden, welcher der Erzbischof sich so heftig widersetzte.

Mit großer Trauer schreibe ich diese Worte. Denn die Bruderschaft zählt viele gute, eifrige und gläubige Priester. Viele unter ihnen kenne und schätze ich. Von ihnen hängen viele Seelen ab. Aus Liebe zur Bruderschaft fürchte ich um ihre Zukunft. Und ich fürchte, daß sie einen selbstmörderischen Weg eingeschlagen hat. Die Bruderschaftsführung mag vielleicht denken, daß ein Vertrag mit dem konziliaren Rom vom Tisch sei, aber ich fürchte, daß Rom hier anders denkt.

Ich bete darum, daß die Bruderschaft wieder zu dem Kurs zurückkehrt, welchen Erzbischof Lefebvre ihr zugedacht hat, und zwar ohne Kompromisse und Ausflüchte. Wenn die Bruderschaft dies macht, so wird sie wieder meine uneingeschränkte Unterstützung haben.“

Am Ende schließt Hw. Ringrose seinen Brief mit brüderlichem Gruß. Der Brief ist wahrlich ein Modell für scharfsinniges Denken und Höflichkeit, für Festigkeit und Nächstenliebe. Lange lebe Hw. Ringrose, damit er eine einzigartige Bastion des Katholizismus direkt neben der Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika aufrechterhalten kann.

Kyrie eleison.

Lebewohl Wimbledon

Lebewohl Wimbledon on Dezember 15, 2012

Nun bin ich also aus Wimbledon weggezogen, was immerhin der Wirklichkeit meiner angeblichen „Vertreibung“ aus der Priesterbruderschaft St. Pius X. entspricht. Nach meiner wirklichen Vertreibung aus Argentinien habe ich fast vier Jahre in Wimbledon verbracht und daher begleitete eine gewisse Traurigkeit meinen Wegzug. Denn trotz allem waren es vier glückliche Jahre. Ein wichtiger Grund für dieses Glück dürften diejenigen Priester gewesen sein, welche den englischen Hauptsitz der Bruderschaft, das St. Georg-Haus in Wimbledon, bewohnen. Sie waren eine ausgezeichnete Gesellschaft. Möge Gott jeden von ihnen segnen.

Einen Punkt muß ich doch klarstellen. Viele Leute fragen, warum ich die Priesterbruderschaft verlassen hätte. In Wahrheit habe aber nicht ich die Bruderschaft verlassen, sondern sie mich, indem sie die Grundsätze aufgab, wegen denen ich ihr einst beitrat. Wieder einmal trifft die Parallele zum Zweiten Vatikanischen Konzil zu. Auf die gleiche Weise, wie in den 1960er-Jahren unzählige katholische Priester, Ordensleute und Laien von den Kirchenmännern im Stich gelassen wurden, weil letztere für das Konzil stimmten, so werden auch heute seit 2010 eine Reihe gläubiger Priester und Laien von den Bruderschaftsoberen im Stich gelassen, weil letztere einen Frieden anstreben mit ihren „neuen Freunden in Rom“ – Zitat erster Asistent der Bruderschaft. Diese Blindheit erstaunt die Sehenden. Den Nichtsehenden hingegen ist diese Blindheit nur allzu natürlich. Möge Gott ihnen gnädig sein. Nach meiner Einschätzung haben diese Oberen nie verstanden, um was es Erzbischof Lefebvre wirklich ging. Sie sind Kinder ihrer Zeit.

Diese Oberen gaben als einzig wesentlichen Grund für meine „Vertreibung“ Ungehorsam an. Doch der einzig wesentliche Ungehorsam meinerseits war die wiederholte Weigerung, die „Eleison Kommentare“ einzustampfen. Als ich bei zwei verschiedenen Gelegenheiten den Generaloberen um Auskunft bat, welche Kommentar-Ausgaben denn genau problematisch seien, gab er jedesmal keine Antwort – zweifellos, weil er dann hätte zugeben müssen, daß das eigentliche Problem ein inhaltliches ist: namentlich meine entschiedene Ablehnung gegenüber seiner selbstmörderischen Annäherung an das konziliare Rom. Aber stattdessen fährt der Generalobere fort zu behaupten, daß ein disziplinäres Problem vorliege – womit er lediglich vom eigentlichen Problem ablenkt. Weder bin ich der erste Priester, noch werde ich der letzte sein, welchen der Generalobere auf diese Weise behandelt. Möge Gott ihn erleuchten. Der Generalobere riskiert, viele seiner wahren Freunde davonzujagen, um in Wirklichkeit seinen wahren Feinden zu gefallen. Eben genau so, wie Papst Paul VI. mit Erzbischof Lefebvre verfuhr. Die Parallelen hören nicht auf. Neukirche und Neubruderschaft stammen vom selben Übel unserer Zeit her.

Wie geht es nun weiter? Günstigstenfalls für die nächsten paar Wochen und schlimmstenfalls für die nächsten Monate bewohne ich die Wohnung eines Freundes in der Nähe von London, bis ich ein geeignetes Mietobjekt für die nächsten sechs bis zwölf Monate gefunden habe. Nach wie vor denke ich nicht, daß dauerhafte Unterbringungspläne geschmiedet werden müßten. Somit werde ich also leider nicht ganz einfach zu erreichen sein, weil mein Freund mit Rücksicht auf die Nachbarn diskret sein muß. Doch in jedem Fall bin ich mit klassischer Post erreichbar unter: P.O.Box 423, Deal CT14 4BF, England. (Bitte senden Sie mir heuer keine Weihnachtspost, denn auch ich versende keine.) Vom 13. Dezember 2012 bis 3. Januar 2013 plane ich, eine apostolische Reise nach Kanada und die USA zu unternehmen, so Gott will, und direkt im Anschluß daran einen Abstecher nach Frankreich zum Fest der Erscheinung uns eres Herrn.

Weiterhin wird es ein paar Änderungen bezüglich Erscheinungsweise meiner gesprochenen und geschriebenen Worte geben. Auch Format und Versandart meiner „Eleison Kommentare“ werden sich möglicherweise ändern, doch hoffe ich, daß ihr samstägliches Erscheinen von Dezember bis ins neue Jahr unverändert weitergeht. Für Ihre Spenden zugunsten der St. Marcel-Initiative danke ich Ihnen. Falls Sie um die Beträge besorgt waren, so kann ich Ihnen versprechen, daß sie nicht abhandengekommen sind. Gesegnete Weihnachten.

Kyrie eleison.

Diverse „Kirchen“

Diverse „Kirchen“ on Dezember 1, 2012

Heutzutage herrscht große Verwirrung über die Identität der wahren Kirche unseres Herrn Jesus Christus hier auf Erden, sowie über die diversen Namen, mit denen sie benannt wird. Die gegenwärtige Verwirrung fußt hauptsächlich auf der derzeit größten Schwierigkeit der Kirche: das teuflische Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965). Versuchen wir, die Verwirrung etwas zu entwirren.

„Kirche“ stammt vom Altgermanischen „kiricha,“ welches wiederum vom griechischen Wort „kuriakon“ abgeleitet ist und „vom Herrn“ bedeutet. So hieß „Doma kuriakon“ dann „Haus des Herrn,“ und vom Gebäudenamen herkommend umfaßte das Wort „Kirche“ letztendlich auch jene Leute, welche regelmäßig in diesem Haus verweilten.

„Katholische Kirche“ bedeutet für viele ein Gebäude, aber in erster Linie meint sie die weltweite Menschengruppe („katholos“ heißt im Griechischen „universell,“ also allgemeingültig und weltumfassend), welche zusammen an dem einen Glauben, an der einen Sarakramentenreihe und an der einen Hierarchie teilhat – alle drei wurden vor 2000 Jahren vom fleischgewordenen Gott, unserem Herrn Jesus Christus, gegründet, als er auf Erden weilte. Leider fielen von dieser ursprünglichen Gruppe von Gläubigen, welche unser Herrn eingesetzt hatte, in regelmäßigen Abständen immer wieder einzelne Gruppen ab. Und doch behaupten diese abgefallenen Gruppen, daß sie die wahre Kirche Christi seien. Wie können wir dann wissen, welche seine wahre Kirche ist?

Die wahre „Kirche Christi“ besitzt vier Merkmale, wie sie genannt werden. 1) Einig: Unser Herr gründete nicht etwa mehrere Kirchen, sondern vereinte seine eine Kirche vor allem durch das Einssein im Glauben (vergleiche Johannes 17,21–23: „Damit sie alle eins seien“). 2) Heilig: Unser Herr gründete seine Kirche, um alle Menschen zum allheiligen Gott und in seinen heiligen Himmel zu führen (vgl. Matthäus 5,48: „Seid also vollkommen“). 3) Katholisch: Unser Herr gründete seine Kirche für die Menschen aller Länder in jedem Alter (vgl. Matthäus 28,19: „Geht darum hin und macht alle Völker zu Jüngern“). 4) Apostolisch: Unser Herr gründete seine Kirche als Monarchie, welche vom Apostel Petrus und seinen Nachfolgern regiert werde (vgl. Matthäus 16,18 „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“; wobei das griechische Wort „petran“ Felsen heißt). Die wahre Kirche Christi ist dort, wo diese vier Merkmale vorhanden sind – und wo sie fehlen, ist auch die Kirche Christi nicht.

„Konziliare Kirche“ bedeutet, daß die gottzentrierte katholische Kirche unter die Herrschaft des menschenzentrierten Zweiten Vatikanischen Konzils gefallen ist und bis heute fällt. Der Bezug des Konziliarismus (als Essenz des Zweiten Vatikanum) zur wahren Kirche Christi entspricht dem Bezug der Fäulnis eines verfaulten Apfels zum Apfel, welchen die Fäulnis verdirbt. Diese Fäulnis besetzt den Apfel, hängt von ihm ab, kann ohne den Apfel gar nicht existieren und ist trotzdem vom Apfel sehr verschieden (so wie uneßbar verschieden ist von eßbar). Auf gleiche Weise besetzt auch der menschenzentrierte Konziliarismus die Kirche Christi derart, daß nur noch wenige Teile der Kirche unverdorben sind, mehr oder minder, aber dennoch ist der Konziliarismus vom Katholizismus so sehr verschieden, daß wir wahrhaftig sagen können: die konziliare Kirche ist nicht mehr die katholische Kirche. Nun ist aber die katholische Kirche sichtbar. Doch ist nicht auch die Konzilskirche sichtbar?

„Sichtbare Kirche“ meint alle Gebäude, alle Kirchenvertreter und alles Kirchenvolk, welche wir mit unseren Augen sehen können. Doch die Folgerung, daß die Konzilskirche sichtbar ist und deswegen die katholische Kirche sein muß, ist genauso „kindisch“ (Wort von Erzbischof Lefebvre für diesen Irrtum) wie die Folgerung, daß alle Löwen Tiere sind und daher alle Tiere auch Löwen sein müssen. Nur jener Teil der sichtbaren Kirche ist katholisch, welcher einig, heilig, universell und apostolisch ist. Die restlichen Teile stellen nur diverse Arten von Fäulnis dar.

Amtskirche oder auch offizielle Kirche bedeutet jene Kirche, die von den sichtbaren Kirchenvertretern geführt wird und ihnen folgt. Weil diese Kirchenvertreter heutzutage aber überwiegend konziliar sind, ist gemäß den vier Merkmalen auch die „Amtskirche“ überwiegend konziliar, also nicht katholisch. Auf ähnliche Weise meint der Begriff „Mehrheitskirche“ die heutige Amtskirche als Gegensatz zum kleinen „traditionalistischen“ Überrest. Doch sollten wir nicht behaupten, daß in der Mehrheitskirche es nichts mehr gebe, was einig, heilig, universell und apostolisch ist; genausowenig wie wir sagen können, daß alles im „traditionalistischen“ Überrest die vier Merkmale aufzeigt. Spreu und Weizen sind in der Kirche Christi stets gemischt (vgl. Matthäus 13,24–30).

Kyrie eleison.