Kategorie: Eleison Kommentare

Moderne Kunst – II.

Moderne Kunst – II. posted in Eleison Kommentare on Juli 17, 2010

Durch ihre Häßlichkeit selber zeigt die moderne Kunst auf die Existenz und die Güte Gottes. Betrachten wir drei Monate nach dem „Eleison Kommentar“ Nr. 146 erneut dieses Paradoxon, damit jede Seele, welche anhand des gesunden Menschenverstandes den Unterschied zwischen Schönheit und Häßlichkeit in der Kunst zugibt, auch die nächste Erkenntnis erreichen dürfte, daß nämlich, würde Gott nicht existieren, es auch diesen Unterschied nicht gäbe.

Der Begriff „Kunst“ bedeutet Fertigkeit bzw. die Erzeugnisse menschlicher Fertigkeit. Er kann Gemälde, Zeichnungen, Statuen, Kleidungsarten, Musik, Architektur, usw. einschließen. Der Ausdruck „Moderne Kunst“ bezeichnet üblicherweise Gemälde und Skulpturen vor allem ab den frühen 1900er Jahren, die von einer Künstlerbewegung produziert wurden, die bewußt jeden Standard und jedes Maß an Schönheit, wie sie vor dem 20. Jahrhundert verstanden wurde, ablehnten und weiterhin ablehnen. Der Unterschied zwischen der klassischen und der modernen Kunst ist so spürbar wie jener zwischen dem klassischen Londoner „Tate“-Museum in Millbank und dem „Tate Modern“-Museum. Letztgenanntes ist ein gänzlich neues Museum, das vor zehn Jahren nur eine kurze Bootsfahrt flußabwärts von seinem Vorläufer entfernt am gegenüberliegenden Ufer der Themse eingerichtet wurde. Es ist, als ob die moderne Kunst nicht unter demselben Dach wie vor-moderne Kunst existieren könne. Die beiden bekriegen sich, genauso wie es zwischen den alten Kirchengebäuden und der Neuen Messe der Fall ist.

Moderne Kunst in diesem Sinne ist durch ihre Häßlichkeit geprägt. In diesem Punkt wird der gesunde Menschenverstand dem kommunistischen Führer Chruschtschow zustimmen, welcher auf einer Ausstellung von moderner Kunst in Rußland geäußert haben soll, „Ein Esel würde das mit seinem Schwanz besser hinbekommen.“ Was aber ist Häßlichkeit? Sie ist Disharmonie, also Mißklang. Arrianne Huffington zeigt in ihrem bewundernswerten Buch „Picasso, Schöpfer und Zerstörer“ (englisch: „Picasso, Creator and Destroyer,“ deutsche Ausgabe: „Picasso, Genie und Gewalt,“ 1988), wie Picasso jedesmal, wenn er sich in eine andere seiner insgesamt sechs (Haupt-) Frauen verliebt hatte, in seinen ruhigeren Gemälden etwas von ihrer natürlichen Schönheit durchschimmern ließ – während, sobald seine Liebe wieder erkaltet war, sein Zorn diese Schönheit in Stücke riß und daraus dann „Meisterwerke“ der modernen Kunst machte. Dieses Muster wiederholt sich bei Picasso wie bei einem Uhrwerk!

Folglich entspringt die Schönheit in der Kunst dem Einklang in der Seele – selbst wenn es bloße irdische Harmonie ist –, während die Häßlichkeit aus der Disharmonie der Seele stammt, wie es beim Haß der Fall ist. Nun benötigt die Harmonie jedoch die Disharmonie nicht, im Gegenteil. Hingegen setzt die Disharmonie, wie ihr Name schon sagt, eine gewisse Harmonie voraus, gegen die sie sozusagen Krieg führt. Also kommt die Harmonie vor der Disharmonie, und tatsächlich bezeugt jede Disharmonie auf gewisse Weise das Vorhandensein einer Harmonie. Nun können Madonnen-Gemälde auf wesentlich tiefere Weise harmonisch sein als Gemälde anderer schöner Frauen, weil die Harmonie in der Seele des Künstlers, welcher die Madonna malt, viel höher reichen kann als die Harmonie, die von einem rein menschlichen Modell inspiriert wird, so schön dieses auch sein mag. Warum ist das so? Weil die Schönheit der Madonna von ihrer Nähe zu Gott herrührt, dessen göttliche Harmonie – perfekte Einfachheit und Einheit – die menschliche Harmonie selbst der schönsten unter den reinen Geschöpfen unendlich übersteigt.

Deswegen zeigt die arme moderne Kunst genaugenommen auf die Harmonie, die ihr fehlt; und jede Harmonie verweist schließlich auf Gott. Möge niemand auf die Häßlichkeit der modernen Architektur zurückgreifen, um die Tridentinische lateinische Messe zu beherbergen. Denn dann würde man annehmen müssen, daß dieser jemand nur darauf wartete, zur Disharmonie der Novus Ordo Messe zurückkehren zu können!

Kyrie eleison.

Nützlichkeit der Gespräche

Nützlichkeit der Gespräche posted in Eleison Kommentare on Juli 10, 2010

Derzeit sind viele Katholiken über die laufenden Gespräche zwischen Rom und der Priesterbruderschaft St. Pius X. besorgt. Sie dürften ein wenig erleichtert sein, wenn sie – wie ich vor zwei Monaten – die Gründe von Bischof de Galarreta hören könnten, warum diese Unterredungen bis zu ihrem geplanten Ende fortgesetzt werden sollten – aber nicht weiter. Sie bergen ein geringes Risiko, bieten aber etliche Vorteile, wie der Bischof erklärt.

Nach dem einleitenden Treffen im Oktober letzten Jahres gab es ordnungsgemäße Gespräche im Januar, März und Mai dieses Jahres. Betrachten wir jeweils den Zeitabschnitt vor, während und nach einem Treffen. Vor jedem Treffen übergeben die vier Vertreter der Priesterbruderschaft den vier römischen Theologen zum jeweiligen Gesprächsthema eine Erklärung anhand der katholischen Lehre, und beschreiben dann die Schwierigkeiten, welche aus der entgegengesetzten Lehre des Zweiten Vatikanum entstehen. Auf dem Treffen antworten dann die römischen Theologen, und das anschließende mündliche Gespräch wird aufgezeichnet. Nach der Sitzung schließlich erstellt die Priesterbruderschaft eine schriftliche Zusammenfassung der Aufzeichnung. Bisher wurden nur die Themen Liturgie sowie Religionsfreiheit erörtert. Der Bischof sieht das Ende aller weiteren notwendigen Gespräche für das Frühjahr nächsten Jahres vor.

Bei der Bewertung dieser Gespräche unterscheidet der Bischof zwischen ihrem bloßen Stattfinden und ihrem eigentlichen Inhalt. Über ihren Inhalt sagt er, daß die Vertreter der Priesterbruderschaft von den mündlichen Erörterungen enttäuscht seien, weil, wie mir ein anderes Mitglied mitteilte, „es ihnen an theologischer Präzision mangelt. Zwei Gedankenlinien, welche sich nie treffen können, ergeben keinen Dialog, sondern eher zwei Monologe. Allerdings sind die Römer nett zu uns, und daher ähneln die Gespräche weniger Essig, als vielmehr Mayonnaise. Wir sagen, was wir denken, und wir machen uns keine Illusionen.“ Der Bischof fügt allerdings hinzu, daß das niedergeschriebene Ergebnis der Gespräche aus der Zeit vor und nach den Sitzungen eine wertvolle Dokumentation für die Abgrenzung der katholischen Wahrheit vom konziliaren Irrtum darstellen werde, auch für das Aufspüren der neuesten Entwicklungen von diesem Irrtum. „Seit der Zeit des Johannes Paul II. ist dieser Irrtum noch raffinierter geworden,“ sagt er.

Über das bloße Stattfinden der Gespräche sagt der Bischof, daß diese etliche weitere Vorteile böten. Erstens sei es gut für die Römer, Vertreter der Priesterbruderschaft kennenzulernen, und umgekehrt. Durch solche Kontakte könnten des Teufels beliebte „Rauch- und Blendwerke“ verringert werden. Auch sieht der Bischof kein großes Risiko bei diesem Kontakt, weil diese vier speziellen Römer keine Verkehrten seien, wie er sagt, und außerdem eindeutig sei, von wo sie kommen und wohin sie gehen wollten. Zweitens gewinne die Piusbruderschaft allein durch die Tatsache, daß Rom auf höchster Ebene mit ihr ernsthaft über ihre Lehre diskutiert, ein gewisses Vertrauen bei manchem Amtskirchen-Priester guten Willens, der ansonsten nicht für die Tradition offen ist. Und drittens kämen einige der besten Köpfe Roms gelegentlich ins Grübeln, wenn sie die alten Argumente durch die Priesterbruderschaft neu vorgesetzt bekommen. Anders gesagt mag es zwar nur ein Anfang davon sein, daß die katholische Wahrheit sich wieder durchsetzt, doch ein Anfang ist es schon.

Liebe Leser, üben wir uns in Geduld und schrankenlosem Vertrauen in die Vorsehung Gottes – schließlich ist es seine Kirche! Beten wir außerdem zur Mutter Gottes, daß sie uns helfe, die Liebe zur katholischen Wahrheit in uns zu bewahren, welche allein unsere Seelen retten kann und ohne welche die katholische Amtsgewalt niemals wiederhergestellt werden kann.

Kyrie eleison.

Menschlich gesehen erledigt

Menschlich gesehen erledigt posted in Eleison Kommentare on Juli 3, 2010

„Eure Exzellenz, da komme ich nicht mehr mit! Erst lassen Sie in EC 153 die „Sedisvakantisten“ so gut aussehen, daß daneben die Priesterbruderschaft St. Pius X. geradezu blaß wirkt. Dann umhüllen Sie Kardinal Kasper, einen weiteren Gegner der Priesterbruderschaft, mit Rosenduft. Trotzdem schließen Sie mit der Feststellung, daß er der Beweis ist, daß die Kirche erledigt ist! Und die Krönung setzen Sie dann in EC 154 auf, wenn Sie sagen, daß die Priesterbruderschaft trotzdem völlig richtig liegt. Mir raucht der Kopf!“

„Nun, immer mit der Ruhe. Beginnen wir mit dem einfachen Teil der Antwort und kommen wir dann zum interessanten Teil. Letzte Woche sagte ich in EC 154, daß das Zweite Vatikanum die katholische Wahrheit von den katholischen Kirchenbehörden abtrennte. Weiterhin sagte ich, daß zwischen den übertriebenen „Wahrheits-Verfechtern“ wie den Sedisvakantisten, und den übertriebenen „Behörden-Verfechtern“ wie Kardinal Kasper, die Priesterbruderschaft St. Pius X. die richtige Linie verfolgt, indem sie die ganze Wahrheit mit so viel Beachtung der Kirchenbehörden verbindet, wie mit der katholischen Wahrheit noch vereinbar ist. Naturgemäß greifen beide Seiten dieses Mittelwegkonzept an, aber beiden entgegengesetzten Irrtümern ein gewisses Verständnis entgegenzubringen, kann und soll das richtige Konzept zwischen diesen beiden Seiten ausfindig zu machen helfen.“

„Nun gut, Eure Exzellenz, aber warum sagten Sie, daß – menschlich gesehen – die Kirche erledigt ist, nur weil der Kardinal lächelte?“

„Weil das Aufgeben der Wahrheit an sich viel schwerer wiegt als das Aufgeben der Behörden. Schließlich existiert die kirchenbehördliche Amtsgewalt nur aus dem Grund, der katholischen Wahrheit zu dienen. Daraus folgt, daß die Wahrheit an erster und die Kirchenbehörde an zweiter Stelle steht. Auf diese Weise sind die Sedisvakantisten mit dem Glauben der Kirche verbunden (warum sonst würden sie sich über irrende Stellvertreter Christi aufregen?) und ihr Verstand funktioniert noch (ihre Argumente scheinen sehr logisch zu sein). Sobald jedoch ein Katholik wegen seines Anhängens an die Kirchenbehörden anfängt, das Zweite Vatikanum mit seiner Menschenreligion zu akzeptieren, beginnt er, seinen Glauben an die eine wahre Religion Gottes zu verlieren und seinen Verstand zu aufzulösen. Denn durch dieses Akzeptieren zwingt er seinen Verstand, den absoluten Widerspruch zu verdauen, welcher zwischen der wahren und der konziliaren Religion prinzipiell und praktisch besteht – schauen Sie sich doch nur um!“

„Das Lächeln des Kardinal zeigte an, in welchem großen Ausmaß die höchsten Kirchenmänner den Glauben der Kirche – wenigstens vor den Menschen – verloren haben und wie sie ihren Verstand durch die konziliare Ausübung des „ökumenischen Dialogs“ zerstört haben. Die ganze Gottheit ist in Jesus Christus vorhanden und er gründete nur eine Kirche, die notwendigerweise im Widerspruch – manchmal mehr, manchmal weniger – zu jeder anderen „Kirche,“ Religion oder Nicht-Religion steht. Doch wie können dann katholische Kirchenmänner mit Nicht-Katholiken offiziell sprechen, außer zu dem einen und wichtigsten Zweck, diese zu konvertieren? Den „Dialog“ aus irgendeinem anderen Grund zu führen, heißt, die Gottheit Jesu Christi implizit zu leugnen. Kein Wunder, wenn der Kardinal wahrnimmt, wie die Priesterbruderschaft ihn als Häretiker einstuft. Doch darüber kann er nur lächeln.“

Denn der Kardinal denkt, weil die Kirchenbehörden ihn gutheißen, daß er alles glaubt, was einen Katholiken ausmacht. Der Kardinal hat also jedes Gespür für den Widerspruch verloren, und sein Glaube und sein Verstand funktionieren nicht mehr. Wenn aber das höchste Vermögen eines Menschen – sein Verstand – verlorengeht, was bleibt dann noch, um diesen Menschen zu retten? Nur ein Wunder! Nun ist Kardinal Kasper für die heutigen Kirchenmänner typisch. Deshalb ist die Amtskirche erledigt – wenn kein Wunder vom lieben Gott her geschieht.

Kyrie eleison.

Katholische Ausgewogenheit

Katholische Ausgewogenheit posted in Eleison Kommentare on Juni 26, 2010

Letzte Woche begann der „Eleison Kommentar“ mit einem scheinbaren Verständnis für die „Sedisvakantisten,“ welche glauben, daß die Päpste seit Johannes XIII. gar keine Päpste gewesen sind, und er endete mit einem scheinbaren Verständnis für Kardinal Kasper, welcher über die unmaßgebliche Priesterbruderschaft St. Pius X. sich lustig machte. Von mindestens einer Leserin weiß ich, daß sie dies verwirrte, und vermutlich ist sie nicht alleine. Doch es fügt sich alles ein, wenn wir davon ausgehen, daß seit dem Zweiten Vatikanum die katholische Wahrheit von den katholischen Kirchenbehörden getrennt ist.

Nun müßten eigentlich die katholischen Kirchenbehörden immer an die katholische Wahrheit unseres Herrn geschweißt sein, denn es gibt diese menschlichen Behörden ja nur, um die göttliche Wahrheit zu schützen und zu lehren. Aber die protestantischen Irrlehren und die liberale Auflösung der Wahrheit hatten über die Jahrhunderte schließlich ihren Weg so in die Herzen und Köpfe der großen Mehrheit der Konzilsväter gefressen, daß sie auf diesem schrecklichen Konzil (1962 – 1965) die Reinheit der katholischen Wahrheit aufgaben und bis auf den heutigen Tag ihre gesamte katholische Amtsgewalt dazu nutzen, den Katholiken die neue und falsche konziliare Religion des Menschen aufzunötigen.

Daraufhin wurden die Katholiken auf geradezu unvermeidliche Weise sowohl auseinandergerissen als auch innerlich zerrissen. Denn entweder klammerten sie sich an die katholische Wahrheit und gaben in der Folge die katholischen Kirchenbehörden mehr oder weniger auf. Das ist die Lösung der „Sedisvakantisten.“ Und schaut man in erster Linie auf die katholische Wahrheit, so kann man wohl für sie Verständnis haben. Denn gar schrecklich ist der Verrat an der Wahrheit durch die höchsten Kirchenmänner, seit das Konzil begann.

Andere Katholiken klammerten sich dagegen an die katholischen Behörden und gaben in der Folge die katholische Wahrheit mehr oder weniger auf. Das ist die Lösung des Kardinal Kasper. Und schaut man in erster Linie auf die katholische Amtsgewalt, so kann man wohl mit seiner Loyalität zu Benedikt XVI. mitfühlen und sogar das Lächeln des Kardinals verstehen, als er von der Priesterbruderschaft St. Pius X. getadelt wurde, die ganz unmaßgeblich und immer noch praktisch exkommuniziert ist.

Doch Erzbischof Lefebvre wählte einen dritten Weg – zwischen den beiden Extremen, die entweder die Wahrheit oder die Amtsgewalt aufgeben. Sein Weg, dem die Priesterbruderschaft gefolgt ist, bedeutete, an der katholischen Wahrheit festzuhalten, allerdings ohne jedwede Respektlosigkeit gegenüber der kirchlichen Amtsgewalt und ohne pauschalen Zweifel an der Gültigkeit ihrer Behörden. Es ist sicherlich nicht immer leicht, diese Ausgewogenheit zu bewahren. Doch sie hat katholische Früchte auf der ganzen Welt hervorgebracht und einen treuen Rest an Katholiken erhalten, welche seit den 40 Jahren, die wir bisher in der konziliaren Wüste verbrachten (1970 – 2010), dank der Priesterbruderschaft die wahre Lehre und die wahren Sakramente haben.

Vielleicht müssen wir katholischen Schäfchen noch eine Weile verstreut in dieser Wüste ausharren – so lange, wie der Hirte von Rom geschlagen ist (Sacharja 13,7, zitiert durch unseren Herrn im Garten Gethsemane, vergleiche Mt. 26,31). Im heutigen „Gethsemane der Kirche“ müssen wir Verständnis für überhaupt alle Schäfchen haben. Aus diesem Grunde kann ich mit den „Sedisvakantisten“ und sogar mit den Liberalen – bis zu einem gewissen Punkt – mitfühlen. Doch heißt das auf keinen Fall, daß der dritte Weg des Erzbischofs aufgehört habe, der Richtige zu sein.

Möge die Heilige Muttergottes noch lange die kleine Priesterbruderschaft beschützen!

Kyrie eleison.

Lächelnder Kardinal

Lächelnder Kardinal posted in Eleison Kommentare on Juni 19, 2010

Ein jüngstes Lächeln des Kardinal Kasper bestätigt meine langjährige Überzeugung, daß wir trotz des grundlegenden Liberalismus der konziliaren Päpste seit Johannes XXIII. nicht unbedingt bezweifeln müssen, ob sie wirklich Päpste gewesen sind. Eine ganze Reihe ernsthafter und gläubiger Katholiken zweifelt daran, weil sie die Frage stellen, wie wahre Stellvertreter Christi so weit vom katholischen Glauben und von der Kirche Christi abkommen können, wie diese Päpste es getan haben. Tatsächlich ist ein außerordentlich ernsthaftes Problem vorhanden.

Diese Zweifler heißen gewöhnlich „Sedisvakantisten“ und argumentieren folgendermaßen: Wer wie ein Häretiker geht, spricht und – wie die US-Amerikaner sagen – plappert, ist ein Häretiker. Nun schließt ein Häretiker sich allerdings selber aus der Kirche aus. Deswegen haben diese Päpste sich selber aus der Kirche ausgeschlossen und können unmöglich ihre Oberhäupter gewesen sein – denn von welchem Körper kann ein Nichtmitglied das Haupt sein?

Die richtige Antwort lautet nach meinem Dafürhalten allerdings: Die Häresie, die jemanden automatisch aus der einen und einzigen Arche des Heiles verstößt, ist so schwerwiegend, daß, um so eine Häresie verüben zu können, jemand genau wissen und vollständig wollen muß, was er macht. Er muß erkennen, daß er katholische Wahrheiten leugnet, welche von Gottes eigener Autorität durch Seine Kirche definiert worden sind. Anders gesagt muß er erkennen, daß er Gott trotzt. Ohne diese Erkenntnis, welche die Kirche „Hartnäckigkeit“ nennt, mag er zwar göttliche Wahrheiten abstreiten, trotzt jedoch noch nicht Gott und schließt sich deshalb noch nicht selber aus der Kirche aus.

Nun finden allerdings „Sedisvakantisten“ die Idee lächerlich, daß diese Päpste, welche immerhin grundlegend in der Kirchenlehre erzogen worden sind, nicht wüßten, was sie tun, wenn sie solche Ungeheuerlichkeiten aussprechen wie – um nur ein Beispiel zu nennen – Benedikt XVI. über die angeblich weiterhin bestehende Gültigkeit des Alten Bundes. In den früheren Zeiten, als die Kirchenführung noch den rechten Geist besaß, verdeutlichte die Kirche auf folgende Weise einem Häretiker, was er wirklich tut: Die päpstliche Inquisition (Heiliges Offizium) ließ den Häretiker antreten, konfrontierte ihn autoritativ mit seiner Irrlehre und drängte ihn, diese zu widerrufen. Weigerte er sich, dann war seine Hartnäckigkeit allen offenkundig – und der Wolf wurde aus der Herde geworfen. Eine solche Konfrontation benötigt allerdings eine Instanz, um sowohl den Häretiker vorladen als auch dessen Irrtum darlegen zu können. Doch wie sieht es aus, wenn – wie seit dem Zweiten Vatikanum – die höchste kirchliche Instanz selber die Wahrheit nicht mehr vom Irrtum unterscheidet?

Kommen wir auf Kardinal Kasper zurück. Auf einer Pressekonferenz in Paris, die er am 4. Mai 2010 abhielt (wir erwähnten dies in EC 148), sagte er laut Berichten, richtigerweise, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich dem Dialog der katholischen Kirche mit anderen christlichen Gemeinschaften, für welchen der Kardinal zuständig ist, standhaft widersetzt. „Sie haben mich als Häretiker angegriffen,“ sagte er mit einem Lächeln.

Er mag wohl lächeln. Denn – bitteschön – kraft welcher Autorität verurteilt die winzige Priesterbruderschaft den ökumenischen Dialog, welcher seit dem Zweiten Vatikanum das Grundprinzip und die Praxis der Weltkirche überhaupt ist – welcher von Benedikt XVI. überall gepredigt wird und wofür der Kardinal der oberste päpstliche Bevollmächtigte ist? Sicherlich bewahrte nur die Nächstenliebe gegenüber den überholten „Traditionalisten“ den gütigen Kardinal davor, in Gelächter auszubrechen.

Vor den Menschen ist die Kirche erledigt. Aber vor Gott nicht.

Kyrie eleison.

Konziliarer „Theologe“ – II.

Konziliarer „Theologe“ – II. posted in Eleison Kommentare on Juni 12, 2010

Vor einer Woche legten die „Eleison Kommentare“ die sechs Irrtümer eines der führenden „Theologen“ des Zweiten Vatikanum, Pater Marie-Dominique Chenu, dar. Wir sagten damals dazu, daß im Vergleich zum Original in Si Si No No die Reihenfolge der Irrtümer geändert wurde und daß dies eine eigene Geschichte ergeben werde. Diese Geschichte ist die verheerende Entthronung des Verstandes durch die modernen Zeiten.

In Si Si No No stand der Sentimentalismus an erster Stelle, gefolgt vom Subjektivismus, Historizismus, Anthropozentrismus (die anthropologische Wende), Evolutionismus und Immoralismus. Mit dem Sentimentalismus zu beginnen heißt, mit dem Menschen anzufangen, wie wir ihn heute vorfinden: in seinen Gefühlen schwelgend. Es folgen zwei Beispiele aus hunderten oder sogar tausenden: In der Religion gilt heute: „Gott ist zu lieb, um eine einzige Seele zu verdammen.“ In der Politik gilt: „Es ist nicht patriotisch, zu hinterfragen, wer hinter „9/11“ (11.9.2001) stand.“

Die letzte Ausgabe der „Eleison Kommentare“ sortierte die Irrtümer nicht nach ihrer Unmittelbarkeit, sondern nach ihrer Tiefe. Deswegen steht der Anthropozentrismus, im Sinne von der Abkehr von Gott, an erster Stelle, weil die Abwendung von Gott die Wurzel aller Sünden und Irrtümer ist. Als nächstes folgen die drei den Verstand angreifenden Irrtümer: Subjektivismus, Historizismus und ihre Folge, der Evolutionismus. Denn – und hier kommt der springende Punkt – erst nachdem der rechtmäßige König entthront worden ist, kann der Thronräuber dessen Platz einnehmen. Erst nachdem also der Verstand ausgeschaltet worden ist, können die Gefühle das Steuer übernehmen. An letzter Stelle steht auf beiden Listen der Immoralismus, also die Leugnung vom Guten und Bösen, weil die Unordnung der Seele und des Verstandes immer zur Unordnung des Handelns führt.

Um den natürlichen Vorrang des Verstandes vor den Gefühlen zu begreifen – dieser Vorrang ist vielen modernen Seelen nicht mehr offensichtlich -, gebrauchen wir den Vergleich mit einem Segelschiff. Bei diesem Vergleich verläßt der Kapitän willentlich das Steuerruder, wodurch das Schiff in die Gewalt von Wind und Wellen gerät und letztendlich Schiffbruch erleiden wird. Wenn der Kapitän jedoch das Steuerruder wieder in die Hand nehmen will, gehört es zum Wesen des Steuerruders, dem Kapitän das Steuern zu ermöglichen. Bei guter Ausnutzung von Wind und Wellen wird er so schließlich den Hafen erreichen. Gleichermaßen gilt: Wenn ein Mensch willentlich seinen Verstand ausschaltet, gibt er dadurch seine Seele in die Gewalt von Gefühlen und Leidenschaften, und er treibt in die ewige Hölle hinein. Nichtsdestotrotz gehört es zur Natur seines Verstandes, daß wenn der Mensch ihn wieder einschalten will, dieser ihn zum Himmel zu leiten vermag – so schwierig es für seine Vernunft anfangs gewesen sein mag, seine Leidenschaften und Gefühle zu beherrschen.

Wie kann nun der Mensch seinen Verstand wieder inthronisieren? Indem er sich erneut Gott zuwendet, denn es war überhaupt erst seine Abkehr von Gott, welche zur Entthronung seines Verstandes führte – denn wenn der Mensch sich von Gott abkehren will, so muß er auch bald damit anfangen, seinen Verstand abzubauen. Wie aber wendet ein Mensch sich am einfachsten wieder Gott zu? Indem er mit dem täglichen Beten eines „Ave Maria“ beginnt, nach einer Weile ein paar „Ave Maria“ betet, dann ein Gesätzchen des Rosenkranzes und schließlich fünf Gesätzchen pro Tag. Wenn er das tut, so wird er seinen Verstand wieder in Gang setzen.

Heilige Muttergottes, rette unseren Verstand!