Bischof Bernard Fellay

GREC – III.

GREC – III. on April 6, 2013

In dem Wunsch, an die Stelle Gottes sich zu setzen, strebt der moderne Mensch danach, Gottes Ordnung durch seine eigene zu ersetzen. Doch Gottes Ordnung ist wirklich und existiert außerhalb und unabhängig vom menschlichen Geist. Also entkoppelt der moderne Mensch seinen Geist von dieser Wirklichkeit, und wählt aus ihr nur jene Teile aus, welche er in seine eigene Phantasiewelt einbauen will. Nun kommt die höchste Ordnung von Gottes Schöpfung am besten in der Doktrin, also in der Glaubenslehre seiner Kirche zum Ausdruck. Daher leiden all jene heutigen Kirchenmänner und Laien, welche unter dem Einfluß des angeblich „Normalen“ um sie herum stehen, an einer tiefgehenden Weigerung oder Ignoranz gegenüber der Natur und Notwendigkeit von Doktrin.

Damit sind wir auch beim wesentlichen Problem der GREC-Gruppe angelangt ( G roupe de R éflexion E ntre C atholiques ), welche in den zwei früheren Ausgaben der „Eleison Kommentare“ Nr. 294 und 295 vorgestellt wurden. Die im Jahre 1997 in Paris gegründete GREC-Gruppe verfolgte das Ziel, freundschaftliche Treffen und den Austausch zwischen den Katholiken der Tradition und denen der Amtskirche zu fördern, um ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und Respektes zu schaffen, was dann die Versöhnung der beiden Lager erleichtern und schließlich ihre unnötige Entfremdung beenden sollte. Solch ein Ansinnen übersieht allerdings auf sehr ernsthafte Weise die Bedeutung von Doktrin. Das muß nicht unbedingt vorsätzlich geschehen sein, und Gott wird darüber richten. Doch wie der törichte Mensch auch denken mag, fest steht, daß ebensowenig wie die Wirklichkeit die Doktrin sich beiseite schieben lassen wird.

Hw. Lelong beschreibt in seinem GREC-Buch namens Für die notwendige Versöhnung, wie der Generalobere und zwei Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. „einen entscheidenden Beitrag zur Gründung und Fortführung von GREC leisteten.“ Schon vor der Gründung empfing der Bruderschaftspriester Pater du Chalard in seinem Bruderschafts-Priorat den Hw. Lelong freundlich, und „versäumte auch in den folgenden Jahren nie, GREC diskret und aufmerksam zu unterstützen.“ Pater Lorans war damals Rektor des Bruderschafts-Institutes in Paris und hat bis heute entscheidenden Einfluß auf die Bruderschafts-Publikationen. Er begrüßte bei der Gründung der GREC-Gruppe die Idee eines „Dialogs zwischen Katholiken“ ausdrücklich und erhielt wenig später vom Bruderschafts-Generaloberen in der Schweiz die förmliche Erlaubnis zur Teilnahme an GREC. Seither spielt Pater Lorans bei allen Aktivitäten der GREC-Gruppe eine führende Rolle.

Diese Aktivitäten begannen im kleinen Maßstab und privaten Bereich. Ihr erstes öffentliches Treffen, wozu Pater Lorans beitrug, hielt die GREC-Gruppe im Mai des Jahres 2000 mit 150 Teilnehmern ab. Die Treffen häuften sich, und weitere Bruderschaftspriester nahmen an ihnen teil. Kirchenautoritäten bis zu den höchsten Rängen wurden regelmäßig darüber konsultiert und informiert. Pater Lorans ermöglichte seinerseits „einen Kontakt mit vertiefendem Vertrauen“ und freundschaftlichen Austausch mit dem Generaloberen der Bruderschaft. Ab dem Jahre 2004 öffneten die GREC-Treffen sich einem noch weiteren Publikum. Im September desselben Jahres entstand dann eine „theologische Arbeitsgruppe,“ bestehend aus Pater Lorans, einem weiteren Bruderschaftspriester, sowie einem römischen Theologen. Die beiden letztgenannten waren dann auch Teilnehmer bei den Lehrgesprächen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft in den Jahren 2009 bis 2011. Die GREC-Gruppe dürfte in diesen Lehrgesprächen durchaus das Wahrwerden ihrer kühnsten Hoffnungen gesehen haben – endlich trafen die Theologen sich in einem Klima, zu welchem die GREC-Gruppe „für die notwendige Versöhnung“ so viel beigetragen hatte.

Gott sei Dank gaben diese Lehrgespräche der Doktrin wieder ihre zustehende Vorrangstellung zurück, denn sie belegten die unüberbrückbare Kluft zwischen der katholischen und der konziliaren Lehre. Doch blockierte diese Erkenntnis dann die GREC-Denkweise innerhalb der Priesterbruderschaft? Weit gefehlt. Das Generalhaus der Bruderschaft wechselte über Nacht das vorige Motto „Ohne lehrmäßige Einigung keine praktische Einigung“ gegen das neue Motto aus: „Keine lehrmäßige Einigung, also verfolgen wir eine praktische Einigung“! Leider wurde das Protestaufkommen in der Bruderschaft im Frühling letzten Jahres durch das Generalkapitel-Treffen im Juli vernebelt und erstickt, während das Streben nach einem praktischen Abkommen vonseiten des Generalhauses fast unverändert weitergeht.

„Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,“ insbesondere in der Weihe Rußlands. Sonst nirgendwo.

Kyrie eleison.

Neuer Ärger, Di Noia

Neuer Ärger, Di Noia on Februar 16, 2013

Vor zwei Monaten schrieb der Vizepräsident der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei in Rom, Erzbischof Di Noia, einen mehrseitigen Brief an den Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und an all ihre Priester. Der Vatikansprecher Hw. Lombardi nannte den Brief einen „persönlichen Appell.“ Schon viele Kommentatoren gingen auf den Brief ein, welcher im Internet erhältlich ist. Er stellt sicherlich den jüngsten Versuch Roms dar, die Bruderschaft gefügig zu machen und ihrem 40jährigen Widerstand gegen die konziliare Revolution ein Ende zu setzen. Schon im Oktober 2011 sagte Bischof de Galarreta, daß, selbst wenn die Bruderschaft Roms Angebote ablehne, so doch Rom immer wieder darauf zurückkommen werde. Eben das bestätigen wir. Betrachten wir nun, was Erzbischof Di Noia in seinem Brief zu sagen hat, welchen er mit den Worten einleitet „Eure Exzellenz und liebe Priesterbrüder von der Priesterbruderschaft St. Pius X.“:—

Zuerst erfolgt eine Mahnung des Erzbischofs an die Bruderschaftsoberen, namentlich an Hw. Schmidberger, Hw. Pfluger und Bischof Fellay (in dieser Reihenfolge), weil ihre rom-kritischen Interviews in Frage stellen würden, daß die Bruderschaft überhaupt eine Versöhnung mit Rom wünsche. Weil außerdem die Lehrunterschiede zwischen Rom und der Bruderschaft so unlösbar seien wie eh und je, werde daher ein neuer Ansatz verfolgt, die Konzentration auf die Einheit.

Der Erzbischof fährt fort, daß die kirchliche Einheit durch vier Laster behindert und durch die vier gegenteiligen Tugenden gefördert werde: durch Demut, Milde, Geduld und Nächstenliebe. Kirchenspalter seien Feinde Gottes, und allein die Liebe genüge. Hinweg also mit der „harten und unproduktiven Rhetorik,“ so der Tenor. Die Bruderschaft möge mit ihrem eigenen Charisma fortfahren, Priester auszubilden – Priester allerdings, welche fügsam gegenüber dem offiziellen Lehramt sind, welche den Glauben anstatt Rhetorik predigen und welche theologische Probleme nicht vor dem ungeschulten Laienvolk klären, sondern mit den fachkundigen und zuständigen Behörden in Rom. Und der Papst sei der oberste Richter solcher schwierigen Fragen. Schlußendlich wolle Benedikt XVI. die Versöhnung. Verbitterung müsse geheilt werden. Mit den Worten unseres Herrn: „Mögen sie eins sein.“ (Ende des erzbischöflichen Briefes.)

Beachten wir nebenbei, wie dieser Erzbischof in einer für die modernen Menschen und für die Modernisten typischen Weise die grundsätzliche Frage der Glaubenslehre ausklammert. Doch das eigentlich Interessante an diesem Brief ist etwas anderes: Wie hätte der Erzbischof wagen können, seinen Brief ohne Absprache mit dem Generalhaus der Bruderschaft an alle ihre Priester zu senden? Vielmehr war ihm das Generalhaus dienlich, indem es den Brief an alle seine Priester weiterleitete. Dies ist ein weiterer Hinweis von vielen, daß vor der Öffentlichkeit verborgene Kontakte zwischen Rom und dem Bruderschafts-Generalhaus in Menzingen stattfinden. Die Schlüsselfrage lautet allerdings, welchen Beweggrund das Generalhaus haben konnte, dem modernistischen Erzbischof so einen bevorzugten und gefährlichen Zugang zu all den Bruderschaftspriestern zu gewähren. Möchte das Generalhaus, daß sie ebenfalls Modernisten werden? Vermutlich nicht. Aber es kann durchaus wünschen, Rom zu helfen beim Marsch in die „Versöhnung.“

Durch die bloße Weitergabe des erzbischöflichen Liebes-Appells an die Priester erreicht das Generalhaus, daß diese süße Botschaft alle Priester erreicht, ohne daß jemand das Generalhaus beschuldigen könnte, weich geworden zu sein. Im Gegenteil wird der römische Brief diese Priester alle glauben machen, wie nett die Römer seien. Zwar gibt es den erwähnten sanften Tadel an die Bruderschaftsoberen – daß diese nicht so nett seien –, allerdings dient dieser doch insbesondere der Demonstration, wie fest die Oberen in der Glaubensverteidigung stünden. Vor allen Dingen war der Brief ein Versuchsballon, um die Reaktion der Priester zu erkunden. Wie denken diese darüber? Sowohl Rom als auch Menzingen müssen ermitteln können, an welchem Punkt sie mit der „Versöhnung“ voranschreiten können, so daß diese mit einer großen Mehrheit der Priester erfolgt, anstatt zu viele Priester zu entfremden, welche dann einen organisierten Widerstand gegen die Neue Weltordnung fortsetzen würden.

Liebe Bruderschaftspriester, wenn Sie nicht bei lebendigem Leibe vom „Rom der Neuen Ordnung“ geschluckt werden wollen, so möchte ich auf schonende Weise empfehlen, daß Sie reagieren. Informieren Sie Ihre Oberen – so diskret wie Sie wünschen, aber in aller Deutlichkeit –, daß Sie nichts, aber auch gar nichts mit dem konziliaren Rom zu tun haben wollen, bevor es nicht eindeutig das Konzil aufgibt.

Kyrie eleison.

Gelbes Licht

Gelbes Licht on Januar 5, 2013

Vor ungefähr zwei Monaten schrieb Hw. Pater Ronald Ringrose einen bewundernswerten Brief an den US-amerikanischen Distriktoberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. namens Hw. Pater Arnaud Rostand. Nicht alle Leser dieser „Eleison Kommentare“ werden diesen Brief kennen. Hw. Ringrose betreut als unabhängiger Priester seit über 30 Jahren die traditionelle katholische Gemeinde St. Athanasius nahe Washington, D.C., und er war stets ein treuer Freund der Bruderschaft, auch wenn er kein Mitglied von ihr ist. Im Juni letzten Jahres war Hw. Ringrose mit seiner Gemeinde Gastgeber für das erste Treffen der Kernmannschaft jener Bruderschaftspriester, welche in den USA Widerstand gegen den Kurswechsel der Bruderschaft leisten. Zwar fand besagter Kurswechsel schon seit längerem im Verborgenen statt, doch wurde er erst im Frühling des letzten Jahres offen und für alle sichtbar. Als getreue Führungskraft von Bischof Fellay in den USA schlug Hw. Rostand in einem Brief zuvor dem Hw. Ringrose ein Treffen vor, wo der Distriktobere ihn dann davon überzeugen könnte, daß der Kurswechsel gar kein echter Wechsel sei. Es folgt die Antwort von Hw. Ringrose:—

„Vielen Dank für Ihren Brief vom 12. Oktober 2012, wo Sie ein Treffen vorschlagen, um die Situation in der Priesterbruderschaft zu diskutieren. Obwohl dies ein sehr freundliches Angebot Ihrerseits ist, welches ich sehr schätze, so denke ich dennoch nicht, daß dieses Treffen einen nützlichen Zweck haben würde. Denn die Probleme der Priesterbruderschaft kommen von ihrer obersten Führung her, und Sie sind nicht in einer Position, dies zu ändern.

Tatsächlich war ich seit vielen Jahren ein großer Befürworter der Priesterbruderschaft. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß meine Mission als Priester und die Mission der Bruderschaft ein- und dieselbe war: den Seelen zu helfen, den katholischen Glauben aufrechtzuerhalten während dieser Zeit, wo er selber vom nachkonziliaren Rom aufgegeben worden zu sein scheint.

Inzwischen muß ich mit meiner Unterstützung der Priesterbruderschaft allerdings vorsichtiger und zurückhaltender sein. So war ich tief beunruhigt, als Ihr Generaloberer sagte, daß 95% des Zweiten Vatikanischen Konzils annehmbar seien. Und ich bin sehr erstaunt darüber, daß die Bruderschaftsführung an drei der Bischöfe der Bruderschaft antwortete, daß letztere aus den Irrtümern des Zweiten Vatikanum eine „Super-Häresie“ machen würden. Auch bin ich enttäuscht darüber, wie saft- und kraftlos die Reaktion der Bruderschaft auf Assisi III ausgefallen ist. Ich bin traurig über die ungerechte Disziplinierung jener Bruderschaftspriester, welche nach dem Vorbild Erzbischof Lefebvres handeln. Und schließlich bin ich empört über die Behandlung von Bischof Williamson durch die Bruderschaft – empört nicht nur über seinen kürzlichen Ausschluß aus der Bruderschaft, sondern auch über sein schäbiges Behandeltwerden während der letzten Jahre.

Wenn ich bis vor dem letzten Jahr von einem Gemeindemitglied zur Priesterbruderschaft gefragt wurde, so gab ich stets grünes Licht. Angesichts ihrer jüngsten Aktionen gebe ich zwar noch kein rotes Licht, aber ein gelbes Licht der Vorsicht. Das rote Licht von meiner Seite wird kommen, wenn und sobald die Bruderschaft zuläßt, von der Konzilskirche aufgesogen zu werden, welcher der Erzbischof sich so heftig widersetzte.

Mit großer Trauer schreibe ich diese Worte. Denn die Bruderschaft zählt viele gute, eifrige und gläubige Priester. Viele unter ihnen kenne und schätze ich. Von ihnen hängen viele Seelen ab. Aus Liebe zur Bruderschaft fürchte ich um ihre Zukunft. Und ich fürchte, daß sie einen selbstmörderischen Weg eingeschlagen hat. Die Bruderschaftsführung mag vielleicht denken, daß ein Vertrag mit dem konziliaren Rom vom Tisch sei, aber ich fürchte, daß Rom hier anders denkt.

Ich bete darum, daß die Bruderschaft wieder zu dem Kurs zurückkehrt, welchen Erzbischof Lefebvre ihr zugedacht hat, und zwar ohne Kompromisse und Ausflüchte. Wenn die Bruderschaft dies macht, so wird sie wieder meine uneingeschränkte Unterstützung haben.“

Am Ende schließt Hw. Ringrose seinen Brief mit brüderlichem Gruß. Der Brief ist wahrlich ein Modell für scharfsinniges Denken und Höflichkeit, für Festigkeit und Nächstenliebe. Lange lebe Hw. Ringrose, damit er eine einzigartige Bastion des Katholizismus direkt neben der Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Amerika aufrechterhalten kann.

Kyrie eleison.

Eine Erklärung?

Eine Erklärung? on Dezember 8, 2012

Ein Bekannter von mir gab mir kürzlich in Kopie die offizielle Erklärung der Bruderschaft, welche das Generalhaus an alle Bruderschaftsoberen versandt hatte, um fünf möglicherweise beunruhigende Äußerungen des Generaloberen zu rechtfertigen. Weil der Bekannte nach meiner Einschätzung fragte, sage ich ehrlicherweise, daß die Bruderschaftsoberen nach wie vor beunruhigt sein dürften. Meine Begründung in kurzen Zügen:—

Erstens betonte der Generalobere im Mai des Jahres in Österreich gegenüber Bruderschaftspriestern, daß die Priesterbruderschaft ihre Beziehung zu Rom überdenken müsse. Das Generalhaus erklärt nun in seiner offiziellen Aussendung, daß diese Äußerung keine Änderung an der Haltung der Bruderschaft zu Neurom bedeute, sondern nur einen Aufruf an die Mitglieder der Bruderschaft darstelle, anzuerkennen, daß nicht jede Äußerung der Neurömer unsinnig sei. Allerdings verstanden die Priester in Österreich die ursprünglichen Worte des Generaloberen auf jene Weise, welche er selber im Hausmagazin der Bruderschaft ( Cor Unum ) im März des Jahres darlegte, daß also die „neue Situation“ in der Kirche „verlangt, daß wir eine neue Haltung im Hinblick auf die offizielle Kirche annehmen,“ denn seit 2006 „wurden wir Zeugen einer Entwicklung in der Kirche.“ Hat das Generalhaus auch eine Erklärung für diese geschriebenen Worte des Generaloberen?

Zweitens soll der Generalobere bei der gleichen Gelegenheit in Österreich gesagt haben, daß die potentielle Einigung mit Rom bedeuten werde, alle Bruderschafts-Kapellen jünger als drei Jahre niederzureißen. Das Generalhaus erklärt jetzt zu diesem Punkt, daß der Generalobere in Wirklichkeit gesagt habe, daß überall dort, wo die Bruderschaft schon länger als drei Jahre eine hl. Messe lese, eine Kapelle errichtet werden könne. Allerdings sagte der Generalobere auch, daß an jenen Orten, wo die Bruderschaft noch keine drei Jahre wirke, sie ihren Dienst im privaten fortsetzen könne – was natürlich bedeutet, daß sie alle ihre öffentlichen Gebäude wenigstens stillegen muß.

Drittens sagte der Generalobere ebenfalls im Mai zum katholischen Nachrichtendienst CNS aus den USA, daß die Religionsfreiheit „sehr, sehr eingeschränkt“ sei. Das Generalhaus erklärt nun, daß der Generalobere hierbei von der „wahren Religionsfreiheit“ gesprochen habe, welche also die Kirche immer gelehrt hat und wo in der Tat dieses Recht auf die katholische Religion eingeschränkt ist. Allerdings sind die Worte des Generaloberen bei CNS erstens glasklar und zweitens von jedem mit Internet-Zugang nachprüfbar: „ Das Konzil stellte eine Religionsfreiheit vor, welche in Wirklichkeit eine sehr, sehr eingeschränkte war – sehr eingeschränkt.“ Das Generalhaus sollte vielleicht eine zweite Erklärung hinzufügen, um zu bekunden, daß diese erste Erklärung kein Irrtum (im besten Falle) war.

Viertens gab der Generalobere im September in Ecône zu, daß er in seinem Umgang mit Rom einem Irrtum erlegen war. Das Generalhaus erklärt nun, daß der Irrtum allerdings nur einen „sehr präzisen und eingeschränkten Gesichtspunkt“ umfaßte, namentlich in der Frage nach dem Beharren oder Nichtbeharren des Papstes darauf, daß die Priesterbruderschaft das Konzil anerkenne. Nun ist allerdings dieses Beharren auf dem Konzil (zusammen mit dem Beharren auf der Neuen Messe) der ganze Angelpunkt des Streits zwischen der Bruderschaft und Neurom. Diese Erklärung, läßt sie nicht den Generaloberen doch im übertragenen Sinne sagen, daß der tiefe Riß in der Titanic durch den Eisberg nur ein sehr präziser und begrenzter Riß war?

Fünftens erklärte der Generalobere vor einigen Jahren, daß die Konzilsdokumente zu „95% annehmbar“ seien. Das Generalhaus schrieb nun, daß er damit den Buchstaben und nicht den Geist des Konzils gemeint habe. Doch welche Mutter wird ihren Kindern auch nur ein Stück eines Kuchens geben, von dem sie weiß, daß 5% von ihm vergiftet sind? Zwar könnte sie ihnen theoretisch wirklich irgendein Stück aus dem nicht vergifteten 95%-Anteil geben, doch wird sie nicht in der Praxis zurecht Angst vor dem vergiftenden Geist hinter all den Kuchenstücken haben?

Zusammenfassend gesagt: Hätte die Krise der Priesterbruderschaft vom Frühjahr und Sommer mich über die Kompetenz und Ehrlichkeit vom Generaloberen und seinem Generalhaus wundern lassen, so würde ich mich nach dieser Erklärung des Generalhauses mit ihren fünf Zitaten immer noch wundern. Möge Gott mit ihnen sein, denn ihre Verantwortung ist gewaltig.

Kyrie eleison.

Aufmunitionierung

Aufmunitionierung on Oktober 6, 2012

Weil ich das Privileg genieße, mannigfaltige Freunde zu haben, welche aus allen Richtungen auf mich schießen, ist die Vorstellung, daß ihnen die Munition ausgehe, mir beinahe unerträglich. Daher folgt nun eine Sammlung an Kugeln und Granaten direkt vom Schlachtfeld: die Kommentare stammen von Priestern, Laien und Schwestern, welche hauptsächlich sich entrüsteten, als im November 2008 im schwedischen Fernsehen eine gewisse Episode der jüngeren Geschichte bestritten wurde. (Und doch . . . und doch . . . ) Viel Spaß beim Lesen!

„Dieser Bischof besitzt ein großes Temperament mit starkem Geltungsdrang und Autorität. Deswegen konnte er einfach nicht ertragen, in der Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht die Nummer Eins zu sein. Weil er in die Geschichtsbücher eingehen wollte und weil er wußte, daß er mit 68 Jahren nur noch schwerlich Generaloberer der Bruderschaft werden konnte, zündete er im Schwedischen Fernsehen die „Revisionismus-Bombe“ – um Aufmerksamkeit zu erheischen und als Platzhirsch dazustehen. Er riskierte eine Spaltung der Bruderschaft, um Einfluß zu gewinnen.“

„In der Fernsehausstrahlung entschied er sich für die totale Provokation, um den Gesprächen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft, welche er ja ablehnte, Sand ins Getriebe zu streuen. Doch weil er nur eine untergeordnete Position in der Bruderschaft innehatte, konnte er nur durch einen solchen Skandal den Abbruch der Gespräche erzwingen, welche ansonsten womöglich zu einem Abkommen geführt hätten.“

„Er liebt die Provokation, weil er ein Eindringling und ein ehemaliger Anglikaner ist, der eigentlich nach wie vor der katholischen Kirche feindlich gegenübersteht. Er wollte jedwedes Abkommen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft blockieren, weil ein Abkommen für die Bruderschaft und somit für die katholische Kirche zu vorteilhaft gewesen wäre.“

„Er ist ein illuminierter Übernaturalist, Verschwörungstheoretiker und besessen von der Gefährlichkeit des Jüdischen. Er meint, daß die Apokalypse schon morgen käme. Weder er noch der Revisionismus sind seriös.“

„Er verfügt über natürliche Qualitäten, welche ihn weltlich und ehrgeizig machen. Er ist daran gewöhnt, daß jedermann ihm huldigt. Früher hatte er Einfluß auf viele Menschen und wurde, als er noch reiste, wie ein kleiner Gott behandelt. Doch wegen seiner persönlichen Qualitäten ist er stolz und neidisch auf Bischof Fellay. Und deshalb ließ er im schwedischen Fernsehen aus Neid und Mißgunst jenes Donnerwetter los.“

„Tatsächlich war er schon lange vor der schwedischen Fernsehsendung viel zu politisch und zu unabhängig von der restlichen Priesterbruderschaft, deren Geist er nicht vollständig teilte. Im Jahre 2004 griff er die Bruderschaftsführung wegen ihrer Jansenismus-Haltung und ihres Supernaturalismus öffentlich an. In Wirklichkeit ging es ihm jedoch nur um die Begleichung persönlicher Rechnungen, so wie gewisse Kirchenmänner es eben machen.“

„Seine Originalität geht mit einem vollkommenen Mangel an Verantwortungsbewußtsein einher. Aus diesem Grunde ritt er sein antisemitisches Steckenpferd in aller Öffentlichkeit, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, welchen Schaden er damit der Tradition verursachen könnte. Tatsächlich wurde er von Faschisten und Neuheiden manipuliert, oder wenigstens von ihnen benutzt. Zwar ging es ihm bei dieser Gelegenheit nicht um persönliche Macht, aber trotzdem ist er unberechenbar und man kann ihm nicht trauen.“

Alle diese Dinge werden über mich gesagt. Ach, wie ich doch die Aufmerksamkeit gerne habe!

Kyrie eleison.

Große Gefahr

Große Gefahr on März 31, 2012

Einige Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. wünschen eine praktische Vereinbarung mit den kirchlichen Autoritäten ohne Einigung in der Glaubenslehre. Dieser Wunsch scheint eine wiederkehrende Versuchung darzustellen. Seit Jahren lehnt der Generalobere Bischof Fellay diese Idee ab. Doch am 2. Februar 2012 sagte er in Winona, daß Rom bereit sei, die Bruderschaft so zu akzeptieren wie sie ist, und „all ihre Anforderungen . . . auf der praktischen Ebene“ anzunehmen. Also scheint Rom die gleiche Versuchung noch einmal vorzulegen.

Die jüngsten Nachrichten aus Rom werden viele Leser bereits kennen: Wenn nur der Vatikan keine Spielchen mit der Bruderschaft treibt, so verlautbarte er am letzten Freitag, dem 16. März 2012, daß Bischof Fellays Antwort vom Januar dieses Jahres auf die doktrinäre Präambel des Vatikan vom letzten September „nicht genügt, um die Glaubensprobleme zu überwinden, welche dem Zerwürfnis zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft zugrundeliegen.“ Der Vatikan gibt der Bruderschaft einen Monat lang Zeit, ihre „Position zu erläutern“ und „einen Bruch mit schmerzlichen und unabsehbaren Folgen“ zu vermeiden.

Doch was würde passieren, wenn Rom plötzlich aufhören sollte, auf der Akzeptanz des Konzils und der Neuen Messe zu beharren? Was wäre also, wenn Rom plötzlich sagen würde: „Wir haben darüber nachgedacht und sind einverstanden: Kommen Sie auf jene Weise zurück in die Kirche, wie Sie darum baten. Wir werden Ihnen die Freiheit geben, einerseits das Konzil so stark zu kritisieren, wie Sie wollen, und andererseits ausschließlich die Tridentinische Messe zu feiern. Doch kommen Sie endlich in die Kirche zurück!“ Das könnte ein sehr schlauer Schachzug von Seiten Roms sein. Denn wie könnte die Bruderschaft sich dann noch weigern, ein solches Angebot anzunehmen, ohne daß sie widersprüchlich und geradezu undankbar zu sein schiene? Trotzdem müßte um des Überlebens Willen die Bruderschaft auf dieses Angebot verzichten. Um des Überlebens Willen? Starke Worte. Doch betrachten wir einen Kommentar des Erzbischofs in dieser Angelegenheit.

Am 5. Mai 1988 unterzeichnete Erzbischof Lefebvre mit dem damaligen Kardinal Ratzinger zusammen das Protokoll – genauer: den vorläufigen Entwurf – einer praktischen Vereinbarung zwischen Rom und der Priesterbruderschaft. Doch schon am 6. Mai zog der Erzbischof seine – vorläufige – Unterschrift wieder zurück. Am 13. Juni 1988 sagte er: „Mit dem Protokoll vom 5. Mai wären wir bald zugrundegegangen. Wir hätten kein Jahr überleben können. Denn jetzt ist die Bruderschaft geeint. Mit diesem Protokoll allerdings hätten wir notwendigerweise Treffen mit den Römern arrangieren müssen, es hätte eine Spaltung innerhalb der Bruderschaft gegeben und überhaupt alles wäre ein Grund für Abspaltungen geworden “ (Hervorhebung hinzugefügt). „Durch unsere Vereinigung mit Rom wären uns vielleicht schon neue Berufungen zugeflossen. Doch hätten diese neuen Berufungen keine Uneinigkeit mit Rom geduldet und also hätte es Spaltungen gegeben. Mit der jetzigen Haltung jedoch werden Berufungen zuerst einmal gesiebt, bevor sie uns erreichen“ (das gilt nach wie vor für die Priesterbruderschafts-Seminare).

Doch warum hätte es Spaltungen geben sollen (wobei die sich bekriegenden Berufungen nur ein Beispiel von zahllosen anderen sein würden)? Weil logischerweise die praktische Übereinkunft vom 5. Mai 1988 auf einer grundsätzlichen Uneinigkeit in der Glaubenslehre zwischen der Religion Gottes und der Menschenreligion gefußt hätte. Der Erzbischof fuhr fort: „Die Römer zerren uns zum Konzil hinüber . . . während unsere Seite doch die Bruderschaft und die Tradition dadurch bewahrt, daß sie auf vorsichtige Weise zu den Römern Distanz hält “ (Hervorhebung hinzugefügt). Doch warum suchte der Erzbischof dann anfangs überhaupt ein Abkommen? Er fuhr fort: „Wir haben uns redlich bemüht, die Tradition innerhalb der Amtskirche aufrechtzuerhalten. Es stellte sich heraus, daß das unmöglich war. Die Römer haben sich nicht verändert, außer zum Schlechteren.“

Haben die Römer sich seit 1988 geändert? Viele werden sagen: sie sind sogar noch schlechter geworden.

Kyrie eleison.