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Gefährliches Traumland

Gefährliches Traumland on Januar 15, 2011

Jüngst sandte jemand einige Sätze von Hochwürden Denis Fahey (1883–1954) an mich, welche beweisen, daß nicht alle Katholiken vor dem Zweiten Vatikanum „nicht bei der Sache waren.“ Heißt das im Umkehrschluß, daß viele Katholiken „nicht bei der Sache waren“? Zweifellos. Obendrein sind viele Katholiken heute noch nicht bei der Sache, einschließlich einer ganzen Reihe von sogenannten traditionellen Katholiken, weil die gleichen Ursachen zu gleichen Wirkungen führen. Nun sind jedoch die Ursachen, welche in der Mitte des 20. Jahrhunderts zur Blindheit der Katholiken führten, in unserem frühen 21. Jahrhundert stärker als jemals zuvor.

Es folgt der kurze Auszug von Hw. Faheys „Das Königtum Christi und der organisierte Naturalismus“ aus dem Jahre 1943. (Die Sätze sind zum Zwecke des späteren Kommentierens numeriert):—1) „Die Katholiken erliegen den Machenschaften der Feinde unseres Herrn, weil die Katholiken nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult werden. 2) Sie verlassen die Schule ohne hinreichende Kenntnis über die organisierten Gegner, auf welche sie mit Sicherheit stoßen werden, und sie haben außerdem nur eine verschwommene Vorstellung vom Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen . . . 3) Und schließlich stoßen Katholiken, welche wirklich für die wahre christliche Ordnung kämpfen, immer auch auf Katholiken im gegnerischen Lager.“

zu 1) Weil in der heutigen Welt die Menschen massenhaft nicht mehr glauben, daß sie dank der Erlösung durch den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus und seine Kirche das wirklich gute Leben erst zusammen mit Gott im Himmel führen werden, setzen sie ihr Vertrauen in die Menschen, um das gute Leben in dieser Welt zu erlangen. Somit wird jedoch die Politik faktisch zur Religion dieser Menschen, und ihre Regierungen ersetzen Gottes Vorsehung. Dann fällt es den Menschen immer schwerer zu glauben, daß ihre Regierungen und ihre Lebensart praktisch von den wirklichen, allzuwirklichen Feinden unseres Herrn kontrolliert werden. Wie könnten denn beispielsweise unsere Regierungen über den 9. September 2001 – „9/11“ – jemals lügen? Ein solches Vertrauen in die modernen Regierungen verrät, wie elend es um unser Begreifen der Wirklichkeit steht. Wie verbreitet dieses ungerechtfertigte Vertrauen auch sein mag: wenn Katholiken es erst einmal teilen (ohne gleich ins Lager der Revolutionäre zu wechseln), so werden sie unweigerlich „nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult.“ Sobald sie außerdem das Traumland hier unten annehmen, geraten sie in große Schwierigkeiten beim Erreichen des wirklichen Himmels des wirklichen Gottes da oben.

zu 2) Zwar kann es schwierig sein, den Schülern und Seminaristen beizubringen, daß unser Herr erbitterte Feinde hat, weil letztere ihre organisierte Gegnerschaft so geschickt tarnen. Doch die Jungen werden auf diese Gegner „mit Sicherheit stoßen.“ Wenn also die Lehrer diese Tarnung der Gegner nicht aufdecken und somit ihre Schüler nicht hinreichend für das Leben oder das Priesteramt vorbereiten, dann werden diese jungen Katholiken mit Scheuklappen bzw. mit einer auf den Rücken gebundenen Hand in den Kampf ziehen. Und weil die Feinde Gottes den individualistischen Liberalismus stark fördern, um die Reste der christlichen Ordnung aufzulösen, müssen die Jungen besonders genau erlernen, was die Mutter Kirche über das „Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen“ und über die soziale Natur des Menschen lehrt.

zu 3) Oh weh, schon Pius IX., der große Papst des 19. Jahrhunderts, beklagte, daß wir die erbitterten Feinde unseres Herrn außerhalb der Kirche nicht so sehr fürchten müssen wie die liberalen Katholiken innerhalb der Kirche. Denn diese katholischen Liberalen verspotten den Gedanken an sich, daß jemand gegen unseren Herrn sich verschwören könne. Denn hört man nicht des öfteren (in einem verweichlichten Tonfall gesäuselt)? – „Sin-d ni-cht al-le ir-gend-wie lie-b?“ Nein, das sind sie nicht!

Hw. Fahey, bitte für uns!

Kyrie eleison.

Assisi-smus – nein!

Assisi-smus – nein! on Januar 8, 2011

Einige Leute befürchten immer noch, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. von Erzbischof Lefebvre dabei sei, ein schlechtes Abkommen mit dem Rom des Benedikt XVI. einzugehen. Doch wegen des päpstlichen „Assisi-ismus,“ und anderem mehr, trägt vielmehr Benedikt XVI. selber sein Bestmögliches dazu bei, jedwede Übereinkunft zu verhindern.

Vor sechs Tagen argumentierte er theoretisch, daß die „großen Weltreligionen“ einen „wichtigen Einflußfaktor beim Frieden und bei der Einheit der Menschheit“ ausmachen. Vor fünf Tagen kündigte er dann praktisch an, im Oktober dieses Jahres „als Pilger“ nach Assisi zu gehen, um dem 25. Jahrestag des Gebetstreffens der Weltreligionen zu gedenken, welches Papst Johannes Paul II. im Jahre 1986 dort abgehalten hatte. Erzbischof Lefebvre allerdings verwarf diese Theorie eines Beitrags der „großen Weltreligionen“ zum Weltfrieden gänzlich und verurteilte die Durchführung dieses Gebetstreffens 1986 in Assisi als einen enormen Verstoß gegen das erste Gebot, und zwar als einen unerhörten Skandal in der gesamten Kirchengeschichte, da das Treffen vom Stellvertreter Christi selber ausging. Nur die Bedenken, daß ein Zuviel an Wiederholungen kontraproduktiv wirken könnte, hätte den Erzbischof vielleicht davon abgehalten, diesen neuesten Beitrag zum Assisi-ismus auch zu geißeln.

Doch hat der Erzbischof erkannt, daß damals viel zu wenige Katholiken die Ungeheuerlichkeit dieses Gebetstreffenskandals wirklich begriffen. Dies liegt daran, daß die gesamte moderne Welt Gott herunterspielt, die Göttlichkeit unseres Herrn Jesus Christus ausklammert, die Religion zu einer Angelegenheit der freien Wahl macht und die katholische Tradition zu einer Frage der Befindlichkeit oder des Gefühls herunterstuft. Dieses Denken, welches sogar die Päpste infiziert hat, ist mittlerweile überall so verbreitet, daß es für jeden einzelnen von uns eine geistliche Todesgefahr darstellt. Kommen wir daher wieder auf einige Grundlagen zu sprechen:—

Alles Sein benötigt eine Erstursache. Diese Ursache, um die erste zu sein, muß aus dem Sein an sich bestehen; überdies aus dem in jeder Hinsicht vollkommenen Sein, denn jede zweite Gottheit müßte, um von der ersten verschieden zu sein, irgendeine Seinsvollkommenheit besitzen, welche dann der ersten fehlen müßte. Deshalb kann der wahre Gott nur einer sein. Dieser wahre Gott nahm einmal, und nur einmal, die menschliche Natur in der Person unseres Herrn Jesu Christi an, welcher seine Göttlichkeit durch quantitative und qualitative Wunder bewies, die noch nie zuvor bei einem anderen Menschen auftraten, aber seither immer bei seiner Kirche: der römisch-katholischen Kirche. Alle Menschen können Mitglied von ihr werden durch den Glauben. Wenn sie glauben, ist dies der unverzichtbare Anfang ihres ewigen Heiles. Wenn sie jedoch sich weigern, zu glauben, schlagen sie den Weg in die ewige Verdammnis ein (Mk 16,16).

Wenn daher die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. durch ihre vergangenen und künftigen Assisi-Veranstaltungen die Seelen zur Annahme ermutigt haben, daß der Katholizismus nicht der alleinige Weg zur ewigen Glückseligkeit ist, sondern nur eines von vielen Mitteln (wenn auch das beste) für „Friede und Einheit“ der Menschheit in diesem Leben, dann haben beide Päpste die schreckliche Verdammnis unzähliger Seelen im nächsten Leben begünstigt. Anstatt an so einem – wenigstens objektiven – Verrat auch nur den kleinsten Anteil zu haben, bevorzugte Erzbischof Lefebvre, verachtet, verschmäht, abgelehnt, ausgegrenzt, zum Schweigen gebracht, „exkommuniziert“ und was auch immer zu werden.

Der Wahrheit treu zu bleiben, hat seinen Preis. Wieviele Katholiken sind bereit, ihn zu bezahlen?

Kyrie eleison.

Wahrheit macht frei

Wahrheit macht frei on Dezember 11, 2010

Der französische Maler Paul Gauguin (1848–1903) war lediglich ein Anlaß für die Argumentation der letzten drei „Eleison Kommentare“ (Nr. 175–177), denn er ist keineswegs der schlechteste moderne Künstler. Die Argumentation lautete nicht, daß die moderne Kunst „Quatsch“ ist, weil Gott existiert (vergleiche Evelyn Waughs „Wiedersehen mit Brideshead“ I, 6), sondern weil die moderne Kunst „Quatsch“ ist, existiert Gott. Es ist ausschlaggebend, ob wir hier von der Ursache auf die Wirkung herabkommen, oder von der Wirkung zur Ursache hinaufsteigen.

Wenn ich von der Existenz Gottes als Gegebenheit ausgehe und von dort nach „unten“ Schlußfolgerungen ziehe, beispielsweise daß die moderne Kunst, moderne Musik, moderne Operninszenierungen, usw., verkehrt sind, dann sind erstens dadurch Gott und seine Existenz noch nicht bewiesen, und zweitens kann es dann so aussehen, als ob Gottes Religion sich auf uns legt wie eine Radkralle auf unsere Freiheit. Nun bin ich ein freier Mensch, ich bin wer ich bin, und ich will mit jeder Faser meines Wesens frei wählen können, welche Kunst mir gefällt. Doch nun kommt so ein angeblicher „Verkehrspolizist aus dem Himmel“ und will mir diese Freiheit beschneiden? Nein danke!

Doch wenn ich andererseits von meiner eigenen Erfahrung mit der Kunst ausgehe, beginne ich bei dem, was ich selber kenne. Und wenn meine Erfahrung damit ehrlich gesagt enttäuschend ist – was nicht der Fall sein muß, aber angenommen, es sei so –, dann kann bei mir allmählich die Frage aufsteigen, warum ich mir angesichts der hochgelobten modernen Künstler so unbehaglich vorkomme. Also höre ich mir die Lobreden noch einmal an. Doch noch immer bin ich nicht überzeugt. Warum nicht? Weil die moderne Kunst häßlich ist. Was ist denn das Problem mit der Häßlichkeit? Es fehlt ihr die Schönheit. Und wenn mein Blick von der Schönheit in gemalten Landschaften oder Frauen z.B aufsteigt zu ihrer Schönheit in der Natur und von dort aus wiederum zu jener Harmonie in den Bestandteilen der gesamten Schöpfung, so sind meine Gedanken von meiner Erfahrung ausgehend bereits ein gutes Stück in Richtung des Schöpfers emporgestiegen.

Im letztgenannten Fall ähnelt Gott nicht mehr einem Verkehrspolizisten mit seiner Radkralle. Im Gegenteil scheint Gott – weit entfernt von einer Beschneidung unserer Freiheit – uns Menschen mit einem solchen freien Willen ausgestattet zu haben, daß wir imstande sind, landauf landab Häßlichkeit zu verkünden und eine Welt des Chaos zu schaffen. Vielleicht hofft Er, daß diese Häßlichkeit schrecklich genug werde, um unser Denken wieder auf das Wahre und Gute zu lenken. Ab diesem Punkt ähnelt Gottes Religion in keiner Weise mehr einer von außen kommenden und auf unserer inneren Freiheit lastenden Schraubzwinge, sondern sie kommt mir vielmehr als ein Helfer und Befreier des Besten in mir gegen das Schlechteste vor – denn wenn ich nicht stolz bin, so muß ich doch zugeben, daß nicht alles in mir geordnet und harmonisch ist.

In diesem Fall sehe ich die übernatürliche Gnade Gottes nicht mehr als eine Art Polizist an, der mir auf den Rücken meiner Natur springt, um ihr Tun gewaltsam einzudämmen. Vielmehr wird diese Gnade dann ein sehr guter Freund, der – so ich möchte – mir ermöglicht, das Beste in mir vom Schlechtesten zu befreien, oder jedenfalls danach zu streben.

Eine treibende Kraft hinter dem Zweiten Vatikanum und der konziliaren Religion war und ist noch die weitverbreitete Ansicht, daß die katholische Tradition eine Art unerträglicher Polizist sei und davon ausgehe, daß alle natürlichen Triebe schlecht seien. Tatsächlich sind die Impulse meiner gefallenen Natur schlecht, doch unterhalb des Schlechten gibt es das Gute in unserer Natur – und dieses Gute muß atmen können, denn von unserem Innern heraus stimmt es sich perfekt mit der von außen kommenden wahren Religion Gottes ab. Andernfalls fabriziere ich aus meinen schlechten Trieben eine falsche Religion – genau wie das Zweite Vatikanum.

Kyrie eleison.

Unentbehrliche Doktrin

Unentbehrliche Doktrin on Oktober 9, 2010

Ich erinnere mich noch daran, wie Erzbischof Lefebvre im Jahre 1986 darüber überrascht war, wie wenige traditionelle Katholiken die Ungeheuerlichkeit des „Alle-Religionen- & Alle-lieben-sich“-Festes in Assisi wirklich erfaßten. Doch das ist eben die Verderbtheit unserer heutigen Zeit: Das Gedankengut und die Wahrheit spielen keine Rolle mehr, weil „Allein die Liebe genügt“ („All you need is love“). In Wahrheit brauchen wir alle jedoch unbedingt sowohl die Glaubenslehre als auch die Liebe.

Die Doktrin, dh. die Glaubenslehre, besteht nicht nur aus Formeln, die in Worte gegossen sind. Wenn wir das unschätzbare Geschenk des Glaubens bereits im Geiste halten, wissen wir, daß unser kurzes Leben in dieser Welt darüber entscheidet, ob unser nächstes Leben eine Ewigkeit von unvorstellbarer Glückseligkeit oder aber von undenkbarem Entsetzen sein wird. Außerdem wissen wir, daß alle Menschen dieses Schicksal teilen, ob sie nun daran glauben oder nicht – mit der einen Ausnahme des Limbus für die ungetauften Unschuldigen. Sodann leuchtet auch ein, daß entweder Gott grausam ist – was lediglich der vergebliche Wunsch vieler armseliger Seelen ist, die damit ihre Auflehnung gegen ihn rechtfertigen wollen! –, oder daß Gott allen Seelen zu allen Zeiten jene Menge an Licht und Kraft schenkt, die sie benötigen, um in den Himmel zu gelangen und die Hölle zu vermeiden, wenn sie es nur wollen. Doch welche Form kann dieses Licht und diese Stärke annehmen, wenn ein Mensch den Glauben nicht hat?

Lassen wir zwei Nicht-Katholiken auf die Antwort hinweisen. Dr. Samuel Johnson, eine große Gestalt des englischen gesunden Menschenverstandes des 18. Jahrhunderts, sagte einmal: „Wer London haßt, der haßt das Leben.“ Mit anderen Worten: Durch den ganzen Alltagstrubel in all seinen Einzelheiten hinweg schmiedet ein Mensch von Tag zu Tag eine allgemeine Einstellung zum Leben. Auf ähnlich Weise läßt Graf Leo Tolstoi in seinem epischen Roman „Krieg und Frieden“ sagen: „Wer das Leben liebt, der liebt Gott.“ Anders gesagt ist die allgemeine Einstellung eines Menschen zum Leben auch eine Haltung gegenüber Gott. Natürlich wird mancher moderne Mensch heftig bestreiten, daß seine Einstellung zum Leben mit einem „nicht-existierenden“ Gott irgendwas zu tun habe. Nichtsdestoweniger hält alleine Gott die Existenz einer solchen Seele und aller sie umgebenden täglichen Dinge aufrecht, und die ganze Zeit über schenkt Er ihr den freien Willen, Ihn in und durch alle diese Dinge zu lieben oder zu hassen. Die Kommunisten zum Beispiel müßten Atheisten sein, doch Lenin sagte einmal: „Gott ist mein persönlicher Feind.“ Tatsächlich hassen also die Kommunisten als solche sowohl das Leben als auch Gott.

Wie sieht nun die richtige Haltung gegenüber Gott aus? Das erste der Zehn Gebote sagt es uns: Gott aus ganzem Herzen, aus ganzem Geist und aus ganzer Seele zu lieben. Doch wie kann ich jemanden lieben, ohne zuvor etwas von ihm zu wissen? Die richtige Haltung gegenüber Gott setzt also zumindest ein gewisses Maß an Glauben und Vertrauen in die Güte des Lebens bzw. Gottes voraus. Deshalb lesen wir in der hl. Schrift, wie unser Herr, wenn ungelehrte Seelen zu ihm gehen und nach einem Wunder verlangen, häufig ihren „Glauben“ zuerst prüft, bevor er ihn lobt oder durch Gewähren des Wunders belohnt. Doch welcher Glaube ist hier gemeint? Der Glaube an Ihn. Doch wer ist Er?

Es ist die Aufgabe der Gelehrten, die Antwort darauf als Glaubenslehre zu formulieren. Diese Lehre von Gott wird durch die Zeit zwar verfeinert, kann aber nicht verändert werden – genauso wenig wie Gott selber verändert werden kann. Die Glaubenslehre ist der beständige Korrektor für unsere Haltung zum Leben und zu Gott – solange wir für alle Ewigkeit unvorstellbar glückselig sein wollen, anstatt ewig unglücklich. Die katholische Glaubenslehre ist die Wahrheit. Gott ist die Wahrheit. Die Wahrheit ist unverzichtbar.

Kyrie eleison.

Unterschätzte Doktrin

Unterschätzte Doktrin on September 25, 2010

Der Herausgeber der meistens durchdachten US-Zeitschrift „Kulturkampf“ („Culture Wars“), Herr E. Michael Jones, tadelte mich kürzlich – und die Priesterbruderschaft St. Pius X. als Ganzes – dafür, daß wir uns absichtlich von der regulären katholischen Kirche trennen. Lassen Sie mich möglichst kurz und getreu die Argumente von Herrn Jones zusammenfassen; die wichtigsten Punkte sind für eine leichter verständliche Antwort mit Großbuchstaben markiert:

Seine Hauptaussage lautet, daß das Problem des Zweiten Vatikanum nicht lehrmäßiger Natur sei: „(A) Die Konzilsdokumente selber sind nicht verantwortlich für die seither im Namen des „Geistes des Konzils“ erfolgenden Verrücktheiten. Zwar sind die Dokumente bisweilen mehrdeutig, aber (B) weil Gott immer bei seiner Kirche ist, kann (C) auch nur etwas Katholisches die Zustimmung der versammelten Bischöfe der Welt erhalten, wie auf dem Zweiten Vatikanum geschehen. (D) Aus diesem Grund kann und muß es genügen, die Mehrdeutigkeiten der Konzilsdokumente im Lichte der Tradition auszulegen, wie Erzbischof Lefebvre selber einmal vorgeschlagen hat.

„Daher (E) ist das Zweite Vatikanum traditionell katholisch, und die Schwierigkeiten zwischen Rom und der Bruderschaft können nicht lehrmäßiger Natur sein. Somit (F) liegt das tatsächliche Problem der Priesterbruderschaft darin, die Gemeinschaft mit Rom aus Angst vor Verseuchung zu verweigern – eine Folge (G) ihrer schismatischen Lieblosigkeit. (H) Die daraus resultierende Schuld vertuschen sie durch die Unterstellung, daß ein beispielloser Notstand in der Kirche herrsche, welcher durch die Anti-Doktrin des Zweiten Vatikanums hervorgerufen worden sei. (I) Die Bruderschaft sagt somit, daß die Kirche in ihrem Auftrage versagt habe und die Priesterbruderschaft die Kirche sei. Was für ein Unsinn! Ihr Bischöfe der Bruderschaft: Überschreibt Euch endlich an Rom!“

Meine Antwort: Die Problematik des Zweiten Vatikanum ist grundsätzlich ein Problem der Glaubenslehre. (A) Die Konzilsdokumente selber – Gott sei es geklagt! – sind sehr wohl verantwortlich für den „Geist des Konzils“ und seine verrückten Folgen. Ebendiese – von Jones erkannte! – Zweideutigkeit der Dokumente setzte diesen ganzen Wahnsinn überhaupt erst frei. (B) Tatsächlich ist Gott stets mit seiner Kirche, aber er überläßt es dem freien Willen seiner Kirchenmänner, ob sie ihr großen Schaden zufügen – wenn auch niemals unbehebbaren Schaden; vergleiche Lukas 18,8. (C) „Auf diese Weise ließ Gott in der schrecklichen arianischen Krise im vierten Jahrhundert den Großteil der katholischen Bischöfe fallen.“ Was damals geschah, geschieht heute wieder – nur noch schlimmer. (D) In einem frühen Stadium des nachkonziliaren Kampfes um die Tradition mag es so ausgesehen haben, als ob man das Zweite Vatikanum im Lichte der Tradition auslegen könne, aber dieser Punkt ist längst überschritten. Die faulen Früchte der konziliaren Zweideutigkeit haben seither schon lange bewiesen, daß die raffiniert vergifteten Konzilsdokumente nicht gerettet werden können.

Somit (E) ist das Konzil nicht traditionell katholisch und die Schwierigkeiten zwischen Rom und der Bruderschaft sind grundsätzlich lehrmäßiger Natur. Es gibt also (F) gute Gründe, eine Verseuchung durch die falsche Glaubenslehre des Zweiten Vatikanum zu fürchten – schließlich führt sie die Seelen in die Hölle. (G) Es gibt auch keine schismatische Haltung unter den (nicht sedisvakantistischen) Traditionalisten, obwohl (H) die Kirche in der größten Notzeit ihrer gesamten Geschichte steckt. (I) Doch just so, wie im arianischen Glaubensabfall jene wenigen Bischöfe, welche den Glauben bewahrten, bewiesen, daß die Kirche nicht völlig zu existieren aufgehört hatte, so gehört auch die Priesterbruderschaft heute zur Kirche und bewahrt den katholischen Glauben – ohne vorzugeben, die Kirche zu ersetzen oder sie selber zu sein.

Herr Jones, sagen Sie uns bitte: Wann waren in der gesamten Kirchengeschichte jemals die versammelten Bischöfe bewußt mehrdeutig? Sie geben diese Mehrdeutigkeit des Zweiten Vatikanum zu. Wann griffen Kirchenmänner jemals zu Zweideutigkeiten – wenn nicht, um der Häresie den Weg zu bahnen? In der Kirche unseres Herrn muß ein „Ja“ ein Ja, und ein „Nein“ ein Nein sein (Matthäus 5,37).

Kyrie eleison.

Doktrin – warum? – II.

Doktrin – warum? – II. on September 18, 2010

Das eigentliche Wesen der katholischen Kirche liegt in der Doktrin, also in der Glaubenslehre. Zuerst muß den Seelen gelehrt werden, wie sie überhaupt in den Himmel kommen können – denn sonst werden sie ihn niemals erreichen. Eine der letzten Anweisungen unseres Herrn an seine Apostel lautet: „Geht hin . . . und lehrt alle Völker“ (Matthäus 28,19). Aus diesem Grund war auch der heldenhafte Kampf Erzbischof Lefebvres von 1970 bis 1991 vor allem doktrinärer Natur.

Wie wir im „Eleison Kommentar“ 165 zitierten, ist dies auch der Grund, warum Bischof Fellay letzten Mai Herrn Mershon im „Remnant“ sagte, daß die Lehrunterschiede nicht ausgeklammert werden dürfen, um eine praktische Übereinkunft mit Rom zu erreichen – so verlockend diese auch sein mag. Auf die Frage, ob eine Ablehnung einer kanonischen oder praktischen Lösung durch die Priesterbruderschaft St. Pius X. kein „Zeichen des Trotzes oder bösen Willens“ sei, antwortete der Bischof (seine Worte sind auf der Internet-Seite von „The Remnant“ nachlesbar: www.remnantnewspaper.com ): „Es ist vollkommen klar, daß jede praktische Lösung ohne eine gesunde, doktrinäre Grundlage direkt in eine Katastrophe führen würde . . . . Wir haben alle diese abschreckenden Beispiele vor uns: Die Priesterbruderschaft St. Petrus, das Institut Christus König, und all die anderen Gemeinschaften sind lehrmäßig vollständig blockiert, weil sie zuerst die praktische Übereinkunft annahmen.“

Daß die katholische Doktrin durch eine praktische Übereinkunft „blockiert“ wird, leuchtet dem gesunden Menschenverstand ein. Denn die heutigen Römer hängen noch vollständig an ihrem Konzil, dem Zweiten Vatikanum. Dieses Konzil stellt aber im wesentlichen ein Abgleiten von der katholischen Tradition dar: weg von der Religion Gottes, hin zu einer neuen Religion des Menschen. Sollten nun die Römer ein größeres Zugeständnis an die Tradition machen, wie z.B. die Legalisierung der Priesterbruderschaft, so müßten sie dafür auch eine Gegenleistung verlangen. Weil sie aber wissen, daß die Priesterbruderschaft aus den eingangs genannten Gründen an der katholischen Glaubenslehre festhält, dürften sie nichts minderes verlangen, als daß die Lehrunterschiede für den Augenblick übergangen werden.

Doch das ist für die Ziele der Römer bereits genug! Denn betrachten wir die Formulierung „für den Augenblick“ näher: Was würde denn geschehen, wenn eine praktische Wiedervereinigung erst einmal unterschrieben wäre? Viele traditionellen Seelen wären überschwenglich darüber, daß sie nicht mehr länger durch die Mißbilligung Roms „in der Kälte“ stünden – wie sie es jetzt fühlen. Dieser Überschwang würde es jedoch der Priesterbruderschaft sehr schwer machen, wieder vor die Wiedervereinigung zurückzurudern – wenn, ganz zufällig natürlich, aus jenem „Augenblick“ (des Ausklammerns der Lehrunterschiede) eine unendliche Zeitspanne würde. Schon säße die Priesterbruderschaft in der Falle.

Betrachten wir schließlich die Formulierung „Übergehen der Lehrunterschiede“ näher: Die Glaubenslehre zu übergehen, insbesondere den grundlegenden Lehrunterschied zwischen der Religion Gottes und der Religion des Menschen, bedeutet Gott selber zu übergehen bzw. ihn auszuklammern. Wie könnte ein Diener Gottes jedoch Gott dienen, wenn er Ihn übergeht bzw. ausklammert? Wer das näher betrachtet, sieht ein, daß es bereits der erste kleine Schritt in Richtung eines großen Glaubensabfalls ist!

Bischof Fellay weist darauf hin, daß 40 Jahre Erfahrung diese Grundsätze bestätigen. Das Schlachtfeld der katholischen Tradition ist übersät mit Leichen von Organisationen, welche zwar großmütig begonnen hatten, aber das grundlegende Problem der Lehrunterschiede nicht genügend durchschaut haben.

Kyrie eleison.