Lehrgespräche

Gelähmte Autorität

Gelähmte Autorität on Juni 1, 2013

Eine Anzahl guter Katholiken wünscht, daß als Ersatz für die Priesterbruderschaft St. Pius X. eine neue Kongregation gegründet werde. Zwar teile ich durchaus ihre Besorgnis, daß die Bruderschaft gegenwärtig auf dem besten Weg ist, ihre vormals ruhmreiche Verteidigung des katholischen Glaubens und Lebens aufzugeben. Deswegen habe ich auch Verständnis für den Wunsch dieser Katholiken, daß eine andere und ähnliche Kongregation als Ersatz entstünde, doch glaube ich nicht, daß dies möglich ist. Den Grund dafür möchte ich kurz darlegen.

Im Jahre 1970 schrieb Erzbischof Lefebvre die Gründungsprinzipien und insbesondere die Satzungen nieder, auf welchen die künftige Priesterbruderschaft fußen und funktionieren würde. Bei diesem Unterfangen legte der Erzbischof großen Wert darauf, vom Bischof der katholischen Diözese, wo das Ursprungshaus der Bruderschaft stand, eine offizielle Genehmigung zu erhalten. Denn für den Erzbischof machte das Erhalten oder Nichterhalten dieser Genehmigung den großen Unterschied aus zwischen der Gründung einer Kongregation der katholischen Kirche oder einer privaten Gesellschaft auf eigene Faust. Während er größtes Interesse daran hatte, eine katholische Kongregation zu gründen, so interessierte ihn eine Privatinstitution nur wenig.

Als der Erzbischof dann Bischof Charrière von der Diözese Genf, Lausanne und Freiburg (in der Schweiz) besuchte, um diese Genehmigung zu erhalten, war er anfangs nicht gerade hoffnungsvoll. Denn die konziliare Revolution war bereits in vollem Gange und ja seinen Satzungen genau entgegengesetzt. Doch fügte es sich, daß Bischof Charrière seine Zustimmung gab; vielleicht, weil er wußte, daß er bald in Rente gehen würde. Wie dem auch sei, Erzbischof Lefebvre kehrte jubelnd nach Ecône zurück, und ein Bericht besagt, daß er dabei die Satzungen triumphierend in der Luft geschwenkt habe.

Für den Erzbischof bedeutete dies, daß er von nun an, und soweit es ihn betraf, die kirchliche Autorität besaß, um eine Kongregation der Kirche aufzubauen. Auch wenn Rom einige Jahre später versuchen würde, diese Autorität wieder zurückzuziehen, so war dieser römische Versuch seinem Wesen nach und gemäß den Kirchengesetzen so dermaßen ungerecht, daß der Erzbischof niemals zögerte, weiterhin die gesamte Autorität eines klassischen Kongregationsoberen innerhalb der Bruderschaft auszuüben. Diese klassische katholische Autorität hat eine solche Kraft, daß durch das Einspannen dieser Autorität vor die konziliaren Lügen es den Konzilspäpsten gelang, fast die ganze universelle Kirche zu zerstören. Und weil heute diese Autorität innerhalb der Bruderschaft vor ein praktisches Abkommen mit Konzilsrom gespannt wird, zerstört sie jetzt praktisch die Priesterbruderschaft. Auf der anderen Seite maßte Erzbischof Lefebvre sich jedoch niemals eine Autorität über Priester, Nonnen und Laien außerhalb der Bruderschaft an, sondern war diesen Personen lediglich Vater, Berater und Freund.

Doch heute sind die Tage eines Bischof Charrière lange vorbei. Wieviele vernünftige Bischöfe gibt es denn in der Amtskirche noch? Würde jemand von ihnen heute noch traditionelle und antikonziliare Satzungen genehmigen? Es scheint fast so zu sein, daß damals, als der Erzbischof mit seinen katholischen Satzungen in der Hand aus der katholischen Burg hinausmarschierte, hinter ihm das konziliare Fallgatter herunterfuhr. Einer der vier Bruderschaftstheologen sagte nach den Glaubensgesprächen der Jahre 2009 bis 2011 über die römischen Theologen: „Sie sind geistig krank, besitzen aber die Autorität.“ Die Priesterbruderschaft St. Pius X. war gewiß die letzte klassische Kongregation, welche in ihrer Linie gegründet wurde – jedenfalls bis nach der kommenden Züchtigung Gottes. Und dabei hat die Bruderschaft gar nicht lange ausgehalten.

Aus diesem Grund gilt nach meiner Meinung nun das Sprichwort: „Was man nicht kann ändern, muß man lassen schlendern!“ Deshalb fasse ich vorerst nur ins Auge, ein Vater, Berater und Freund zu sein für all jene Seelen, welche um eine bischöfliche Führung und Unterstützung bitten. Selbst diese Aufgabe ist groß genug. Möge Gott uns allen beistehen.

Kyrie eleison.

Doktrinelle Erklärung – II.

Doktrinelle Erklärung – II. on Mai 4, 2013

Liebe Leser, erlauben Sie mir, auf den siebten Absatz der Doktrinellen Erklärung vom 15. April 2012 zurückzukommen. Zweck dieser Erklärung war ja nicht weniger als die Schaffung der Grundlage für alle künftigen Beziehungen zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und Rom. Nun nahm zwar am 13. (nicht am 11.) Juni 2013 Rom diese Erklärung nicht an, und inzwischen mag auch das Bruderschafts-Generalhaus sich von ihr distanziert haben, doch belegt die Erklärung nach wie vor, was dem Generalhaus alles zuzutrauen ist. Und dieser siebte Absatz der Erklärung ist ein kleines Meisterstück an Verwirrung. Vor vier Wochen erläuterte der „Eleison-Kommentar“ (Ausgabe ? 300 vom 13. April) diesen Absatz anhand einer zweifachen Unterscheidung. Genaugenommen wird ihm jedoch nur eine vierfache Unterscheidung gerecht. Hier ist nun der komplette siebte Absatz:

Erklärung III, 5: „Über die Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramtes bezüglich des Verhältnisses zwischen der Katholischen Kirche und den nichtkatholischen Bekenntnissen, und bezüglich der gesellschaftlichen Pflicht der Religion und dem Recht auf Religionsfreiheit, ist folgendes zu sagen: (1) Jene konziliaren Formulierungen, welche nur schwerlich mit den früheren Aussagen des kirchlichen Lehramtes zu vereinbaren sind, (2) müssen im Lichte der vollständigen und ununterbrochenen Tradition verstanden werden, (3) und zwar auf eine Weise, daß die Formulierungen stimmig mit den vom früheren Lehramt verkündeten Wahrheiten sind, (4) doch ist hierbei keine Deutung dieser Aussagen erlaubt, welche die (konziliare) katholische Lehre in einen Gegensatz zu, oder in einen Bruch mit der Tradition und jenem alten Lehramt bringen könnte.“

Die Numerierungen und Unterstreichungen stammen von mir, um die Hinterlist in diesem Absatz zu verdeutlichen. Beachten wir, wie (1) nicht mehr von problematischen tatsächlichen Konzilsaussagen spricht, sondern nur noch von problematischen „Formulierungen.“ Damit sind wir bereits von der objektiven Aussage von Worten abgekommen. Worte schweben sozusagen im Raum, je nach dem, wie sie subjektiv „verstanden“ (2) und „gedeutet“ (3) werden. Unser Verstand soll davon losgelöst werden, eine Sache beim Namen zu nennen. Es wird vorgespielt, es sei keine objektive Unmöglichkeit mehr, den konziliaren Unsinn mit dem katholischen Denken zu vereinbaren, sondern es sei lediglich subjektiv „schwierig,“ beide Seiten miteinander zu vereinbaren (sprich: schwierig nur für die verdunkelten Gehirne der rückwärtsgewandten Traditionskatholiken).

Beachten wir besonders das raffinierte, jedoch entscheidende Abgleiten des Ausdrucks (2) „im Lichte von“ hin zum Ausdruck (3) „auf eine Weise . . . stimmig mit.“ Denn wer die konziliaren Neuerungen wirklich „im Lichte der Tradition“ versteht, sieht, daß sie vollständig unvereinbar sind. Wer hingegen die Neuerungen „auf eine Weise . . . stimmig mit“ der Tradition versteht, gibt vor, daß diese Neuerungen doch auf irgendeine Weise in Einklang mit der Überlieferung gebracht werden könnten. Dadurch soll unser Verstand wieder zum Abgleiten gebracht werden, weil „im Lichte von“ und „auf eine Weise. stimmig mit“ eben nicht dieselbe Sache meinen. Freilich versichert dann Satzteil (4), daß jedes subjektive Verständnis der Neuerungen, welches sie mit der Tradition und dem uralten Lehramt zusammenprallen läßt, absolut abzulehnen sei.

Der Satzteil (2) mag also noch der „vollständigen und ununterbrochenen Tradition“ Anerkennung zollen, womit dieser Teil mit dem katholischen Denken vereinbar ist. Satzteil (3) hingegen bringt modernistischen Unsinn vor, und Teil (4) hämmert diesen Unsinn dann ein. Somit stellt der ganze Absatz eine höchst raffinierte und schrittweise Bewegung dar, welche von einem Schatten der Wahrheit ausgehend direkt in den Irrtum namens „Hermeneutik der Kontinuität“ mündet. Diese entspricht genau dem Wahn von Alice im Wunderland, wo Humpty Dumpty hinausposaunt: „Was Worte meinen oder nicht, bestimme ich.“

Gott allein weiß, wer diesen siebten Absatz verfaßt hat. Vielleicht war es nicht der Generalobere der Bruderschaft. Doch wenn wir den Absatz, so wie er lautet, genau untersuchen, so müssen wir sagen, daß er so konstruiert ist, die Seelen von der katholischen Wahrheit zum konziliaren Irrtum hinüberzuführen. Der Absatz läßt sozusagen die Worte tanzen – so wie Häretiker sie tanzen lassen. Doch Häretiker, welche Worte tanzen lassen, verführen die Seelen dazu, den wahren Glauben zu verlieren und in die Hölle zu rutschen. Wer immer diesen siebten Absatz der Doktrinellen Erklärung zu verantworten hat, den soll der Kirchenbann treffen!

Kyrie eleison.

Doktrinelle Erklärung – I.

Doktrinelle Erklärung – I. on April 13, 2013

Am 15. April des letzten Jahres erstellte der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. eine sogenannte Doktrinelle Erklärung als Grundlage für die Wiedereingliederung der Bruderschaft in die Amtskirche. Fast ein Jahr später ist diese Erklärung nun in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Der Generalobere legte sein Dokument so an, daß es sowohl den Konzilsrömern als auch den Traditionalisten gefallen sollte (öffentlich sagte er über seine Erklärung: „Sie kann mit dunkel getönter oder mit rosaroter Brille gelesen werden.“) Sie gefiel den Römern, welche feststellten, daß die Erklärung einen „Fortschritt“ in ihre Richtung darstellte. Hingegen gefiel sie den Traditionalisten nicht, weil diese in ihr (soweit sie sie kannten) genug Doppeldeutigkeiten fanden, um die Erklärung als einen Verrat am Kampf Erzbischof Lefebvres für den wahren Glauben zu sehen – und zwar ein Verrat dergestalt, daß die Römer diese Erklärung nur hätten akzeptieren müssen, um seine Bruderschaft zu zerstören.

Als der Generalobere am 11. Juni 2012 die Römer traf, um ihre Entscheidung entgegenzunehmen, ging er herzigerweise davon aus, daß sie seine Erklärung akzeptieren würden. Daß die Römer die Erklärung dann doch nicht akzeptierten, erklärten zahlreiche Beobachter mit der dazwischengekommenen Veröffentlichung des Briefes der drei Bruderschaftsbischöfe an den Generaloberen vom 7. April 2012. Laut den Beobachtern habe dieser Brief die Römern gewarnt, daß der Generalobere nicht in der Lage sei, die vollständige Bruderschaft in den Schoß der Konzilskirche zu führen, so wie er zuvor es ihnen zu verstehen gegeben haben dürfte, und so wie sie es von ihm gewünscht hatten. Die Konzilsrömer wollten und wollen keine weitere Abspaltung, wodurch die Tradition nur wieder von vorne begänne.

Wie dem auch sei, müssen wir uns in diesen wenigen Zeilen hier auf ein Hauptargument konzentrieren, welches beweist, daß Rom die Bruderschaft zerstört hätte, wenn sie nur die vom Generaloberen vorgeschlagene Doktrinelle Erklärung angenommen hätte. Erzbischof Lefebvre bewies, daß das Zweite Vatikanum ein Bruch bzw. eine Entzweiung mit der früheren kirchlichen Lehre war. Aus dieser Annahme entstand und auf ihr fußt die traditionskatholische Bewegung. Benedikt XVI. – mit dem andauernden Widerstand dieser Bewegung gegen sein geliebtes Zweites Vatikanum konfrontiert – verkündete zu Beginn seines Pontifikates im Jahre 2005 die sogenannte „Hermeneutik der Kontinuität.“ Nach dieser müsse dort, wo das Konzil der Tradition (objektiv) widerspricht, dieses (subjektiv) so gedeutet werden, daß der Widerspruch wegfalle. Auf diese Weise verschwände der Bruch bzw. die Entzweiung zwischen Konzil und katholischer Tradition.

Betrachten wir nun den siebten Absatz (III,5) der Doktrinellen Erklärung. Er besagt, daß jene Konzilsaussagen, welche nur schwer mit den früheren kirchlichen Lehraussagen zu vereinbaren sind, (1) „so im Lichte der vollständigen und ununterbrochenen Tradition verstanden werden müssen, daß sie im Einklang mit den vom früheren Lehramt verkündeten Wahrheiten stehen, (2) doch ohne eine Deutung dieser Aussagen zu akzeptieren, welche dazu führen könnte, daß die katholische Lehre in eine Gegenposition oder in einen Bruch zur Tradition und jenem Lehramt gerate.“

Der erste Teil (1) ist durchaus richtig, insofern er bedeutet, daß jede „nur schwer zu vereinbarende“ konziliare Neuerung im Falle eines objektiven Widerspruchs zur früheren kirchlichen Lehre geradeheraus abgelehnt wird. Allerdings widerspricht der zweite Teil (2) direkt dem auf diese Weise verstandenen ersten Teil, insofern Teil zwei behauptet, daß keine konziliare Neuerung auf eine Weise „gedeutet“ werden darf, die im Bruch zur Tradition steht. Das ist vergleichbar mit der folgenden Behauptung: Alle Fußballmannschaften müssen blaue Hemden tragen, und all die andersfarbigen Fußballhemden müssen eben derart gedeutet werden, daß sie einfach blau darstellen. Was für ein Unsinn! Doch genau das besagt die „Hermeneutik der Kontinuität.“

Verstehen die in der letzten, weltweit organisierten Glaubensfestung aushaltenden Soldaten noch das Denken ihres Feldherrn? Erkennen sie, daß seine feierliche Erklärung der Bruderschaftslehre beweist, daß er wie ein Anführer des Feindes denkt? Möchten sie wirklich dazu geführt werden, so wie die Glaubensfeinde zu denken? Alle Vorstellungen müssen katholisch sein, während alle nichtkatholische Vorstellungen eben als katholisch „gedeutet“ werden müssen? Wacht auf, Kameraden! Im Hauptquartier herrscht die Denkweise des Feindes.

Kyrie eleison.

GREC – III.

GREC – III. on April 6, 2013

In dem Wunsch, an die Stelle Gottes sich zu setzen, strebt der moderne Mensch danach, Gottes Ordnung durch seine eigene zu ersetzen. Doch Gottes Ordnung ist wirklich und existiert außerhalb und unabhängig vom menschlichen Geist. Also entkoppelt der moderne Mensch seinen Geist von dieser Wirklichkeit, und wählt aus ihr nur jene Teile aus, welche er in seine eigene Phantasiewelt einbauen will. Nun kommt die höchste Ordnung von Gottes Schöpfung am besten in der Doktrin, also in der Glaubenslehre seiner Kirche zum Ausdruck. Daher leiden all jene heutigen Kirchenmänner und Laien, welche unter dem Einfluß des angeblich „Normalen“ um sie herum stehen, an einer tiefgehenden Weigerung oder Ignoranz gegenüber der Natur und Notwendigkeit von Doktrin.

Damit sind wir auch beim wesentlichen Problem der GREC-Gruppe angelangt ( G roupe de R éflexion E ntre C atholiques ), welche in den zwei früheren Ausgaben der „Eleison Kommentare“ Nr. 294 und 295 vorgestellt wurden. Die im Jahre 1997 in Paris gegründete GREC-Gruppe verfolgte das Ziel, freundschaftliche Treffen und den Austausch zwischen den Katholiken der Tradition und denen der Amtskirche zu fördern, um ein Klima des gegenseitigen Vertrauens und Respektes zu schaffen, was dann die Versöhnung der beiden Lager erleichtern und schließlich ihre unnötige Entfremdung beenden sollte. Solch ein Ansinnen übersieht allerdings auf sehr ernsthafte Weise die Bedeutung von Doktrin. Das muß nicht unbedingt vorsätzlich geschehen sein, und Gott wird darüber richten. Doch wie der törichte Mensch auch denken mag, fest steht, daß ebensowenig wie die Wirklichkeit die Doktrin sich beiseite schieben lassen wird.

Hw. Lelong beschreibt in seinem GREC-Buch namens Für die notwendige Versöhnung, wie der Generalobere und zwei Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. „einen entscheidenden Beitrag zur Gründung und Fortführung von GREC leisteten.“ Schon vor der Gründung empfing der Bruderschaftspriester Pater du Chalard in seinem Bruderschafts-Priorat den Hw. Lelong freundlich, und „versäumte auch in den folgenden Jahren nie, GREC diskret und aufmerksam zu unterstützen.“ Pater Lorans war damals Rektor des Bruderschafts-Institutes in Paris und hat bis heute entscheidenden Einfluß auf die Bruderschafts-Publikationen. Er begrüßte bei der Gründung der GREC-Gruppe die Idee eines „Dialogs zwischen Katholiken“ ausdrücklich und erhielt wenig später vom Bruderschafts-Generaloberen in der Schweiz die förmliche Erlaubnis zur Teilnahme an GREC. Seither spielt Pater Lorans bei allen Aktivitäten der GREC-Gruppe eine führende Rolle.

Diese Aktivitäten begannen im kleinen Maßstab und privaten Bereich. Ihr erstes öffentliches Treffen, wozu Pater Lorans beitrug, hielt die GREC-Gruppe im Mai des Jahres 2000 mit 150 Teilnehmern ab. Die Treffen häuften sich, und weitere Bruderschaftspriester nahmen an ihnen teil. Kirchenautoritäten bis zu den höchsten Rängen wurden regelmäßig darüber konsultiert und informiert. Pater Lorans ermöglichte seinerseits „einen Kontakt mit vertiefendem Vertrauen“ und freundschaftlichen Austausch mit dem Generaloberen der Bruderschaft. Ab dem Jahre 2004 öffneten die GREC-Treffen sich einem noch weiteren Publikum. Im September desselben Jahres entstand dann eine „theologische Arbeitsgruppe,“ bestehend aus Pater Lorans, einem weiteren Bruderschaftspriester, sowie einem römischen Theologen. Die beiden letztgenannten waren dann auch Teilnehmer bei den Lehrgesprächen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft in den Jahren 2009 bis 2011. Die GREC-Gruppe dürfte in diesen Lehrgesprächen durchaus das Wahrwerden ihrer kühnsten Hoffnungen gesehen haben – endlich trafen die Theologen sich in einem Klima, zu welchem die GREC-Gruppe „für die notwendige Versöhnung“ so viel beigetragen hatte.

Gott sei Dank gaben diese Lehrgespräche der Doktrin wieder ihre zustehende Vorrangstellung zurück, denn sie belegten die unüberbrückbare Kluft zwischen der katholischen und der konziliaren Lehre. Doch blockierte diese Erkenntnis dann die GREC-Denkweise innerhalb der Priesterbruderschaft? Weit gefehlt. Das Generalhaus der Bruderschaft wechselte über Nacht das vorige Motto „Ohne lehrmäßige Einigung keine praktische Einigung“ gegen das neue Motto aus: „Keine lehrmäßige Einigung, also verfolgen wir eine praktische Einigung“! Leider wurde das Protestaufkommen in der Bruderschaft im Frühling letzten Jahres durch das Generalkapitel-Treffen im Juli vernebelt und erstickt, während das Streben nach einem praktischen Abkommen vonseiten des Generalhauses fast unverändert weitergeht.

„Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,“ insbesondere in der Weihe Rußlands. Sonst nirgendwo.

Kyrie eleison.

Untergrabene Gegenwehr

Untergrabene Gegenwehr on Juli 21, 2012

Das Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X. ging am vergangenen Samstag zu Ende. Die gute Nachricht ist, daß die bis an den Rand des Selbstmordes geführte Bruderschaft nun vom Kapitel eine Gnadenfrist erhielt. Wenn allerdings die folgenden Worte, die in einem Interview mit einer katholischen US-Nachrichtenagentur weltweit ausgestrahlt wurden, immer noch den Geisteszustand der Bruderschaftsoberen darstellen (welche noch weitere sechs Jahre im Amt sind), dann bedarf es weiterer Gebete, um die erwähnte Gnadenfrist andauern zu lassen. Hier die Worte aus dem Interview (welche möglicherweise noch im Internet verfügbar sind – siehe Catholic News Service ):

„Viele Menschen haben eine Auffassung vom (Zweiten Vatikanischen) Konzil, die falsch ist. Inzwischen gibt es sogar Leute in Rom, die das sagen. Wir könnten sagen, glaube ich, daß wir in den Gesprächen (zwischen Rom und der Bruderschaft in den Jahren 2009 bis 2011) sahen, daß wir (die Bruderschaft) viele Dinge als vom Konzil stammend verurteilt haben, welche in Wahrheit nicht vom Konzil, sondern von der allgemeinen Auffassung vom Konzil herrühren.“

Um dies zu kommentieren, müssen wir zum Zweiten Vatikanum zurückkehren. Die 16 Konzilsdokumente sind, weil sie sowohl Wahrheiten als auch Irrtümer enthalten, grundsätzlich zweideutig und widersprüchlich. Die Bruderschaft hat in Nachfolge von Erzbischof Lefebvre nie behauptet, daß die Konzilsdokumente keinerlei Wahrheit enthielten. Allerdings hat die Bruderschaft sie angeklagt, sehr ernsthafte Irrtümer zu enthalten; z.B. die Konzilslehre, wonach der Staat kein Recht besitze, nicht-katholische Religionen zu unterdrücken. Das konziliare Rom hat die Dokumente dagegen stets verteidigt, unter anderem durch den Hinweis auf die entgegengesetzten Wahrheiten in den Dokumenten, wie z.B. daß jeder Mensch in religiösen Belangen die Wahrheit herausfinden und bekennen müsse. Doch waren die Wahrheiten in den Konzilsdokumenten noch nie das Problem, sondern die Irrtümer und die Widersprüchlichkeiten der Dokumente sind es. Wenn beispielsweise die Masse von Individuen – wie der Staat – angeblich religiös neutral sein dürfe, warum darf dann nicht auch das einzelne Individuum neutral sein? Diese Widersprüche in den Konzilsdokumenten öffnen der „Befreiung“ des Menschen von Gott – kurzum dem Liberalismus – Tür und Tor.

Die Lehrgespräche der Jahre 2009 bis 2011 untersuchten die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem konzilsrömischen Subjektivismus und dem von der Bruderschaft hochgehaltenen katholischen Objektivismus. Die Gespräche zeigten natürlich, daß diese Kluft grundsätzlich und unüberbrückbar ist. Sie besteht nicht etwa zwischen konziliarer Wahrheit und katholischer Wahrheit, sondern zwischen konziliarem Irrtum und katholischer Wahrheit – tatsächlich zwischen der Religion des Menschen und der Religion Gottes.

Nun verkündet der Redner im zitierten Interview, daß die „Leute in Rom “richtig“ und „wir,“ d.h. die Priesterbruderschaft, falsch lägen, weil „viele Dinge,“ welche die Bruderschaft beständig als vom Konzil stammend verurteilt hat, doch lediglich der „allgemeinen Auffassung“ vom Konzil entsprächen. Anders gesagt war es vom Erzbischof und seiner Bruderschaft von Anfang an falsch, das Konzil anzuklagen und entsprechend dem konziliaren Rom zu widerstehen. Daraus folgt ebenfalls, daß die Bischofsweihen von 1988 eine unnötige Entscheidung gewesen sein müssen, weil man die Pflege der katholische Tradition den Konzilsbischöfen hätte anvertrauen können. Doch Erzbischof Lefebvre nannte die Bischofsweihen die „Operation Überleben“ und er bezeichnete das Vertrauen auf das konziliare Rom als „Operation Selbstmord.“

Der Redner aus dem Interview befürwortet gemäß seinen eingangs zitierten Worten heute gewiß ein Abkommen zwischen der Bruderschaft und Rom. Laut einigen Berichten über dieses Abkommen würde sogar die Ernennung von Bruderschaftsbischöfen dem konziliaren Rom obliegen. Wenn aber seit Erzbischof Lefebvres Zeit Rom nicht aufgehört hat, konziliar zu sein – und alle Belege widersprechen einer solchen Illusion –, dann hätte der Erzbischof heute über den Redner aus dem Interview gesagt, daß dieser die „Operation Selbstmord“ fördere (sofern der Redner seine zitierten Worte inzwischen nicht verleugnet hat).

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – VI.

Benedikts Ökumenismus – VI. on Juli 14, 2012

Im letzten Teil der Eleisonkommentar-Serie, welche Dr. Wolfgang Schülers Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche behandelte, versprachen wir die Anwendung der Hauptlektion seines Buchs auf die derzeitige Situation der Priesterbruderschaft St. Pius X. Wir skizzierten diese Anwendung bereits durch die folgende Aussage: Wenn der Mensch nur dadurch katholisch sein kann, daß er dem Organismus der katholischen Kirche angehört, so wird der Mensch konziliar, wenn er dem Organismus der Konzilskirche angehört.

Nun behauptet Benedikt XVI., daß von der katholischen Kirche abgetrennte Stücke immer noch zur Kirche Christi gehören. Im Gegensatz dazu argumentiert Dr. Schüler gemäß Unserem Herrn (Johannes 15,1–7), daß die Kirche ein lebendiger Organismus ist; wenn von ihm Zweige abgetrennt werden, so verdorren und sterben diese, weil die Pflanze ihnen Leben gibt bzw. gab. Daraus folgt: wird die Priesterbruderschaft auf die konziliare Pflanze aufgepfropft, welche vollkommen von der Menschenreligion des Zweiten Vatikanum verseucht ist, so wird diese konziliare Pflanze ihre Seuche auf die Bruderschaft übertragen. Drei Zitate von Erzbischof Lefebvre mögen diese Tatsache verdeutlichen:

Im Jahre 1984, also noch deutlich vor den Bischofsweihen von 1988, verurteilte der Erzbischof bereits im Voraus die Illusion, daß die Priesterbruderschaft „durch eine Rückkehr in die Konzilskirche in die Lage käme, zu kämpfen und dieses oder jenes zu erreichen.“ Er sagte: „Das ist ganz und gar unwahr. Denn man kann nicht in eine Struktur eintreten, sich unter deren Obere stellen und dann erwarten, daß man von Innen heraus alles auf den Kopf stellen kann. In Wahrheit haben diese Oberen alles nötige, um uns zu erwürgen. Sie haben alle Autorität .“

Kurz vor den Bischofsweihen sagte der Erzbischof im Jahr 1988 dann: „ Rom möchte, daß alles sich nach dem Zweiten Vatikanum ausrichtet, während sie uns noch ein kleines bißchen Tradition lassen. (.) Sie ändern ihre Haltung nicht. Wir können uns nicht in die Hände dieser Leute begeben. Wir würden nur einer Selbsttäuschung erliegen. Wir beabsichtigen nicht, uns auffressen zu lassen (.) Die Tradition würde nach und nach kompromittiert.“

Bald nach den Bischofsweihen ging der Erzbischof 1989 auf den Einwand ein, daß die Bruderschaft vom Innern der Kirche hätte wirksamer tätig werden können als wenn sie außerhalb der Kirche gestellt worden wäre. Er erwiderte: „Sich ins Innere der Kirche stellen, was soll das heißen? Und vor allem: Von welcher Kirche spricht man? Wenn es die konziliare Kirche ist, so müßten also wir, die wir zwanzig Jahre lang mit ihr gerungen haben, weil wir die katholische Kirche wollen, jetzt in diese konziliare Kirche eintreten, um sie sozusagen wieder katholisch zu machen. Das ist eine vollkommene Illusion. Nicht die Untergebenen formen die Oberen, sondern die Oberen die Untergebenen . In der gesamten heutigen römischen Kurie, inmitten aller Bischöfe der Welt, die Progressisten sind, wäre ich vollkommen untergegangen. Ich hätte nichts erreicht und auch weder die Gläubigen noch die Seminaristen schütze n können.“

Sollte folglich die Priesterbruderschaft St. Pius X. durch ein praktisches Abkommen oder durch eine kanonische Regularisierung sich unter die konziliaren Autoritäten der Kirche stellen, die nach wie vor fest am Gedankengut des Zweiten Vatikanum hängen – wie die Glaubensgespräche der Jahre 2009 bis 2011 reichlich bewiesen haben –, so würde die bruderschaftliche Verteidigung des wahren Glaubens „erwürgt, aufgefressen, untergehen.“ Hineingeproft in die lebendige, konziliare Ganzheit, würde die Bruderschaft zwangsläufig von seinem verseuchten, konziliaren Leben angesteckt werden. Gott bewahre!

Kyrie eleison.