Rom

Benedikts Ökumenismus – VI.

Benedikts Ökumenismus – VI. on Juli 14, 2012

Im letzten Teil der Eleisonkommentar-Serie, welche Dr. Wolfgang Schülers Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche behandelte, versprachen wir die Anwendung der Hauptlektion seines Buchs auf die derzeitige Situation der Priesterbruderschaft St. Pius X. Wir skizzierten diese Anwendung bereits durch die folgende Aussage: Wenn der Mensch nur dadurch katholisch sein kann, daß er dem Organismus der katholischen Kirche angehört, so wird der Mensch konziliar, wenn er dem Organismus der Konzilskirche angehört.

Nun behauptet Benedikt XVI., daß von der katholischen Kirche abgetrennte Stücke immer noch zur Kirche Christi gehören. Im Gegensatz dazu argumentiert Dr. Schüler gemäß Unserem Herrn (Johannes 15,1–7), daß die Kirche ein lebendiger Organismus ist; wenn von ihm Zweige abgetrennt werden, so verdorren und sterben diese, weil die Pflanze ihnen Leben gibt bzw. gab. Daraus folgt: wird die Priesterbruderschaft auf die konziliare Pflanze aufgepfropft, welche vollkommen von der Menschenreligion des Zweiten Vatikanum verseucht ist, so wird diese konziliare Pflanze ihre Seuche auf die Bruderschaft übertragen. Drei Zitate von Erzbischof Lefebvre mögen diese Tatsache verdeutlichen:

Im Jahre 1984, also noch deutlich vor den Bischofsweihen von 1988, verurteilte der Erzbischof bereits im Voraus die Illusion, daß die Priesterbruderschaft „durch eine Rückkehr in die Konzilskirche in die Lage käme, zu kämpfen und dieses oder jenes zu erreichen.“ Er sagte: „Das ist ganz und gar unwahr. Denn man kann nicht in eine Struktur eintreten, sich unter deren Obere stellen und dann erwarten, daß man von Innen heraus alles auf den Kopf stellen kann. In Wahrheit haben diese Oberen alles nötige, um uns zu erwürgen. Sie haben alle Autorität .“

Kurz vor den Bischofsweihen sagte der Erzbischof im Jahr 1988 dann: „ Rom möchte, daß alles sich nach dem Zweiten Vatikanum ausrichtet, während sie uns noch ein kleines bißchen Tradition lassen. (.) Sie ändern ihre Haltung nicht. Wir können uns nicht in die Hände dieser Leute begeben. Wir würden nur einer Selbsttäuschung erliegen. Wir beabsichtigen nicht, uns auffressen zu lassen (.) Die Tradition würde nach und nach kompromittiert.“

Bald nach den Bischofsweihen ging der Erzbischof 1989 auf den Einwand ein, daß die Bruderschaft vom Innern der Kirche hätte wirksamer tätig werden können als wenn sie außerhalb der Kirche gestellt worden wäre. Er erwiderte: „Sich ins Innere der Kirche stellen, was soll das heißen? Und vor allem: Von welcher Kirche spricht man? Wenn es die konziliare Kirche ist, so müßten also wir, die wir zwanzig Jahre lang mit ihr gerungen haben, weil wir die katholische Kirche wollen, jetzt in diese konziliare Kirche eintreten, um sie sozusagen wieder katholisch zu machen. Das ist eine vollkommene Illusion. Nicht die Untergebenen formen die Oberen, sondern die Oberen die Untergebenen . In der gesamten heutigen römischen Kurie, inmitten aller Bischöfe der Welt, die Progressisten sind, wäre ich vollkommen untergegangen. Ich hätte nichts erreicht und auch weder die Gläubigen noch die Seminaristen schütze n können.“

Sollte folglich die Priesterbruderschaft St. Pius X. durch ein praktisches Abkommen oder durch eine kanonische Regularisierung sich unter die konziliaren Autoritäten der Kirche stellen, die nach wie vor fest am Gedankengut des Zweiten Vatikanum hängen – wie die Glaubensgespräche der Jahre 2009 bis 2011 reichlich bewiesen haben –, so würde die bruderschaftliche Verteidigung des wahren Glaubens „erwürgt, aufgefressen, untergehen.“ Hineingeproft in die lebendige, konziliare Ganzheit, würde die Bruderschaft zwangsläufig von seinem verseuchten, konziliaren Leben angesteckt werden. Gott bewahre!

Kyrie eleison.

Vatikanum II-B

Vatikanum II-B on Juli 7, 2012

Die Parallelen zwischen dem Zweiten Vatikanischen Konzil und den jüngsten Geschehnissen in der Priesterbruderschaft St. Pius X. sind so verblüffend, daß wir diese Geschehnisse durchaus Zweites Vatikanum „Nummer 2,“ oder kurz Vatikanum II-B nennen können. Das leuchtet ein. Denn genau dieselbe Versuchung und derselbe Druck der modernen Welt, die in den 1960iger-Jahren die Würdenträger der Amtskirche zusammenbrechen ließen, beherrschen seit dem Jahr 2000 auch eine Reihe von Bruderschaftsmitgliedern und bringen nun die Priesterbruderschaft an den Rand des Zusammenbruchs. Vor kurzem habe ich mir vorgestellt, wie eine Mutter ihrem Kind folgende Gutenachtgeschichte erzählte:—

„Es war einmal eine blühende katholische Kirche. Allerdings war sie umzingelt von einer bösartigen modernen Welt. Daher verurteilte die Kirche die modernen Prinzipien, auf denen diese Welt aufgebaut war. Weil aber die Welt nicht verurteilt werden wollte, tat sie alles in ihrer Macht stehende, um die Kirche zu infiltrieren und die kirchlichen Verurteilungen aufhören zu lassen. Doch gewisse Ereignisse, wie zwei schreckliche Weltkriege, bestätigten die Richtigkeit der Kirche. Also strömten Seelen in großer Zahl in die Kirche, weil sie für die Probleme der Welt wahrhaftige Lösungen bot.“

„Doch dann geschah die Katastrophe! Gerade als derartig viele Seelen das sanfte Joch Christi anzunehmen bereit waren, beschlossen die führenden Kirchenmänner, daß die moderne Welt am Ende doch Recht hatte! Und auf einer großen, vierjährigen Versammlung in Rom paßten die Kirchenmänner die Prinzipien der Kirche an die moderne Welt an. Die Kirchenführer schlossen nun einerseits Freundschaft mit all den früheren Feinden der Kirche, und wurden andererseits sehr grausam zu den wahren Freunden der Kirche, welche mit der Kirchenmodernisierung nichts zu tun haben wollten. Diese wahren Freunde der Kirche machten aber nur eine kleine Minderheit unter den Katholiken aus, denn über die Jahrhunderte hinweg hatten die Katholiken ihr Vertrauen in die Führer so stark ausgebaut, daß sie ihnen selbst dann noch folgten, als diese Führungspersonen die Kirche verrieten. Doch Gott in seiner Barmherzigkeit gab dieser Minderheit unter den Katholiken eine eigene Führungsperson, einen wahrhaft katholischen Erzbischof, um den sich die Katholiken zu scharen anfingen, so daß eine wahrhaft katholische Bewegung des Widerstandes aufzublühen begann.“

„Allerdings war diese Bewegung umzingelt von einer bösartigen Neukirche. Und weil die Neukirchenmänner nicht durch diese Bewegung als Modernisten verurteilt werden wollten, taten sie alles in ihrer Macht stehende, um diese Bewegung auszuschalten. Allerdings bestätigten gewisse Ereignisse, wie das Leerwerden und Schließen einer nach der anderen Institution der Neukirche, nur die Richtigkeit der Bewegung. Also strömten immer mehr katholische Seelen zu dieser Bewegung, weil sie wahrhaftige Lösungen hochhielt für die ansonsten unlösbaren Probleme sowohl der modernen Welt als auch der Neukirche, die in die moderne Welt übergegangen war.“

„Doch dann geschah die Katastrophe! Gerade als immer mehr katholische Seelen von der zusammenbrechenden Neukirche zu dieser Bewegung wechselten, begannen die Oberen dieser Bewegung zu sagen, daß man das Üble der modernen Welt auch übertreiben könne und daß die vierjährige Versammlung in Rom am Ende doch nicht so schlecht gewesen sei. Die Oberen der Bewegung schlossen nun einerseits Freundschaft mit den Neukirchenmännern, und gingen andererseits sehr grausam mit jedem Glied der Bewegung um, welches auf dem Verurteilen der Neukirche und ihren falschen Prinzipien beharrte. Und zu allem Übel besaßen diese Oberen auch Anhänger in der Bewegung, weil die Katholiken sich so an die Vorstellung gewöhnt hatten, daß sie untreu wären, wenn sie ihren Oberen nicht vertrauen würden.“

„Mama, hatte die Geschichte ein glückliches und zufriedenes Ende gefunden?“

„Mein Liebling, das weiß ich nicht, denn die Geschichte ist noch nicht aus. Schlafe jetzt ein.“

Kyrie eleison.

Zwei Irrtümer

Zwei Irrtümer on Juni 30, 2012

Ungewiß dessen, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihre derzeitige schwere Prüfung überlebt, werden die Liberalen immer wieder mit ihren falschen Argumenten sie zum Selbstmord zu überreden versuchen. Betrachten wir zwei solche liberale Argumentationsweisen:

In den jüngsten Debatten über die Frage, ob die Bruderschaft eine praktische, nicht-dogmatische Vereinbarung mit dem konziliaren Rom akzeptieren solle, kam das erste und einfältige der beiden Argumente immer wieder auf den Tisch: Weil ein katholischer Oberer (oder mehrere) von Gott Standesgnaden erhalten, sollten sie nicht kritisiert werden, sondern automatisch als vertrauenswürdig gelten. Erwiderung darauf: Freilich bietet Gott jedem von uns (nicht nur den Oberen) und zu jeder Zeit jene natürliche Unterstützung bzw. übernatürliche Gnade an, die wir zum Erfüllen unseres Standespflichten benötigen. Doch obliegt es unserem freien Willen, diese Gnade wirken zu lassen oder sie zu verweigern. Hätten alle Kirchenoberen stets ihre Standesgnaden wirken lassen, wie hätte es dann jemals einen Judas Iskariot oder ein Zweites Vatikanisches Konzil geben können? Das Argument mit der Standesgnade ist so albern wie einfältig.

Das zweite Argument ist ernsthafter. Herr J.L. brachte es im vergangen Monat in einem zehnseitigen Artikel in einer konservativ-katholischen, englischen Zeitschrift vor. Sein Artikel befürwortete ein praktisches Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft. Im folgenden fasse ich sein Argument zwar gekürzt, aber doch passend zusammen: Die katholische Kirche sei heutzutage unter heftigem Beschuß. Erstens von außen, beispielsweise durch die US-Regierung. Zweitens von innen, beispielsweise durch Bischöfe, welche zwar ihr gemütliches Leben lieben, aber von ihrer Theologie keinerlei Ahnung haben. Drittens und schlimmstens von einer Vatikanischen Verwaltung, die von lauter Skandalen und internen Machtkämpfen geprägt ist. Der Papst sei von allen Seiten belagert und warte nur auf die Priesterbruderschaft, damit diese den gesunden Einfluß der kirchlichen Vergangenheit in der Kirche wieder herzustellen helfe. An diese Vergangenheit glaube der Papst ja, selbst wenn er gleichzeitig an das Zweite Vatikanum glaubt. Msgr. Bux habe dem päpstlichen Aufruf seine Stimme verliehen, als er sagte: Wenn doch die Bruderschaft endlich dem Papst entgegenkommen und eine praktische Vereinbarung akzeptieren würde, so könnte davon nicht nur die Gesamtkirche profitieren, sondern auch die Bruderschaft selber. Der ehemals hochrangige Bruderschaftspriester Hw. Aulagnier erkenne dies ganz klar.

Lieber J.L., für Ihre Liebe zur Kirche, für das Erkennen der Kirchenprobleme, für Ihre Sorge um den Papst und Ihren Wunsch, ihm zu helfen, erhalten Sie eine Bestnote. Doch für Ihre Einschätzung davon, was die Ursachen dieser Kirchenprobleme sind und was die Priesterbruderschaft überhaupt ist, erhalten Sie keine so gute Note. Wie unzählige andere Seelen in der heutigen Kirche und Welt (einschließlich Hw. Aulagnier) verkennen Sie leider die absolut grundsätzliche Bedeutung der Glaubenslehre.

Die US-Regierung greift die Kirche deswegen an, weil letztere schwach ist. Die Schwäche der Kirche wiederum liegt im armseligen Verhalten der Bischöfe begründet, welches auf ihrem armseligen Erfassen der Kirchenlehre fußt – der Lehre von Himmel, Hölle, Sünde, Verdammnis, Erlösung, erlösender Gnade und dem stets gegenwärtigen Opfer des Erlösers innerhalb der wahren Messe. Die Bischöfe haben deswegen ein so armseliges Verständnis von diesen weltrettenden Wahrheiten, weil neben anderem der Bischof aller Bischöfe selber nur zur Hälfte an diese Wahrheiten glaubt. Der Papst glaubt nur zur Hälfte an diese Wahrheiten, weil seine andere Hälfte an das Zweite Vatikanum glaubt. Dieses Zweite Vatikanische Konzil untergräbt die wahre Religion Gottes völlig – durch die überall in den Konzilsdokumenten plazierten, tödlichen Zweideutigkeiten (was Sie ja erkennen), die eig ens entwickelt wurden, um den Menschen an die Stelle Gottes zu setzen.

Eine falsche Glaubenslehre ist das Grundproblem, lieber J.L. Durch die Gnade Gottes hat die Priesterbruderschaft St. Pius X. bis jetzt zwar die wahre Lehre Jesu Christi hochgehalten. Doch wenn die Bruderschaft sich nun unter die kirchlichen Autoritäten stellen würde, welche bestenfalls nur zur Hälfte an diese Wahrheiten glaubt, so würde die Bruderschaft bald aufhören, den Irrtum anzugreifen (was bereits jetzt geschieht), und am Ende selber den Irrtum befördern – und mit dem Irrtum einhergehend alle Schrecken, die Sie in Ihrem Artikel nannten. Gott bewahre!

Kyrie eleison.

Der Erzbischof spricht

Der Erzbischof spricht on Juni 9, 2012

Bevor Erzbischof Lefebvre endgültig den Entschluß faßte, im Juni 1988 Bischöfe für die Priesterbruderschaft St. Pius X. zu weihen, war er wie alle Katholiken seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hin- und hergerissen zwischen der katholischen Wahrheit und der katholischen Kirchenautorität. Der modernen Welt folgend, hat dieses Konzil die kirchliche Autorität und die katholische Wahrheit voneinander getrennt. Doch sobald der Erzbischof seinen Entschluß gefaßt hatte – was sich eindeutig als Rettung der katholischen Tradition herausstellte – war es, als ob alles in seinem Denken wieder im Lot war. Von diesem Zeitpunkt an, bis zu seinem Tod zweieinhalb Jahre später, war der Erzbischof nie mehr hin- und hergerissen.

Als Beispiel seines klaren Verstandes folgt nun ein Brief, den der Erzbischof am 18. August 1988 an Dom Thomas Aquinas sandte, den jungen Prior des brasilianischen Klosters, welches vom Benediktinerkloster im südfranzösischen Le Barroux unter Dom Gérard gegründet worden war. Leider brach Dom Gérard einige Tage nach der Bischofsweihe von Ecône mit der Bruderschaft, um sein Kloster in die Konzilskirche eingliedern zu können. Nun also Erzbischof Lefebvres Worte an Dom Thomas:

„Ich bedaure sehr, daß Sie uns vor den Ereignissen in Le Barroux (d.h. vor Dom Gérards Treuebruch) verlassen mußten. Dann wäre die Betrachtung der Situation, die sich durch Dom Gérards verheerende Entscheidung ergab, leichter gewesen.

In seiner Erklärung legt Dom Gérard dar, was ihm von der Amtskirche gewährt wurde, und er unterstellt sich im Gegenzug gehorsam unter das modernistische Rom, welches von Grund auf anti-traditionell bleibt. Deswegen bleibe ich auf Distanz. Gleichzeitig wünschte Dom Gérard die Freundschaft und Unterstützung der traditionellen Katholiken zu behalten, was einfach unfaßbar ist. Er beschuldigt uns, der Konzilskirche bloß um des Widerstandes willen zu widerstehen. Zwar warnte ich ihn vor diesem Schritt, doch hatte er seine Entscheidung bereits seit längerem gefällt und wollte unsere Ratschläge nicht beherzigen.

Die Auswirkungen sind nun unvermeidlich. Wir werden keine weiteren Beziehungen mehr zu Le Barroux unterhalten. Außerdem raten wir unseren Gläubigen, ihre Unterstützung für diese Unternehmung einzustellen, die fortan in den Händen unserer Feinde ist, der Feinde unseres Herrn Jesus Christus und seines universellen Königtums. Die Benediktinischen Schwestern (mit Le Barroux verbunden) sind in großer Bedrängnis und haben mich besucht. Ich gab ihnen den Rat, den ich nun auch Ihnen gebe: Bleiben Sie frei und kappen Sie jede Verbindung mit dem modernistischen Rom.

Dom Gérard setzt alle möglichen Argumente ein, um den Widerstand zu lähmen. (.) Hochwürden Tam wird Ihnen erzählen, was ich in diesem Brief nicht erwähnt habe. (.) Möge Gott Sie und Ihr Kloster segnen. Monseigneur Marcel Lefebvre.“

In der Folgezeit besuchte Dom Gérard das Kloster in Brasilien, um es dazu zu bringen, ihm in die Neukirche zu folgen. Doch der junge Dom Thomas hielt tapfer stand. Seither ist das brasilianische Kloster unter seiner Leitung traditionell katholisch geblieben. Was im obigen Brief nicht steht: Der Erzbischof ermunterte Dom Thomas, die treuen Mönche von Le Barroux zusammenzuscharen und Dom Gérard hinauszuwerfen!

So sah der klare Verstand und Wille von Erzbischof Lefebvre seit den Bischofsweihen aus. Sehr verwunderlich ist, warum einige seiner geistigen Söhne sich jetzt „ gehorsam unter das modernistische Rom, welches von Grund auf anti-traditionell bleibt,“ unterstellen wollen und unter einen subjektivistischen Papst, der unmöglich etwas von objektiver katholischer Tradition verstehen kann. So wirkt sie, diese ständig wachsende Verführungsmacht der uns umgebenden, subjektivistischen Welt. Der Wahnsinn des Subjektivismus ist heute so normal geworden und so weitverbreitet, daß nur wenige Menschen ihn überhaupt noch erkennen. „Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn.“

Kyrie eleison.

Untergrabene Doktrin

Untergrabene Doktrin on Mai 26, 2012

Über das Thema der Religionsfreiheit, wie sie vom Zweiten Vatikanischen Konzil in seiner Erklärung Dignitatis Humanae des Jahres 1965 gelehrt wurde, sind ganze Bücher geschrieben worden. Doch die revolutionäre Lehre dieses Konzilsdokumentes ist stets klar: Aus der natürlichen Würde eines jeden Menschen folge, daß weder der Staat, noch eine gesellschaftliche Gruppe, noch irgendeine menschliche Macht den einzelnen Menschen oder eine Gruppe von Menschen dazu anhalten oder ihnen aufzwingen dürfe, im privaten oder öffentlichen Bereich gegen ihre eigene religiöse Überzeugung zu handeln – solange die öffentliche Ordnung gewahrt bleibe ( DH 2).

Im Gegensatz dazu lehrte die katholische Kirche bis zum Zweiten Vatikanum immer, daß jeder Staat (als solcher) das Recht und sogar die Pflicht hat, seinen Bürgern zu verbieten, eine falsche Religion – d.h. alle nichtkatholischen Religionen – öffentlich auszuüben, solange dieses Verbot dem Heil der Seelen nicht abträglich, sondern dienlich ist. (Beispielsweise wird heute im Jahre 2012 die sogenannte Freiheit dermaßen angebetet, daß ein solches Verbot die Bürger beinahe jeden Staates derart schockieren würde, daß sie die katholische Religion nicht mehr schätzen, sondern verachten würden. In diesem Falle darf, wie die Kirche immer lehrte, der Staat auf die Ausübung seines Rechtes verzichten, die falschen Religionen in Schranken zu weisen.)

Die beiden Lehren widersprechen sich genau an der Frage, ob der Staat die öffentliche Ausübung der falschen Religionen beschneiden darf oder nicht. Dieser Widerspruch mag als relativ eingeschränkt erscheinen, doch seine Auswirkungen sind enorm. Denn sie entscheiden darüber, ob Gott Herr oder Diener des Menschen ist. Wenn nun einerseits der Mensch ein Geschöpf Gottes und von Natur aus ein Gemeinschaftswesen ist (was offensichtlich ist, denn der Mensch verbindet sich mit anderen Menschen auf alle möglichen Arten, vor allem im Staatsverbund), dann sind auch die Gesellschaft und der Staat Gottes Schöpfungen. Als solche sind sie ihm schuldig, ihm und seiner einzig wahren Religion zu dienen, indem sie den öffentlichen Bereich (eine Angelegenheit des Staates) vor den falschen Religionen schützen – solange dies dem Heil der Seelen nicht abträglich, sondern dienlich ist.

Wenn andererseits jedoch die Freiheit des Menschen als so wertvoll angesehen wird, daß es jedem Einzelnen freistehen muß, durch das öffentliche Ausüben und Missionieren einer beliebig falschen Religion seine Mitbürger zu verderben (außer wenn die öffentliche Ordnung gestört würde), dann müssen diese falschen Religionen im öffentlichen Bereich frei wuchern dürfen (wie beispielsweise die protestantischen Sekten im heutigen Südamerika). So wird die Menschenwürde höher eingestuft als der Unterschied zwischen den falschen Religionen und der einzig wahren Religion. Dadurch wird der Wert Gottes nebensächlich im Vergleich zum Wert des Menschen. Deswegen stuft das Zweite Vatikanum Gott in dem Maße herab, wie es den Menschen heraufstuft. Letztendlich ersetzt das Zweite Vatikanum die Gottesreligion mit der Menschenreligion. Es ist gut verständlich, daß Erzbischof Lefebvre die Priesterbruderschaft St. Pius X. gründete, um die unermessliche Würde und Erhabenheit unseres Gottes, des Herrn Jesus Christus, aufrechtzuerhalten – inmitten einer von der Menschenwürde volltrunkenen und damit verrücktgewordenen Welt und Kirche.

Und nun gibt es da einen religiösen Oberen, der Anfang des Monats öffentlich behauptete: „Viele Menschen haben vom Zweiten Vatikanum ein Verständnis, das ein falsches Verständnis ist.“ Die Religionsfreiheit, sagte er, „wird in vielerlei Hinsicht verwendet. Und wenn wir die Sache näher betrachten, so habe ich wirklich den Eindruck, daß nicht viele Menschen wissen, was das Konzil wirklich darüber gesagt hat. Das Konzil legt eine Religionsfreiheit dar, die wirklich eine sehr, sehr eingeschränkte ist, ja sehr eingeschränkt . . .” Auf die Frage, ob das Zweite Vatikanum selber, d.h. als Ganzes, zur katholischen Tradition gehört, erwiderte er: „Ich hoffe doch.“

Schauen Sie sich das in englischer Sprache gehaltene Videogespräch selber an. Es ist auf Youtube verfügbar unter dem Titel: „ Traditionalist leader talks about his movement, Rome ,“ zu deutsch: „Traditionalisten-Oberer spricht über seine Bewegung, Rom.“ Wer könnte überrascht sein, daß „seine Bewegung“ momentan die schwerste Krise in ihrer 42jährigen Existenz durchmacht?

Kyrie eleison.

Glaubenszerstörer

Glaubenszerstörer on Mai 12, 2012

Würde Rom der Priesterbruderschaft St. Pius X. ein allen ihren Wünschen entsprechendes Angebot unterbreiten, warum sollte sie dann trotzdem verweigern? Offensichtlich glauben immer noch mehrere Katholiken, daß das Angebot einer praktischen Übereinkunft, welches allen praktischen Forderungen der Bruderschaft genügen würde, wirklich angenommen werden könnte. Warum also sollte so ein Angebot nicht akzeptiert werden? Weil Erzbischof Lefebvre die Bruderschaft nicht um ihretwillen gründete, sondern zur Bewahrung des katholischen Glaubens, den das Zweite Vatikanischen Konzil wie nie zuvor in der ganzen Kirchengeschichte gefährdet. Betrachten wir genauer, warum einerseits die Behörden der Neukirche nach einem praktischen Abkommen mit der Bruderschaft streben, während andererseits die Priesterbruderschaft es ablehnen muß.

Der Grund für die Ablehnung eines solchen Angebots lautet: Weil die Neukirche subjektivistisch ist, und somit jedes rein praktische Abkommen voraussetzt, daß der Subjektivismus wahr sei. Die neue Konzilsreligion betrachtet Glaubensdogmen nicht als objektive Wahrheiten, sondern als Symbole subjektiver Bedürfnisse (vergleiche päpstliches Lehrschreiben Pascendi 11–13,21). Das folgende Beispiel möge diese konziliare Sichtweise demonstrieren: Wenn die Überzeugung, daß Gott Mensch geworden ist, meine psychologische Unsicherheit besänftigen kann, so ist die Menschwerdung Gottes für mich wahr – im einzig möglichen Sinn des Wortes „wahr.“ Wenn nach dieser Sichtweise also die Traditionalisten ihr Bedürfnis nach der alten Religion haben, so ist diese Religion für sie wahr (und es ist sogar bewundernswert, wie stark sie an ihrer Wahrheit hängen). Doch der Gerechtigkeit halber müssen diese Traditionalisten auch uns Römern unsere konziliare Wahrheit lassen. Wenn sie dieses Zugeständnis nicht machen können, dann sind sie unerträglich arrogant und intolerant, weswegen wir nicht erlauben können, daß sie eine solche Entzweiung in unsere Konzilskirche der „Liebe, Liebe, über alles“ hineintragen.

Deswegen wäre das neo-modernistische Rom mit einem praktischen Abkommen glücklich, durch welches die Bruderschaft ihren radikalen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit „ihrer“ Wahrheiten – wenigstens stillschweigend – aufgäbe. Im Gegensatz dazu kann die Priesterbruderschaft mit keinerlei Abkommen von Subjektivisten zufrieden sein, denn der Abschluß eines solchen würde entgegen allen Worten zeigen, daß sie in der Tat die Objektivität „ihrer“ Religion aus 20 Jahrhunderten aufgäben. Denn von „ihrer“ Religion kann gar nicht die Rede sein. Sobald ich mit Subjektivisten übereinkomme, kann ich nicht mehr auf Objektivität bestehen. Bestehe ich hingegen auf Objektivität, so kann ich kein Übereinkommen mit Subjektivisten akzeptieren – außer sie schwören ihrem Subjektivismus ab.

Doch das werden die Römer leider nicht tun. Im Gegenteil unterstrichen sie kürzlich ihr selbstgerechtes Beharren auf ihrer neuen Religion mittels eines Dokumentes namens „Hinweis zu den Schlußfolgerungen der kanonischen Visitation des Institutes vom Guten Hirten“ in Frankreich. Einige Leser werden sich daran erinnern, daß dieses Institut neben anderen nach dem Konzil gegründet wurde, um den traditionellen Katholizismus unter Aufsicht der römischen Behörden zu praktizieren. Rom kann ruhig einige Jahre warten – bis der Fisch sozusagen fest am Haken hängt –, bevor es dann zugreift:

Der „Hinweis“ verlangt die Aufnahme des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Konzilskatechismus aus dem Jahre 1992 in die Studiengänge des Instituts. Somit muß das Institut von nun an die „Hermeneutik von Erneuerung in Kontinuität“ behaupten und darf nicht mehr länger die Tridentinische Messe als seinen „ausschließlichen“ Meßritus bezeichnen. Zudem muß das Institut mit einem „Geist der Gemeinschaft“ am offiziellen Diözesanleben teilnehmen. Anders gesagt muß das Institut aufhören, traditionell zu sein, um zur Neukirche gehören zu dürfen. Doch was hatte das Institut denn anderes erwartet? Es müßte wieder dem Zugriff der Neukirchen-Behörden entfliehen, um die Tradition bewahren zu können. Doch wie wahrscheinlich ist das jetzt noch? Das Institut hat vom konziliaren Ungetüm verschluckt werden wollen – und wird nun verdaut.

Warum um Himmels Willen sollte es der Priesterbruderschaft St. Pius X. anders ergehen? Vielleicht wird die römische Versuchung diesesmal von der Bruderschaft zurückgewiesen, aber machen wir uns nichts vor: Die Subjektivisten werden immer und immer wieder kommen, um die objektive Wahrheit und den objektiven Glauben abzustreifen, die ihrem kriminellen Unsinn ein beständiger Vorwurf sind.

Kyrie eleison.