Rom

Kulturalarm

Kulturalarm on Dezember 29, 2012

Viele Katholiken, welche die Priesterbruderschaft St. Pius X. lieben, weil sie ihnen über die Jahre so viel gegeben hat, könnten angesichts des jetzt offenbaren Schwankens der Bruderschaftsführung dem Gedanken erliegen, daß sie als einfache Laien nicht viel dagegen tun können. Womit sie falsch lägen. Solchen Gläubigen seien die folgenden Überlegungen eines Freundes von mir gewidmet. Zwischen den Zeilen werden sie lesen können, daß, falls Gott die Bruderschaft nicht rettet – was er natürlich jederzeit könnte –, dies teilweise auch an ihnen liegt. Der Brief des Freundes lautet, leicht angepaßt, wie folgt:—

„Eine praktische Vereinbarung zwischen Rom und der Priesterbruderschaft wäre für die katholische Tradition verheerend. Es genügt ein Blick auf die traditionellen Redemptoristen in Schottland und was mit ihnen geschah . . . . Die beiden Messen können nicht nebeneinander existieren. Die eine Messe wird die andere stets vertreiben . . . . Als ich kürzlich eine Novus Ordo Messe besuchte, war die ganze Kirche von ständigem Geschwätz und Klatschen durchdrungen . . . . Die hinter diesen zwei Messen stehenden Lager liegen einfach zu weit auseinander, als daß eine Einigung möglich wäre. Die Geisteshaltung des Modernismus einerseits und der Tradition andererseits passen unmöglich zusammen.“

„Sodann gibt es diese tiefgreifende Revolution, welche die moderne Zivilisation einschließlich der Tradition überwältigt hat und von der Traditionsführung meistens verpaßt wurde. Die Elektronik-Technologie hat eine kulturelle Revolution in unser Leben und vor allem in das Leben der jüngeren Generation hineingetrieben. Wenn die Elektronik nicht planvoll gehandhabt und gelenkt wird, schwächt sie mit Sicherheit den Glauben, weil sie das gesamte Leben der Menschen übernehmen kann. Insbesondere sind die Jüngeren anfällig dafür, von der Elektronik erfaßt zu werden. Sie „hängen“ den ganzen Tag an der Elektronik. Menschen, die sehr in sie hineinversinken, werden am Ende sogar funktionsgestört: sie vermögen morgens nicht mehr aufzustehen, keine lebendigen Gespräche mehr zu führen, geschweige denn am Arbeitsplatz durchzuhalten.“

„Wenn eine Sportmannschaft nicht mehr von ihrem Sportlehrer ermahnt wird, fällt schnell ihr spielerisches Niveau ab. Werden Katholiken bezüglich kultureller Themen wie Musik, weiblicher Kleidung, Fernsehen, usw. nicht mehr ermahnt, so beginnt ihr kultureller Niveau zu sinken – mit tiefgreifenden Folgen für ihren Glauben. Im Kampf, die Weltlichkeit aus ihren Heimen fernzuhalten, stehen traditionskatholische Eltern mit ihren Familien alleine da, weil die Bruderschaftsführung diese Kulturrevolution entweder verpaßt hat oder ihr nicht die nötige Aufmerksamkeit widmet. Ich habe viele und lange Unterhaltungen mit traditionellen Familien geführt, welche tief besorgt sind über die Richtung, in welche die traditionelle Bewegung marschiert. Wollen religiöse Bewegungen aufblühen, so müssen sie gegenüber kulturellen Themen Flagge zeigen. Beispielsweise erfuhr die Tradition eine Stärkung, als sie damals Stellung gegen das Fernsehen bezog. Doch wenn bezüglich kulturellen Themen keine Stellung bezogen wird, so beginnt alsbald auch die Stellung bezüglich doktrinären Themen zu bröckeln.“

„Vielleicht hat das letzte Generalkapitel die Bruderschaft momentan noch vor dem Abgrund bewahrt, doch beruhigt mich das kaum. Dem Festlegen von klaren Bedingungen für künftige Diskussionen mit Rom im Hinblick auf ein Abkommen widmete es viel Zeit. Aber Rom ist seit 1988 im wesentlichen unverändert. Ich denke, daß die Bruderschaft wieder ihre prophetische Rolle übernehmen sollte, so wie sie es zu Zeiten von Erzbischof Lefebvre tat. Die traditionelle Bewegung muß dringend den Modernismus und Liberalismus verurteilen, welche die Kirche in ihre Selbstzerstörung führen. Doch in letzter Zeit verstummten diese Verurteilungen. Vielleicht sind viele traditionelle Priester von jenem Komfort abgelenkt, welchen sie sich von einer Einigung mit Rom versprechen.“

Nun sind Sie am Zug, liebe Leser: Hinweg mit der kitschigen und wertlosen Musik in Ihrem Heim. Und schmeißen Sie den Fernseher aus dem Fenster. Beschränken Sie den Einsatz von Elektronik auf ein Minimum. Liebe Mütter, tragen Sie Röcke, wenn möglich – also allermeistens. Andernfalls sollten Sie, liebe Leser, nicht darüber klagen, wenn Gott die Bruderschaft nicht rettet. Bekanntlich zwingt er seine Gaben niemandem auf. Gelobt sei sein Name allezeit.

Kyrie eleison.

Lebewohl Wimbledon

Lebewohl Wimbledon on Dezember 15, 2012

Nun bin ich also aus Wimbledon weggezogen, was immerhin der Wirklichkeit meiner angeblichen „Vertreibung“ aus der Priesterbruderschaft St. Pius X. entspricht. Nach meiner wirklichen Vertreibung aus Argentinien habe ich fast vier Jahre in Wimbledon verbracht und daher begleitete eine gewisse Traurigkeit meinen Wegzug. Denn trotz allem waren es vier glückliche Jahre. Ein wichtiger Grund für dieses Glück dürften diejenigen Priester gewesen sein, welche den englischen Hauptsitz der Bruderschaft, das St. Georg-Haus in Wimbledon, bewohnen. Sie waren eine ausgezeichnete Gesellschaft. Möge Gott jeden von ihnen segnen.

Einen Punkt muß ich doch klarstellen. Viele Leute fragen, warum ich die Priesterbruderschaft verlassen hätte. In Wahrheit habe aber nicht ich die Bruderschaft verlassen, sondern sie mich, indem sie die Grundsätze aufgab, wegen denen ich ihr einst beitrat. Wieder einmal trifft die Parallele zum Zweiten Vatikanischen Konzil zu. Auf die gleiche Weise, wie in den 1960er-Jahren unzählige katholische Priester, Ordensleute und Laien von den Kirchenmännern im Stich gelassen wurden, weil letztere für das Konzil stimmten, so werden auch heute seit 2010 eine Reihe gläubiger Priester und Laien von den Bruderschaftsoberen im Stich gelassen, weil letztere einen Frieden anstreben mit ihren „neuen Freunden in Rom“ – Zitat erster Asistent der Bruderschaft. Diese Blindheit erstaunt die Sehenden. Den Nichtsehenden hingegen ist diese Blindheit nur allzu natürlich. Möge Gott ihnen gnädig sein. Nach meiner Einschätzung haben diese Oberen nie verstanden, um was es Erzbischof Lefebvre wirklich ging. Sie sind Kinder ihrer Zeit.

Diese Oberen gaben als einzig wesentlichen Grund für meine „Vertreibung“ Ungehorsam an. Doch der einzig wesentliche Ungehorsam meinerseits war die wiederholte Weigerung, die „Eleison Kommentare“ einzustampfen. Als ich bei zwei verschiedenen Gelegenheiten den Generaloberen um Auskunft bat, welche Kommentar-Ausgaben denn genau problematisch seien, gab er jedesmal keine Antwort – zweifellos, weil er dann hätte zugeben müssen, daß das eigentliche Problem ein inhaltliches ist: namentlich meine entschiedene Ablehnung gegenüber seiner selbstmörderischen Annäherung an das konziliare Rom. Aber stattdessen fährt der Generalobere fort zu behaupten, daß ein disziplinäres Problem vorliege – womit er lediglich vom eigentlichen Problem ablenkt. Weder bin ich der erste Priester, noch werde ich der letzte sein, welchen der Generalobere auf diese Weise behandelt. Möge Gott ihn erleuchten. Der Generalobere riskiert, viele seiner wahren Freunde davonzujagen, um in Wirklichkeit seinen wahren Feinden zu gefallen. Eben genau so, wie Papst Paul VI. mit Erzbischof Lefebvre verfuhr. Die Parallelen hören nicht auf. Neukirche und Neubruderschaft stammen vom selben Übel unserer Zeit her.

Wie geht es nun weiter? Günstigstenfalls für die nächsten paar Wochen und schlimmstenfalls für die nächsten Monate bewohne ich die Wohnung eines Freundes in der Nähe von London, bis ich ein geeignetes Mietobjekt für die nächsten sechs bis zwölf Monate gefunden habe. Nach wie vor denke ich nicht, daß dauerhafte Unterbringungspläne geschmiedet werden müßten. Somit werde ich also leider nicht ganz einfach zu erreichen sein, weil mein Freund mit Rücksicht auf die Nachbarn diskret sein muß. Doch in jedem Fall bin ich mit klassischer Post erreichbar unter: P.O.Box 423, Deal CT14 4BF, England. (Bitte senden Sie mir heuer keine Weihnachtspost, denn auch ich versende keine.) Vom 13. Dezember 2012 bis 3. Januar 2013 plane ich, eine apostolische Reise nach Kanada und die USA zu unternehmen, so Gott will, und direkt im Anschluß daran einen Abstecher nach Frankreich zum Fest der Erscheinung uns eres Herrn.

Weiterhin wird es ein paar Änderungen bezüglich Erscheinungsweise meiner gesprochenen und geschriebenen Worte geben. Auch Format und Versandart meiner „Eleison Kommentare“ werden sich möglicherweise ändern, doch hoffe ich, daß ihr samstägliches Erscheinen von Dezember bis ins neue Jahr unverändert weitergeht. Für Ihre Spenden zugunsten der St. Marcel-Initiative danke ich Ihnen. Falls Sie um die Beträge besorgt waren, so kann ich Ihnen versprechen, daß sie nicht abhandengekommen sind. Gesegnete Weihnachten.

Kyrie eleison.

Eine Erklärung?

Eine Erklärung? on Dezember 8, 2012

Ein Bekannter von mir gab mir kürzlich in Kopie die offizielle Erklärung der Bruderschaft, welche das Generalhaus an alle Bruderschaftsoberen versandt hatte, um fünf möglicherweise beunruhigende Äußerungen des Generaloberen zu rechtfertigen. Weil der Bekannte nach meiner Einschätzung fragte, sage ich ehrlicherweise, daß die Bruderschaftsoberen nach wie vor beunruhigt sein dürften. Meine Begründung in kurzen Zügen:—

Erstens betonte der Generalobere im Mai des Jahres in Österreich gegenüber Bruderschaftspriestern, daß die Priesterbruderschaft ihre Beziehung zu Rom überdenken müsse. Das Generalhaus erklärt nun in seiner offiziellen Aussendung, daß diese Äußerung keine Änderung an der Haltung der Bruderschaft zu Neurom bedeute, sondern nur einen Aufruf an die Mitglieder der Bruderschaft darstelle, anzuerkennen, daß nicht jede Äußerung der Neurömer unsinnig sei. Allerdings verstanden die Priester in Österreich die ursprünglichen Worte des Generaloberen auf jene Weise, welche er selber im Hausmagazin der Bruderschaft ( Cor Unum ) im März des Jahres darlegte, daß also die „neue Situation“ in der Kirche „verlangt, daß wir eine neue Haltung im Hinblick auf die offizielle Kirche annehmen,“ denn seit 2006 „wurden wir Zeugen einer Entwicklung in der Kirche.“ Hat das Generalhaus auch eine Erklärung für diese geschriebenen Worte des Generaloberen?

Zweitens soll der Generalobere bei der gleichen Gelegenheit in Österreich gesagt haben, daß die potentielle Einigung mit Rom bedeuten werde, alle Bruderschafts-Kapellen jünger als drei Jahre niederzureißen. Das Generalhaus erklärt jetzt zu diesem Punkt, daß der Generalobere in Wirklichkeit gesagt habe, daß überall dort, wo die Bruderschaft schon länger als drei Jahre eine hl. Messe lese, eine Kapelle errichtet werden könne. Allerdings sagte der Generalobere auch, daß an jenen Orten, wo die Bruderschaft noch keine drei Jahre wirke, sie ihren Dienst im privaten fortsetzen könne – was natürlich bedeutet, daß sie alle ihre öffentlichen Gebäude wenigstens stillegen muß.

Drittens sagte der Generalobere ebenfalls im Mai zum katholischen Nachrichtendienst CNS aus den USA, daß die Religionsfreiheit „sehr, sehr eingeschränkt“ sei. Das Generalhaus erklärt nun, daß der Generalobere hierbei von der „wahren Religionsfreiheit“ gesprochen habe, welche also die Kirche immer gelehrt hat und wo in der Tat dieses Recht auf die katholische Religion eingeschränkt ist. Allerdings sind die Worte des Generaloberen bei CNS erstens glasklar und zweitens von jedem mit Internet-Zugang nachprüfbar: „ Das Konzil stellte eine Religionsfreiheit vor, welche in Wirklichkeit eine sehr, sehr eingeschränkte war – sehr eingeschränkt.“ Das Generalhaus sollte vielleicht eine zweite Erklärung hinzufügen, um zu bekunden, daß diese erste Erklärung kein Irrtum (im besten Falle) war.

Viertens gab der Generalobere im September in Ecône zu, daß er in seinem Umgang mit Rom einem Irrtum erlegen war. Das Generalhaus erklärt nun, daß der Irrtum allerdings nur einen „sehr präzisen und eingeschränkten Gesichtspunkt“ umfaßte, namentlich in der Frage nach dem Beharren oder Nichtbeharren des Papstes darauf, daß die Priesterbruderschaft das Konzil anerkenne. Nun ist allerdings dieses Beharren auf dem Konzil (zusammen mit dem Beharren auf der Neuen Messe) der ganze Angelpunkt des Streits zwischen der Bruderschaft und Neurom. Diese Erklärung, läßt sie nicht den Generaloberen doch im übertragenen Sinne sagen, daß der tiefe Riß in der Titanic durch den Eisberg nur ein sehr präziser und begrenzter Riß war?

Fünftens erklärte der Generalobere vor einigen Jahren, daß die Konzilsdokumente zu „95% annehmbar“ seien. Das Generalhaus schrieb nun, daß er damit den Buchstaben und nicht den Geist des Konzils gemeint habe. Doch welche Mutter wird ihren Kindern auch nur ein Stück eines Kuchens geben, von dem sie weiß, daß 5% von ihm vergiftet sind? Zwar könnte sie ihnen theoretisch wirklich irgendein Stück aus dem nicht vergifteten 95%-Anteil geben, doch wird sie nicht in der Praxis zurecht Angst vor dem vergiftenden Geist hinter all den Kuchenstücken haben?

Zusammenfassend gesagt: Hätte die Krise der Priesterbruderschaft vom Frühjahr und Sommer mich über die Kompetenz und Ehrlichkeit vom Generaloberen und seinem Generalhaus wundern lassen, so würde ich mich nach dieser Erklärung des Generalhauses mit ihren fünf Zitaten immer noch wundern. Möge Gott mit ihnen sein, denn ihre Verantwortung ist gewaltig.

Kyrie eleison.

Hauslektüre

Hauslektüre on Oktober 20, 2012

Die „Eleison-Kommentare“ empfahlen den Lesern vor einiger Zeit, ihre Häuser in Festungen auszubauen, falls ob der Verrücktheit der modernen Zeit die öffentlichen Glaubensfestungen verschwinden könnten. Nun fragten einige Leser, wie ein solcher Festungsbau denn aussehen könnte. Zwar haben diese „Kommentare“ schon einige geistliche und irdische Mittel vorgeschlagen, um das Heim und die Familie schützen zu können; zuvörderst natürlich durch das Rosenkranz-Gebet. Doch eine Art des Festungsausbau blieb bisher unerwähnt, welches ich vermutlich anstelle des Fernsehers einsetzen würde, hätte ich eine Familie zu verteidigen: den Kindern allabendlich ausgewählte Kapitel aus dem Werk „Der Gottmensch“ von Maria Valtorta vorzulesen. Wenn wir dann den letzten Band durchgelesen hätten, so würden wir, stelle ich mir vor, wieder von vorne anfangen – bis alle Kinder das elter liche Heim verlassen hätten.

Nun hat das Werk Valtortas viele und sprachgewandte Feinde. Es besteht aus Episoden über das Leben Unseres Herrn Jesus Christus und Unserer Lieben Frau, angefangen von ihrer Unbefleckten Empfängnis bis hin zu ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel. Maria Valtorta, eine unverheiratete Frau reiferen Alters aus Norditalien, schaute während des Zweiten Weltkrieges diese Episoden als Visionen vom Himmel, wie es glaubhaft scheint. Valtorta war durch eine Rückenverletzung, welche sie Jahre zuvor erlitten hatte und dadurch dauerhaft verkrüppelt war, an das Krankenbett gefesselt. Die im italienischen Original (etwa 4.000 Seiten auf 10 Bände verteilt) eingefügten Anmerkungen zeigen die große Furcht von Valtorta davor, vom Teufel getäuscht zu werden. Tatsächlich bezweifelt eine gewisse Zahl von Menschen, ob das Werk Valtortas auch wirklich von Gott stammt. Gehen wir auf drei der wichtigsten Einwände näher ein.

Erstens wurde das Werk in den 1950er Jahren auf den kirchlichen Index der verbotenen Bücher gesetzt, also kurz bevor Rom in den 1960er Jahren neo-modernistisch wurde. Als Gründe für die Indizierung wurden genannt eine Romantisierung und Sentimentalisierung der Ereignisse im Evangelium. Zweitens werden dem Werk zahlreiche lehrmäßige Irrtümer vorgeworfen. Drittens wandte Erzbischof Lefebvre gegen Valtortas Werk ein, daß das Aufzählen von so vielen materiellen Einzelheiten aus dem Alltagsleben unseres Herrn ihn zu irdisch werden ließe und wir somit zu stark von der geistlichen Ebene der vier Evangelien herabgebracht würden.

Nun zur Erwiderung auf diese drei Einwände. Wie hätten erstens die Modernisten Rom in den 1960er Jahren übernehmen können, wenn sie nicht schon vorher in den 1950er Jahren gut in Rom eingerichtet gewesen wären? Sodann ist das Werk Valtortas, wie auch das Evangelium (siehe Johannes 11,35, usw.) tatsächlich voller Gefühle, die allerdings ihrem jeweiligen Objekt entsprechen und es nicht übertreffen. Meines Erachtens kommt dem gesunden Sachverstand das Werk weder sentimental noch romantisiert vor. Zweitens sind die scheinbaren lehrmäßigen Irrtümer einer nach dem anderen leicht zu entkräften, was ein kompetenter Theologe in den Anmerkungen der italienischen Ausgabe auch durchgeführt hat. Und drittens möchte ich bei allem gebotenen Respekt vor Erzbischof Lefebvre argumentieren, daß der moderne Mensch die in Valtortas Werk beschriebenen irdischen Einzelheiten sogar durchaus braucht, um wieder an die Wirklichkeit des Evangeliums glauben zu können. Hat denn nicht eine zu starke „Spiritualität“ unseren Herrn für den modernen Menschen sozusagen ins „Obergeschoß“ hinauf entrückt, während Kino und Fernsehen den menschlichen Sinn für Realität unten im „Erdgeschoß“ übernommen haben? So wie unser Herr ganz Mensch und ganz Gott war, so ist auch Valtortas Werk zu jeder Zeit sowohl ganz geistlich als auch ganz irdisch.

Aus der nicht-elektronischen Lektüre des Werkes zuhause dürfte, so glaube ich, großer Nutzen erwachsen – zusätzlich zu einem wahrhaftigen Umgang zwischen den vorlesenden Eltern und ihren zuhörenden Kindern. Denn Kinder saugen ihre Umgebung wie Schwämme das Wasser auf. Werden ihnen altersgemäß ausgewählte Kapitel aus diesem Werk vorgelesen, so verspreche ich mir für die Kinder schier endlose Lernmöglichkeiten über das Leben Unseres Herrn und der Muttergottes. Denken wir außerdem an die vielen Fragen, welche die Kinder dann stellen würden. Und erst an die Antworten, mit welchen die Eltern dann aufwarten müßten. Mir dünkt, daß Valtortas Werk ein großartiger Beitrag zum Ausbau des Heimes in eine Festung sein könnte.

Kyrie eleison.

Aufmunitionierung

Aufmunitionierung on Oktober 6, 2012

Weil ich das Privileg genieße, mannigfaltige Freunde zu haben, welche aus allen Richtungen auf mich schießen, ist die Vorstellung, daß ihnen die Munition ausgehe, mir beinahe unerträglich. Daher folgt nun eine Sammlung an Kugeln und Granaten direkt vom Schlachtfeld: die Kommentare stammen von Priestern, Laien und Schwestern, welche hauptsächlich sich entrüsteten, als im November 2008 im schwedischen Fernsehen eine gewisse Episode der jüngeren Geschichte bestritten wurde. (Und doch . . . und doch . . . ) Viel Spaß beim Lesen!

„Dieser Bischof besitzt ein großes Temperament mit starkem Geltungsdrang und Autorität. Deswegen konnte er einfach nicht ertragen, in der Priesterbruderschaft St. Pius X. nicht die Nummer Eins zu sein. Weil er in die Geschichtsbücher eingehen wollte und weil er wußte, daß er mit 68 Jahren nur noch schwerlich Generaloberer der Bruderschaft werden konnte, zündete er im Schwedischen Fernsehen die „Revisionismus-Bombe“ – um Aufmerksamkeit zu erheischen und als Platzhirsch dazustehen. Er riskierte eine Spaltung der Bruderschaft, um Einfluß zu gewinnen.“

„In der Fernsehausstrahlung entschied er sich für die totale Provokation, um den Gesprächen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft, welche er ja ablehnte, Sand ins Getriebe zu streuen. Doch weil er nur eine untergeordnete Position in der Bruderschaft innehatte, konnte er nur durch einen solchen Skandal den Abbruch der Gespräche erzwingen, welche ansonsten womöglich zu einem Abkommen geführt hätten.“

„Er liebt die Provokation, weil er ein Eindringling und ein ehemaliger Anglikaner ist, der eigentlich nach wie vor der katholischen Kirche feindlich gegenübersteht. Er wollte jedwedes Abkommen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft blockieren, weil ein Abkommen für die Bruderschaft und somit für die katholische Kirche zu vorteilhaft gewesen wäre.“

„Er ist ein illuminierter Übernaturalist, Verschwörungstheoretiker und besessen von der Gefährlichkeit des Jüdischen. Er meint, daß die Apokalypse schon morgen käme. Weder er noch der Revisionismus sind seriös.“

„Er verfügt über natürliche Qualitäten, welche ihn weltlich und ehrgeizig machen. Er ist daran gewöhnt, daß jedermann ihm huldigt. Früher hatte er Einfluß auf viele Menschen und wurde, als er noch reiste, wie ein kleiner Gott behandelt. Doch wegen seiner persönlichen Qualitäten ist er stolz und neidisch auf Bischof Fellay. Und deshalb ließ er im schwedischen Fernsehen aus Neid und Mißgunst jenes Donnerwetter los.“

„Tatsächlich war er schon lange vor der schwedischen Fernsehsendung viel zu politisch und zu unabhängig von der restlichen Priesterbruderschaft, deren Geist er nicht vollständig teilte. Im Jahre 2004 griff er die Bruderschaftsführung wegen ihrer Jansenismus-Haltung und ihres Supernaturalismus öffentlich an. In Wirklichkeit ging es ihm jedoch nur um die Begleichung persönlicher Rechnungen, so wie gewisse Kirchenmänner es eben machen.“

„Seine Originalität geht mit einem vollkommenen Mangel an Verantwortungsbewußtsein einher. Aus diesem Grunde ritt er sein antisemitisches Steckenpferd in aller Öffentlichkeit, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, welchen Schaden er damit der Tradition verursachen könnte. Tatsächlich wurde er von Faschisten und Neuheiden manipuliert, oder wenigstens von ihnen benutzt. Zwar ging es ihm bei dieser Gelegenheit nicht um persönliche Macht, aber trotzdem ist er unberechenbar und man kann ihm nicht trauen.“

Alle diese Dinge werden über mich gesagt. Ach, wie ich doch die Aufmerksamkeit gerne habe!

Kyrie eleison.

Herumdrehbare Erklärung

Herumdrehbare Erklärung on September 22, 2012

Nicht alles vom Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X., welches im Juli in der Schweiz abgehalten wurde, mag katastrophal gewesen sein. Doch von seinen beiden offiziellen Ergebnissen zeigt das erste namens „Die sechs Bedingungen“ eine „besorgniserregende Schwäche“ (siehe Eleison-Kommentar 268 vom 1. September), und auch das zweite Ergebnis in Gestalt einer abschließenden „Erklärung“ läßt viel zu wünschen übrig. Eine möglichst kurze Zusammenfassung der Erklärung in zehn Paragraphen lautet wie folgt:

1) Wir danken Gott für die 42 Jahre Existenz der Priesterbruderschaft. 2) Wir haben nach der jüngsten Krise nun wieder unsere Einheit gefunden (echt?), 3) um unseren Glauben zu bekennen 4) an die Kirche, an den Papst und an den Christkönig. 5) Wir halten uns an das beständige Lehramt der Kirche, 6) und an ihre beständige Tradition, 7) in Verbundenheit mit allen unter Verfolgung leidenden Katholiken. 8) Wir rufen die Allerseligste Jungfrau Maria, 9) den Heiligen Erzengel Michael und 10) den Heiligen Papst Pius X. um Hilfe an.

Dieser Erklärung mangelt es gewiß nicht an Frömmigkeit, von welcher der Hl. Paulus sagt, daß sie zu allem nützlich ist (Erster Timotheusbrief 4,8). Gegenüber seinen beiden Jüngern Timotheus und Titus unterstreicht der Hl. Paulus allerdings ständig die Notwendigkeit der Doktrin, d.h. der Glaubenslehre, weil diese das Fundament wahrer Frömmigkeit ist. In der Erklärung des Generalkapitels fällt allerdings ausgerechnet die Doktrin leider recht dürftig aus. Anstatt die lehrmäßigen Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils, welche ja die Kirche seit 50 Jahren verwüsten, zu verdammen, enthält die Erklärung in ihren doktrinal stärksten Paragraphen 5 und 6 nur eine zaghafte Verurteilung dieser Irrtümer, begleitet von einem Tribut an das unveränderliche Lehramt (§5) und an die Tradition (§6) der Kirche. Dieser Tribut erfolgt zwar zurecht, schafft dabei aber ein Argument, welches von den Konziliaristen allzu leicht herumgedreht werden kann. Betrachten wir, wie einfach das geht:

Paragraph 5 legt dar, daß die Neuerungen des Zweiten Vatikanum „mit Fehlern befleckt“ sind, während das beständige Lehramt „ununterbrochen“ andauert: „Das Magisterium gibt durch seine Lehrakte das geoffenbarte Glaubensgut in vollständigem Übereinstimmung mit allem, was die universelle Kirche immer und an allen Orten geglaubt hat, weiter.“ Das deutet darauf hin, daß Rom das Zweite Vatikanum in die Reinigung geben sollte, um die Flecken zu entfernen. Doch die Römer können auf diesen Satz der Erklärung antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Kontinuität des Lehramtes ist absolut bewundernswert! Doch jenes Lehramt sind wir Römer, und wir stellen fest, daß das Zweite Vatikanum keine schmutzigen Flecken hat.“

Ähnlich beim Paragraph 6, welcher in der Erklärung lautet: „Die beständige Tradition der Kirche gibt jenen Lehrbestand, welcher zur Aufrechterhaltung des Glaubens und zur Rettung der Seelen notwendig ist, jetzt und bis ans Ende der Zeit weiter.“ Somit müssen also die kirchlichen Autoritäten zur Tradition zurückkehren. Doch die Römer können darauf antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Weitergabe des Glaubens durch die Tradition ist absolut bewundernswert! Doch die Hüter dieser Tradition sind wir Römer, und wir stellen durch die Hermeneutik der Kontinuität fest, daß das Zweite Vatikanum die Tradition nicht unterbricht, sondern fortführt. Das Generalkapitel irrt gewaltig mit der Annahme, daß wir zur Tradition zurückkehren müßten.“

Beachten wir den starken Kontrast zwischen dieser Erklärung und der Grundsatzerklärung des Erzbischof Lefebvre vom 21. November 1974, wo er einen wuchtigen und unherumdrehbaren Angriff auf die Irrtümer des Zweiten Vatikanum ausführt. In dieser Grundsatzsatzerklärung schrieb der Erzbischof, daß das Konzilsrom nicht das katholische Rom ist, weil die konziliare Reform folgendes ist: „naturalistisch, teilhardistisch, liberal und protestantisch . . . völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie,“ usw. Die Schlußfolgerung des Erzbischofs ist eine kategorische Weigerung, irgendetwas mit Neurom zu schaffen zu haben, weil es überhaupt nicht das wahre Rom ist.

Vergleichen Sie im Internet die zwei Erklärungen miteinander und entscheiden dann, welche von beiden untrüglich den Trompetenschall zum notwendigen Kampfe erklingen läßt (Erster Korintherbrief 14,8). Man darf sich fragen, wieviele Teilnehmer des Generalkapitels vom Jahre 2012 haben wohl jemals studiert, was Erzbischof Lefebvre sagte, und warum er es sagte?

Kyrie eleison.