Katholische Lehre, Dogma, Glaubensgut

Benedikts Ökumenismus – IV.

Benedikts Ökumenismus – IV. on Mai 5, 2012

Die katholische Kirche lehrte immer, daß sie die alleinige und einzig wahre Kirche Jesu Christi ist. Selbst wenn also der Großteil der Gläubigen sie verließe – was am Ende der Welt geschehen wird (siehe Lukas 18,8) –, so besäße doch die Kirche immer noch ihre Einheit. Aus diesem Grund konnte der Hl. Cyprian sagen, daß die Einheit der Kirche von Gott gestiftet ist, daß sie aus himmlischen Sakramenten gewoben wird und daß sie durch „keine gegenteilige Willenskraft auseinandergerissen werden kann.“ Auch wenn Seelen von der Kirche abfallen oder sich von ihr losreißen mögen, bleibt die Kirche, die sie hinter sich lassen, dennoch immer eins. In dieser Hinsicht bedeutet der Begriff „Einheit der Kirche“ stets die Rückkehr einzelner Seelen – eine nach der anderen – zur einen und wahren Kirche.

So sieht das Zweite Vatikanum allerdings die Kirche nicht. Denn durch die Behauptung in Lumen Gentium (Abschnitt 8), daß die Kirche Christi in der katholischen Kirche „subsistiert“ (verwirklicht ist), ermöglichte dieses Konzil einerseits, die beiden Begriffe Kirche Christi und katholische Kirche mit Leichtigkeit voneinander zu trennen. Und andererseits täuschte das Konzil vor, daß die „wahre“ Kirche Christi viel weiter gefaßt sei als nur die „enge“ katholische Kirche. Aus Konzilssicht gibt es mehrere, außerhalb der katholischen Kirche verstreute Teile der wahren Kirche Christi. „Einheit der Kirche“ bedeute dann, diese Stücke wieder zusammenzufügen, ohne daß die einzelnen Menschen einer nach dem anderen konvertieren müßten. Das entspricht sicherlich der Sichtweise des jungen und hochintelligenten Konzilstheologen Hw. Joseph Ratzinger, wie erstaunliche Worte von ihm kurz nach dem Konzil zeigen, welche Dr. Schüler mit Quellennachweis in seinem Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche auf Seite 17–19 zitiert. Eine kurze Zusammenfassung möge die Tendenz dieser Worte Hw. Ratzingers unterstreichen:

Laut dem jungen Hw. Ratzinger ist die „Kirche“ überall dort, wo es einen Bischof, einen Tisch und das Wort Gottes gibt. Im Lauf der Jahrhunderte habe allerdings der römische Zentralismus diese echte weil breite Auffassung von christlicher Gemeinschaft ernstlich verengt, was u.a. die Protestanten zum Wegbrechen von Rom getrieben habe. Man hätte lieber mit den glaubensmäßigen Unterschieden auskommen sollen, so Hw. Ratzinger, und Rückkehrökumene müßte durch eine „Koexistenz-ökumene“ ersetzt werden. Anstatt von einer Kirche zu sprechen, müsse von Kirchen in der Mehrzahl geredet werden. Außerdem müßten die Katholiken sich öffnen, und Konversionen blieben jenen Einzelnen vorbehalten, welche dies auch wirklich wünschten. Die protestantischen Irrtümer werden in der Sicht Hw. Ratzingers schließlich zu den Rechten der Protestanten.

Wo bleiben aber bei all diesem Gerede von Kirchen und Kirche der Glaube und die dogmatische Glaubenslehre? Sie bleiben offensichtlich auf der Strecke. Und was können Gläubige mit so einem gegensätzlichen Glauben wie die (altmodischen) Katholiken und die Protestanten für eine Form von Einheit besitzen? Nur eine von der vorkonziliaren Kircheneinheit sehr verschiedene Einheit. Und das kann nur eine im Vergleich zur vorkonziliaren Kirche sehr verschiedene Kirche mit sich bringen. Tatsächlich zielte der junge Hw. Ratzinger auf die Neukirche ab.

Doch die Einheit der Neukirche wurde gleichzeitig zu einem Problem. Denn erstens ist die Einheit der Kirche ein katholischer Lehrsatz. Zweitens sah Joseph Ratzinger sich als Kardinal und Papst plötzlich bemüßigt, die Einheit der Neukirche gegen noch wildere Revolutionäre als er selber zu verteidigen – beispielsweise gegen Hw. Leonard Boff aus Südamerika, für den die Neukirche überall „subsistiert“ und deshalb auf viele verschiedene Stücke verteilt ist.

Dr. Schüler zitiert also Aussagen Kardinal Ratzingers, wonach die Kirche Christi ihre vollständige Verwirklichung zwar in der katholischen Kirche erfahre, aber nicht solchermaßen, daß dadurch unvollständige Verwirklichungen der Kirche an anderen Stellen ausgeschlossen seien (doch wie kann die Kirche dann noch eins sein?). Auf ähnliche Weise sagt der Kardinal über die Identität zwischen der Kirche Christi und der katholischen Kirche, daß diese Identität zwar erheblich, aber eben nicht ausschließlich sei (doch wie kann eine Identität anders sein als ausschließlich?). Also wieder die Behauptung, daß die Kirche Christi ihr vollständiges Dasein zwar in der katholischen Kirche besitze, sie aber auch noch ein unvollständiges Dasein an anderen Orten habe (doch wie sollte ein Dasein vollständig sein, wenn Teile von ihm noch an anderen Stellen sind?). Und so weiter.

Kurz gesagt enthält die Neukirche von Benedikt XVI. sowohl katholische als auch nicht-katholische Bestandteile. Doch teilweise Nicht-Katholisches ist eben kein Katholisches als Ganzes. Deswegen ist die ökumenische Neukirche von Benedikt XVI. als solche nicht die katholische Kirche.

Kyrie eleison.

Dunkle „Aufklärung“

Dunkle „Aufklärung“ on April 28, 2012

Unabhängig davon, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich nun dafür oder dagegen entscheidet, unter Umgehung der glaubenslehrmäßigen Uneinigkeit ein rein praktisches Abkommen mit den römischen Konzilskirchenbehörden zu schließen, müssen alle um ihr ewiges Seelenheil Bemühten möglichst genau verstehen, was auf dem Spiel steht. In diesem Zusammenhang sandte ein Freund mir jüngst eine großartige Darstellung des Kernproblems:

„In den Jahren 2009 bis 2011 führten Vatikanexperten und vier Bruderschaftstheologen sogenannte „Glaubensgespräche“ durch. Diese Gespräche machten deutlich, wie sehr die römischen Behörden an den Lehren des Zweiten Vatikanum festhalten. Dieses Konzil versuchte, die katholische Lehre mit dem aus der „Aufklärung“ des 18. Jahrhunderts entwickelten Menschenverständnis zu versöhnen.“

„Deshalb erklärt das Konzil, daß der Mensch aufgrund der Würde seiner Natur das Recht besitze, die Religion seiner Wahl zu praktizieren. Dementsprechend müsse die menschliche Gesellschaft die Religionsfreiheit schützen und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen einrichten. Sodann seien diese Religionen zum ökumenischen Dialog eingeladen, weil sie alle ihren eigenen Anteil an der Wahrheit besäßen.“

„Im Ergebnis leugnen diese aufklärerischen Prinzipien, daß Jesus Christus wahrhaftig Gott ist und daß seine Offenbarung – die zu hüten der Kirche obliegt – von allen Menschen und allen Gesellschaften angenommen werden muß. Somit widerspricht die Lehre von der Religionsfreiheit, wie im Konzilsdokument Dignitatis Humanae in Abschnitt 2 ausgedrückt, den Lehren von Papst Gregor XVI. in Mirari Vos, von Pius IX. in Quanta Cura, von Leo XIII. in Immortale Dei und von Pius XI in Quas Primas. Und die dogmatische Konstitution über die Kirche im Abschnitt 8 von Lumen Gentium, wonach die göttliche Vorsehung nichtkatholische Religionsgemeinschaften als Mittel zum Heil benutze, widerspricht den Lehren von Papst Pius IX. im Syllabus, von Leo XIII. in Satis Cognitum und von Pius XI. in Mortalium Animos.“

„Diese neuen Glaubenslehren, die zusammen mit vielen anderen Lehren im Widerspruch zur formalen und einhelligen Lehre der vorkonziliaren Päpste stehen, können im Hinblick auf das katholische Dogma nur als häretisch bezeichnet werden.“

„Weil die Einheit der Kirche auf der Unversehrtheit des Glaubens beruht, kann die Priesterbruderschaft zu keinem Abkommen – und sei es rein „praktischer“ Natur – mit den Vertretern dieser neuen Glaubenslehren gelangen.“

Wenn mein Freund diese Bewegung der intellektuellen Emanzipation des 18. Jahrhunderts, auch „Aufklärung“ genannt, als Grund für das Scheitern der Kirchenmänner des 20. Jahrhunderts bezeichnet, so folgt er dabei lediglich Erzbischof Lefebvre. Dieser hatte ein halbes Jahr vor seinem Tode vor seinen Priestern dieselbe Aussage getroffen: „Je mehr man die Dokumente des Zweiten Vatikanum untersucht . . . desto mehr wird einem klar, worum es geht: . . . um eine komplette Perversion des Geistes und um eine ganz neue Philosophie, die auf der modernen Philosophie und auf dem Subjektivismus beruht . . . . Es ist eine komplett andere Auffassung von der Offenbarung, vom Glauben, von der Philosophie . . . . Es ist wahrhaft erschreckend.“

Doch wie kann der Mensch nun seinen Geist wieder Gottes Wirklichkeit unterwerfen? Eine Möglichkeit ist, die von meinem Freund eingangs erwähnten päpstlichen Lehrschreiben zu besorgen und genau zu lesen. Sie wurden zwar für Bischöfe geschrieben, aber die Konzilsbischöfe sind unzuverlässig. Heute müssen die Laien also ihre geistliche Ausbildung selbst in die Hand nehmen – und ihren eigenen Rosenkranz.

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – III.

Benedikts Ökumenismus – III. on April 21, 2012

Vor zwei Wochen versprachen die „Eleison Kommentare“ einen Blick auf drei Zitate des Zweiten Vatikanum zu werfen, die eine entscheidende Rolle bei der Auflösung der Kirche Jesus Christi, welche die katholische Kirche ist, gespielt haben. Vor einer Woche warnten dann die „Eleison Kommentare“ vor der Doppeldeutigkeit der Konzilsdokumente, wodurch diese jeweils auf eine Weise gedeutet werden können, als ob nichts Verkehrtes ihnen anhafte. Doch nur eine der jeweils beiden Deutungen ist harmlos, während die andere Deutung für die katholische Kirche tödlich ist – wie die letzten vierzig Jahre bewiesen haben.

Das erste Zitat ist aus dem Konzilsdokument Lumen Gentium, Abschnitt 8: „Diese Kirche Christi . . . in dieser Welt als Gesellschaft verfaßt und geordnet, subsistiert (ist verwirklicht) in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“ Was bedeutet nun dieses Wort „subsistiert“ bzw. im lateinischen Original „subsistit in“? Die Doppeldeutigkeit besteht darin, daß der Begriff einerseits meinen kann, daß die Kirche Christi hauptsächlich und ausschließlich in der römisch-katholischen Kirche existiert, was die Kirche bis zum Zweiten Vatikanum immer lehrte. Andererseits kann der Begriff aber auch meinen, daß die Kirche hauptsächlich, jedoch nicht alleine in der römisch-katholischen Kirche existiert, womit die Kirche Christi teilweise auch außerhalb der römisch-katholischen Kirche existiere n würde. Diese Deutung ist der Türöffner für den konziliaren Ökumenismus, und sie zerstört den immerwährenden dogmatischen Anspruch der katholischen Kirche, daß sie die ausschließliche Arche des Heils ist: „Extra ecclesiam nulla salus,“ zu deutsch: „Außerhalb der Kirche kein Heil.“

Nun besagt allerdings ein weiteres Dogma, daß die Kirche eins ist. In jeder Hl. Sonntagsmesse hören oder singen wir, daß wir an „die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ glauben. Wie also könnte die Kirche Christi in verschiedene, mehr oder weniger kirchenähnliche Gemeinschaften aufgeteilt sein? Wenn die Kirche eins ist, kann sie nicht aus mehreren Teilen bestehen. Und besteht sie aus mehreren Teilen, so kann sie nicht eins sein. In seinem Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche bringt Dr. Wolfgang Schüler mehrere Zitate von Joseph Ratzinger, die belegen, wie Ratzinger als junger Theologe begeistert das Zerstören des Ausschließlichkeits-Anspruches der katholischen Kirche gefördert hatte, während er als Kardinal und Papst sich gleichzeitig bemühte, das Einssein der Kirche hochzuhalten.

Das zweite Zitat stammt aus Unitatis Redintegratio, Abschnitt 3: „Hinzu kommt, daß einige, ja sogar viele und bedeutende Elemente oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche erbaut wird und ihr Leben gewinnt, auch außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche existieren können . . .” Die offensichtliche Bedeutung dieser Worte lautet: So wie Goldmünzen einerseits einen Münzstapel ausmachen und andererseits auch außerhalb des Stapels als Goldmünzen bestehen können, so können auch kirchliche Elemente und Güter – das Konzil nannte unter anderem „Glaube, Hoffnung, Liebe und andere Gaben des Heiligen Geistes“ – außerhalb der katholischen Kirche als bestehend erkannt werden. Unser Herr Jesus Christus sagte hingegen, daß die von seinem Weinstock abgeschnittenen Reben verwelken und absterben (Johannes 15,6). Was sollte sein Weinstock anderes sein als seine Kirche?

Das dritte Zitat kurz danach in Unitatis Redintegratio, Abschnitt 3, zieht die logische Schlußfolgerung: „Ebenso sind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach unserem Glauben anhaften, nicht ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des Heiles. Denn der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie als Mittel des Heiles zu gebrauchen . . .” Hingegen sagte Erzbischof Lefebvre: „Keine von der katholischen Kirche getrennte Gemeinschaft kann die Unterstützung des Heiligen Geistes genießen, weil ihre Trennung einen Widerstand gegen den Heiligen Geist bedeutet. Er kann in direkter Weise nur auf jene Seelen einwirken, und er kann nur jene Mittel direkt verwenden, die kein Zeichen der Trennung tragen.“

Das Zweite Vatikanum mißverstand die Kirche im wesentlichen. Demnächst betrachten wir mit Hilfe Dr. Schülers, wie Benedikt XVI. auf dieses Mißverständnis sowohl bremsend als auch beschleunigend einwirkte.

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – II.

Benedikts Ökumenismus – II. on April 7, 2012

Wie bei jedem Streit über die haarsträubenden Zweideutigkeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils wird es auch erst längeren und gelehrten Aufsätzen gelingen, die Aussagen aus Dr. Wolfgang Schülers Buch „Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche“ zu beweisen bzw. zu widerlegen. Seine Argumentationslinie ist allerdings deutlich genug erkennbar und verdient, den Lesern der „Eleison Kommentare“ vorgestellt zu werden – damit diese inmitten von so großer Verwirrung klarer sehen. In dieser Hinsicht besitzen Vergleiche zwar gewisse Nachteile, können allerdings recht hilfreich sein.

Ein Ganzes kann auf zwei verschiedene Arten aus einzelnen Teilen zusammengesetzt sein; beispielsweise im Fall eines lebendigen Baums oder eines Stapels Münzen. Entweder ist wie beim Baum das Ganze vorrangig und die Teile zweitrangig, oder es sind wie beim Stapel Münzen die einzelnen Teile vorrangig und das Ganze zweitrangig. Beim Baum ist das Ganze deswegen vorrangig, weil zwar Teile von ihm – wie beispielsweise die Äste – abgetrennt werden können, während der Baum trotzdem weiterlebt und neue Äste austreibt. Indessen verlieren die abgeschnittenen Äste ihr Leben und werden zu etwas gänzlich anderem, beispielsweise zu einem Holzscheit oder einem Stuhl. Im Gegensatz zum Baum bleibt eine vom Stapel entfernte Münze allerdings genau das, was sie vorher auch innerhalb des Stapels war, und wenn nur genügend Münzen entnommen werden, so ist es der Stapel, welcher verschwindet.

Ist die katholische Kirche als Ganzes genommen eher dem Baum oder dem Münzstapel zu vergleichen? Wir erinnern uns, daß die katholische Kirche jene besondere Gemeinschaft von Menschen ist, welche durch drei Dinge vereint sind: durch den Glauben, die Sakramente und die kirchliche Hierarchie. Nun aber gibt Gott selbst allen dreien Leben. Der Glaube ist eine übernatürliche Gnade des Geistes, und alleine Gott kann sie schenken. Die Sakramente verwenden zwar materielle Elemente wie Wasser und Öl, aber erst die ihnen innewohnende übernatürliche Gnade macht sie zu Sakramenten, und diese Gnade wiederum stammt allein von Gott. Gleichfalls besteht die Kirchenhierarchie aus natürlichen menschlichen Wesen; doch wenn diese Menschen nicht von Gott gelenkt würden, so könnten sie niemals von sich alleine Menschen in den Himmel führen.

Deswegen ähnelt die katholische Kirche in unserem Beispiel viel stärker einem lebenden Baum als einem Stapel Münzen – und seien es Goldmünzen. So wie jedem lebenden Organismus ein Lebensprinzip innewohnt, das ihm seine Existenz und Einheit verleiht, so wohnt der katholischen Kirche vor allem Gott inne und dann ihre lebendige Hierarchie, welche ihr eine Existenz und Einheit verleihen. Wenn nun ein Teil der Kirche sich von der Hierarchie durch ein Schisma bzw. vom Glauben durch Häresie abtrennt, dann hört dieser Teil auf, katholisch zu sein und wird etwas anderes, wie beispielsweise die schismatischen Orthodoxen oder die häretischen Protestanten. Zwar mögen die orthodoxen Gläubigen gültige Sakramente behalten haben, aber weil sie nicht mehr mit dem Stellvertreter Christi in Rom vereint sind, wird niemand bei Verstand sie katholisch nennen.

Doch nun kommt das Zweite Vatikanum ins Spiel. Dieses Konzil veränderte das Selbstverständnis der katholischen Kirche: vom früheren Verständnis eines lebendigen Baumes bzw. einer Weinrebe (der Vergleich unseres Herrn, siehe Johannes 15,1–6 ), zum Verständnis eines Stapels Goldmünzen. Vom Wunsch getrieben, die Kirche der modernen Welt zu öffnen, fingen die Kirchenmänner damit an, die Grenzen der Kirche zu verwischen ( Lumen Gentium 8). Das versetzte sie in die Lage zu behaupten, daß es Elemente der Kirche außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche gäbe ( Unitatis Redintegratio 3), wie Goldmünzen abseits des Stapels. Und weil eine Goldmünze immer eine Goldmünze bleibt, so konnten diese Kirchenmänner weiterhin behaupten (UR 3), daß Heilselemente innerhalb der Kirche auch in abgetrenntem Zustand und somit außerhalb der katholischen Kirche Heilselemente bleiben. Daraus folgerten zahllose Menschen logischerweise, daß man nicht mehr länger katholisch zu sein brauche, um in den Himmel zu kommen. Das ist die Katastrophe der konziliaren Ökumene.

Wir werden diese Zitate des Zweiten Vatikanum demnächst noch eingehender vorstellen, bevor wir zu Papst Benedikts Bemühungen gelangen, den kirchentrennenden Ökumenismus mit der einigenden Glaubenslehre zu vermengen.

Kyrie eleison.

Große Gefahr

Große Gefahr on März 31, 2012

Einige Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. wünschen eine praktische Vereinbarung mit den kirchlichen Autoritäten ohne Einigung in der Glaubenslehre. Dieser Wunsch scheint eine wiederkehrende Versuchung darzustellen. Seit Jahren lehnt der Generalobere Bischof Fellay diese Idee ab. Doch am 2. Februar 2012 sagte er in Winona, daß Rom bereit sei, die Bruderschaft so zu akzeptieren wie sie ist, und „all ihre Anforderungen . . . auf der praktischen Ebene“ anzunehmen. Also scheint Rom die gleiche Versuchung noch einmal vorzulegen.

Die jüngsten Nachrichten aus Rom werden viele Leser bereits kennen: Wenn nur der Vatikan keine Spielchen mit der Bruderschaft treibt, so verlautbarte er am letzten Freitag, dem 16. März 2012, daß Bischof Fellays Antwort vom Januar dieses Jahres auf die doktrinäre Präambel des Vatikan vom letzten September „nicht genügt, um die Glaubensprobleme zu überwinden, welche dem Zerwürfnis zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft zugrundeliegen.“ Der Vatikan gibt der Bruderschaft einen Monat lang Zeit, ihre „Position zu erläutern“ und „einen Bruch mit schmerzlichen und unabsehbaren Folgen“ zu vermeiden.

Doch was würde passieren, wenn Rom plötzlich aufhören sollte, auf der Akzeptanz des Konzils und der Neuen Messe zu beharren? Was wäre also, wenn Rom plötzlich sagen würde: „Wir haben darüber nachgedacht und sind einverstanden: Kommen Sie auf jene Weise zurück in die Kirche, wie Sie darum baten. Wir werden Ihnen die Freiheit geben, einerseits das Konzil so stark zu kritisieren, wie Sie wollen, und andererseits ausschließlich die Tridentinische Messe zu feiern. Doch kommen Sie endlich in die Kirche zurück!“ Das könnte ein sehr schlauer Schachzug von Seiten Roms sein. Denn wie könnte die Bruderschaft sich dann noch weigern, ein solches Angebot anzunehmen, ohne daß sie widersprüchlich und geradezu undankbar zu sein schiene? Trotzdem müßte um des Überlebens Willen die Bruderschaft auf dieses Angebot verzichten. Um des Überlebens Willen? Starke Worte. Doch betrachten wir einen Kommentar des Erzbischofs in dieser Angelegenheit.

Am 5. Mai 1988 unterzeichnete Erzbischof Lefebvre mit dem damaligen Kardinal Ratzinger zusammen das Protokoll – genauer: den vorläufigen Entwurf – einer praktischen Vereinbarung zwischen Rom und der Priesterbruderschaft. Doch schon am 6. Mai zog der Erzbischof seine – vorläufige – Unterschrift wieder zurück. Am 13. Juni 1988 sagte er: „Mit dem Protokoll vom 5. Mai wären wir bald zugrundegegangen. Wir hätten kein Jahr überleben können. Denn jetzt ist die Bruderschaft geeint. Mit diesem Protokoll allerdings hätten wir notwendigerweise Treffen mit den Römern arrangieren müssen, es hätte eine Spaltung innerhalb der Bruderschaft gegeben und überhaupt alles wäre ein Grund für Abspaltungen geworden “ (Hervorhebung hinzugefügt). „Durch unsere Vereinigung mit Rom wären uns vielleicht schon neue Berufungen zugeflossen. Doch hätten diese neuen Berufungen keine Uneinigkeit mit Rom geduldet und also hätte es Spaltungen gegeben. Mit der jetzigen Haltung jedoch werden Berufungen zuerst einmal gesiebt, bevor sie uns erreichen“ (das gilt nach wie vor für die Priesterbruderschafts-Seminare).

Doch warum hätte es Spaltungen geben sollen (wobei die sich bekriegenden Berufungen nur ein Beispiel von zahllosen anderen sein würden)? Weil logischerweise die praktische Übereinkunft vom 5. Mai 1988 auf einer grundsätzlichen Uneinigkeit in der Glaubenslehre zwischen der Religion Gottes und der Menschenreligion gefußt hätte. Der Erzbischof fuhr fort: „Die Römer zerren uns zum Konzil hinüber . . . während unsere Seite doch die Bruderschaft und die Tradition dadurch bewahrt, daß sie auf vorsichtige Weise zu den Römern Distanz hält “ (Hervorhebung hinzugefügt). Doch warum suchte der Erzbischof dann anfangs überhaupt ein Abkommen? Er fuhr fort: „Wir haben uns redlich bemüht, die Tradition innerhalb der Amtskirche aufrechtzuerhalten. Es stellte sich heraus, daß das unmöglich war. Die Römer haben sich nicht verändert, außer zum Schlechteren.“

Haben die Römer sich seit 1988 geändert? Viele werden sagen: sie sind sogar noch schlechter geworden.

Kyrie eleison.

Antwort auf den Offenen Brief von Msgr. Nicola Bux

Antwort auf den Offenen Brief von Msgr. Nicola Bux on März 24, 2012

London, den 22. März 2012

Monsignore,

In Ihrem offenen Brief vom 19. März 2012 an Bischof Fellay und alle Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. appellieren Sie an uns, das aufrichtige und warmherzige Angebot der Versöhnung zu akzeptieren, welches Papst Benedikt XVI. der Bruderschaft zur Heilung der langjährigen Kluft zwischen Rom und der Priesterbruderschaft unterbreitete. Als einer der von Ihnen angesprochenen Priester möchte ich die Gelegenheit ergreifen, Ihnen darzulegen, wie meiner Ansicht nach der „große Kirchenmann“ Erzbischof Lefebvre geantwortet hätte.

Ihr Brief beginnt mit dem Aufruf, „um der Einheit Willen jedes Opfer zu erbringen.“ Allerdings ist wahre katholische Einheit ohne den wahren katholischen Glauben unmöglich. Der große Erzbischof erbrachte jedes Opfer für eine Einheit auf dem Fundament der wahren Glaubenslehre. Doch leider bewiesen die Glaubensgespräche der Jahre 2009 bis 2011, daß die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem Rom des Zweiten Vatikanums und der Priesterbruderschaft St. Pius X. so tief ist wie eh und je.

Sie bezeichneten diese Kluft am 19. März lediglich als „verbleibende Ratlosigkeiten“ und als „Punkte, die vertieft und im Einzelnen behandelt werden sollen.“ Kardinal Levada hingegen sagte noch am 16. März 2012 kategorisch, daß die Haltung von Bischof Fellay vom 12. Januar 2012 „ungenügend ist zur Überwindung der dogmatischen Probleme.“ Bischof Fellay merkte schon einmal an, wie unterschiedlich die Haltungen der verschiedenen römischen Kirchenmänner sein können. Nun mag ihre Einheit aussehen wie sie will, doch eine Einheit auf Kosten der Glaubenstreue wäre mit Sicherheit eine treulose Einheit.

Natürlich ist die Kirche, wie Sie sagen, eine Institution mit einem göttlichen und einem menschlichen Teil. Selbstverständlich ist der göttliche Teil der Kirche unfehlbar und somit kann die Kirche schlußendlich nicht scheitern – d.h. eines Tages wird die Kirchenverdunklung wieder dem Lichte weichen. Allerdings muß man Ihre Ansicht nicht teilen, wenn Sie sagen, daß die Morgendämmerung bereits beginne. Denn das Rom des Zweiten Vatikanum strahlt jenen wahren Glauben der Kirche, den die Priesterbruderschaft in den Glaubensgesprächen hochhielt, nicht aus. Folglich wäre die Bruderschaft in diesem Konzilsrom nicht in Sicherheit. Auch könnte sie selber kein Licht mehr ausstrahlen, wenn sie die konziliare Finsternis annähme.

Zwar steht die Aufrichtigkeit des päpstlichen Wunsches, die Priesterbruderschaft wieder in die „volle kirchliche Gemeinschaft“ aufzunehmen – untermauert durch eine Reihe von Gesten guten Willens – außer Zweifel, aber ein „gemeinsames Bekenntnis des Glaubens“ zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und den Konzilsgläubigen ist schlicht unmöglich – außer wenn die Bruderschaft von dem Glauben abfiele, welchen sie bei den Gesprächen verteidigte. Wenn die Bruderschaft zu so einem Glaubensverrat „Verhüte es Gott!“ sagt, so wird ihre Stimme dabei nicht erstickt, sondern überall auf der Welt gehört, und sie trägt für die Kirche katholische Früchte, welche heute eher die große Ausnahme als die Regel sind.

Gewiß ist nun „der geeignete Zeitpunkt“ und „die Zeit reif“ für eine Lösung im Überlebenskampf von Kirche und Welt. Doch diese Lösung, von der wir sprechen, wird von unserer himmlischen Mutter Maria schon lange verlangt und diese Lösung hängt einzig und allein vom Heiligen Vater ab. Als Unser Herr seiner Mutter diese Lösung in die Hände legte, sagte sie, daß allein diese Lösung hinreichend sei. Unser Herr könnte also gar keine andere Lösung zulassen, ohne seine Mutter als Lügner abzustempeln. Undenkbar!

Diese Lösung ist seit langem bekannt. Der Himmel hätte die Welt nicht einer solchen Not wie jener der letzten 100 Jahre überlassen können, ohne gleichzeitig eine solche Abhilfe anzubieten, wie jene, die der Prophet Elisäus dem syrischen General Naaman für dessen Leprakrankheit übermittelte. Menschlich gesehen schien damals das Bad des Generals im Jordan lächerlich zu sein, aber niemand konnte sagen, daß es unmöglich war. Das Bad setzte lediglich ein gewisses Maß an Glauben und Demut voraus. Der heidnische General brachte genug Glauben und Vertrauen in den Diener Gottes auf, um dem Willen des Himmels zu genügen, und wurde natürlich auf der Stelle geheilt.

Möge der Heilige Vater genügend Glaube und Vertrauen in die Verheißung der himmlischen Mutter aufbringen! Möge er den „geeigneten Zeitpunkt“ endlich als gekommen erkennen, bevor die gesamte Weltwirtschaft in Trümmern liegt und bevor es den Wahnsinnigen gelingt, den Dritten Weltkrieg im Mittleren Osten zu beginnen! Wir bitten und flehen den Papst an, daß er die Kirche und die Welt retten möge, indem er die Forderung der Muttergottes erfüllt. Das ist keinesfalls unmöglich. Im Gegenteil würde sie ihm helfen, alle seine Hindernisse auf dem Weg dahin zu überwinden. Allein der Papst kann uns vor unvorstellbaren (und unnötigen) Leiden bewahren, wenn er tut, was die Gottesmutter verlangt.

Sollte der Papst Unterstützung durch Gebet und Taten wünschen, mit denen die bescheidene Priesterbruderschaft ihm helfen könnte, Rußland dem Unbefleckten Herzen Mariens zu weihen in Einheit mit allen Bischöfen der Welt – die Muttergottes würde diese um ihn scharen –, so könnte er voll und ganz auf die Unterstützung von Bischof Fellay und den anderen drei Bischöfen zählen, von denen der geringste unter ihnen ist

Ihr ergebener Diener in Christus,

+Richard Williamson