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„Rebellisch und entzweiend“

„Rebellisch und entzweiend“ on September 15, 2012

Das Johannesevangelium erteilt uns heute im siebten Kapitel eine besondere Lektion: Wer sind die wahren und wer die scheinbaren Rebellen gegen die Obrigkeit? Wer spaltet das Volk Gottes nur scheinbar und wer entzweit es wirklich? Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen. Wir tun gut daran, folgende Weisung zu beherzigen: „Urteilt nicht nach dem Äußeren, sondern nach Gerechtigkeit fällt Euer Urteil“ (Johannes 7,24).

Dieses Kapitel des Johannes berichtet über die letzte Zeit des irdischen Lebens unseres Herrn. Die Juden trachten danach, ihn zu töten (Vers 1), aber nichtsdestotrotz zieht Unser Herr nach Jerusalem weiter und lehrt im Tempel (Vers 14). Die Volksmenge ist jetzt bereits gespalten (Vers 12), so daß als Folge seiner Lehren ein Teil der Menschenmenge (Vers 40) in ihm den Propheten erkennt (von Deuteronomium 18,15–19). Ein anderer Teil der Menge hingegen (Vers 41–42) verweigert ihm, weil er aus Galiläa stammt, diese Anerkennung. So herrscht in der Volksmenge dann Entzweiung und Streit. Eine solche Entzweiung an sich ist tadelnswert, und somit lautet die Frage: Wer ist daran schuld? Sicherlich nicht unser Herr, welcher lediglich die Doktrin seines himmlischen Vaters lehrt (Vers 16–17). Gewiß auch nicht jener Teil des Volkes, der die göttliche Lehre annahm. Eindeutig liegt die Schuld für die Entzweiung bei den Tempeloberen und bei jenem Teil der Volksmenge, welcher die Wahrheit ablehnte.

Auf ähnliche Weise entzweite Erzbischof Lefebvre in den 1970er und 1980er Jahren die Katholiken durch sein Lehren und Praktizieren der katholischen Tradition. Doch welcher Katholik, der sich heute traditionell zu sein rühmt, gibt dem Erzbischof die Schuld an dieser Entzweiung? Sicherlich war der Grund für die Kirchenspaltung weder beim Erzbischof zu suchen, noch bei jenen, die ihm nachfolgten. Sondern die Hauptschuld lag bei den Kirchenautoritäten, welche die wahre Religion verdrehten – genau wie die Tempeloberen zur Zeit unseres Herrn. Immer und immer wieder bat der Erzbischof die Kirchenoberen eindringlich, „in Gerechtigkeit ein Urteil zu fällen,“ indem er sie mit dem Hauptproblem konfrontierte, also mit ihrem konziliaren Ehebruch mit der modernen Welt. Bis heute verweigern sie sich dieser Konfrontation. Immer und immer wieder lautet ihre einzige Antwort: „Gehorsam!,“ „Einheit!.“ Weist denn nicht dieser völlige Mangel an Argumenten bezüglich dieser grundlegenden Wahrheitsfragen darauf hin, daß diese Kirchenoberen die eigentlichen wahren Rebellen und Spalter der Kirche sind?

Entzweiung an sich ist keine gute Sache, und doch wußten unser Herr und auch Erzbischof Lefebvre genau, daß ihrem Lehren eine Entzweiung folgen würde. Warum fuhren sie dann überhaupt damit fort? Weil die Seelen mit einer Entzweiung (vergleiche Lukas 12,51–53), aber nicht ohne die Wahrheit gerettet werden können. Wenn religiöse Autoritäten das Volk in die Irre führen – und der Teufel bearbeitet sie besonders hart, weil er um ihre Macht weiß, viele Seelen irreführen zu können –, dann muß die Wahrheit verkündet werden, um die Menschen wieder auf den Weg zum Himmel zurückzuführen, selbst wenn diese Verkündung eine Entzweiung verursacht. Insofern steht also die Wahrheit über der Autorität und Einigkeit.

Wo ist nun im Jahre 2012 die Wahrheit? Ist denn die Aussage, daß das Zweite Vatikanum eine Katastrophe für die Kirche darstellt, wahr oder falsch? Die Kirchenautoritäten, welche Assisi III und die „Seligsprechung“ von Johannes Paul II. uns bescherten, hängen immer noch am Vatikanum II – ist diese Aussage wahr oder falsch? Wenn also die Priesterbruderschaft St. Pius X. eben diesen römischen Autoritäten sich unterstellt, so werden diese ihre gesamte Geltung und die von der Bruderschaft selber ihnen übergebene Macht über sie verwenden, den Widerstand der Priesterbruderschaft gegen das Zweite Vatikanum aufzulösen – wahr oder falsch? Somit läuft die Bruderschaft ernsthaft Gefahr, ihren noch vorhandenen Willen, dieser römischen Geltung und Macht zu widerstehen, langsam aber sicher zu verlieren – wahr oder falsch? Wie die Römer sagen: „Rom hat Zeit.“

Wenn wir also „nicht nach dem Äußeren urteilen, sondern nach Gerechtigkeit unser Urteil fällen,“ wer in der Priesterbruderschaft „entzweit“ wirklich? Und wer sind die wahren „Rebellen gegen die Autoritäten“? Sind das jene, welche das Risiko einer Vermischung von katholischer Wahrheit und konziliarem Irrtum tadeln, oder vielmehr jene, welche diese Vermischung fördern?

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – VI.

Benedikts Ökumenismus – VI. on Juli 14, 2012

Im letzten Teil der Eleisonkommentar-Serie, welche Dr. Wolfgang Schülers Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche behandelte, versprachen wir die Anwendung der Hauptlektion seines Buchs auf die derzeitige Situation der Priesterbruderschaft St. Pius X. Wir skizzierten diese Anwendung bereits durch die folgende Aussage: Wenn der Mensch nur dadurch katholisch sein kann, daß er dem Organismus der katholischen Kirche angehört, so wird der Mensch konziliar, wenn er dem Organismus der Konzilskirche angehört.

Nun behauptet Benedikt XVI., daß von der katholischen Kirche abgetrennte Stücke immer noch zur Kirche Christi gehören. Im Gegensatz dazu argumentiert Dr. Schüler gemäß Unserem Herrn (Johannes 15,1–7), daß die Kirche ein lebendiger Organismus ist; wenn von ihm Zweige abgetrennt werden, so verdorren und sterben diese, weil die Pflanze ihnen Leben gibt bzw. gab. Daraus folgt: wird die Priesterbruderschaft auf die konziliare Pflanze aufgepfropft, welche vollkommen von der Menschenreligion des Zweiten Vatikanum verseucht ist, so wird diese konziliare Pflanze ihre Seuche auf die Bruderschaft übertragen. Drei Zitate von Erzbischof Lefebvre mögen diese Tatsache verdeutlichen:

Im Jahre 1984, also noch deutlich vor den Bischofsweihen von 1988, verurteilte der Erzbischof bereits im Voraus die Illusion, daß die Priesterbruderschaft „durch eine Rückkehr in die Konzilskirche in die Lage käme, zu kämpfen und dieses oder jenes zu erreichen.“ Er sagte: „Das ist ganz und gar unwahr. Denn man kann nicht in eine Struktur eintreten, sich unter deren Obere stellen und dann erwarten, daß man von Innen heraus alles auf den Kopf stellen kann. In Wahrheit haben diese Oberen alles nötige, um uns zu erwürgen. Sie haben alle Autorität .“

Kurz vor den Bischofsweihen sagte der Erzbischof im Jahr 1988 dann: „ Rom möchte, daß alles sich nach dem Zweiten Vatikanum ausrichtet, während sie uns noch ein kleines bißchen Tradition lassen. (.) Sie ändern ihre Haltung nicht. Wir können uns nicht in die Hände dieser Leute begeben. Wir würden nur einer Selbsttäuschung erliegen. Wir beabsichtigen nicht, uns auffressen zu lassen (.) Die Tradition würde nach und nach kompromittiert.“

Bald nach den Bischofsweihen ging der Erzbischof 1989 auf den Einwand ein, daß die Bruderschaft vom Innern der Kirche hätte wirksamer tätig werden können als wenn sie außerhalb der Kirche gestellt worden wäre. Er erwiderte: „Sich ins Innere der Kirche stellen, was soll das heißen? Und vor allem: Von welcher Kirche spricht man? Wenn es die konziliare Kirche ist, so müßten also wir, die wir zwanzig Jahre lang mit ihr gerungen haben, weil wir die katholische Kirche wollen, jetzt in diese konziliare Kirche eintreten, um sie sozusagen wieder katholisch zu machen. Das ist eine vollkommene Illusion. Nicht die Untergebenen formen die Oberen, sondern die Oberen die Untergebenen . In der gesamten heutigen römischen Kurie, inmitten aller Bischöfe der Welt, die Progressisten sind, wäre ich vollkommen untergegangen. Ich hätte nichts erreicht und auch weder die Gläubigen noch die Seminaristen schütze n können.“

Sollte folglich die Priesterbruderschaft St. Pius X. durch ein praktisches Abkommen oder durch eine kanonische Regularisierung sich unter die konziliaren Autoritäten der Kirche stellen, die nach wie vor fest am Gedankengut des Zweiten Vatikanum hängen – wie die Glaubensgespräche der Jahre 2009 bis 2011 reichlich bewiesen haben –, so würde die bruderschaftliche Verteidigung des wahren Glaubens „erwürgt, aufgefressen, untergehen.“ Hineingeproft in die lebendige, konziliare Ganzheit, würde die Bruderschaft zwangsläufig von seinem verseuchten, konziliaren Leben angesteckt werden. Gott bewahre!

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – I.

Benedikts Ökumenismus – I. on Februar 25, 2012

Vor einigen Jahren erschien in Deutschland eine wertvolle Studie über den konziliaren Ökumenismus, namens „ Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche “ von Dr. Wolfgang Schüler. Der Autor argumentiert, daß der vom Zweiten Vatikanischen Konzil entfesselte Ökumenismus das kirchliche Selbstverständnis umgewandelt hat. Durch eine Reihe von Textzitaten belegt er, daß Joseph Ratzinger als Priester, Kardinal und Papst diese Umwandlung seit der Zeit des Konzils beständig förderte und bis heute fördert, wofür er sich gewiß nicht schämt.

In einer Reihe von „Eleison Kommentaren“ betrachten wir in logischer Reihenfolge das Selbstverständnis der wahren Kirche. Danach untersuchen wir mit Hilfe von Dr. Schülers Werk, wie das Konzil dieses kirchliche Selbstverständnis umwandelte und wie Benedikt XVI. diese Umwandlung beständig förderte. Zu guter Letzt schauen wir uns dann die Konsequenzen an, welche für Katholiken, die am wahren Glauben der Kirche festhalten wollen, sich ergeben.

Die wahre katholische Kirche hat sich immer als ein organisches Ganzes und als eine Gesellschaft gesehen, die einig, heilig, katholisch und apostolisch ist, die aus Menschen besteht, die im Glauben mit den hl. Sakramenten unter der römischen Hierarchie verbunden sind. Diese Kirche ist so sehr eins, daß kein Stück von ihr weggebrochen oder entfernt werden kann, ohne daß dieses Stück dann aufhört, katholisch zu sein (vgl. Johannes 15,4–6). Beispielsweise kann der Glaube, der den Kern des katholischen Gläubigen darstellt, nicht stückchenweise geglaubt werden, sondern er muß entweder ganz (zumindest implizit) oder gar nicht angenommen werden. Denn die Glaubenssätze – die Dogmen – der katholischen Kirche, welche ich glaube, stammen von der Autorität Gottes her: lehne ich also auch nur eines von den Dogmen ab, so weise ich insgesamt Gottes Autorität hinter allen diesen Glaubenssätzen zurück. Wenn ich in dem Fall auch alle anderen Glaubenssätze annähme, so würde doch mein Glaube nicht mehr länger auf Gottes Autorität beruhen, sondern auf meiner eigenen Wahl.

Das Wort „häretisch“ kommt ja vom griechischen Wort für „auswählen“ (hairein). Weil der Glaube des Häretikers fortan nur noch auf seiner eigenen Auswahl beruht, hat er die übernatürliche Tugend des Glaubens verloren. Selbst wenn er auch nur einen Glaubenssatz ablehnt, ist dieser Häretiker nicht mehr katholisch. Ein berühmter Ausspruch des hl. Augustinus lautet: „In vielem stimmst Du mir zu, und in wenigem stimmst Du mir nicht zu; aber wegen diesem Wenigen, in dem Du mir nicht zustimmst, ist das Viele, worin Du mir zustimmst, von keinerlei Nutzen für Dich.“

Ein anderes Beispiel: Ein Protestant mag an Gott und sogar an die Göttlichkeit des Menschen Jesus Christus glauben, doch wenn er nicht an die Realpräsenz Gottes glaubt – an Körper, Blut, Seele und Gottheit unter den Gestalten von Brot und Wein nach ihrer Wandlung in der Hl. Messe, dann hat dieser Protestant eine völlig andere und zwar mangelhafte Vorstellung von der Liebe Jesu Christi und vom Gott, an welchen er glaubt. Können wir dann sagen, daß ein wahrer Protestant und ein wahrer Katholik an denselben Gott glauben? Das Zweite Vatikanum behauptet, man könne es, und sein Ökumenismus fußt auf dieser Basis von angeblich mehr oder weniger gemeinsamen Glaubensmeinungen von Katholiken und allen Nichtkatholiken.

Hingegen zeigt Dr. Schüler durch eine Reihe von Vergleichen das Gegenteil auf: Wenn etwas, welches wie der gleiche Glaubenssatz aussehen mag, zwei verschiedenen Glaubensbekenntnissen angehört, so ist es überhaupt nicht mehr das Gleiche. Ein Vergleich: Werden Sauerstoff-Moleküle mit Stickstoff vermischt, so handelt es sich zwar um dieselben Moleküle wie bei ihrer Verbindung mit Wasserstoff, aber dennoch werden dieselben Sauerstoff-Moleküle in den zwei Fällen so verschieden wie die Luft, welche wir atmen (O+4N), und das Wasser, welches wir trinken (H2O). Bleiben Sie dran!

Kyrie eleison.

„Geistige Krankheit“

„Geistige Krankheit“ on Januar 21, 2012

Ein langjähriger Brieffreund schrieb mir kürzlich ein dutzend Argumente dafür auf, warum die Priesterbruderschaft zu einer Vereinbarung mit Rom gelangen müsse – selbst wenn die Lehrgespräche von 2009 bis 2011 eine grundsätzliche Uneinigkeit in Glaubensfragen zwischen Rom und der Bruderschaft aufzeigten. Auf ein Argument dieses Freundes möchte ich im folgenden näher eingehen, weil es glaube ich vor Augen führt, womit die Priesterbruderschaft es wirklich zu tun hat.

Er schrieb, daß die Bruderschaft ihr Verständnis für die Kirchenzugehörigkeit zu verlieren droht, wenn sie ihr Verhältnis zu Rom nicht bald „normalisiere.“ Denn es gibt Laien und auch Bruderschaftspriester, welche in ihrer gegenwärtigen anormalen Situation sich wohlfühlen und sich an sie gewöhnt haben, weil die Bruderschaft ja „alles hat, was sie benötigt – insbesondere Bischöfe.“ So eine Anpassung, schreibt der Freund, geht in die Richtung einer schismatischen Haltung und führt praktisch – wenn nicht theoretisch – zum Sedisvakantismus. Darauf antwortete ich, daß mir die Annahme einer schismatischen Haltung wesentlich ungefährlicher vorkomme als die Ansteckung mit der „geistlichen und geistigen Krankheit der heutigen Römer, wenn man ihnen zu nahekommt.“ War das eine skandalöse Antwort? Gerne erkläre ich sie näher.

Ein anderer Freund verwendete den Begriff „geistige Krankheit“ für jene hohe römische Würdenträger, mit welchen er kürzlich intensiv zu tun hatte. Er sagte, daß diese zwar intelligente, aufrichtige Männer und völlig imstande waren, die ihnen vorgelegten Argumente der katholischen Tradition zu erfassen, daß sie aber gleichzeitig „geistig krank sind. Sie besitzen doch die Autorität.“ Als mein Freund diese Römer als „geistig krank“ bezeichnete, beabsichtigte er gewiß keine Beleidigung ihrer Person. Im Gegenteil sprach er etwas wesentlich schwerwiegenderes aus als eine persönliche Beleidigung: er kommentierte den durch ihre Gespräche herausgestellten, objektiven Geisteszustand der Römer. Denn der Verstand dieser Römer fußt nicht mehr länger auf der Wahrheit.

Und ein dritter Freund, welcher mit römischen Würdenträgern im Gespräch war, sagte dasselbe in anderen Worten. Damals fragte ich ihn: „Hätten Sie nicht direkt zum Kern der Sache vorstoßen und mit ihnen zusammen die grundlegende Frage nach dem Verhältnis von Verstand und Wahrheit aufwerfen können?“ Er erwiderte: „Nein. Denn sie hätten nur geantwortet, daß sie die Kirchenautorität und die katholische Kirche seien, und daß, wenn wir katholisch sein wollen, es an ihnen läge uns zu sagen, auf welche Art.“ So ein Verstand fußt also nicht auf der Wahrheit, sondern nur auf der Autorität. Nun mag beispielsweise Milch eine wunderbare Sache sein, aber stellen wir uns einen Autofahrer vor, der in aller Ruhe darauf bestehen würde, seinen Benzintank mit Milch zu füllen! Das große Problem ist nun, daß fast die gesamte moderne Welt jeden Sinn und jede Liebe für die Wahrheit verloren hat. Für lange Zeit widersetzte die Kirche sich diesem Wahrheitsverlust, aber durch das Zweite Vatikanische Konzil brach auch dieser letzter Widerstand zusammen.

In der Tat gibt die moderne Welt sich glamourös und gewichtig – ganz wie das moderne Rom. Ein italienischer Freund beschreibt den Glanz der vatikanischen Büros wie folgt: „Die römischen Paläste zu betreten ist ein gewagtes Unternehmen, denn bereits die Luft, welche man darin atmet, ist unwiderstehlich. Die Faszination dieser heiligen Hallen rührt weniger von den liebenswerten Offiziellen her (denn bei weitem nicht alle sind liebenswert!), also vielmehr von der Bedeutung, den diese Hallen durch die 2000jährige Kirchengeschichte ausstrahlen. Stammt diese Faszination vom Himmel? Oder von der Hölle? Jedenfalls verführt die bloße Atmosphäre des Vatikans seine Besucher und macht ihren Willen gefügsam.“

Hierbei ist diese Faszination des Vatikans allerdings nur ein kleiner Teil des starken Drucks der modernen Welt, welcher auf unseren Verstand einwirkt, um ihn zu lähmen und um uns zu drängen, mit dem Strom zu schwimmen. Lieber Freund, lieber wäre ich ein schismatischer Sedisvakantist als ein römischer Apostat. Doch mit der Gnade Gottes keines von beiden!

Kyrie eleison.

Staatsreligion – III.

Staatsreligion – III. on Januar 14, 2012

Die Behauptung, daß der Staat die katholische Religion weder bekennen noch beschützen brauche, ist ein klassischer liberaler Irrtum und einer der Hauptirrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ein Liberaler könnte seinen siegreichen Plan auf diese Weise schildern: „Greifen wir den Katholizismus nicht direkt an, sondern teilen und herrschen wir: spalten wir den einzelnen Menschen von der Gesellschaft ab, indem wir behaupten, daß der Mensch kein Gesellschaftswesen sei. Dann geben wir vor, daß die Religion eine rein persönliche Angelegenheit sei. Auf diese Weise können wir die Gesellschaft übernehmen, und wenn wir sie erst einmal liberalisiert haben, nutzen wir sie als mächtige Waffe zum Liberalisieren der Einzelnen – denn selbstverständlich ist der Mensch ein Gesellschaftswesen! Will dann ein Einzelner nicht liberalisiert werden, so bekommt er größte Schwierigkeiten mit der Gesellschaft, welche wir zuvor liberalisierten.“ Ist es etwa nicht so? Schauen Sie sich doch nur um. Beantworten wir nun drei weitere Einwände gegen die Lehre, daß für das Heil der Seelen jeder Staat katholisch sein sollte.

Eure Exzellenz, unser Herr sagt selber: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und gebt Gott, was Gottes ist“ (Matthäus 12,21). Hier trennt unser Herr doch ganz klar Kirche und Staat. Deswegen sollte kein Staat sich auf den Katholizismus oder auf irgendeine andere Religion einlassen.

Antwort: Nein, unser Herr trennt hier nicht Kirche und Staat. Er stellt lediglich eine Unterscheidung des gesunden Menschenversandes an zwischen dem, was der Einzelne dem Staat schuldet (Steuern, usw.) und was der Einzelne Gott schuldet (Anbetung). Unser Herr sagt absolut nicht, daß der weltliche Staat dem ewigen Gott nichts schuldet. Tatsächlich schuldet der Staat als kollektive, weltliche Autorität über einer Anzahl von Menschen in seinen Autoritätshandlungen dem allmächtigen Gott, was die einzelnen Menschen als soziale Wesen Gott schulden: namentlich die soziale Anerkennung von Gottes Naturrecht, sowie so viel soziale Anerkennung und Förderung der Kirche – welche durch den natürlichen Verstand eigenständig als wahr erkannt werden kann –, wie es der Rettung der Seelen nicht im Wege steht.

Aber das Erkennen der wahren Religion ist eine Angelegenheit des Einzelnen. Wie kann dann der Staat als Staat grundsätzlich verpflichtet sein, katholisch zu sein?

Antwort: Der Staat ist lediglich die moralische (d.h. nicht-materielle) Vereinigung von einer mehr oder weniger großen Anzahl von physikalischen (d.h. materiellen) Menschen in einem politischen Körper. Jeder einzelne dieser Menschen ist – unabhängig davon, ob er bereits die übernatürliche Gnade des Glaubens besitzt – schon allein durch den rechten Gebrauch seiner natürlichen Vernunft zu der Erkenntnis befähigt, daß Gott existiert, daß Jesus Christus Gott ist und daß die katholische Kirche die von Jesus Christus gegründete Kirche ist. Wenn also ein Staat die wahre Religion nicht erkennt, so liegt das nicht etwa daran, daß seine Bürger dies nicht erkennen können, sondern daran, daß diese aus mehreren Gründen ihre gottgegebene Vernunft nicht für dieses Erkennen einsetzen bzw. nicht einsetzen wollen. Tatsächlich sind die Menschen also zu dieser Erkenntnis befähigt und wenn sie nicht zu ihr gelangen, so werden sie dafür vor Gott in jenem Maße Rechenschaft ablegen müssen, welches Gott ihnen gemäß ihrer Lebensumstände perfekt zudenkt.

Aber Eure Exzellenz, wenn Sie so fest auf der Pflicht des Staates beharren, katholisch zu sein, dann werden Sie lediglich viele Menschen von der guten Lehre abstoßen.

Zur Ehre Gottes und zur Rettung der ewigen Menschenseelen sollte jeder Staat katholisch sein. Wenn Menschen zu ignorant oder zu verdorben für diese Wahrheit sind, so daß sie diese nur befremdet, darf man – ohne von den Grundsätzen abzurücken – mit ihrer Verkündigung zögern. Doch macht das diese Wahrheit nicht weniger wahr. Wahre Grundsätze werden nicht weniger wahr, wenn sie manchmal aus praktischen Erfordernissen heraus mit einem gewissen Maß an Vorsicht verkündet werden müssen. Sicherlich sollte den Lesern dieser „Eleison Kommentare“ aber die ganze Wahrheit dargelegt werden können.

Kyrie eleison.

Beharrendes Rom

Beharrendes Rom on Dezember 17, 2011

Monsignore Fernando Ocariz als einer der vier römischen Theologen, die an den Glaubensgesprächen zwischen Rom und der Priesterbruderschaft St. Pius X. von 2009 bis Frühjahr 2011 teilnahmen, veröffentlichte nun eine Abhandlung namens „Festhalten am Zweiten Vatikanischen Konzil“ – also ungefähr zur selben Zeit, als Bischof Fellay wissen ließ, daß die Bruderschaft um eine Klärung der doktrinären Präambel (diese ist die Antwort Roms auf die Glaubensgespräche) bitten wird. Die Wahl des Zeitpunktes durch den Monsignore zeigt, daß das Schlimmste nicht überstanden ist – ganz im Gegenteil! Untersuchen wir seine Argumente, die wenigstens eindeutig sind.

In seiner Einleitung argumentiert Monsignore Ocariz, daß das „pastorale“ Konzil nichtsdestoweniger lehrmäßig gewesen sei. Denn die Seelsorge basiere auf der Glaubenslehre und versuche außerdem, Seelen zu retten, was wiederum die Glaubenslehre einschließe. Die Konzilsdokumente würden sogar viele Glaubenslehren enthalten. Nun gut, wenigstens versucht der Monsignore nicht, den dogmatischen Anschuldigungen gegen das Konzil auszuweichen, indem er vorgibt, das Konzil sei nicht lehrmäßig gewesen – wie so viele Konzilsverteidiger es getan haben.

Über das allgemeine Lehramt der Kirche sagt Monsignore, daß das Zweite Vatikanum aus den katholischen Bischöfen bestanden hat, welche über „das Charisma der Wahrheit, die Autorität Christi und das Licht des Heiligen Geistes“ verfügen. Dies zu leugnen bedeute, ein Wesensmerkmal der Kirche abzustreiten. Aber Monsignore Ocariz, wie steht es dann mit der Masse der katholischen Bischöfe, welche unter Papst Liberius an der arianischen Irrlehre festhielten? In Ausnahmefällen können in beinahe trauter Einstimmigkeit auch die katholischen Bischöfe lehrmäßig irren. Was einmal geschah, kann wieder geschehen – und dieser Fall wiederholte sich im Vatikanum II, wie seine Dokumente belegen.

Der Monsignore argumentiert weiter, daß auch die nicht-dogmatischen sowie nicht ausdrücklich definierten Lehren des Konzils dennoch Zustimmung von den Katholiken verlangen. Dies sei „religiöse Unterordnung des Willens und des Verstandes“ und ein „Akt des Gehorsams und Vertrauens in den göttlichen Beistand des Lehramtes.“ Aber Monsignore, zweifellos bot Gott den konziliaren wie arianischen Bischöfen jedwede benötigte Unterstützung an. Doch die Bischöfe lehnten diese Unterstützung ab, wie ihre von der Überlieferung abgekommenen Dokumente zeigen.

Schließlich setzt Monsignore Ocariz das zu Beweisende voraus, wenn er argumentiert, daß das katholische Lehramt kontinuierlich ist und weil das Zweite Vatikanum das Lehramt sei, könnten auch seine konziliaren Lehren nur in Kontinuität mit der Vergangenheit sein. Wenn nun diese konziliaren Lehren wie ein Bruch mit der Vergangenheit aussähen, so sei es katholisch, diese Lehren so zu interpretieren, als ob es keinen Bruch gegeben habe – wie es beispielsweise Benedikts XVI. „Hermeneutik der Kontinuität“ macht. Aber Monsignore, diese Argumente können genau umgekehrt angewendet werden. Denn tatsächlich gab es einen Bruch in der Glaubenslehre, wie eine Untersuchung der Konzilsdokumente eindeutig zeigt. (Zum Beispiel: Gibt es ein (gemäß Zweitem Vatikanum) oder gibt es kein (gemäß der Überlieferung) Menschenrecht auf ungehinderte Verbreitung von Irrtümern?) Deswegen war das Zweite Vatikanum nicht das wahre Lehramt der Kirche, und es ist katholisch, aufzuzeigen, daß es diesen Bruch mit der Überlieferung tatsächlich gibt – wie es Erzbischof Lefebvre tat –, anstatt vorzugeben, daß kein Bruch vorhanden sei.

Zum Schluß behauptet der Monsignore noch, daß nur das Lehramt das Lehramt auslegen könne. Womit wir wieder am Anfangspunkt angelangt sind.

Liebe Leser, Rom ist keinesfalls über den Berg. Himmel, hilf uns!

Kyrie eleison.