Behörde

Eiserne Ration

Eiserne Ration on Oktober 22, 2016

In militärischen Angelegenheiten ist es normal, daß sowohl die Generäle als auch die Soldaten eher den letzten ausgefochtenen Krieg im Kopf haben als den jetzigen. Wer konnte vor dem Ersten Weltkrieg sich einen Stellungskrieg vorstellen? Aber bereits im Zweiten Weltkrieg wurden durch den Einsatz der zwischen den Kriegen entwickelten Panzer die Schützengräben schon wieder überflüssig. Ähnlich ist es auch in religiösen Angelegenheiten. Das 21. ist nicht mehr das 20. Jahrhundert. Und so ist es heute gewiß töricht von den Katholiken des „Widerstands,“ auf etwas ähnliches zu hoffen wie den Aufbau und die Ausbreitung der Priesterbruderschaft St. Pius X. im letzten Jahrhundert. As Beispiel dafür formulierten zwei bewundernswerte heutige Widerständler, der Erste eine generelle und der Zweite eine eher spezielle Klage, welche jedoch beide nicht gerade weise erscheinen dürfen.

Die allgemeine Klage lautet, daß der „Widerstand“ eher auseinanderfällt, anstatt Fortschritte zu machen. Diese „Kommentare“ setzen das Wort „Widerstand“ oft in Anführungszeichen, eben genau um anzudeuten, daß der katholische Widerstand gegen die Konziliarisierung der Priesterbruderschaft kaum eine Form von Organisation ist, sondern mehr eine unbestimmte Bewegung mit einem bestimmten Ziel – namentlich den katholischen Glauben zu retten –, bislang aber noch ohne viele Struktur, um bei diesem Ziel voranzukommen. Doch mögen die Widerständler frohen Mutes sein, denn der Mensch denkt, aber Gott lenkt. Somit braucht etwas, was für uns wie ein menschliches Versagen aussieht, in den Augen des lieben Gottes nicht unbedingt ein Versagen zu sein.

Entsprechend beabsichtigte Erzbischof Lefebvre in den 1970er-Jahren, ein halbes Dutzend katholischer Bischöfe um sich zu scharen, um den Konziliaristen eine große Blockade in den Weg zu stellen. Doch Gott plante etwas anderes. Und so scheiterte der Erzbischof mit diesem Vorsatz, hatte jedoch Erfolg in dem Bestreben, ein weltweites Schatzhaus zur Bewahrung der Kirchenschätze in der Doktrin, in der Messe und im Priestertum aufzubauen. Auf ähnliche Weise gibt es heute Widerständler, welche einen Ersatz für die gefährdete Priesterbruderschaft aufbauen möchten, doch könnte ihr offensichtliche Schwäche (zumindest bisher) darauf hindeuten, daß ein solcher Ersatz nicht im Plane des allmächtigen Gottes liegt. Dennoch gewährleisten (zumindest bisher) diese Widerständler durch ihren Versuch das Überleben des katholischen Glaubens, was gewiß der göttlichen Vorsehung entspricht.

Die spezielle Klage lautet, daß, wenn der „Widerstand“ doch nur Schulen hätte, viele Eltern aus der Bruderschaft die Reihen des „Widerstands“ anschwellen ließen, was sie jetzt nicht tun können, weil ihre Kinder sonst sofort aus den Bruderschaftsschulen hinausgeworfen werden, für welche aber momentan keine angemessene Alternative vorhanden ist. Ich kann nur wiederholen, daß wir nicht im 20., sondern im 21. Jahrhundert für den Glauben kämpfen. Damals in den 1980er-Jahren gab es noch genügend gleichgesinnte katholische Eltern, Lehrer und Priester, um jenen Dreiecksrahmen zu formen, in welchem die Kinder geradlinig heranwachsen müssen. Doch heutzutage? Heute hört man von einer Bruderschafts-Knabenschule, welche in ernsten Schwierigkeiten gewesen sei wegen eines in ihren Wänden erfolgten Ausbruchs jener naturwidrigen Sünde, welche nach Vergeltung zum Himmel schreit. Doch welche Wand könnte Heranwachsende davon abhalten, über die Verherrlichung dieser naturwidrigen Sünde seitens ihrer erwachsenen Landsmänner zu lernen, und über das neu erfundene Wort „Homophobie,“ welches die Verurteilung dieser Sünde als neues „Laster“ verurteilt? Und seit wann sollen Jugendliche nicht ihre Erwachsenen nachahmen? Kann genau genommen noch jemand eine Knabenschule führen seit der Erfindung des Weltnetzes, wo jeder Knabe direkten Zugang hat mit Geräten so klein wie eine Hosentasche? Man muß sogar fragen, sind katholische Einrichtungen überhaupt noch möglich?

Im heutigen religiösen Krieg ist der Tagesbefehl gewiß die eiserne Ration, d.h. was dem Soldat unbedingt zum Überleben notwendig ist, in unserem Beispiel zum Bewahren des Glaubens. Dieser Krieg muß im familiären Heim gewonnen werden, sonst geht er verloren. Gott verleiht den Eltern zum Formen ihrer Kinder eine natürliche Macht, und diese Macht übersteigt – sagen wir, im Verhältnis 5:2 – jede Institution, welche die Kinder deformiert; allerdings wirkt das nur, wenn die Eltern ihre Macht auch ergreifen. Ein kleines Ruder vermag ein großes Schiff zu steuern – außer wenn der Steuermann das Ruder losläßt. Wenn also Eltern ihre Kinder loslassen, so brauchen sie doch kaum die Welt zu beschuldigen, daß sie ihre Kinder in die Hölle führe. Wenn Eltern erwarteten, daß die Bruderschaftsschulen ihre Kinder eher für die Welt denn für den Himmel qualifizieren, mag das dann nicht ein triftiger Grund sein, daß die Priesterbruderschaft ins Schleudern geraten ist?

Kyrie eleison.

Erzbischof Kommentiert – II.

Erzbischof Kommentiert – II. on Januar 10, 2015

Bevor wir mit den wirklichkeitsnahen Anmerkungen Erzbischof Lefebvres aus dem Jahre 1991 abschließen, möchten wir sie noch einmal kommentieren in der Hoffnung, damit den Katholiken das Gleichgewicht halten zu helfen zwischen einerseits der Verachtung der Kirchenautoritäten im Namen der Wahrheit, und andererseits der Herabsetzung der Wahrheit im Interesse der Kirchenautoritäten. Denn seit die Kirchenmänner auf dem Zweiten Vatikanum (1962–1965) ihre ganze Autorität für die Revolution in der Kirche eingesetzt haben (Kult freiheit, kollegiale Gleichheit, ökumenische Brüderlichkeit), sind die Katholiken aus diesem Gleichgewicht geraten: in der Tat, wenn die kirchlichen Autoritäten auf der Wahrheit herumtrampeln, wie kann man weiterhin beide Seiten respektieren?

Nun aber wer hat während den Nachwehen des Zweiten Vatikanum vergleichbare Früchte hervorgebracht wie die Erhaltung der katholischen Lehre, der hl. Messe und der Sakramente, für welche der Erzbischof hauptsächlich (wenn auch nicht ausschließlich) verantwortlich war? Somit verdient sein Gleichgewichthalten zwischen Wahrheit und Autorität unser besonderes Augenmerk.

Betrachten wir zunächst die einfache Beobachtung des Erzbischofs zur Autorität: „Jetzt herrscht die Tyrannei der Behörde, weil es kein Gesetz aus der Vergangenheit mehr gibt.“ Unter den Menschen mit ihrer Erbsünde bedarf die Wahrheit der sie stärkenden Autorität; denn Jeffersons Behauptung ist eine Illusion, wonach die Wahrheit einfach auf den Marktplatz geworfen zu werden bedürfe, um sich selbst durchzusetzen, anstatt mithilfe einer Katastrophe, welche erst wieder die Wirklichkeit vor Augen führt. Die Autorität verhält sich zur Wahrheit so wie das Mittel zum Zweck, also nicht wie der Zweck zum Mittel. Der katholische Glaube rettet die Seelen, und dieser Glaube besteht direkt aus einer Anzahl von Wahrheiten, und erst indirekt aus der Autorität. Diese Wahrheiten sind solchermaßen die Substanz und der Zweck der katholischen Autorität, daß ihr Loslösen von den Wahrheiten – wie beim Zweiten Vatikanum geschehen – die Autorität abdriften läßt, bis dann der erstbeste Tyrann sie ergreift und nach seinem Willen verbiegt. Auf natürliche Weise folgte also die Tyrannei Pauls VI. dem Konzil, so wie in den letzten Jahren die Führung der Priesterbruderschaft St. Pius X. in die Tyrannei verfallen ist durch ihr Trachten nach Anerkennung durch die Konzilsherren. Im Gegensatz dazu, baute nicht der Erzbischof seine Autorität über die Tradition durch seine Treue der Wahrheit auf?

Eine zweite Anmerkung vom Erzbischof aus dem Jahre 1991 verdient unsere Beachtung, als er durch sein Protokoll vom 5. Mai 1988 eine Übereinkunft mit Rom anstrebte, jedoch später feststellte: „Ich glaube sagen zu dürfen, daß ich damals sogar weiter gegangen bin, als ich hätte gehen sollen.“ Das Protokoll verdient in wichtigen Punkten durchaus Kritik, und mit seinem zitierten Satz gesteht der Erzbischof ein, daß er für einen Augenblick das Gleichgewicht verloren hatte, indem er auf Kosten der Wahrheit kurzzeitig zu den römischen Autoritäten sich neigte. Doch dauerte dieses Neigen nur kurz, denn bekannterweise zog er bereits am nächsten Morgen das Protokoll zurück und wankte dann nie mehr bis zum Ende seines Lebens. Daher kann seither niemand mehr behaupten, daß einerseits der Erzbischof nicht alles unternommen habe, um mit der Autorität ein Übereinkommen zu finden, und andererseits, daß es einfach sei, zwischen der Wahrheit und der Autorität das Gleichgewicht einwandfrei einzuhalten.

Eine dritte Anmerkung des Erzbischofs beleuchtet die Gründe, woraus er in den Jahren von 1975 bis 1988 eine gewisse Übereinkunft mit der römischen Autorität suchte. Seine Nachfolger an der Bruderschaftsspitze, welche seine Motive eigen deuten, tun so, als ob der Erzbischof stets die kanonische Regularisierung der Bruderschaft angestrebt hätte. Doch über das Protokoll erklärte er später: „Ich hoffte bis zur letzten Minute, Rom würde ein kleines bißchen Loyalität bezeugen.“ Anders gesagt, verfolgte er stets das Gute des Glaubens und erwies der Autorität nur um der Wahrheit willen Ehre. Kann dasselbe von seinen Nachfolgern auch gesagt werden?

Kyrie eleison.

„Marcellus Initiative“

„Marcellus Initiative“ on November 10, 2012

Letzte Woche präsentierten wir Einzelheiten zur „Marcellus Initiative,“ die mit dem Ziel gegründet worden war, Spenden für das Anliegen des kürzlich „ausgeschlossenen“ Bischofs zu erleichtern. Nun fragten einige Leser zurecht, wofür diese „Initiative“ denn genau stehe. Zuerst einmal wird sie die Kosten für den Umzug des Bischofs aus Wimbledon oder London an einen anderen Ort tragen, wo er dann verweilen wird. Weit über solche Unkosten hinausgehend ist der Begriff Initiative jedoch bewußt gewählt worden, um verschiedene Möglichkeiten offenzuhalten. Allerdings sei betont, daß Spenden an diese Initiative in nächster Zeit nicht dazu verwendet werden, einen Ersatz zur Priesterbruderschaft St. Pius X. oder ein neues Seminar zu finanzieren. Es gibt gute Gründe, warum diese beiden Anliegen ohne Eile sind.

Bezüglich einer Alternative zur Priesterbruderschaft sei gesagt, daß wir aus ihrer gegenwärtigen schweren Krise erst einmal die Lehre ziehen müssen. Die katholische Kirche fußt auf einer Hierarchie der Autorität, welche abwärts vom Papst bis in die unteren Ränge reicht. Allerdings hat unsere revolutionäre Welt inzwischen den natürlichen Sinn der Menschen für die Autorität so sehr zerstört, daß auf der einen Seite nur noch wenige Personen zu befehlen wissen, und auf der anderen Seite die meisten Menschen entweder zu wenig oder aber zu viel gehorchen. Der bodenständig gesunde Menschenverstand ist uns derart abhandengekommen, daß die katholische Autorität kaum mehr funktionieren kann. Auf ähnliche Weise, wie nur Gott allein die Autorität von Mose durch eine gewaltige Züchtigung der Rebellen wieder herstellen konnte (vergleiche viertes Buch Mose „Numeri“), so kann auch in unserer Zeit gewiß nur Gott allein die päpstliche Autorität auf die Beine stellen. Wird er dazu einen „Feuerregen“ schicken, vor dem Unsere Liebe Frau 1973 im japanischen Akita gewarnt hat? Wie dem auch sei; Glaubensoasen bleiben für uns eine unmittelbare und geeignete Möglichkeit, und ich meine ihnen nach Kräften dienlich zu sein.

Ähnliche Argumente gelten bezüglich des Neustarts eines klassischen katholischen Priesterseminars. Ein altes Sprichwort erinnert daran, daß man ohne ausreichende Mittel nicht an die Arbeit gehen kann. Auf unsere Situation angewandt: Es fällt immer schwerer, aus den heutigen Jungmännern katholische Priester zu formen. Übernatürliche Qualitäten des Glaubens, des guten Willens und der Frömmigkeit sind zwar eine große Hilfe, aber dennoch baut die Gnade auf der Natur auf, und diese natürlichen Grundlagen – wie z.B. ein stabiles Zuhause und eine wahrhaft menschliche Erziehung – fehlen heute immer mehr. Gewiß gibt es noch gute Familien, wo die Eltern verstanden haben, was ihre Religion von ihnen verlangt, um ihre Kinder auf den Weg in den Himmel senden zu können. Und gewiß geben etliche Eltern dabei auch heldenhaft ihr Bestes. Aber unsere abartige Zeit trachtet nach der Zerstörung des gesunden Menschenverstandes und des natürlichen Anstandes von Geschlecht, Familie und Nation. Selbst mit den besten Absichten bleiben die Kinder des heutigen sozialen Umfeldes schlechterdings mehr oder weniger daran gehindert, eine Berufung Gottes wahrzunehmen oder ihr zu folgen.

Hat also Gott seine Kirche aufgegeben und läßt er uns in Zukunft ohne Priester sein? Natürlich nicht. Jedoch sind zwei Dinge zu beachten. Erstens darf eine zur Seelenrettung gegründete katholische Organisation von morgen keinesfalls ihren Scharfblick verlieren bezüglich der seelenzerstörenden Natur der Konzilskirche und der modernen Welt. Und zweitens können keine Priester von morgen ausgebildet werden, welche zwar die Summa Theologiae des Hl. Thomas von Aquin perfekt kennen, aber kaum eine oder gar keine Vorstellung haben, wie diese Summa auf das heutige Leben anzuwenden ist.

Kongregationen und Seminare von morgen müssen auf Biegen oder Brechen an der Wirklichkeit festhalten, anstatt davon zu träumen, wie „normal“ sie doch seien oder sein sollten. Ist diese Aufgabe zu schaffen? Mit Gottes Hilfe gewiß. Allerdings ist Gottes Weisheit unergründlich, und möglicherweise bedient er bei der Seelenrettung von morgen sich nicht mehr länger der klassischen Kongregationen und Seminare von gestern. Was mich angeht, so werde ich jedenfalls versuchen, Gottes Vorsehung beim Weihen von Priestern – und von Bischöfen – zu folgen. Gottes Wille geschehe.

Kyrie eleison.

Bedeutsame Entscheidung

Bedeutsame Entscheidung on Oktober 27, 2012

Der Ausschluß eines der vier Bruderschaftsbischöfe, welche Erzbischof Lefebvre im Jahre 1988 für den Dienst in der Priesterbruderschaft St. Pius X. weihte, ist nun offiziell. Das stellt eine bedeutsame Entscheidung aufseiten der Bruderschaftsoberen dar; allerdings nicht aus persönlichen Gründen, sondern weil damit nach Ansicht vieler Menschen das größte Einzelhindernis innerhalb der Bruderschaft wegfällt, das einer falschen Versöhnung zwischen der katholischen Tradition und dem konziliaren Rom im Wege stand. Durch die Entfernung dieses Bischofs kann die Bruderschaft nun ihr Abgleiten in den konziliaren Liberalismus umso leichter fortsetzen.

Würde das Problem des Ausschlußes nur an der Person dieses Bischofs liegen, so wären keine ernsthaften Folgen zu erwarten. Denn er ist bereits 72 Jahre alt (und “mehr oder weniger vertrottelt“) und hat nicht mehr allzu viele Jahre aktiven Dienstes vor sich. Somit könnte er getrost ignoriert, bei Bedarf weiterhin diskreditiert, und sich und seinem Wüten in der Isolation überlassen werden. Wenn hinter seinem Ausschluß jedoch die bruderschaftliche Ablehnung des Widerstandes gegen Rom steht, für den der Bischof steht, dann ist die Priesterbruderschaft nun in ernsthaften Schwierigkeiten. Sie wird dann künftig von stiller Zwietracht bzw. offenem Widerspruch geplagt werden und somit weit davon entfernt sein, ihre inneren Spannungen gelöst zu haben durch Statuieren eines Exempels an diesem Bischof.

Der Hintergrund ist, daß Erzbischof Lefebvre die Priesterbruderschaft als Gegenwehr zum Konzil gegründet hat, welches ja den katholischen Glauben durch 16 Konzilsdokumente und die Glaubensausübung besonders durch die Neue Messe zerstört. Der Erzbischof legte in die Natur seiner Bruderschaft den Widerstand gegen das Konzil hinein. Nun bedeutet die Auflösung der Natur einer Sache allerdings die Auflösung der Sache selber. Daraus folgt, daß die Bruderschaft Erzbischof Lefebvres durch den Ausschluß des Bischofs auf dem besten Weg zur Auflösung ist und durch etwas völlig anderes ersetzt werden wird. Tatsächlich konnten wir diese Verformung schon seit vielen Jahren beobachten. Somit ist der jetzt erfolgte Ausschluß nur ein letzter Schlag.

Der Erzbischof war nicht hauptsächlich oder ausschließlich gegen das Konzil. Vielmehr war er im wesentlichen katholisch, ein katholischer Bischof und ein wahrer Seelenhirte, wie seine Schriften vor dem Konzil klar zeigen. Als jedoch die unvorstellbare Katastrophe in der Kirche stattgefunden hatte, erkannte der Erzbischof bald, daß die dringlichste Aufgabe bei der Glaubensverteidigung im Widerstand gegen die Revolution des Zweiten Vatikanum bestand, welches im Begriff war, Millionen von katholischen Herzen und Köpfen zu erfassen. Deswegen gründete der Erzbischof im Jahre 1970 die Priesterbruderschaft, welche dann ausschließlich die Tridentinische Messe verwenden sollte. Deswegen verfaßte er auch im Jahre 1974 seine berühmte Grundsatzerklärung, welche einerseits eine Charta der katholischen Prinzipien darstellte, und andererseits den Widerstand der Bruderschaft inspirierte. Nur eine Bekehrung und Umkehr der konzilskirchlichen Autoritäten zum wahren Glauben rechtfertigt ein Aufgeben dieser Prinzipien. Hat so eine Bekehrung und Umkehr jedoch stattgefunden? Keineswegs – ganz im Gegenteil.

Was wird die Zukunft bringen? Die Amtspriesterbruderschaft wird nun wahrscheinlich zügig in die Arme Roms eilen, um das Vakuum zu füllen, welches entstand durch die Preisgabe der von Erzbischof Lefebvre festgelegten Zwecke. Dieser Vorgang dürfte beschleunigt werden, falls das Gewissen von Benedikt XVI. ihn dazu antreibt, dieses „Schisma“ noch vor seinem Tode zu beenden. Wir wissen nicht, ob der Ausschluß des Bischofs aus der Bruderschaft eine Vorbedingung Roms für eine Einigung mit der Priesterbruderschaft gewesen ist, doch begünstigt er gewiß eine solche Einigung. Die klarsichtigen Priester der Bruderschaft sollten vorerst sich unauffällig verhalten und abwarten, denn dem gesähten Wind folgt als Ernte der Sturm. Und die Laien der Bruderschaft können momentan noch die Hl. Messen der Priesterbruderschaft besuchen, müssen allerdings aufpassen, ab wann die oben erwähnte Verformung beginnt, ihren Glauben zu gefährden. Spenden an den ausgeschlossenen Bischof oder für seine Anliegen werden ein bißchen warten müssen, bis alles fertig ist, um sie zu empfangen. Aber eines steht fest: er hat gar nicht vor, in den Ruhestand zurückzutreten.

Kopf hoch, liebe Leser. Wir haben eine „höllische“ Fahrt vor uns. Sorgen wir dafür, daß diese Fahrt im Himmel endet!

Kyrie eleison.

Sarto oder Siri?

Sarto oder Siri? on September 29, 2012

Am Fest des Hl. Pius X. entglitt mir einmal in einer Predigt „fast eine Häresie,“ als ich laut fragte, ob Giuseppe Sarto der Kirchenzerstörung durch Paul VI. widerstanden hätte, wenn er nicht schon im Jahre 1914 als Papst, sondern z.B. erst 1974 als Kardinal gestorben wäre. Innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X. muß diese Frage wie eine Häresie anmuten, denn wie könnte die Weisheit des himmlischen Schutzpatrons der Bruderschaft – um in unserem Fragebeispiel zu bleiben – auf irgendeine Art fehlerhaft gewesen sein? Dennoch ist diese Frage berechtigt.

In den 1970er Jahren suchte Erzbischof Lefebvre einige der besten Kardinäle und Bischöfe der Kirche in der Hoffnung auf, wenigstens eine Handvoll von ihnen von der Notwendigkeit des öffentlichen Widerstandes gegen die Revolution des Zweiten Vatikanischen Konzils überzeugen zu können. Er pflegte zu sagen, daß der gemeinsame Widerstand von nur einem halben Dutzend Bischöfen die konziliare Verwüstung der Kirche hätte ver- oder wenigstens behindern können. Doch leider Gottes unternahm nicht einmal der von Papst Pius XII. als Wunschnachfolger ausersehene Kardinal Siri von Genua einen öffentlichen Schritt gegen die konziliare Kirchenführung. Schließlich trat wenigstens Bischof de Castro Mayer hervor – allerdings erst in den 1980er Jahren, als die konziliare Revolution schon in der Kirchenspitze sich eingenistet hatte.

Wie konnte es geschehen, daß selbst die bestausgebildetsten Köpfe so umnachtet waren? Warum erkannten damals nur so wenige der besten Kirchenmänner, was Erzbischof Lefebvre klar sah? Wie z.B. die Tatsache, daß das Kirchen-„Gesetz,“ welches die „Novus Ordo“-Messe etablierte, überhaupt kein Gesetz war; denn es gehört zum Wesen des Rechtes, daß ein Gesetz eine vernünftige Verordnung für das Allgemeinwohl sein muß. Wieso blieb also der Erzbischof so relativ alleine in seinem Kampf, ein solches Grundprinzip des gesunden Menschenverstandes vor dem Ersticktwerden durch eine überbordende Autoritätshörigkeit zu beschützen – wo doch das Zweite Vatikanum und die Neue Messe das Überleben der Kirche selber gefährdeten? Auf welche Weise konnte denn die Autorität solcherart über Wirklichkeit und Wahrheit die Oberhand gewinnen?

Meine Antwort lautet: Dies alles geschah, weil die Christenheit seit sieben Jahrhunderten in den Glaubensabfall, auch Apostasie genannt, abgleitet. Seit 700 Jahren wird – abgesehen von edlen Ausnahmen wie z.B. die Gegenreformation – die Wirklichkeit des Katholizismus vom Wahn des Liberalismus wie durch ein Krebsgeschwür zerfressen. Dieser Liberalismus „befreit“ den Menschen von Gott auf mehrere Weisen: er „befreit“ die Natur von der Gnade, den Verstand von der objektiven Wahrheit und den Willen vom objektiven Recht und Unrecht. Während der längsten Zeit dieser Epoche, 650 Jahre lang, hielten die katholischen Kirchenmänner an der Wirklichkeit fest und verteidigten sie eisern. Doch am Schluß drang eine ausreichende Menge des allumfassenden Wahns der lockenden Moderne bis ins Mark der Kirchenmänner vor, so daß ihr Verstand und Wille den Bezug zur Wirklichkeit verloren. Wie der Hl. Thomas Morus über die englischen Bischöfe seiner Zeit sagte, welche die katholische Kirche verrieten: es fehlte ihnen die Gnade. So ließen die Konzilsbischöfe gerne zu, daß der bloße Menschenwahn anstelle von Gottes Wirklichkeit, und die Autorität anstelle der Wahrheit, rückten. Daraus ergeben sich praktische Lehren für den Klerus wie für die Laien.

Liebe Priesterbrüder innerhalb und außerhalb der Priesterbruderschaft: Hüten wir uns davor, so wie Giuseppe Siri zu verfahren, und reagieren wir so wie Giuseppe Sarto mit seinen herrlichen Verurteilungen der modernistischen Irrtümer in seinen Lehrschreiben Pascendi, Lamentabili und Notre charge apostolique über den Sillon. Und um die Gnade geschenkt zu bekommen, welche wir für die gewaltigste Krise in der gesamten Kirchengeschichte benötigen, müssen wir auch gewaltig beten.

Liebe Laien: Wenn die Greuel des modernen Lebens Sie „hungernd und dürstend nach Gerechtigkeit“ machen, so frohlocken Sie möglichst darüber, denn genau diese Greuel halten Sie an, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Und seien Sie ohne Zweifel, daß Sie durch Ihr Ausharren im Hunger nach Gerechtigkeit am Ende „Ihren Lohn erhalten werden“ (Matthäus 5,6). Selig die Armen im Geiste, die Sanftmütigen und die Trauernden, sagt unser Herr an derselben Stelle. Als sichersten Schutz vor der Übernahme unseres Verstandes und Herzens durch den liberalen Wahn beten Sie täglich fünf, oder am besten fünfzehn, Geheimnisse des Hl. Rosenkranzes unserer Allerseligsten Jungfrau Maria.

Kyrie eleison.

Herumdrehbare Erklärung

Herumdrehbare Erklärung on September 22, 2012

Nicht alles vom Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X., welches im Juli in der Schweiz abgehalten wurde, mag katastrophal gewesen sein. Doch von seinen beiden offiziellen Ergebnissen zeigt das erste namens „Die sechs Bedingungen“ eine „besorgniserregende Schwäche“ (siehe Eleison-Kommentar 268 vom 1. September), und auch das zweite Ergebnis in Gestalt einer abschließenden „Erklärung“ läßt viel zu wünschen übrig. Eine möglichst kurze Zusammenfassung der Erklärung in zehn Paragraphen lautet wie folgt:

1) Wir danken Gott für die 42 Jahre Existenz der Priesterbruderschaft. 2) Wir haben nach der jüngsten Krise nun wieder unsere Einheit gefunden (echt?), 3) um unseren Glauben zu bekennen 4) an die Kirche, an den Papst und an den Christkönig. 5) Wir halten uns an das beständige Lehramt der Kirche, 6) und an ihre beständige Tradition, 7) in Verbundenheit mit allen unter Verfolgung leidenden Katholiken. 8) Wir rufen die Allerseligste Jungfrau Maria, 9) den Heiligen Erzengel Michael und 10) den Heiligen Papst Pius X. um Hilfe an.

Dieser Erklärung mangelt es gewiß nicht an Frömmigkeit, von welcher der Hl. Paulus sagt, daß sie zu allem nützlich ist (Erster Timotheusbrief 4,8). Gegenüber seinen beiden Jüngern Timotheus und Titus unterstreicht der Hl. Paulus allerdings ständig die Notwendigkeit der Doktrin, d.h. der Glaubenslehre, weil diese das Fundament wahrer Frömmigkeit ist. In der Erklärung des Generalkapitels fällt allerdings ausgerechnet die Doktrin leider recht dürftig aus. Anstatt die lehrmäßigen Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils, welche ja die Kirche seit 50 Jahren verwüsten, zu verdammen, enthält die Erklärung in ihren doktrinal stärksten Paragraphen 5 und 6 nur eine zaghafte Verurteilung dieser Irrtümer, begleitet von einem Tribut an das unveränderliche Lehramt (§5) und an die Tradition (§6) der Kirche. Dieser Tribut erfolgt zwar zurecht, schafft dabei aber ein Argument, welches von den Konziliaristen allzu leicht herumgedreht werden kann. Betrachten wir, wie einfach das geht:

Paragraph 5 legt dar, daß die Neuerungen des Zweiten Vatikanum „mit Fehlern befleckt“ sind, während das beständige Lehramt „ununterbrochen“ andauert: „Das Magisterium gibt durch seine Lehrakte das geoffenbarte Glaubensgut in vollständigem Übereinstimmung mit allem, was die universelle Kirche immer und an allen Orten geglaubt hat, weiter.“ Das deutet darauf hin, daß Rom das Zweite Vatikanum in die Reinigung geben sollte, um die Flecken zu entfernen. Doch die Römer können auf diesen Satz der Erklärung antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Kontinuität des Lehramtes ist absolut bewundernswert! Doch jenes Lehramt sind wir Römer, und wir stellen fest, daß das Zweite Vatikanum keine schmutzigen Flecken hat.“

Ähnlich beim Paragraph 6, welcher in der Erklärung lautet: „Die beständige Tradition der Kirche gibt jenen Lehrbestand, welcher zur Aufrechterhaltung des Glaubens und zur Rettung der Seelen notwendig ist, jetzt und bis ans Ende der Zeit weiter.“ Somit müssen also die kirchlichen Autoritäten zur Tradition zurückkehren. Doch die Römer können darauf antworten: „Die Formulierung des Generalkapitels über die Weitergabe des Glaubens durch die Tradition ist absolut bewundernswert! Doch die Hüter dieser Tradition sind wir Römer, und wir stellen durch die Hermeneutik der Kontinuität fest, daß das Zweite Vatikanum die Tradition nicht unterbricht, sondern fortführt. Das Generalkapitel irrt gewaltig mit der Annahme, daß wir zur Tradition zurückkehren müßten.“

Beachten wir den starken Kontrast zwischen dieser Erklärung und der Grundsatzerklärung des Erzbischof Lefebvre vom 21. November 1974, wo er einen wuchtigen und unherumdrehbaren Angriff auf die Irrtümer des Zweiten Vatikanum ausführt. In dieser Grundsatzsatzerklärung schrieb der Erzbischof, daß das Konzilsrom nicht das katholische Rom ist, weil die konziliare Reform folgendes ist: „naturalistisch, teilhardistisch, liberal und protestantisch . . . völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie,“ usw. Die Schlußfolgerung des Erzbischofs ist eine kategorische Weigerung, irgendetwas mit Neurom zu schaffen zu haben, weil es überhaupt nicht das wahre Rom ist.

Vergleichen Sie im Internet die zwei Erklärungen miteinander und entscheiden dann, welche von beiden untrüglich den Trompetenschall zum notwendigen Kampfe erklingen läßt (Erster Korintherbrief 14,8). Man darf sich fragen, wieviele Teilnehmer des Generalkapitels vom Jahre 2012 haben wohl jemals studiert, was Erzbischof Lefebvre sagte, und warum er es sagte?

Kyrie eleison.