Jesus Christus

Gefährliches Traumland

Gefährliches Traumland on Januar 15, 2011

Jüngst sandte jemand einige Sätze von Hochwürden Denis Fahey (1883–1954) an mich, welche beweisen, daß nicht alle Katholiken vor dem Zweiten Vatikanum „nicht bei der Sache waren.“ Heißt das im Umkehrschluß, daß viele Katholiken „nicht bei der Sache waren“? Zweifellos. Obendrein sind viele Katholiken heute noch nicht bei der Sache, einschließlich einer ganzen Reihe von sogenannten traditionellen Katholiken, weil die gleichen Ursachen zu gleichen Wirkungen führen. Nun sind jedoch die Ursachen, welche in der Mitte des 20. Jahrhunderts zur Blindheit der Katholiken führten, in unserem frühen 21. Jahrhundert stärker als jemals zuvor.

Es folgt der kurze Auszug von Hw. Faheys „Das Königtum Christi und der organisierte Naturalismus“ aus dem Jahre 1943. (Die Sätze sind zum Zwecke des späteren Kommentierens numeriert):—1) „Die Katholiken erliegen den Machenschaften der Feinde unseres Herrn, weil die Katholiken nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult werden. 2) Sie verlassen die Schule ohne hinreichende Kenntnis über die organisierten Gegner, auf welche sie mit Sicherheit stoßen werden, und sie haben außerdem nur eine verschwommene Vorstellung vom Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen . . . 3) Und schließlich stoßen Katholiken, welche wirklich für die wahre christliche Ordnung kämpfen, immer auch auf Katholiken im gegnerischen Lager.“

zu 1) Weil in der heutigen Welt die Menschen massenhaft nicht mehr glauben, daß sie dank der Erlösung durch den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus und seine Kirche das wirklich gute Leben erst zusammen mit Gott im Himmel führen werden, setzen sie ihr Vertrauen in die Menschen, um das gute Leben in dieser Welt zu erlangen. Somit wird jedoch die Politik faktisch zur Religion dieser Menschen, und ihre Regierungen ersetzen Gottes Vorsehung. Dann fällt es den Menschen immer schwerer zu glauben, daß ihre Regierungen und ihre Lebensart praktisch von den wirklichen, allzuwirklichen Feinden unseres Herrn kontrolliert werden. Wie könnten denn beispielsweise unsere Regierungen über den 9. September 2001 – „9/11“ – jemals lügen? Ein solches Vertrauen in die modernen Regierungen verrät, wie elend es um unser Begreifen der Wirklichkeit steht. Wie verbreitet dieses ungerechtfertigte Vertrauen auch sein mag: wenn Katholiken es erst einmal teilen (ohne gleich ins Lager der Revolutionäre zu wechseln), so werden sie unweigerlich „nicht für den wirklichen Kampf in dieser Welt geschult.“ Sobald sie außerdem das Traumland hier unten annehmen, geraten sie in große Schwierigkeiten beim Erreichen des wirklichen Himmels des wirklichen Gottes da oben.

zu 2) Zwar kann es schwierig sein, den Schülern und Seminaristen beizubringen, daß unser Herr erbitterte Feinde hat, weil letztere ihre organisierte Gegnerschaft so geschickt tarnen. Doch die Jungen werden auf diese Gegner „mit Sicherheit stoßen.“ Wenn also die Lehrer diese Tarnung der Gegner nicht aufdecken und somit ihre Schüler nicht hinreichend für das Leben oder das Priesteramt vorbereiten, dann werden diese jungen Katholiken mit Scheuklappen bzw. mit einer auf den Rücken gebundenen Hand in den Kampf ziehen. Und weil die Feinde Gottes den individualistischen Liberalismus stark fördern, um die Reste der christlichen Ordnung aufzulösen, müssen die Jungen besonders genau erlernen, was die Mutter Kirche über das „Wesen der sozialen Ordnung, welche sie verteidigen müssen“ und über die soziale Natur des Menschen lehrt.

zu 3) Oh weh, schon Pius IX., der große Papst des 19. Jahrhunderts, beklagte, daß wir die erbitterten Feinde unseres Herrn außerhalb der Kirche nicht so sehr fürchten müssen wie die liberalen Katholiken innerhalb der Kirche. Denn diese katholischen Liberalen verspotten den Gedanken an sich, daß jemand gegen unseren Herrn sich verschwören könne. Denn hört man nicht des öfteren (in einem verweichlichten Tonfall gesäuselt)? – „Sin-d ni-cht al-le ir-gend-wie lie-b?“ Nein, das sind sie nicht!

Hw. Fahey, bitte für uns!

Kyrie eleison.

Assisi-smus – nein!

Assisi-smus – nein! on Januar 8, 2011

Einige Leute befürchten immer noch, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. von Erzbischof Lefebvre dabei sei, ein schlechtes Abkommen mit dem Rom des Benedikt XVI. einzugehen. Doch wegen des päpstlichen „Assisi-ismus,“ und anderem mehr, trägt vielmehr Benedikt XVI. selber sein Bestmögliches dazu bei, jedwede Übereinkunft zu verhindern.

Vor sechs Tagen argumentierte er theoretisch, daß die „großen Weltreligionen“ einen „wichtigen Einflußfaktor beim Frieden und bei der Einheit der Menschheit“ ausmachen. Vor fünf Tagen kündigte er dann praktisch an, im Oktober dieses Jahres „als Pilger“ nach Assisi zu gehen, um dem 25. Jahrestag des Gebetstreffens der Weltreligionen zu gedenken, welches Papst Johannes Paul II. im Jahre 1986 dort abgehalten hatte. Erzbischof Lefebvre allerdings verwarf diese Theorie eines Beitrags der „großen Weltreligionen“ zum Weltfrieden gänzlich und verurteilte die Durchführung dieses Gebetstreffens 1986 in Assisi als einen enormen Verstoß gegen das erste Gebot, und zwar als einen unerhörten Skandal in der gesamten Kirchengeschichte, da das Treffen vom Stellvertreter Christi selber ausging. Nur die Bedenken, daß ein Zuviel an Wiederholungen kontraproduktiv wirken könnte, hätte den Erzbischof vielleicht davon abgehalten, diesen neuesten Beitrag zum Assisi-ismus auch zu geißeln.

Doch hat der Erzbischof erkannt, daß damals viel zu wenige Katholiken die Ungeheuerlichkeit dieses Gebetstreffenskandals wirklich begriffen. Dies liegt daran, daß die gesamte moderne Welt Gott herunterspielt, die Göttlichkeit unseres Herrn Jesus Christus ausklammert, die Religion zu einer Angelegenheit der freien Wahl macht und die katholische Tradition zu einer Frage der Befindlichkeit oder des Gefühls herunterstuft. Dieses Denken, welches sogar die Päpste infiziert hat, ist mittlerweile überall so verbreitet, daß es für jeden einzelnen von uns eine geistliche Todesgefahr darstellt. Kommen wir daher wieder auf einige Grundlagen zu sprechen:—

Alles Sein benötigt eine Erstursache. Diese Ursache, um die erste zu sein, muß aus dem Sein an sich bestehen; überdies aus dem in jeder Hinsicht vollkommenen Sein, denn jede zweite Gottheit müßte, um von der ersten verschieden zu sein, irgendeine Seinsvollkommenheit besitzen, welche dann der ersten fehlen müßte. Deshalb kann der wahre Gott nur einer sein. Dieser wahre Gott nahm einmal, und nur einmal, die menschliche Natur in der Person unseres Herrn Jesu Christi an, welcher seine Göttlichkeit durch quantitative und qualitative Wunder bewies, die noch nie zuvor bei einem anderen Menschen auftraten, aber seither immer bei seiner Kirche: der römisch-katholischen Kirche. Alle Menschen können Mitglied von ihr werden durch den Glauben. Wenn sie glauben, ist dies der unverzichtbare Anfang ihres ewigen Heiles. Wenn sie jedoch sich weigern, zu glauben, schlagen sie den Weg in die ewige Verdammnis ein (Mk 16,16).

Wenn daher die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. durch ihre vergangenen und künftigen Assisi-Veranstaltungen die Seelen zur Annahme ermutigt haben, daß der Katholizismus nicht der alleinige Weg zur ewigen Glückseligkeit ist, sondern nur eines von vielen Mitteln (wenn auch das beste) für „Friede und Einheit“ der Menschheit in diesem Leben, dann haben beide Päpste die schreckliche Verdammnis unzähliger Seelen im nächsten Leben begünstigt. Anstatt an so einem – wenigstens objektiven – Verrat auch nur den kleinsten Anteil zu haben, bevorzugte Erzbischof Lefebvre, verachtet, verschmäht, abgelehnt, ausgegrenzt, zum Schweigen gebracht, „exkommuniziert“ und was auch immer zu werden.

Der Wahrheit treu zu bleiben, hat seinen Preis. Wieviele Katholiken sind bereit, ihn zu bezahlen?

Kyrie eleison.

„Wunderrat“

„Wunderrat“ on Dezember 25, 2010

Der Weihnachtstag bietet eine gute Gelegenheit uns daran zu erinnern, warum wir über das Kommen unseres Herrn Jesus Christus frohlocken können und sollen. Er und nur er vermag alle wirklichen Probleme von uns Menschen zu lösen, welche bis zu den Anfängen der Menschheit zurückreichen und heute ernster sind als je zuvor.

Der Grund ist, daß alle wirklichen Probleme des Menschen mit der Sünde verbunden sind. Eine rein materielle Störung wird erst dann schwerwiegend, wenn sie eine geistige Dimension besitzt; z.B. wenn eine körperliche Krankheit einen Menschen dazu veranlaßt, deswegen zu fluchen oder sie segensreich zu ertragen. Und etwas Geistiges in unserem Inneren ist nur dann ungeordnet, wenn es in irgendeiner Weise sündhaft ist. So beklagte Job sich zwar bitterlich über seine körperlichen Leiden, doch war sein Wehklagen nicht sündhaft. Letztenendes ist eine Sünde eine Unordnung oder ein Verstoß zuerst gegen Gott, zweitens gegen sich selbst und erst an dritter Stelle gegen den Nächsten.

Deswegen basieren alle wirklichen Probleme des Menschen, welche über bloße materielle Probleme hinausgehen, auf dem Verstoß des Menschen gegen Gott. Ein entsetzliches Beispiel hierfür ist, wenn eine Frau eine Abtreibung begangen hat. Oberflächlich gesehen ist ihr Problem zwar gelöst: Der Säugling ist aus dem Weg geräumt und ihr Leben ist „wieder normal.“ Doch tief in ihrem Inneren wird sie entweder ihr Herz verhärten (und sich dadurch einer Welt anschließen, welche das Weihnachtsfest haßt und unterdrückt), oder sich bewußtmachen und dann eingestehen, daß sie etwas Furchtbares getan hat. So oder so läuft bis zum Ende ihrer Tage etwas in ihr mehr oder weniger unrund. Viele solcher Frauen – selbst wenn sie katholisch sind und durch ihren Glauben wissen, daß Gott ihnen durch die sakramentale Absolution verziehen hat – können noch immer gequält sein. So groß ist die Wunde, welche die Sünde ihren Seelen zugefügt hat. Dabei ist Abtreibung noch nicht einmal die schlimmste aller Sünden, denn die direkt gegen Gott gerichtete Sünde ist schwerwiegender.

Sind das betrübliche Gedanken bezüglich der Weihnacht? Ja und nein. Das Problem der Sünde ist schon trübe – allerdings ist die Freude über das Wissen, daß es eine wahrhaftige Lösung gibt, entsprechend groß. Wenn das arme Mädchen zur hl. Beichte geht, wird fast jeder katholische Priester alles in seiner Macht stehende tun, um sie davon zu überzeugen, daß wenn sie ihre Sünde bereut (mit der Reue des Petrus und nicht des Judas Iskariot) und er ihr die Absolution erteilt hat, sie dann nicht mehr bezweifeln darf, daß Gott ihr auch wirklich vergeben hat. Wieviele Büßer verlassen daraufhin mit einer solchen Erleichterung und Freude den Beichtstuhl, wie nichts sonst es ihnen vermitteln kann, weil der tiefe Grund ihrer Qual eben in der Beleidigung gegen Gott lag und sie nun wissen, daß Gott ihnen vergeben hat.

Wo nahm diese Freude nun ihren Anfang? In der Gewißheit, daß Gott aus einer jüdischen Jungfrau die menschliche Natur annahm, in der Welt lebte und uns neben anderen Sakramenten das der Buße schenkte, welches seine Macht aus den Verdiensten seines Leidens und Sterbens erlangte, welches er nur mit Hilfe dieser Jungfrau und Mutter ertrug. Doch wie hätte er sterben können, ohne erst vorher geboren worden zu sein? Alles begann mit seiner menschlichen Geburt aus der heiligen Jungfrau Maria – mit der Weihnacht.

Also gibt es eine Lösung selbst für die schrecklichsten Probleme der Welt, meiner Mitmenschen und mir. Es ist daher nicht verwunderlich, daß Katholiken freudenreich sind. Kein Wunder, daß es zur Weihnachtszeit selbst für die Ungläubigen spezielle Freuden gibt – solange sie ihre Herzen noch nicht verhärtet haben.

Kyrie eleison.

Kupfermünzen-Kunst

Kupfermünzen-Kunst on Dezember 4, 2010

Der französische Maler Paul Gauguin (1848–1903) lehnt im Interesse der Kunst die moderne Gesellschaft ab. Dennoch hat ihn diese Kunst – für die er sich extra von allem „befreite,“ um sie produzieren zu können – im wesentlichen ohne Frieden gelassen (EC 175). Einige Jahre später schreibt der englische Schriftsteller Somerset Maugham (1874–1965) eine Abhandlung von Gauguins Leben, welche sowohl seine Ablehnung dieser Gesellschaft als auch seinen Mangel an Frieden zu bestätigen scheint (EC 176). Doch wie kann es sein, daß der moderne Künstler im Widerstreit zur Gesellschaft steht, die er ja widerspiegelt und die ihn sogar unterstützt? Warum ist die von ihm geschaffene moderne Kunst in der Regel so häßlich? Wieso bestehen die Menschen darauf, häßliche Kunst zu fördern?

Der „Künstler als Rebell“ entstand bei den Romantikern. Die Romantik blühte neben der französischen Revolution auf, die zwar im Jahr 1789 ausbrach, aber seither nicht aufhört, Thron und Altar niederzureißen. Die modernen Künstler weisen deshalb Gott immer stärker zurück, weil der Künstler notwendigerweise seine Gesellschaft widerspiegelt. Wenn also Gott nicht existieren würde, dann hätten die Künste angesichts ihrer neu gefundenen Freiheit von dieser Illusion namens „Gott“ – die den menschlichen Geist seit undenklichen Zeiten beherrscht hatte – sicherlich eine kräftige Blütezeit erleben müssen. Doch ist die moderne Kunst heute ausgeglichen, oder kommt sie nicht vielmehr selbstmörderisch vor?

Wenn andererseits Gott existiert und die Begabung des Künstlers ein Geschenk Gottes zu Seiner Verherrlichung ist – wofür zahllose Künstler in der Vergangenheit beredtes Zeugnis geben –, dann wird der gottlose Künstler im Kampf mit seinem eigenen Talent, seine Begabung im Kampf mit seiner Gesellschaft und diese wiederum im Kampf mit seinem Talent liegen. Beobachten wir nicht genau dieses um uns herum? So steckt beispielsweise hinter der von den modernen Materialisten geheuchelten Achtung für die Künste in Wirklichkeit Verachtung für sie.

Alle drei oben erwähnten Fragen sind jedenfalls leicht zu beantworten, wenn Gott existiert. Erstens: Der Künstler liegt im Kampf mit der modernen Gesellschaft, weil seine Begabung ein Atem Gottes in ihm ist und dieser Odem weiß, daß die Gesellschaft – insoweit gottlos – verwerflich ist. Daß die Gesellschaft den Künstler unterstützt, trotz seiner Verachtung für sie, macht alles nur noch kläglicher. So rief einst Richard Wagner, als sein vergrößertes Orchester eine Reihe von Plätzen kostete: „Weniger Zuhörer? Umso besser!“ Zweitens: Wie könnte eine von Gott geschenkte Gabe, die gegen Ihn gerichtet wird, jemals etwas Harmonisches oder Schönes hervorbringen? Wer moderne Kunst schön findet, muß die Bedeutung der Worte ins Gegenteil verkehren; so wie die Hexen in Macbeth singen: „Gut ist bös’, und bös’ ist gut!“ Doch hat selbst ein moderner Künstler jemals bei einer Frau Häßlichkeit mit Schönheit verwechselt? Drittens: Der moderne Mensch wird weiterhin darauf bestehen, den Sinn der Worte herumzudrehen, weil er sich im Krieg mit Gott befindet und auch nicht damit aufzuhören gedenkt. „Lieber die Türken als die Tiara!,“ riefen die Griechen in Richtung der Papstkrone, kurz vor der furchtbaren Eroberung Konstantinopels durch die Türken im Jahr 1453. „Lieber Kommunismus als Katholizismus!,“ riefen US-amerikanische Senatoren nach dem Zweiten Weltkrieg – und ihr Wunsch wurde Wirklichkeit.

Kurz gesagt: Wagner, Gauguin, Maugham und tausende moderner Künstler verachten unser „Kupfermünzen“-Christentum zurecht. Doch die Lösung des Problems lautet nicht, den Krieg gegen Gott mit der modernen Kunst noch zu verstärken, sondern den Kampf gegen Ihn zu beenden, Ihm wieder die gebührende Ehre zu geben und Christus zurück in den Mittelpunkt des Christentums zu bringen. Wieviel Häßlichkeit wird es denn noch benötigen, bevor der Mensch wieder zur Papstkrone zurückkehrt und den Katholizismus umarmt? Wird selbst ein Dritter Weltkrieg überhaupt dazu ausreichen?

Kyrie eleison.

Mehr anstrengen!

Mehr anstrengen! on November 13, 2010

Ein nicht-katholischer Freund, den ich seit 50 Jahren kenne, sagte mir kürzlich: „Wie ich Dich um Deine Gewißheit beneide!“ Ich denke, daß er damit seinen Wunsch ausdrückte, auch glauben zu können, was wir Katholiken glauben, es aber nicht zu glauben können meint. Beinahe hätte ich erwidert: „Streng Dich mehr an!,“ doch unter den gegebenen Umständen war Schweigen angemessener.

Während zu glauben ein Akt des Verstandes und nicht des Willens ist, muß trotzdem der Wille den menschlichen Verstand anstoßen, damit er die übernatürlichen Glaubenswahrheiten – die wesentlich über dem natürlichen Fassungsvermögen stehen – überhaupt glauben kann. An das Übernatürliche zu glauben ist deswegen zwar kein Akt des Willens, aber ohne einen Willensakt unmöglich. „Niemand glaubt gegen seinen Willen,“ weiß der hl. Augustinus. Daher kann es durchaus angebracht sein, jemandem, dessen Verstand nicht glaubt, zu raten: Streng Dich mehr an – gemeint ist: mit dem Willen. Dieser Rat an sich wird auch nicht in Wunschdenken münden, wenn die Glaubensinhalte, zu denen der Wille drängt, objektiv wahr sind.

Wer die katholischen Gläubigen wahrhaftig und aufrichtig um ihre Glaubensgewißheit beneidet, sollte zuerst mit seinem Verstand prüfen, wie vernünftig die katholischen Glaubensvorstellungen sind. Diese mögen zwar die menschliche Vernunft übersteigen, stehen jedoch nicht im Gegensatz zu ihr. Wie sollten sie das auch sein? Denn wie könnte Gott einerseits der Schöpfer unserer menschlichen Vernunft sein, und andererseits dieser Vernunft auferlegen, an Wahrheiten zu glauben, die sie vergewaltigen? Gott würde sich damit nur selber widersprechen. Der hl. Thomas von Aquin zeigt in seiner „Summa Theologiae“ laufend, daß Glaube und Vernunft zwar völlig verschieden sind, aber in perfekter Harmonie zueinander stehen.

Was kann somit die menschliche Vernunft unternehmen, und was sollte mein Freund tun? Die Vernunft kann eine natürliche Rampe in Richtung des übernatürlichen Glaubens bauen; beispielsweise durch das Studium der durchaus vernünftigen Argumente, die Gottes Existenz, die Gottheit des Menschen Jesus Christus und seine göttliche Stiftung der römisch-katholischen Kirche beweisen. Diese Argumente sind für die natürliche Vernunft erreichbar, solange der Wille nicht dagegen ankämpft. Denn ein irregeführter Verstand wird die vor ihm liegende Wahrheit niemals erkennen. Der Wille muß die Wirklichkeit wollen, andernfalls wird der Verstand die Wahrheit nicht finden. Für uns Menschen heißt Wahrheit, unseren Verstand mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen.

Sobald ein Mensch mit rechter Vernunft und aufrichtigem Willen alles ihm mögliche getan hat, um die Vernünftigkeit des Glaubens zu begreifen, hat er allerdings noch nicht den übernatürlichen Glauben erlangt, der ein Geschenk Gottes bleibt. Doch wie könnte Gott einerseits von uns zu glauben verlangen (unter Androhung der ewigen Verdammnis, siehe Markus 16,16), und andererseits das Geschenk des Glaubens ausgerechnet jener Seele verweigern, die doch alles in ihrer natürlichen Macht stehende getan hat – wobei Gott nicht getäuscht werden kann –, um für dieses Geschenk bereit zu sein? Besonders wenn, nachdem ich vernünftigerweise alles mir mögliche getan habe, ich im Gebet demütig um dieses Geschenk des Glaubens bitte? „Gott widersteht den Hoffärtigen, den Demütigen aber gibt er Gnade“ (Jakobusbrief 4,6), und er läßt sich von denen finden, die ihn aufrechten Herzens suchen (vergleiche Deuteronomium 4,29; Jeremias 24,13; Klagelieder 3,25, und viele andere Stellen im Alten Testament).

Lieber Freund, lies und bitt! Streng Dich nur an, und Du gelangst höchstwahrscheinlich zur ersehnten Gewißheit!

Kyrie eleison.

Gesegnete Höhle

Gesegnete Höhle on Oktober 16, 2010

Wie töricht ist es doch, die Gnade von der Natur zu trennen! Denn beide sind füreinander geschaffen. Noch törichter ist allerdings der Gedanke, daß die Gnade gegen die Natur kämpfe! Zwar liegt die Gnade tatsächlich im Kampf mit dem Schlechten unserer gefallenen Natur, aber eben nicht mit der von Gott kommenden Natur, die über dieser Gefallenheit steht. Im Gegenteil gibt es die Gnade doch gerade, um diese gefallene Natur von ihrer Gefallenheit und ihrem Fallen zu heilen, und um sie bis in Gottes Höhen zu heben, damit sie am göttlichen Wesen teilhabe (2. Petrus 1,4).

Die Natur ohne Gnade neigt zwar zur Revolution, aber eine die Natur verachtende Gnade führt zu einer Verfälschung des geistigen Lebens, beispielsweise zum Jansenismus, der ebenfalls zur Revolution führt. Bei einer siebentägigen Reise nach Italien wurde mir die Schwere dieses protestantischen Irrtums erneut deutlich, welcher die Gnade gegen die Natur anstatt gegen die Sünde stellt. Denn die Reise führte auch in vier Berggegenden, in die vier große Heilige geflohen waren (die im Brevier und im Meßbuch stehen), um Gott näherzukommen – mitten in der Natur. In zeitlicher Reihenfolge waren dies der hl. Benedikt (Festtag 22. März, in Subiaco), der hl. Romuald (7. Februar in Camaldoli), der hl. Johannes Gualbert (12. Juli in Vallombrosa) und der hl. Franz von Assisi (4. Oktober in La Verna).

Im 11. Jahrhundert wählten zwei Mönchsorden die Orte Camaldoli und Vallombrosa, hoch oben in den Hügeln, die Florenz umgeben, als ihren Ordensnamen und Gründungssitz aus. In La Verna, hoch oben im toskanischen Apennin, erhielt der hl. Franz von Assisi im Jahre 1224 die Wundmale Christi. Heute können diese drei Orte relativ einfach mit dem Bus oder Auto erreicht werden, doch nach wie vor sind sie von Waldland umgeben und liegen hoch genug über dem Meeresspiegel, daß es im Winter bitterkalt sein muß. An diesen Orten verkehrten die drei Heiligen mit Gott, fernab von den Bequemlichkeiten der Städte mit ihrer „verrückten Masse“ – verrückt genug selbst noch in den kleineren Städten jener Zeit.

Am stärksten beeindruckte mich vielleicht die Gegend bei Subiaco, die eine Autostunde östlich von Rom liegt. In einer Höhle an einem Berghang verbrachte dort Benedikt als junger Mann drei Jahre. Er kam im Jahr 580 des Herrn zur Welt, floh als junger Student vor der Verderbtheit in Rom und ging im Alter von 20 Jahren in die Berge – manche sagen, mit 14 Jahren, und wenn dem so ist: was für ein Jugendlicher! Ab etwa 1200 anno Domini entstand an jenem Berghang, den dieser junge Mann geheiligt hatte, ein Kloster in großem Stil, aber noch heute können wir erahnen, was Benedikt dort bei seiner Suche nach Gott fand: oben die Wolken und den Himmel, tief unten den im Tal hinunterrauschenden Sturzbach, am entgegenstehenden Berghang nur wildes Waldland, und als Gesellschaft nichts anders als die Vögel, die an der steilen Felswand hin- und herkreisen. Allein mit der Natur . . . mit Gottes Natur . . . allein mit Gott!

Drei Jahre lang allein mit Gott . . . drei Jahre, die einen jungen Katholiken befähigten, seine Seele zusammen mit Jesus Christus und inmitten von Gottes Natur so in Besitz zu nehmen, daß seine berühmte Benediktinische Regel das zusammenbrechende römische Imperium in ein rasch erstarkendes Christentum verwandeln konnte. Diese Christenwelt wiederum bricht nun in Form der „Westlichen Zivilisation“ zusammen. Wo sind heute die katholischen Jungmänner, die mit Christi Hilfe ihre Natur und somit ihre Seele wieder in Besitz nehmen, um dadurch die Christenwelt zu retten?

Heilige Muttergottes, beflügele unsere jungen Männer!

Kyrie eleison.