Zweites Vatikanum

Sechs Bedingungen

Sechs Bedingungen on September 1, 2012

In seinem offiziellen Brief vom 18. Juli 2012 an die Distriktoberen enthüllte der Generalsekretär der Priesterbruderschaft St. Pius X. die sechs „Bedingungen“ für eine künftige Vereinbarung zwischen Rom und der Bruderschaft. Anfang Juli 2012 arbeiteten die 39 Kapitelmitglieder diese Bedingungen in Besprechungen heraus. Diese Bedingungen unterstreichen gewiß eine besorgniserregende Schwäche aufseiten der gesamten Bruderschaftsführung.

Die erste „erforderliche Voraussetzung“ ist die Freiheit für die Bruderschaft, die unveränderliche Wahrheit der katholischen Tradition lehren und die Verantwortlichen der Irrtümer des Modernismus, Liberalismus und des Zweiten Vatikanum kritisieren zu dürfen. Soweit, so gut. Doch beachten wir, wie diese Vorstellung des Generalkapitels gegenüber Erzbischof Lefebvres Sichtweise sich geändert hat. Seine Anforderung lautete: „ Rom muß sich bekehren, weil die Wahrheit absolut ist.“ Doch dies bedingt das Generalkapitel nicht mehr aus, sondern schreibt nur noch: „Die Bruderschaft verlangt für sich die Freiheit, die Wahrheit zu verkünden.“ Anstatt den konziliaren Glaubensverrat anzugreifen, bittet die Bruderschaft nun die Verräter um Erlaubnis, die Wahrheit verkünden zu dürfen. „Oh meine Bürger, welch ein Fall war das!“ (William Shakespeare, „Julius Cäsar“)

Die zweite Bedingung sieht die ausschließliche Verwendung der 1962er-Liturgie vor. Wiederum schön und gut, weil die 1962er-Liturgie keinen Verrat am wahren Glauben darstellt im Gegensatz zur konziliaren Liturgie, welche ab 1969 von Rom verhängt worden ist. Aber werden wir denn nicht gerade Zeuge von den Vorbereitungen Roms, den traditionellen Kongregationen, welche sich unter die römische Autorität gestellt haben, ein Meßbuch der „gegenseitigen Bereicherung“ aufzuerlegen, indem die Tradition mit dem Novus Ordo gemischt wird? Wieso sollte die Bruderschaft davor geschützt sein, wenn sie sich erst Rom unterworfen hätte?

Die dritte Bedingung verlangt eine Garantie von mindestens einem Bischof. Doch die Schlüsselfrage lautet hier: Wer wählt diesen Bischof aus? Liebe Leser, springen Sie in diesem Text einer künftigen „Vereinbarung“ zwischen Rom und der Bruderschaft schnurstracks zu dem Absatz, welcher die Ernennung von Bischöfen regelt. Im Jahre 1988 schlug Rom vor, daß der Erzbischof drei Weihekandidaten vorschlägt und Rom dann einen auswählt. Doch Rom verschmähte alle drei vorgeschlagenen Kandidaten. Wann werden die Menschen endlich kapieren? Katholiken müssen kämpfen und immer weiter kämpfen in dieser gigantischen Schlacht zwischen der Religion Gottes und der Menschenreligion.

Die vierte Bedingung begehrt eigene Bruderschafts-Schiedsgerichte in erster Instanz. Doch wenn jedes höhere Amtskirchengericht die Entscheidungen eines niedrigeren Gerichtes aufheben kann, was für einen Wert hat dann ein katholisches Urteil eines Bruderschafts-Gerichtes noch?

Die fünfte Bedingung formuliert den Wunsch, daß die Häuser der Bruderschaft der Kontrolle durch die Diözesanbischöfe entzogen seien. Das ist einfach unglaublich. Fast 40 Jahre lang hat die Priesterbruderschaft für die Rettung des Glaubens gekämpft und ihre wahrheitsliebende praktische Glaubensausübung vor der Einmischung durch die Ortsbischöfe geschützt. Und nun kommt das Generalkapitel daher und spricht nur noch den Wunsch nach Unabhängigkeit von diesen Ortsbischöfen aus? Liebe Leser, die Priesterbruderschaft ist leider nicht mehr das, was sie einmal war. Sie ist in den Händen von Menschen, die anders als Erzbischof Lefebvre denken.

Und die sechste und letzte Bedingung wünscht eine in Rom einzurichtende Kommission, welche um die Tradition sich kümmern solle – mit einer starken Vertretung aus der Tradition, aber in „Abhängigkeit vom Papst.“ Abhängigkeit vom Papst? Sind die Konzilspäpste etwa nicht die Rädelsführer des Konziliarismus gewesen? Ist der Konziliarismus denn inzwischen kein Problem mehr?

Im Ergebnis sind diese sechs Bedingungen äußerst gravierend. Sollte die Bruderschaftsführung nicht aus ihrem Traum von einem Frieden mit dem Konzilsrom – so wie es sich ihr präsentiert – herausgerissen werden, so riskiert die letzte weltweite Bastion des katholischen Glaubens, vor den Glaubensfeinden zu kapitulieren. Vielleicht sind Bastionen inzwischen veraltet.

Liebe Freunde, bereiten Sie sich auf den Glaubenskampf von zuhause aus vor. Wandeln Sie Ihr Haus in eine Festung um.

Kyrie eleison.

Nochmals Lehre

Nochmals Lehre on August 18, 2012

Die Verachtung der „Doktrin“ – also allgemein gesagt der „Lehre“ – ist heute ein schwerwiegendes Problem. Selbst die „besten“ Katholiken unseres 21. Jahrhunderts geben Lippenbekenntnisse über die Wichtigkeit der „Doktrin“ ab, während sie instinktiv meinen, daß sogar die katholische Lehre eine Art Gefängnis für ihren Verstand sei, und der Verstand eben nicht gefangen sein dürfe. In Washington DC steht im Inneren der Kuppel der Jefferson-Gedenkstätte – dem quasi-religiösen Tempel des berühmtesten Verfechters der Freiheit in den USA – folgende religiös wirkende Erklärung Jeffersons: Am Altar Gottes schwöre ich ewige Feindschaft gegen jede Form von Tyrannei über den Verstand des Menschen. Gewiß dachte er dabei unter anderem an die katholische Glaubenslehre. Die Quasi-Religion des modernen Menschen beinhaltet genau die Ablehnung jeder festen Doktrin.

Ein Satz aus einem kürzlichen „Eleison Kommentar“ (Nummer 263 vom 28. Juli 2012) liefert hingegen einen anderen Blickwinkel auf die Art und Bedeutung von „Doktrin“: Solange Rom an seiner Konzilslehre hängt, wird es eine solche (nicht-lehrmäßige) Vereinbarung notwendigerweise dazu verwenden, die Bruderschaft zum (Zweiten Vatikanischen) Konzil heranzuziehen. Anders formuliert: Die treibende Kraft hinter dem Bemühen Roms, angeblich die „Doktrin“ geringzuschätzen und die Priesterbruderschaft um jeden Preis konziliarisieren zu wollen, ist gerade Roms Glaube an seine eigene Konzilslehre. So wie die traditionelle katholische Glaubenslehre – hoffentlich – die treibende Kraft der Priesterbruderschaft St. Pius X. ist, so ist die Konzilslehre die Antriebsfeder von Rom. Beide Lehren prallen zwar aufeinander, aber dennoch sind beide jeweils eine treibende Kraft.

Anders gesagt ist also „Doktrin“ nicht lediglich ein Gedankengut in den Köpfen der Menschen beziehungsweise ein geistiges Gefängnis. Denn unabhängig davon, welche Gedanken ein Mensch zu fassen sich entschieden hat: seine wahre Doktrin besteht genau aus diesem Gedankengut, welches sein Leben antreibt. Obgleich der Mensch dieses Gedankengut ändern kann (z.B. wenn er sich bekehrt), so ist es doch ausgeschlossen, daß er kein Gedankengut hat. Der antike Denker Aristoteles formuliert es so: „Wenn Du philosophieren willst, so mußt Du philosophieren. Willst Du hingegen nicht philosophieren, so mußt Du dennoch philosophieren.“ Auf ähnliche Weise mögen Liberale zwar jedes feste Gedankengut als Tyrannei verachten, doch ist ihre Annahme, daß jedes Gedankengut eine Tyrannei sei, wiederum selber ein tragender Gedanke. Genau dieser tragende Gedanke treibt heute das Leben von Milliarden von Liberalen und viel zu vielen Katholiken an. Diese letzten sollten vernünftiger sein, aber leider liegt die Vergötzung der Freiheit im Wesen von uns modernen Menschen.

Richtig verstanden ist Doktrin also nicht nur ein eingrenzendes Gedankengut, sondern vielmehr die zentrale Vorstellung von Gott, vom Menschen und vom Leben, die das Leben jedes atmenden Menschen vorantreibt. Sogar wenn ein Mensch Selbstmord begeht, wird er dabei von der Vorstellung angetrieben, daß das Leben zu erbärmlich sei, um fortgesetzt zu werden. Beispielsweise treibt die Vorstellung vom Leben, wonach Geld das Wichtigste sei, einen Menschen zum Reichtum; die Vorstellung von der Lust als Mittelpunkt des Lebens macht den Menschen zum Lebemann; und die Vorstellung, daß alles von der Anerkennung abhänge, drängt den Menschen zum Berühmtwerden; usw. Die eigentliche Doktrin eines Menschen entspricht dem, wie er sich sein Leben zentral vorstellt.

Somit werden die konziliaren Römer vom Zweiten Vatikanum als ihrer zentralen Vorstellung angetrieben, die Priesterbruderschaft aufzulösen, weil diese das Zweite Vatikanum ablehnt. Solange die Römer dieses Ziel nicht erreicht haben oder ihre zentrale Vorstellung nicht ändern, solange werden sie sich angetrieben fühlen, die Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre aufzulösen. Im Gegensatz dazu müßte die zentrale Vorstellung des Klerus und der Laien der Bruderschaft sie dazu antreiben, in den Himmel zu kommen – gemäß des Gedankengutes, daß es Himmel und Hölle gibt, und daß Jesus Christus und seine wahre Kirche den einen und einzigen Weg in den Himmel darstellen. Klerus wie Laien der Bruderschaft wissen, daß diese letzte antreibende Vorstellung, die völlig mit dem Gedankengut des Credos übereinstimmt, keine phantasievolle Eigenerfindung ist. Deswegen wollen sie auch nicht, daß diese Doktrin untergraben, unterlaufen oder verdorben werde von den armseligen Neo-Modernisten der Neukirche, welche von ihrer falschen Vorstellung von Gott, vom Menschen und vom Leben angetrieben werden. Der Zusammenprall beider Lehren findet auf ganzer Linie statt, wie die Lehrgespräche von 2009 bis 2011 bewiesen haben.

Dieser Zusammenprall ist außerdem unvermeidlich, selbst wenn die Liberalen es sich anders erträumen. Sollte diesmal die Unwahrheit auf Dauer gewinnen, so würden letztendlich die Steine die Wahrheit hinausschreien (vergleiche Lukas 19,40). Gewinnt hingegen die Wahrheit, so wird der Teufel trotzdem bis zum Ende der Welt einen Irrtum nach dem anderen hervorbringen. Doch unser Herr sagt: „Wer aber ausharrt bis zum Ende, der wird gerettet werden“ (Matthäus 24,13).

Kyrie eleison.

Ein Kapitel

Ein Kapitel on August 4, 2012

Wie viele Leser bereits wissen, wurde auf der jüngsten Kapitelversammlung der Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. im schweizerischen Ecône ein gewisser Bischof aus dem Kapitel ausgeschlossen. Als Begründung für den Ausschluß wurde anscheinend der „Eleison Kommentar“ Nummer 257 vom 16. Juni 2012 herangezogen, welcher eine Adaption des Galaterbriefes 5,12 vornahm, wo der Hl. Paulus ausdrücklich das „Abschneiden“ der judaisierenden Zerstörer des katholischen Glaubens wünscht. Die Kirchenlehrer Ambrosius, Hieronymus, Augustinus und Chrysostomus denken jedoch allesamt, daß im Zusammenhang betrachtet der Paulinische Wunsch nicht das Leben, sondern das Mannestum der Judaisierer meint. Chrysostomus hält die Stelle sogar für scherzhaft gemeint.

Als ich jedoch hörte, wie ernst dieser Scherz auf dem Generalkapitel verwendet wurde, da hatte ich zugegebenermaßen eine neckische Vision: Ich stellte mir vor, wie die edlen Kollegen im Bruderschaftshauptquartier des Nachts durch das Fenster Ausschau hielten nach einem schlaksigen bischöflichen Engländer, welcher als „Jack der Ripper“ tief verkleidet in den Büschen herumschlich, ein langes, im Mondschein schimmerndes Tranchiermesser in der Hand, und welcher nach einem Opfer suchte, um es in Stücke schneiden zu können. Liebe Kollegen, schlafen Sie beruhigt, denn ich hege keine mörderischen Absichten. Wirklich!

Dennoch war das Kapitel eine ernsthafte Angelegenheit. Wie lautet sein Ergebnis? Es verabschiedete vor allem eine Erklärung, welche einige Tage später veröffentlicht wurde, sowie sechs Bedingungen für ein zukünftiges Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft. Durch ein Leck tauchten diese Bedingungen kurz danach im Internet auf (ich halte dieses Leck nicht für unvernünftig, wenn wir bedenken, wie viele Katholiken momentan ihren Glauben und ihr Seelenheil der Priesterbruderschaft anvertrauen). Zwar gebührt jenen guten Männern auf dem Generalkapitel alle Ehre, die mit all ihren Kräften den Schaden zu begrenzen versuchten. Wenn allerdings die Erklärung und die Vorbedingungen den jetzigen Geisteszustand der Bruderschaftsführung als Ganzes widerspiegeln, so gibt es ernsthaften Grund zur Sorge.

Vergleichen wir diese Erklärung des Jahres 2012 für ein paar Augenblicke mit der Grundsatzerklärung von Erzbischof Lefebvre aus dem Jahre 1974. Unverwandt müssen wir uns dann fragen, was aus der Bruderschaft geworden ist. Der Erzbischof verurteilte ausdrücklich und wiederholt die aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil hervorgegangene Reform („Da diese Reform vom Liberalismus und vom Modernismus ausgeht, ist sie völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie . . .”), und zog dadurch den Zorn der Konzilspäpste auf sich. Im Gegensatz dazu erwähnt die Erklärung von 2012 nur einmal das Konzil mit seinen „Neuerungen,“ welche lediglich „mit Irrtümern befleckt“ seien. Man kann sich leicht vorstellen, daß selbst Benedikt XVI. solche Worte unterschreiben würde. Hält denn die Priesterbruderschaft die Konzilspäpste inzwischen nicht mehr für ein ernsthaftes Problem?

Die sechs Bedingungen für ein zukünftiges Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft verdienen eine eingehende Betrachtung. An dieser Stelle möge die Feststellung genügen, daß die Bedingung des Generalkapitels aus dem Jahre 2006, wonach ein praktisches Abkommen erst nach einer lehrmäßigen Einigung erfolgen könne, nun anscheinend komplett über Bord geworfen wurde. Denkt also die Bruderschaft inzwischen, daß die Glaubenslehre der Römer, denen sie sich unterstellen würde, nun nicht mehr so wichtig ist? Oder erliegt die Bruderschaft etwa selber den Reizen des Liberalismus?

Als gegensätzlichen Standpunkt zu dieser Haltung möchte ich eine Sammlung von „Predigten und Lehrvorträgen“ bewerben, die Seine Exzellenz „Jack der Ripper“ in den Jahren 1994 bis 2009 hielt. Diese Sammlung ist nun auf sieben CD verfügbar (mit einem Preisnachlaß bis Ende des Monats): www.​truerestorationpress.​com/​node/​52

Nicht jedes Wort aus diesen 30 Stunden an Aufnahmen mag golden sein, und manche Worte sind gewiß etwas zu temperamentvoll geraten, aber wenigstens wurde die Anstrengung unternommen, die Feinde anstatt die Freunde unseres katholischen Glaubens auszuweiden.

Kyrie eleison.

Konziliare Infektion

Konziliare Infektion on Juli 28, 2012

Dürfen Katholiken, welche den Glauben der Kirche behalten wollen, eine Tridentinische Messe besuchen, die von einem zur Konzilskirche gehörenden Priester zelebriert wird, wie zum Beispiel von einem Priester des Instituts Christkönig oder der Petrusbruderschaft? Die Antwort kann nur lauten: In der Regel darf ein Katholik eine solche Messe nicht besuchen, selbst wenn es eine Tridentinische Messe ist und sie würdig gefeiert wird. Wie lautet die Begründung für eine solche scheinbar strenge Regel?

Der wesentliche Grund ist: Der katholische Glaube kommt vor der Hl. Messe. Wer ohne Schuld auch über einen längeren Zeitraum hinweg keine Hl. Messe besuchen kann, aber den Glauben bewahrt, kann dennoch das Seelenheil erlangen. Wer hingegen den Glauben verliert und dann aus irgendeinem Grund dennoch die Hl. Messe besucht, der kann seine Seele nicht retten (Hebräerbrief 11,6: „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen“). Wir besuchen also die Messe, um den Glauben zu leben; und weil Glaube und Anbetung einhergehen, besuchen wir die wahre Messe, um den wahren Glauben zu behalten. Jedoch bewahren wir den Glauben nicht etwa, um die Hl. Messe zu besuchen.

Daraus folgt: Findet die Zelebration einer Tridentinischen Messe in Verhältnissen statt, welche meinen Glauben zu untergraben drohen, so darf ich abhängig von der Schwere der Bedrohung diese Messe nicht besuchen. Aus demselben Grund können die Messen von schismatischen orthodoxen Priestern zwar gültig sein, aber dennoch hat die Kirche vor dem Konzil den Katholiken unter Todsünde verboten, einer solchen Messe beizuwohnen. Eben weil Glaube und Anbetung einhergehen und somit die nicht-katholische Anbetung den katholischen Glauben bedroht. Nun hat die sogenannte Orthodoxie im Laufe der Jahrhunderte der katholischen Kirche gewiß immensen Schaden zugefügt, aber hat jemals etwas in der Kirche eine größere Verwüstung angerichtet als die paar Jahrzehnte Konziliarismus? Wenn also den Katholiken bereits verboten wurde, eine Messe in orthodoxen Verhältnissen zu besuchen, würde dann nicht dieselbe gesunde Kirche den Besuch einer Tridentinischen Messe verbieten, die in konziliaren Verhältnissen zelebriert wird?

Was ist nun unter „konziliaren Verhältnissen“ zu verstehen? Damit sind alle begleitenden Umstände gemeint, die über eine längere Zeit hinweg uns denken machen würden, daß das Zweite Vatikanische Konzil etwas anderes als eine vollständige Katastrophe für die Kirche gewesen ist. Solche Verhältnisse können vorliegen, wenn beispielsweise ein beeindruckender, gläubiger Priester kein Problem darin sieht, sowohl die neue als auch die alte Messe zu zelebrieren, und so predigt und sich so verhält, als ob das Konzil kein ernsthaftes Problem darstellen würde. Der Konziliarismus ist deswegen so gefährlich, weil er auf eine scheinbar katholische Art uns präsentiert werden kann, bis wir dann mehr oder weniger unmerklich den wahren Glauben verlieren.

Natürlich berücksichtigt der gesunde Menschenverstand eine Vielzahl von besonderen Umständen. Beispielsweise könnte ein guter Priester zur Zeit noch in der Konzilskirche gefangen sein und eine gewisse Ermutigung benötigen, um sich aus dieser Konzilskirche zu befreien; unsere Anwesenheit bei seiner ersten Zelebration der wahren Hl. Messe könnte dann so eine Ermutigung sein. Diese Ausnahme ändert aber nichts an der Regel, wonach wir nichts mit lateinischen Messen zu tun haben dürfen, welche in einem konziliaren Umfeld zelebriert werden. Das Verhalten des modernen Rom in Hinblick auf das „Institut des Guten Hirten“ bestätigt diese Regel nur: zuerst erlaubte Rom dem Institut die ausschließliche Zelebration der wahren Messe, denn Rom wußte, sobald das Institut den offiziellen Köder schlucken würde, ginge es nach einer Weile vollständig ins konziliare Netz. Und genau so passiert es dann auch nach nur fünf Jahren.

Hier liegt auch die Gefahr einer praktischen Vereinbarung zwischen Rom und der Priesterbruderschaft St. Pius X. ohne Übereinstimmung in der Glaubenslehre. Denn solange Rom an seiner Konzilslehre hängt, wird es eine solche Vereinbarung notwendigerweise dazu verwenden, die Bruderschaft zum Konzil zu ziehen. Dann würde langsam aber sicher das Umfeld einer jeder Hl. Messe in der Bruderschaft auch konziliar werden. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Kyrie eleison.

Untergrabene Gegenwehr

Untergrabene Gegenwehr on Juli 21, 2012

Das Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X. ging am vergangenen Samstag zu Ende. Die gute Nachricht ist, daß die bis an den Rand des Selbstmordes geführte Bruderschaft nun vom Kapitel eine Gnadenfrist erhielt. Wenn allerdings die folgenden Worte, die in einem Interview mit einer katholischen US-Nachrichtenagentur weltweit ausgestrahlt wurden, immer noch den Geisteszustand der Bruderschaftsoberen darstellen (welche noch weitere sechs Jahre im Amt sind), dann bedarf es weiterer Gebete, um die erwähnte Gnadenfrist andauern zu lassen. Hier die Worte aus dem Interview (welche möglicherweise noch im Internet verfügbar sind – siehe Catholic News Service ):

„Viele Menschen haben eine Auffassung vom (Zweiten Vatikanischen) Konzil, die falsch ist. Inzwischen gibt es sogar Leute in Rom, die das sagen. Wir könnten sagen, glaube ich, daß wir in den Gesprächen (zwischen Rom und der Bruderschaft in den Jahren 2009 bis 2011) sahen, daß wir (die Bruderschaft) viele Dinge als vom Konzil stammend verurteilt haben, welche in Wahrheit nicht vom Konzil, sondern von der allgemeinen Auffassung vom Konzil herrühren.“

Um dies zu kommentieren, müssen wir zum Zweiten Vatikanum zurückkehren. Die 16 Konzilsdokumente sind, weil sie sowohl Wahrheiten als auch Irrtümer enthalten, grundsätzlich zweideutig und widersprüchlich. Die Bruderschaft hat in Nachfolge von Erzbischof Lefebvre nie behauptet, daß die Konzilsdokumente keinerlei Wahrheit enthielten. Allerdings hat die Bruderschaft sie angeklagt, sehr ernsthafte Irrtümer zu enthalten; z.B. die Konzilslehre, wonach der Staat kein Recht besitze, nicht-katholische Religionen zu unterdrücken. Das konziliare Rom hat die Dokumente dagegen stets verteidigt, unter anderem durch den Hinweis auf die entgegengesetzten Wahrheiten in den Dokumenten, wie z.B. daß jeder Mensch in religiösen Belangen die Wahrheit herausfinden und bekennen müsse. Doch waren die Wahrheiten in den Konzilsdokumenten noch nie das Problem, sondern die Irrtümer und die Widersprüchlichkeiten der Dokumente sind es. Wenn beispielsweise die Masse von Individuen – wie der Staat – angeblich religiös neutral sein dürfe, warum darf dann nicht auch das einzelne Individuum neutral sein? Diese Widersprüche in den Konzilsdokumenten öffnen der „Befreiung“ des Menschen von Gott – kurzum dem Liberalismus – Tür und Tor.

Die Lehrgespräche der Jahre 2009 bis 2011 untersuchten die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem konzilsrömischen Subjektivismus und dem von der Bruderschaft hochgehaltenen katholischen Objektivismus. Die Gespräche zeigten natürlich, daß diese Kluft grundsätzlich und unüberbrückbar ist. Sie besteht nicht etwa zwischen konziliarer Wahrheit und katholischer Wahrheit, sondern zwischen konziliarem Irrtum und katholischer Wahrheit – tatsächlich zwischen der Religion des Menschen und der Religion Gottes.

Nun verkündet der Redner im zitierten Interview, daß die „Leute in Rom “richtig“ und „wir,“ d.h. die Priesterbruderschaft, falsch lägen, weil „viele Dinge,“ welche die Bruderschaft beständig als vom Konzil stammend verurteilt hat, doch lediglich der „allgemeinen Auffassung“ vom Konzil entsprächen. Anders gesagt war es vom Erzbischof und seiner Bruderschaft von Anfang an falsch, das Konzil anzuklagen und entsprechend dem konziliaren Rom zu widerstehen. Daraus folgt ebenfalls, daß die Bischofsweihen von 1988 eine unnötige Entscheidung gewesen sein müssen, weil man die Pflege der katholische Tradition den Konzilsbischöfen hätte anvertrauen können. Doch Erzbischof Lefebvre nannte die Bischofsweihen die „Operation Überleben“ und er bezeichnete das Vertrauen auf das konziliare Rom als „Operation Selbstmord.“

Der Redner aus dem Interview befürwortet gemäß seinen eingangs zitierten Worten heute gewiß ein Abkommen zwischen der Bruderschaft und Rom. Laut einigen Berichten über dieses Abkommen würde sogar die Ernennung von Bruderschaftsbischöfen dem konziliaren Rom obliegen. Wenn aber seit Erzbischof Lefebvres Zeit Rom nicht aufgehört hat, konziliar zu sein – und alle Belege widersprechen einer solchen Illusion –, dann hätte der Erzbischof heute über den Redner aus dem Interview gesagt, daß dieser die „Operation Selbstmord“ fördere (sofern der Redner seine zitierten Worte inzwischen nicht verleugnet hat).

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – VI.

Benedikts Ökumenismus – VI. on Juli 14, 2012

Im letzten Teil der Eleisonkommentar-Serie, welche Dr. Wolfgang Schülers Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche behandelte, versprachen wir die Anwendung der Hauptlektion seines Buchs auf die derzeitige Situation der Priesterbruderschaft St. Pius X. Wir skizzierten diese Anwendung bereits durch die folgende Aussage: Wenn der Mensch nur dadurch katholisch sein kann, daß er dem Organismus der katholischen Kirche angehört, so wird der Mensch konziliar, wenn er dem Organismus der Konzilskirche angehört.

Nun behauptet Benedikt XVI., daß von der katholischen Kirche abgetrennte Stücke immer noch zur Kirche Christi gehören. Im Gegensatz dazu argumentiert Dr. Schüler gemäß Unserem Herrn (Johannes 15,1–7), daß die Kirche ein lebendiger Organismus ist; wenn von ihm Zweige abgetrennt werden, so verdorren und sterben diese, weil die Pflanze ihnen Leben gibt bzw. gab. Daraus folgt: wird die Priesterbruderschaft auf die konziliare Pflanze aufgepfropft, welche vollkommen von der Menschenreligion des Zweiten Vatikanum verseucht ist, so wird diese konziliare Pflanze ihre Seuche auf die Bruderschaft übertragen. Drei Zitate von Erzbischof Lefebvre mögen diese Tatsache verdeutlichen:

Im Jahre 1984, also noch deutlich vor den Bischofsweihen von 1988, verurteilte der Erzbischof bereits im Voraus die Illusion, daß die Priesterbruderschaft „durch eine Rückkehr in die Konzilskirche in die Lage käme, zu kämpfen und dieses oder jenes zu erreichen.“ Er sagte: „Das ist ganz und gar unwahr. Denn man kann nicht in eine Struktur eintreten, sich unter deren Obere stellen und dann erwarten, daß man von Innen heraus alles auf den Kopf stellen kann. In Wahrheit haben diese Oberen alles nötige, um uns zu erwürgen. Sie haben alle Autorität .“

Kurz vor den Bischofsweihen sagte der Erzbischof im Jahr 1988 dann: „ Rom möchte, daß alles sich nach dem Zweiten Vatikanum ausrichtet, während sie uns noch ein kleines bißchen Tradition lassen. (.) Sie ändern ihre Haltung nicht. Wir können uns nicht in die Hände dieser Leute begeben. Wir würden nur einer Selbsttäuschung erliegen. Wir beabsichtigen nicht, uns auffressen zu lassen (.) Die Tradition würde nach und nach kompromittiert.“

Bald nach den Bischofsweihen ging der Erzbischof 1989 auf den Einwand ein, daß die Bruderschaft vom Innern der Kirche hätte wirksamer tätig werden können als wenn sie außerhalb der Kirche gestellt worden wäre. Er erwiderte: „Sich ins Innere der Kirche stellen, was soll das heißen? Und vor allem: Von welcher Kirche spricht man? Wenn es die konziliare Kirche ist, so müßten also wir, die wir zwanzig Jahre lang mit ihr gerungen haben, weil wir die katholische Kirche wollen, jetzt in diese konziliare Kirche eintreten, um sie sozusagen wieder katholisch zu machen. Das ist eine vollkommene Illusion. Nicht die Untergebenen formen die Oberen, sondern die Oberen die Untergebenen . In der gesamten heutigen römischen Kurie, inmitten aller Bischöfe der Welt, die Progressisten sind, wäre ich vollkommen untergegangen. Ich hätte nichts erreicht und auch weder die Gläubigen noch die Seminaristen schütze n können.“

Sollte folglich die Priesterbruderschaft St. Pius X. durch ein praktisches Abkommen oder durch eine kanonische Regularisierung sich unter die konziliaren Autoritäten der Kirche stellen, die nach wie vor fest am Gedankengut des Zweiten Vatikanum hängen – wie die Glaubensgespräche der Jahre 2009 bis 2011 reichlich bewiesen haben –, so würde die bruderschaftliche Verteidigung des wahren Glaubens „erwürgt, aufgefressen, untergehen.“ Hineingeproft in die lebendige, konziliare Ganzheit, würde die Bruderschaft zwangsläufig von seinem verseuchten, konziliaren Leben angesteckt werden. Gott bewahre!

Kyrie eleison.