Eleison Kommentare

Antwort auf den Offenen Brief von Msgr. Nicola Bux

Antwort auf den Offenen Brief von Msgr. Nicola Bux on März 24, 2012

London, den 22. März 2012

Monsignore,

In Ihrem offenen Brief vom 19. März 2012 an Bischof Fellay und alle Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. appellieren Sie an uns, das aufrichtige und warmherzige Angebot der Versöhnung zu akzeptieren, welches Papst Benedikt XVI. der Bruderschaft zur Heilung der langjährigen Kluft zwischen Rom und der Priesterbruderschaft unterbreitete. Als einer der von Ihnen angesprochenen Priester möchte ich die Gelegenheit ergreifen, Ihnen darzulegen, wie meiner Ansicht nach der „große Kirchenmann“ Erzbischof Lefebvre geantwortet hätte.

Ihr Brief beginnt mit dem Aufruf, „um der Einheit Willen jedes Opfer zu erbringen.“ Allerdings ist wahre katholische Einheit ohne den wahren katholischen Glauben unmöglich. Der große Erzbischof erbrachte jedes Opfer für eine Einheit auf dem Fundament der wahren Glaubenslehre. Doch leider bewiesen die Glaubensgespräche der Jahre 2009 bis 2011, daß die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem Rom des Zweiten Vatikanums und der Priesterbruderschaft St. Pius X. so tief ist wie eh und je.

Sie bezeichneten diese Kluft am 19. März lediglich als „verbleibende Ratlosigkeiten“ und als „Punkte, die vertieft und im Einzelnen behandelt werden sollen.“ Kardinal Levada hingegen sagte noch am 16. März 2012 kategorisch, daß die Haltung von Bischof Fellay vom 12. Januar 2012 „ungenügend ist zur Überwindung der dogmatischen Probleme.“ Bischof Fellay merkte schon einmal an, wie unterschiedlich die Haltungen der verschiedenen römischen Kirchenmänner sein können. Nun mag ihre Einheit aussehen wie sie will, doch eine Einheit auf Kosten der Glaubenstreue wäre mit Sicherheit eine treulose Einheit.

Natürlich ist die Kirche, wie Sie sagen, eine Institution mit einem göttlichen und einem menschlichen Teil. Selbstverständlich ist der göttliche Teil der Kirche unfehlbar und somit kann die Kirche schlußendlich nicht scheitern – d.h. eines Tages wird die Kirchenverdunklung wieder dem Lichte weichen. Allerdings muß man Ihre Ansicht nicht teilen, wenn Sie sagen, daß die Morgendämmerung bereits beginne. Denn das Rom des Zweiten Vatikanum strahlt jenen wahren Glauben der Kirche, den die Priesterbruderschaft in den Glaubensgesprächen hochhielt, nicht aus. Folglich wäre die Bruderschaft in diesem Konzilsrom nicht in Sicherheit. Auch könnte sie selber kein Licht mehr ausstrahlen, wenn sie die konziliare Finsternis annähme.

Zwar steht die Aufrichtigkeit des päpstlichen Wunsches, die Priesterbruderschaft wieder in die „volle kirchliche Gemeinschaft“ aufzunehmen – untermauert durch eine Reihe von Gesten guten Willens – außer Zweifel, aber ein „gemeinsames Bekenntnis des Glaubens“ zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und den Konzilsgläubigen ist schlicht unmöglich – außer wenn die Bruderschaft von dem Glauben abfiele, welchen sie bei den Gesprächen verteidigte. Wenn die Bruderschaft zu so einem Glaubensverrat „Verhüte es Gott!“ sagt, so wird ihre Stimme dabei nicht erstickt, sondern überall auf der Welt gehört, und sie trägt für die Kirche katholische Früchte, welche heute eher die große Ausnahme als die Regel sind.

Gewiß ist nun „der geeignete Zeitpunkt“ und „die Zeit reif“ für eine Lösung im Überlebenskampf von Kirche und Welt. Doch diese Lösung, von der wir sprechen, wird von unserer himmlischen Mutter Maria schon lange verlangt und diese Lösung hängt einzig und allein vom Heiligen Vater ab. Als Unser Herr seiner Mutter diese Lösung in die Hände legte, sagte sie, daß allein diese Lösung hinreichend sei. Unser Herr könnte also gar keine andere Lösung zulassen, ohne seine Mutter als Lügner abzustempeln. Undenkbar!

Diese Lösung ist seit langem bekannt. Der Himmel hätte die Welt nicht einer solchen Not wie jener der letzten 100 Jahre überlassen können, ohne gleichzeitig eine solche Abhilfe anzubieten, wie jene, die der Prophet Elisäus dem syrischen General Naaman für dessen Leprakrankheit übermittelte. Menschlich gesehen schien damals das Bad des Generals im Jordan lächerlich zu sein, aber niemand konnte sagen, daß es unmöglich war. Das Bad setzte lediglich ein gewisses Maß an Glauben und Demut voraus. Der heidnische General brachte genug Glauben und Vertrauen in den Diener Gottes auf, um dem Willen des Himmels zu genügen, und wurde natürlich auf der Stelle geheilt.

Möge der Heilige Vater genügend Glaube und Vertrauen in die Verheißung der himmlischen Mutter aufbringen! Möge er den „geeigneten Zeitpunkt“ endlich als gekommen erkennen, bevor die gesamte Weltwirtschaft in Trümmern liegt und bevor es den Wahnsinnigen gelingt, den Dritten Weltkrieg im Mittleren Osten zu beginnen! Wir bitten und flehen den Papst an, daß er die Kirche und die Welt retten möge, indem er die Forderung der Muttergottes erfüllt. Das ist keinesfalls unmöglich. Im Gegenteil würde sie ihm helfen, alle seine Hindernisse auf dem Weg dahin zu überwinden. Allein der Papst kann uns vor unvorstellbaren (und unnötigen) Leiden bewahren, wenn er tut, was die Gottesmutter verlangt.

Sollte der Papst Unterstützung durch Gebet und Taten wünschen, mit denen die bescheidene Priesterbruderschaft ihm helfen könnte, Rußland dem Unbefleckten Herzen Mariens zu weihen in Einheit mit allen Bischöfen der Welt – die Muttergottes würde diese um ihn scharen –, so könnte er voll und ganz auf die Unterstützung von Bischof Fellay und den anderen drei Bischöfen zählen, von denen der geringste unter ihnen ist

Ihr ergebener Diener in Christus,

+Richard Williamson

Amerikanischer Shakespeare

Amerikanischer Shakespeare on März 17, 2012

Einen Mann des modernen Filmtheaters mit einem der größten Dichter und Dramatiker aller Zeiten zu vergleichen, mag einigen Lesern töricht vorkommen. Allerdings dürfte der Namenstag des Hl. Patrick der richtige Augenblick sein, den großen Iren und US-amerikanischen Filmregisseur John Ford (1895–1973) vorzustellen, sowie einige Ähnlichkeiten zwischen seiner Karriere und der von William Shakespeare (1564–1616) aufzuzeigen. Viel mehr als einen John Ford dürfte unsere arme Moderne in Richtung Shakespeare jedenfalls nicht aufbieten können. Betrachten wir dies genauer:—

Zunächst einmal waren beide Männer überaus erfolgreiche Unterhaltungskünstler. Shakespeare zog nicht aus, um Englische Literatur zu schreiben, sondern Skripte für ein Theaterunternehmen namens Globe Theatre Company, welches ständig nach neuen Stücken für die Bühne suchte. Zwischen dem Jahre 1592 und seiner ca. 20 Jahre späteren Verbannung von der Londoner Bühne schrieb Shakespeare etwa 35 Theaterstücke aller Art: Historische Stücke, Komödien, Tragödien und Romanzen. Sie alle waren populär, denn Shakespeare nahm intensivst am Globe-Theater teil und war sehr nahe an dessen Publikum. John Ford wiederum leitete zwischen 1917 und 1970 – dabei oft auf die gleichen Schauspieler zurückgreifend – über 140 Filme, um den unersättlichen Hunger des US-amerikanischen Kinopublikums nach neuen Filmen zu stillen. Seine Werke mischten – wie auch bei Shakespeare – sowohl Komisches mit Ernstem, als auch Stoffe aus dem niederen wie hohen Milieu. Viele von Fords Filmen waren echte Kassenschlager, denn er kannte – wie schon Shakespeare – sein Publikum haargenau.

Die beiden Künstler waren deshalb so erfolgreich, weil sie echte Geschichtenerzähler waren und weil Geschichten den Kern der populären Unterhaltung ausmachen. Denn die zwei Männer verstanden ihr Publikum zu ergreifen und in Atem zu halten – nach dem Motto: „Was geschieht als nächstes?“ Weil Geschichtenerzähler erheblichen Einfluß ausüben können, haben auch diese beiden Männer dazu beigetragen, sogar den Charakter ihrer jeweiligen Länder zu formen. So wirkten Shakespeares historische Stücke als Werbung für die neu etablierte Tudor-Dynastie, und damit hat er dauerhaft die Sicht der Engländer geprägt, wie sie sich seit dem Mittelalter sehen. Auch Ford hatte ein feines Gespür für die US-amerikanische Geschichte, z.B. in seinem Film „Das letzte Hurra“ von 1958. Indem Ford den Mythos des „Western“ erschuf, welcher im Begriff des US-amerikanischen „Wilden Westen“ mündete, hat Ford den US-amerikanischen Nationalcharakter geprägt, welcher seither überall US-Amerikaner mit Cowboys verbindet.

Auch durchliefen beide Männer eine e rnsthafte Lehre in ihrem Beruf: Shakespeare auf den Brettern des Globe-Theaters, und Ford als mehrjähriger Kameramann vor seinem Abschluß als Filmregisseur. Als Dichter ist Shakespeare ein unvergleichlicher Wortschmied, aber bei Ford dürfte die Poesie in seiner Kameraarbeit liegen. Unzählige Filmemacher schauten Fords Filme zu Lernzwecken an, wie man eine Kamera zu führen hat – denn Ford hatte ein gutes Auge für die detaillierte Zusammensetzung seiner Bilder in Bewegung (amerikanisch-englisch „movies“). Orson Wells, ein anderer berühmter Filmregisseur, antwortete auf die Frage, welche Regisseure ihm am meisten gefielen: „Ich mag die alten Meister, zu denen ich zähle: John Ford, John Ford und nochmal John Ford.“ Ein anderer Regisseur verglich Fords Filme wegen ihrer „Einfachheit und Ausdruckskraft“ mit der mittleren Schaffensperiode Beethovens.

Zu guter Letzt waren beide Männer Katholiken. Das tiefgehendste Drama, das Shakespeares Stücken unterliegt, entspringt sicherlich seinem katholischen und notwendigerweise verkleideten Gespür dafür, wie auf tragische Weise England unwiderruflich in die Apostasie hinabglitt. John Ford wiederum war das zehnte von elf Kindern eines im katholischen Irland geborenen Ehepaars, welches in die USA ausgewandert war. Zweifellos erlaubte ihm der Glaube seiner irischen Vorfahren, die relative Unschuld und den relativen Anstand des früheren US-Amerikas in Erinnerung zu bringen: mit seinen wahrhaft weiblichen Frauen, sowie seinen echt männlichen und aufrechten Helden, wie sie in Fords Filmen durch John Wayne typisiert wurden. Vielleicht schafft es selbst ein König des modernen Filmtheaters nicht, in die Ruhmeshalle der ganz Großen und damit in eine Reihe mit Shakespeare einzugehen, aber dennoch war John Ford dieser König.

Danke Irland und Amerika. Einen frohen Festtag des Hl. Patrick beiden!

Kyrie eleison.

Wendepunkt

Wendepunkt on März 10, 2012

Im Laufe seiner Predigt vom 2. Februar 2012 in den USA erwähnte der Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X. über die Beziehungen zwischen Rom und der Bruderschaft, daß ein praktisches Abkommen zwischen den beiden Parteien möglich wäre, wenn Rom die Bruderschaft so akzeptieren würde, wie sie ist. Dabei zitierte der Bischof den Erzbischof Lefebvre, wie dieser oft davon gesprochen habe, daß so ein Abkommen möglich sei. Allerdings, so fügte Bischof Fellay an, habe der Erzbischof im Jahre 1987 zum letzten Male von so einem Abkommen gesprochen. Dieser kleine Zusatz ist von großer Bedeutung und verdient eine eingehende Betrachtung, vor allem für die jüngere Generation, welche nicht mehr mit dem historischen Drama der Bischofsweihen von 1988 vertraut ist.

Das „Drama aller Dramen“ war allerdings das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965), ohne welches die Priesterbruderschaft gar nicht ins Dasein gekommen wäre. Auf diesem Konzil unterzeichnete die große Mehrheit der weltweiten katholischen Bischöfe das „Auf den neuesten Stand bringen“ der Kirche, womit die Bischöfe ihre katholische Autorität von der Wahrheit der katholische Tradition abtrennen ließen. Von da an mußten Katholiken zwischen Autorität und Wahrheit wählen. Bis zum heutigen Tag müssen die Katholiken, wenn sie sich für die Autorität entscheiden, nach der Wahrheit lechzen, und wenn sie sich für die Wahrheit entscheiden, so müssen sie sich stets nach der Wiedervereinigung mit der Autorität sehnen. Erzbischof Lefebvre wählte die Wahrheit. Zur ihrer Verteidigung gründete er im Jahre 1970 die Priesterbruderschaft St. Pius X. Solange wie möglich tat er allerdings alles in seiner Macht stehende, um die Trennung von der Autorität zu überwinden, indem er nach Anerkennung seiner Bruderschaft durch Rom strebte. Aus diesem Grund kann Bischof Fellay heute sagen, daß der Erzbischof bis 1987 wiederholt eine praktische Übereinkunft mit Rom wünschte und auch daran arbeitete.

Der Erzbischof war im Jahre 1987 allerdings 82 Jahre alt und wußte, daß der Einsatz der Priesterbruderschaft für die Tradition ohne Bischöfe ein Ende haben mußte. Also war es dringend geworden, von Rom wenigstens einen Bischof zu bekommen. Doch Rom hielt den Erzbischof hin; weil es sicherlich gleichfalls wußte, daß die Bruderschaft ohne ihren eigenen Bischof eines langsamen Todes sterben würde. Das hartnäckige Hinhalten des damaligen Kardinal Ratzinger machte im Mai 1988 dem Erzbischof völlig klar, daß das neo-modernistische Rom keinerlei Absicht hatte, die katholische Tradition anzuerkennen, geschweige denn zu beschützen. Damit war die Zeit der Diplomatie zu Ende, und der Erzbischof führte die Bischofsweihen durch. Von diesem Zeitpunkt an, so der Erzbischof, galt nur noch der Grundsatz: entweder das katholische Dogma – oder gar nichts! Für den Erzbischof war von da an die absolut notwendige Voraussetzung für irgendwelche Kontakte zwischen Rom und der Bruderschaft das Bekenntnis Roms zum katholischen Glauben nach den großen antiliberalen Lehrschreiben der katholischen Tradition, wie z.B. Pascendi, Quanta Cura, uam.

Deswegen, so Bischof Fellay in seiner Predigt, sprach der Erzbischof bis zu seinem Tod im Jahre 1991 nicht mehr davon, daß eine praktische Vereinbarung zwischen Rom und der Bruderschaft möglich oder wünschenswert wäre. Der Erzbischof war so weit gegangen wie möglich, um von der Autorität die minimale Förderung der Wahrheit zu erhalten. Einmal fragte er sich sogar, ob er im Mai 1988 nicht zu weit gegangen sei. Doch von diesem Zeitpunkt an schwankte er nicht und ging auch keine Kompromisse ein, und drängte vielmehr jene, die auf ihn horchten, dieselbe Linie beizubehalten.

Hat die Situation sich seither verändert? Ist Rom zum Glauben aller Zeiten zurückgekehrt? Man könnte es denken, wenn Bischof Fellay in derselben Predigt vom 2. Februar uns sagt, daß Rom seine harsche Haltung vom 14. September 2011 geändert habe und sich nun bereit erkläre, die Priesterbruderschaft so zu akzeptieren, wie sie ist. Doch wenn wir uns nur an Assisi-III oder die Neuseligsprechung von Johannes Paul II. vom letzten Jahr erinnern, so ist eher zu vermuten, daß hinter dem plötzlichen Wohlwollen der römischen Kirchenmänner gegenüber der Priesterbruderschaft höchstwahrscheinlich etwas anderes liegt: Ein Vertrauen darauf, daß die Euphorie über die Wiederaufnahme und sogar Ausdehnung des gemeinsamen Kontaktes den hartnäckigen Widerstand der Bruderschaft gegen die Neukirche verdünnen, auswaschen und schließlich auflösen wird. Gott sei es geklagt.

„Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn.“

Kyrie eleison.

Gute Nachrichten

Gute Nachrichten on März 3, 2012

Die meisten Leser der „Eleison-Kommentare“ dürften bereits letzte Woche die gute Neuigkeit aus Deutschland gehört haben: Das niederbayerische Oberlandesgericht in Nürnberg hat am Aschermittwoch meine Verurteilung durch das Regensburger Landgericht vom 11. Juli des vergangenen Jahres aufgehoben. Das Regensburger Urteil war ursprünglich gegen mich zweimal wegen „Volksverhetzung“ ergangen, nachdem ich im November 2008 auf deutschem Boden dem schwedischen Fernsehen ein Interview in englischer Sprache gegeben hatte, welches auf gewisse historische Ereignisse einen anderen Blick als den landläufig üblichen warf. Außerdem hat das Nürnberger Oberlandesgericht bestimmt, daß der Bayerische Staat meine bisherigen Prozeßkosten zu tragen hat. Die Ehre dafür gebührt meinem Verteidiger Prof. Dr. Edgar Weiler, dessen Argumentation die Richter akzeptierten, dem Pater Schmidberger, der ihn als Verteidiger vorgeschlagen hat, und Bischof Fellay, der ihn gutgeheißen hat.

Allerdings bin ich in der Hinsicht noch nicht freigesprochen, daß die Berufungsrichter ihre Entscheidung mit verfahrenstechnischen Fehlern des Regensburger Gerichts begründeten. Die Schlußfolgerung des Berufungsgerichtes lautet: „Eine Anklageschrift, die ein (noch) strafloses Verhalten schildert und offenläßt, welche konkreten Umstände eine Strafbarkeit des Angeklagten erst noch begründen sollen, erfüllt die eingangs genannten Anforderungen an den Inhalt einer Anklageschrift mit Angabe der den äußeren und inneren Tatbestand belegenden Merkmale und an die Umgrenzungsfunktion einer Anklageschrift nicht. Das Verfahren ist deshalb einzustellen.“

Theoretisch könnte nun also die Regensburger Staatsanwaltschaft ihr Verfahren korrigieren und die Strafverfolgung von neuem beginnen. Praktisch gesehen könnte sie aber durchaus zögern, denn das Berufungsgericht forderte sie auf anzugeben, wer genau meine Äußerungen hören konnte, auf welche Weise diese Menschen sie hören konnten und wieso gerade diese Äußerungen dazu geeignet waren, den öffentlichen Frieden in Deutschland zu stören. Und schlußendlich forderte das Berufungsgericht die Regensburger Staatsanwaltschaft auf anzugeben, wie ich mutmaßlich eingewilligt haben könnte, daß meine Äußerungen auch in Deutschland bekannt gemacht würden.

Die Staatsanwaltschaft könnte zwar leicht zeigen, daß die ganze Welt, und nicht nur Deutschland, einen Monat lang mit diesen Äußerungen durch die Medien bombardiert wurden (vor allem um Benedikt XVI. zu zwingen, sich von der katholischen Tradition zu distanzieren). Jedoch wäre der Nachweis nicht so leicht zu erbringen, daß damit der öffentliche Friede in Deutschland gestört worden ist. Zudem könnte die Staatsanwaltschaft mir kaum nachweisen, daß es mein Wunsch war, die Bemerkungen in Deutschland zu veröffentlichen – zumal ich in der letzten Minute des Interviews (auf Youtube noch verfügbar) ausdrücklich das Gegenteil wünschte. Ob die Staatsanwaltschaft fortfährt oder nicht, liegt also in Gottes Hand.

Doch glauben Sie, liebe Leser, nun bitte nicht, daß ich an diesen Gerichtsverfahren in Deutschland zu viel zu leiden gehabt habe – genausowenig wie am entsprechenden Drei-Jahres-Exil innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X. Vielmehr ist dieses Exil eher zu bequem gewesen, und diese deutschen Gerichtsverfahren haben – momentan jedenfalls – mit ihrer vollständigen Aufhebung geendet. An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen von Ihnen bedanken, die in diesen drei Jahren für mich beteten. Viele von Ihnen beten für mich, wie ich weiß, und für jeden einzelnen bin ich dankbar. Im Gegenzug feierte ich im Januar eine Meß-Novene für Ihre Intentionen, weil sicherlich viel größere Prüfungen auf uns alle warten.

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – I.

Benedikts Ökumenismus – I. on Februar 25, 2012

Vor einigen Jahren erschien in Deutschland eine wertvolle Studie über den konziliaren Ökumenismus, namens „ Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche “ von Dr. Wolfgang Schüler. Der Autor argumentiert, daß der vom Zweiten Vatikanischen Konzil entfesselte Ökumenismus das kirchliche Selbstverständnis umgewandelt hat. Durch eine Reihe von Textzitaten belegt er, daß Joseph Ratzinger als Priester, Kardinal und Papst diese Umwandlung seit der Zeit des Konzils beständig förderte und bis heute fördert, wofür er sich gewiß nicht schämt.

In einer Reihe von „Eleison Kommentaren“ betrachten wir in logischer Reihenfolge das Selbstverständnis der wahren Kirche. Danach untersuchen wir mit Hilfe von Dr. Schülers Werk, wie das Konzil dieses kirchliche Selbstverständnis umwandelte und wie Benedikt XVI. diese Umwandlung beständig förderte. Zu guter Letzt schauen wir uns dann die Konsequenzen an, welche für Katholiken, die am wahren Glauben der Kirche festhalten wollen, sich ergeben.

Die wahre katholische Kirche hat sich immer als ein organisches Ganzes und als eine Gesellschaft gesehen, die einig, heilig, katholisch und apostolisch ist, die aus Menschen besteht, die im Glauben mit den hl. Sakramenten unter der römischen Hierarchie verbunden sind. Diese Kirche ist so sehr eins, daß kein Stück von ihr weggebrochen oder entfernt werden kann, ohne daß dieses Stück dann aufhört, katholisch zu sein (vgl. Johannes 15,4–6). Beispielsweise kann der Glaube, der den Kern des katholischen Gläubigen darstellt, nicht stückchenweise geglaubt werden, sondern er muß entweder ganz (zumindest implizit) oder gar nicht angenommen werden. Denn die Glaubenssätze – die Dogmen – der katholischen Kirche, welche ich glaube, stammen von der Autorität Gottes her: lehne ich also auch nur eines von den Dogmen ab, so weise ich insgesamt Gottes Autorität hinter allen diesen Glaubenssätzen zurück. Wenn ich in dem Fall auch alle anderen Glaubenssätze annähme, so würde doch mein Glaube nicht mehr länger auf Gottes Autorität beruhen, sondern auf meiner eigenen Wahl.

Das Wort „häretisch“ kommt ja vom griechischen Wort für „auswählen“ (hairein). Weil der Glaube des Häretikers fortan nur noch auf seiner eigenen Auswahl beruht, hat er die übernatürliche Tugend des Glaubens verloren. Selbst wenn er auch nur einen Glaubenssatz ablehnt, ist dieser Häretiker nicht mehr katholisch. Ein berühmter Ausspruch des hl. Augustinus lautet: „In vielem stimmst Du mir zu, und in wenigem stimmst Du mir nicht zu; aber wegen diesem Wenigen, in dem Du mir nicht zustimmst, ist das Viele, worin Du mir zustimmst, von keinerlei Nutzen für Dich.“

Ein anderes Beispiel: Ein Protestant mag an Gott und sogar an die Göttlichkeit des Menschen Jesus Christus glauben, doch wenn er nicht an die Realpräsenz Gottes glaubt – an Körper, Blut, Seele und Gottheit unter den Gestalten von Brot und Wein nach ihrer Wandlung in der Hl. Messe, dann hat dieser Protestant eine völlig andere und zwar mangelhafte Vorstellung von der Liebe Jesu Christi und vom Gott, an welchen er glaubt. Können wir dann sagen, daß ein wahrer Protestant und ein wahrer Katholik an denselben Gott glauben? Das Zweite Vatikanum behauptet, man könne es, und sein Ökumenismus fußt auf dieser Basis von angeblich mehr oder weniger gemeinsamen Glaubensmeinungen von Katholiken und allen Nichtkatholiken.

Hingegen zeigt Dr. Schüler durch eine Reihe von Vergleichen das Gegenteil auf: Wenn etwas, welches wie der gleiche Glaubenssatz aussehen mag, zwei verschiedenen Glaubensbekenntnissen angehört, so ist es überhaupt nicht mehr das Gleiche. Ein Vergleich: Werden Sauerstoff-Moleküle mit Stickstoff vermischt, so handelt es sich zwar um dieselben Moleküle wie bei ihrer Verbindung mit Wasserstoff, aber dennoch werden dieselben Sauerstoff-Moleküle in den zwei Fällen so verschieden wie die Luft, welche wir atmen (O+4N), und das Wasser, welches wir trinken (H2O). Bleiben Sie dran!

Kyrie eleison.

Dem Chaos entgegnen

Dem Chaos entgegnen on Februar 18, 2012

Aufmerksame Leser der „Eleison Kommentare“ (EC) bemerkten kürzlich vielleicht eine scheinbare Unvereinbarkeit. Denn einerseits verurteilten die „Kommentare“ stets das Moderne in der Kunst (z.B. in EC 114, 120, 144, 157, usw.). Doch andererseits bezeichneten sie letzte Woche den anglo-amerikanischen Schriftsteller T.S. Eliot als „Erz-Modernisten“ und lobten ihn für seine Einführung einer neuen Form der Poesie, welche besser zur Neuzeit paßt und dabei doch chaotisch ist.

Die „Kommentare“ haben oft betont, daß das Moderne in der Kunst stets von Mißklang und Häßlichkeit geprägt ist, weil der moderne Mensch sich immer stärker für ein Leben ohne oder sogar gegen Gott entscheidet – welcher doch sowohl Ordnung als auch Schönheit in seine gesamte Schöpfung hineingelegt hat. Allerdings ist diese Schönheit und Ordnung heute so sehr unter dem Prunk und den Machwerken der gottlosen Menschen begraben, daß Künstler allzu leicht glauben können, es gäbe beides gar nicht mehr. Wenn ihre Kunst sich dann an ihrer Wahrnehmung von Umgebung und Gesellschaft ausrichtet, so wird nur ein außergewöhnlicher moderner Künstler noch überhaupt etwas von der göttlichen Ordnung erfassen, welche unter der ungeordneten Oberfläche des modernen Lebens liegt. Die meisten modernen Künstler haben allerdings die Ordnung aufgegeben und schwelgen gemeinsam mit ihren Kunden in der Unordnung, also im Chaos.

Eliot hingegen wurde im späten 19. Jahrhundert geboren und aufgezogen – zu einer Zeit also, wo die Gesellschaft noch relativ geordnet war. Und während er in den USA eine gute, klassische Ausbildung erhielt, träumten erst wenige Bösewichte im Verborgenen davon, die Ausbildung generell durch die Abrichtung auf unmenschliche Lehrstoffe zu ersetzen. Zwar dürfte Eliot kaum einen oder gar keinen Zugang zur wahren Religion gehabt haben, doch wurde er in ihre seit dem Mittelalter entstandenen „Nebenprodukte“ bestens eingeführt: in die musikalischen und literarischen Klassiker des Westens. In diesen spürte er und vertiefte sich in eine Ordnung, welche seiner Umgebung fehlte. Deswegen konnte Eliot jene tiefgehende Unordnung des angehenden 20. Jahrhunderts so gut erfassen, welche dann im Ersten Weltkrieg (1914–1918) nur noch aufbrechen mußte. So entstand dann im Jahre 1922 sein Gedicht Das wüste Land.

Eliot ist allerdings weit davon entfernt, durch dieses Gedicht in der Unordnung zu schwelgen. Im Gegenteil haßt er sie ganz klar und unterstreicht, wie sehr ihr menschliche Wärme und Werte fehlen. Das wüste Land mag zwar nur noch wenige Spuren der westlichen Religion enthalten, verwendet aber am Ende Fragmente der östlichen Religion. Scruton schreibt, daß Eliot mit Sicherheit auf der Spur des religiösen Ausmaßes des ganzen Problems war. Tatsächlich wäre Eliot ein paar Jahre später beinahe katholisch geworden, wäre er nicht durch die Verurteilung der „Action française“ durch Papst Pius XI. im Jahre 1926 davon abgeschreckt worden. In dieser Verurteilung sah Eliot eher das Problem liegen als dessen Lösung. Aus Dankbarkeit gegenüber dem, was England ihm an traditioneller Ordnung vermittelt hatte, legte er sich auf eine unvollständige Lösung fest: Er verband Anglikanismus mit Hochkultur, und trug dazu stets einen Rosenkranz in der Tasche. Nun kann Gott allerdings auch auf krummen Linien gerade schreiben. Wer weiß, wieviele Menschen, bei ihrer Suche nach Ordnung, von Shakespeare oder Eliot ferngeblieben wären, wenn sie gedacht hätten, daß diese – weil sie ganz katholisch gewesen wären – nur vorgefertigte statt am wirklichen Leben ausgerichtete Antworten hätten geben können?

Das mag traurig sein, doch es ist so. Die Menschen mögen wohl auf die eine oder andere Weise sich selbst betrügen, wenn sie vor katholischen Autoren oder Künstlern zurückschrecken aufgrund der Annahme, daß diese nicht an das wahre Leben sich halten würden. Dieser Entschuldigung keinen Raum zu geben, ist Aufgabe der Katholiken: Zeigen wir Katholiken also durch unser Beispiel, daß wir es uns geistig eben nicht gemütlich gemacht haben durch künstliche Lösungen, welche notwendigerweise der Tiefe der heutigen Probleme nicht gerecht werden. Wir sind keine Engel, sondern irdische Geschöpfe, denen allerdings der Himmel offensteht, wenn wir nur unser heutiges Kreuz auf uns nehmen und unserem Herrn Jesus Christus nachfolgen. Nur solche Nachfolger Christi können die Kirche und die Welt erneuern!

Kyrie eleison.