Schlagwort: Gesellschaft

Untergrabene Doktrin

Untergrabene Doktrin posted in Eleison Kommentare on Mai 26, 2012

Über das Thema der Religionsfreiheit, wie sie vom Zweiten Vatikanischen Konzil in seiner Erklärung Dignitatis Humanae des Jahres 1965 gelehrt wurde, sind ganze Bücher geschrieben worden. Doch die revolutionäre Lehre dieses Konzilsdokumentes ist stets klar: Aus der natürlichen Würde eines jeden Menschen folge, daß weder der Staat, noch eine gesellschaftliche Gruppe, noch irgendeine menschliche Macht den einzelnen Menschen oder eine Gruppe von Menschen dazu anhalten oder ihnen aufzwingen dürfe, im privaten oder öffentlichen Bereich gegen ihre eigene religiöse Überzeugung zu handeln – solange die öffentliche Ordnung gewahrt bleibe ( DH 2).

Im Gegensatz dazu lehrte die katholische Kirche bis zum Zweiten Vatikanum immer, daß jeder Staat (als solcher) das Recht und sogar die Pflicht hat, seinen Bürgern zu verbieten, eine falsche Religion – d.h. alle nichtkatholischen Religionen – öffentlich auszuüben, solange dieses Verbot dem Heil der Seelen nicht abträglich, sondern dienlich ist. (Beispielsweise wird heute im Jahre 2012 die sogenannte Freiheit dermaßen angebetet, daß ein solches Verbot die Bürger beinahe jeden Staates derart schockieren würde, daß sie die katholische Religion nicht mehr schätzen, sondern verachten würden. In diesem Falle darf, wie die Kirche immer lehrte, der Staat auf die Ausübung seines Rechtes verzichten, die falschen Religionen in Schranken zu weisen.)

Die beiden Lehren widersprechen sich genau an der Frage, ob der Staat die öffentliche Ausübung der falschen Religionen beschneiden darf oder nicht. Dieser Widerspruch mag als relativ eingeschränkt erscheinen, doch seine Auswirkungen sind enorm. Denn sie entscheiden darüber, ob Gott Herr oder Diener des Menschen ist. Wenn nun einerseits der Mensch ein Geschöpf Gottes und von Natur aus ein Gemeinschaftswesen ist (was offensichtlich ist, denn der Mensch verbindet sich mit anderen Menschen auf alle möglichen Arten, vor allem im Staatsverbund), dann sind auch die Gesellschaft und der Staat Gottes Schöpfungen. Als solche sind sie ihm schuldig, ihm und seiner einzig wahren Religion zu dienen, indem sie den öffentlichen Bereich (eine Angelegenheit des Staates) vor den falschen Religionen schützen – solange dies dem Heil der Seelen nicht abträglich, sondern dienlich ist.

Wenn andererseits jedoch die Freiheit des Menschen als so wertvoll angesehen wird, daß es jedem Einzelnen freistehen muß, durch das öffentliche Ausüben und Missionieren einer beliebig falschen Religion seine Mitbürger zu verderben (außer wenn die öffentliche Ordnung gestört würde), dann müssen diese falschen Religionen im öffentlichen Bereich frei wuchern dürfen (wie beispielsweise die protestantischen Sekten im heutigen Südamerika). So wird die Menschenwürde höher eingestuft als der Unterschied zwischen den falschen Religionen und der einzig wahren Religion. Dadurch wird der Wert Gottes nebensächlich im Vergleich zum Wert des Menschen. Deswegen stuft das Zweite Vatikanum Gott in dem Maße herab, wie es den Menschen heraufstuft. Letztendlich ersetzt das Zweite Vatikanum die Gottesreligion mit der Menschenreligion. Es ist gut verständlich, daß Erzbischof Lefebvre die Priesterbruderschaft St. Pius X. gründete, um die unermessliche Würde und Erhabenheit unseres Gottes, des Herrn Jesus Christus, aufrechtzuerhalten – inmitten einer von der Menschenwürde volltrunkenen und damit verrücktgewordenen Welt und Kirche.

Und nun gibt es da einen religiösen Oberen, der Anfang des Monats öffentlich behauptete: „Viele Menschen haben vom Zweiten Vatikanum ein Verständnis, das ein falsches Verständnis ist.“ Die Religionsfreiheit, sagte er, „wird in vielerlei Hinsicht verwendet. Und wenn wir die Sache näher betrachten, so habe ich wirklich den Eindruck, daß nicht viele Menschen wissen, was das Konzil wirklich darüber gesagt hat. Das Konzil legt eine Religionsfreiheit dar, die wirklich eine sehr, sehr eingeschränkte ist, ja sehr eingeschränkt . . .” Auf die Frage, ob das Zweite Vatikanum selber, d.h. als Ganzes, zur katholischen Tradition gehört, erwiderte er: „Ich hoffe doch.“

Schauen Sie sich das in englischer Sprache gehaltene Videogespräch selber an. Es ist auf Youtube verfügbar unter dem Titel: „ Traditionalist leader talks about his movement, Rome ,“ zu deutsch: „Traditionalisten-Oberer spricht über seine Bewegung, Rom.“ Wer könnte überrascht sein, daß „seine Bewegung“ momentan die schwerste Krise in ihrer 42jährigen Existenz durchmacht?

Kyrie eleison.

Dunkle „Aufklärung“

Dunkle „Aufklärung“ posted in Eleison Kommentare on April 28, 2012

Unabhängig davon, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich nun dafür oder dagegen entscheidet, unter Umgehung der glaubenslehrmäßigen Uneinigkeit ein rein praktisches Abkommen mit den römischen Konzilskirchenbehörden zu schließen, müssen alle um ihr ewiges Seelenheil Bemühten möglichst genau verstehen, was auf dem Spiel steht. In diesem Zusammenhang sandte ein Freund mir jüngst eine großartige Darstellung des Kernproblems:

„In den Jahren 2009 bis 2011 führten Vatikanexperten und vier Bruderschaftstheologen sogenannte „Glaubensgespräche“ durch. Diese Gespräche machten deutlich, wie sehr die römischen Behörden an den Lehren des Zweiten Vatikanum festhalten. Dieses Konzil versuchte, die katholische Lehre mit dem aus der „Aufklärung“ des 18. Jahrhunderts entwickelten Menschenverständnis zu versöhnen.“

„Deshalb erklärt das Konzil, daß der Mensch aufgrund der Würde seiner Natur das Recht besitze, die Religion seiner Wahl zu praktizieren. Dementsprechend müsse die menschliche Gesellschaft die Religionsfreiheit schützen und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen einrichten. Sodann seien diese Religionen zum ökumenischen Dialog eingeladen, weil sie alle ihren eigenen Anteil an der Wahrheit besäßen.“

„Im Ergebnis leugnen diese aufklärerischen Prinzipien, daß Jesus Christus wahrhaftig Gott ist und daß seine Offenbarung – die zu hüten der Kirche obliegt – von allen Menschen und allen Gesellschaften angenommen werden muß. Somit widerspricht die Lehre von der Religionsfreiheit, wie im Konzilsdokument Dignitatis Humanae in Abschnitt 2 ausgedrückt, den Lehren von Papst Gregor XVI. in Mirari Vos, von Pius IX. in Quanta Cura, von Leo XIII. in Immortale Dei und von Pius XI in Quas Primas. Und die dogmatische Konstitution über die Kirche im Abschnitt 8 von Lumen Gentium, wonach die göttliche Vorsehung nichtkatholische Religionsgemeinschaften als Mittel zum Heil benutze, widerspricht den Lehren von Papst Pius IX. im Syllabus, von Leo XIII. in Satis Cognitum und von Pius XI. in Mortalium Animos.“

„Diese neuen Glaubenslehren, die zusammen mit vielen anderen Lehren im Widerspruch zur formalen und einhelligen Lehre der vorkonziliaren Päpste stehen, können im Hinblick auf das katholische Dogma nur als häretisch bezeichnet werden.“

„Weil die Einheit der Kirche auf der Unversehrtheit des Glaubens beruht, kann die Priesterbruderschaft zu keinem Abkommen – und sei es rein „praktischer“ Natur – mit den Vertretern dieser neuen Glaubenslehren gelangen.“

Wenn mein Freund diese Bewegung der intellektuellen Emanzipation des 18. Jahrhunderts, auch „Aufklärung“ genannt, als Grund für das Scheitern der Kirchenmänner des 20. Jahrhunderts bezeichnet, so folgt er dabei lediglich Erzbischof Lefebvre. Dieser hatte ein halbes Jahr vor seinem Tode vor seinen Priestern dieselbe Aussage getroffen: „Je mehr man die Dokumente des Zweiten Vatikanum untersucht . . . desto mehr wird einem klar, worum es geht: . . . um eine komplette Perversion des Geistes und um eine ganz neue Philosophie, die auf der modernen Philosophie und auf dem Subjektivismus beruht . . . . Es ist eine komplett andere Auffassung von der Offenbarung, vom Glauben, von der Philosophie . . . . Es ist wahrhaft erschreckend.“

Doch wie kann der Mensch nun seinen Geist wieder Gottes Wirklichkeit unterwerfen? Eine Möglichkeit ist, die von meinem Freund eingangs erwähnten päpstlichen Lehrschreiben zu besorgen und genau zu lesen. Sie wurden zwar für Bischöfe geschrieben, aber die Konzilsbischöfe sind unzuverlässig. Heute müssen die Laien also ihre geistliche Ausbildung selbst in die Hand nehmen – und ihren eigenen Rosenkranz.

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – III.

Benedikts Ökumenismus – III. posted in Eleison Kommentare on April 21, 2012

Vor zwei Wochen versprachen die „Eleison Kommentare“ einen Blick auf drei Zitate des Zweiten Vatikanum zu werfen, die eine entscheidende Rolle bei der Auflösung der Kirche Jesus Christi, welche die katholische Kirche ist, gespielt haben. Vor einer Woche warnten dann die „Eleison Kommentare“ vor der Doppeldeutigkeit der Konzilsdokumente, wodurch diese jeweils auf eine Weise gedeutet werden können, als ob nichts Verkehrtes ihnen anhafte. Doch nur eine der jeweils beiden Deutungen ist harmlos, während die andere Deutung für die katholische Kirche tödlich ist – wie die letzten vierzig Jahre bewiesen haben.

Das erste Zitat ist aus dem Konzilsdokument Lumen Gentium, Abschnitt 8: „Diese Kirche Christi . . . in dieser Welt als Gesellschaft verfaßt und geordnet, subsistiert (ist verwirklicht) in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“ Was bedeutet nun dieses Wort „subsistiert“ bzw. im lateinischen Original „subsistit in“? Die Doppeldeutigkeit besteht darin, daß der Begriff einerseits meinen kann, daß die Kirche Christi hauptsächlich und ausschließlich in der römisch-katholischen Kirche existiert, was die Kirche bis zum Zweiten Vatikanum immer lehrte. Andererseits kann der Begriff aber auch meinen, daß die Kirche hauptsächlich, jedoch nicht alleine in der römisch-katholischen Kirche existiert, womit die Kirche Christi teilweise auch außerhalb der römisch-katholischen Kirche existiere n würde. Diese Deutung ist der Türöffner für den konziliaren Ökumenismus, und sie zerstört den immerwährenden dogmatischen Anspruch der katholischen Kirche, daß sie die ausschließliche Arche des Heils ist: „Extra ecclesiam nulla salus,“ zu deutsch: „Außerhalb der Kirche kein Heil.“

Nun besagt allerdings ein weiteres Dogma, daß die Kirche eins ist. In jeder Hl. Sonntagsmesse hören oder singen wir, daß wir an „die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“ glauben. Wie also könnte die Kirche Christi in verschiedene, mehr oder weniger kirchenähnliche Gemeinschaften aufgeteilt sein? Wenn die Kirche eins ist, kann sie nicht aus mehreren Teilen bestehen. Und besteht sie aus mehreren Teilen, so kann sie nicht eins sein. In seinem Buch Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche bringt Dr. Wolfgang Schüler mehrere Zitate von Joseph Ratzinger, die belegen, wie Ratzinger als junger Theologe begeistert das Zerstören des Ausschließlichkeits-Anspruches der katholischen Kirche gefördert hatte, während er als Kardinal und Papst sich gleichzeitig bemühte, das Einssein der Kirche hochzuhalten.

Das zweite Zitat stammt aus Unitatis Redintegratio, Abschnitt 3: „Hinzu kommt, daß einige, ja sogar viele und bedeutende Elemente oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche erbaut wird und ihr Leben gewinnt, auch außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche existieren können . . .” Die offensichtliche Bedeutung dieser Worte lautet: So wie Goldmünzen einerseits einen Münzstapel ausmachen und andererseits auch außerhalb des Stapels als Goldmünzen bestehen können, so können auch kirchliche Elemente und Güter – das Konzil nannte unter anderem „Glaube, Hoffnung, Liebe und andere Gaben des Heiligen Geistes“ – außerhalb der katholischen Kirche als bestehend erkannt werden. Unser Herr Jesus Christus sagte hingegen, daß die von seinem Weinstock abgeschnittenen Reben verwelken und absterben (Johannes 15,6). Was sollte sein Weinstock anderes sein als seine Kirche?

Das dritte Zitat kurz danach in Unitatis Redintegratio, Abschnitt 3, zieht die logische Schlußfolgerung: „Ebenso sind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach unserem Glauben anhaften, nicht ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des Heiles. Denn der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie als Mittel des Heiles zu gebrauchen . . .” Hingegen sagte Erzbischof Lefebvre: „Keine von der katholischen Kirche getrennte Gemeinschaft kann die Unterstützung des Heiligen Geistes genießen, weil ihre Trennung einen Widerstand gegen den Heiligen Geist bedeutet. Er kann in direkter Weise nur auf jene Seelen einwirken, und er kann nur jene Mittel direkt verwenden, die kein Zeichen der Trennung tragen.“

Das Zweite Vatikanum mißverstand die Kirche im wesentlichen. Demnächst betrachten wir mit Hilfe Dr. Schülers, wie Benedikt XVI. auf dieses Mißverständnis sowohl bremsend als auch beschleunigend einwirkte.

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – II.

Benedikts Ökumenismus – II. posted in Eleison Kommentare on April 7, 2012

Wie bei jedem Streit über die haarsträubenden Zweideutigkeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils wird es auch erst längeren und gelehrten Aufsätzen gelingen, die Aussagen aus Dr. Wolfgang Schülers Buch „Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche“ zu beweisen bzw. zu widerlegen. Seine Argumentationslinie ist allerdings deutlich genug erkennbar und verdient, den Lesern der „Eleison Kommentare“ vorgestellt zu werden – damit diese inmitten von so großer Verwirrung klarer sehen. In dieser Hinsicht besitzen Vergleiche zwar gewisse Nachteile, können allerdings recht hilfreich sein.

Ein Ganzes kann auf zwei verschiedene Arten aus einzelnen Teilen zusammengesetzt sein; beispielsweise im Fall eines lebendigen Baums oder eines Stapels Münzen. Entweder ist wie beim Baum das Ganze vorrangig und die Teile zweitrangig, oder es sind wie beim Stapel Münzen die einzelnen Teile vorrangig und das Ganze zweitrangig. Beim Baum ist das Ganze deswegen vorrangig, weil zwar Teile von ihm – wie beispielsweise die Äste – abgetrennt werden können, während der Baum trotzdem weiterlebt und neue Äste austreibt. Indessen verlieren die abgeschnittenen Äste ihr Leben und werden zu etwas gänzlich anderem, beispielsweise zu einem Holzscheit oder einem Stuhl. Im Gegensatz zum Baum bleibt eine vom Stapel entfernte Münze allerdings genau das, was sie vorher auch innerhalb des Stapels war, und wenn nur genügend Münzen entnommen werden, so ist es der Stapel, welcher verschwindet.

Ist die katholische Kirche als Ganzes genommen eher dem Baum oder dem Münzstapel zu vergleichen? Wir erinnern uns, daß die katholische Kirche jene besondere Gemeinschaft von Menschen ist, welche durch drei Dinge vereint sind: durch den Glauben, die Sakramente und die kirchliche Hierarchie. Nun aber gibt Gott selbst allen dreien Leben. Der Glaube ist eine übernatürliche Gnade des Geistes, und alleine Gott kann sie schenken. Die Sakramente verwenden zwar materielle Elemente wie Wasser und Öl, aber erst die ihnen innewohnende übernatürliche Gnade macht sie zu Sakramenten, und diese Gnade wiederum stammt allein von Gott. Gleichfalls besteht die Kirchenhierarchie aus natürlichen menschlichen Wesen; doch wenn diese Menschen nicht von Gott gelenkt würden, so könnten sie niemals von sich alleine Menschen in den Himmel führen.

Deswegen ähnelt die katholische Kirche in unserem Beispiel viel stärker einem lebenden Baum als einem Stapel Münzen – und seien es Goldmünzen. So wie jedem lebenden Organismus ein Lebensprinzip innewohnt, das ihm seine Existenz und Einheit verleiht, so wohnt der katholischen Kirche vor allem Gott inne und dann ihre lebendige Hierarchie, welche ihr eine Existenz und Einheit verleihen. Wenn nun ein Teil der Kirche sich von der Hierarchie durch ein Schisma bzw. vom Glauben durch Häresie abtrennt, dann hört dieser Teil auf, katholisch zu sein und wird etwas anderes, wie beispielsweise die schismatischen Orthodoxen oder die häretischen Protestanten. Zwar mögen die orthodoxen Gläubigen gültige Sakramente behalten haben, aber weil sie nicht mehr mit dem Stellvertreter Christi in Rom vereint sind, wird niemand bei Verstand sie katholisch nennen.

Doch nun kommt das Zweite Vatikanum ins Spiel. Dieses Konzil veränderte das Selbstverständnis der katholischen Kirche: vom früheren Verständnis eines lebendigen Baumes bzw. einer Weinrebe (der Vergleich unseres Herrn, siehe Johannes 15,1–6 ), zum Verständnis eines Stapels Goldmünzen. Vom Wunsch getrieben, die Kirche der modernen Welt zu öffnen, fingen die Kirchenmänner damit an, die Grenzen der Kirche zu verwischen ( Lumen Gentium 8). Das versetzte sie in die Lage zu behaupten, daß es Elemente der Kirche außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche gäbe ( Unitatis Redintegratio 3), wie Goldmünzen abseits des Stapels. Und weil eine Goldmünze immer eine Goldmünze bleibt, so konnten diese Kirchenmänner weiterhin behaupten (UR 3), daß Heilselemente innerhalb der Kirche auch in abgetrenntem Zustand und somit außerhalb der katholischen Kirche Heilselemente bleiben. Daraus folgerten zahllose Menschen logischerweise, daß man nicht mehr länger katholisch zu sein brauche, um in den Himmel zu kommen. Das ist die Katastrophe der konziliaren Ökumene.

Wir werden diese Zitate des Zweiten Vatikanum demnächst noch eingehender vorstellen, bevor wir zu Papst Benedikts Bemühungen gelangen, den kirchentrennenden Ökumenismus mit der einigenden Glaubenslehre zu vermengen.

Kyrie eleison.

Benedikts Ökumenismus – I.

Benedikts Ökumenismus – I. posted in Eleison Kommentare on Februar 25, 2012

Vor einigen Jahren erschien in Deutschland eine wertvolle Studie über den konziliaren Ökumenismus, namens „ Benedikt der XVI. und das Selbstverständnis der katholischen Kirche “ von Dr. Wolfgang Schüler. Der Autor argumentiert, daß der vom Zweiten Vatikanischen Konzil entfesselte Ökumenismus das kirchliche Selbstverständnis umgewandelt hat. Durch eine Reihe von Textzitaten belegt er, daß Joseph Ratzinger als Priester, Kardinal und Papst diese Umwandlung seit der Zeit des Konzils beständig förderte und bis heute fördert, wofür er sich gewiß nicht schämt.

In einer Reihe von „Eleison Kommentaren“ betrachten wir in logischer Reihenfolge das Selbstverständnis der wahren Kirche. Danach untersuchen wir mit Hilfe von Dr. Schülers Werk, wie das Konzil dieses kirchliche Selbstverständnis umwandelte und wie Benedikt XVI. diese Umwandlung beständig förderte. Zu guter Letzt schauen wir uns dann die Konsequenzen an, welche für Katholiken, die am wahren Glauben der Kirche festhalten wollen, sich ergeben.

Die wahre katholische Kirche hat sich immer als ein organisches Ganzes und als eine Gesellschaft gesehen, die einig, heilig, katholisch und apostolisch ist, die aus Menschen besteht, die im Glauben mit den hl. Sakramenten unter der römischen Hierarchie verbunden sind. Diese Kirche ist so sehr eins, daß kein Stück von ihr weggebrochen oder entfernt werden kann, ohne daß dieses Stück dann aufhört, katholisch zu sein (vgl. Johannes 15,4–6). Beispielsweise kann der Glaube, der den Kern des katholischen Gläubigen darstellt, nicht stückchenweise geglaubt werden, sondern er muß entweder ganz (zumindest implizit) oder gar nicht angenommen werden. Denn die Glaubenssätze – die Dogmen – der katholischen Kirche, welche ich glaube, stammen von der Autorität Gottes her: lehne ich also auch nur eines von den Dogmen ab, so weise ich insgesamt Gottes Autorität hinter allen diesen Glaubenssätzen zurück. Wenn ich in dem Fall auch alle anderen Glaubenssätze annähme, so würde doch mein Glaube nicht mehr länger auf Gottes Autorität beruhen, sondern auf meiner eigenen Wahl.

Das Wort „häretisch“ kommt ja vom griechischen Wort für „auswählen“ (hairein). Weil der Glaube des Häretikers fortan nur noch auf seiner eigenen Auswahl beruht, hat er die übernatürliche Tugend des Glaubens verloren. Selbst wenn er auch nur einen Glaubenssatz ablehnt, ist dieser Häretiker nicht mehr katholisch. Ein berühmter Ausspruch des hl. Augustinus lautet: „In vielem stimmst Du mir zu, und in wenigem stimmst Du mir nicht zu; aber wegen diesem Wenigen, in dem Du mir nicht zustimmst, ist das Viele, worin Du mir zustimmst, von keinerlei Nutzen für Dich.“

Ein anderes Beispiel: Ein Protestant mag an Gott und sogar an die Göttlichkeit des Menschen Jesus Christus glauben, doch wenn er nicht an die Realpräsenz Gottes glaubt – an Körper, Blut, Seele und Gottheit unter den Gestalten von Brot und Wein nach ihrer Wandlung in der Hl. Messe, dann hat dieser Protestant eine völlig andere und zwar mangelhafte Vorstellung von der Liebe Jesu Christi und vom Gott, an welchen er glaubt. Können wir dann sagen, daß ein wahrer Protestant und ein wahrer Katholik an denselben Gott glauben? Das Zweite Vatikanum behauptet, man könne es, und sein Ökumenismus fußt auf dieser Basis von angeblich mehr oder weniger gemeinsamen Glaubensmeinungen von Katholiken und allen Nichtkatholiken.

Hingegen zeigt Dr. Schüler durch eine Reihe von Vergleichen das Gegenteil auf: Wenn etwas, welches wie der gleiche Glaubenssatz aussehen mag, zwei verschiedenen Glaubensbekenntnissen angehört, so ist es überhaupt nicht mehr das Gleiche. Ein Vergleich: Werden Sauerstoff-Moleküle mit Stickstoff vermischt, so handelt es sich zwar um dieselben Moleküle wie bei ihrer Verbindung mit Wasserstoff, aber dennoch werden dieselben Sauerstoff-Moleküle in den zwei Fällen so verschieden wie die Luft, welche wir atmen (O+4N), und das Wasser, welches wir trinken (H2O). Bleiben Sie dran!

Kyrie eleison.

Dem Chaos entgegnen

Dem Chaos entgegnen posted in Eleison Kommentare on Februar 18, 2012

Aufmerksame Leser der „Eleison Kommentare“ (EC) bemerkten kürzlich vielleicht eine scheinbare Unvereinbarkeit. Denn einerseits verurteilten die „Kommentare“ stets das Moderne in der Kunst (z.B. in EC 114, 120, 144, 157, usw.). Doch andererseits bezeichneten sie letzte Woche den anglo-amerikanischen Schriftsteller T.S. Eliot als „Erz-Modernisten“ und lobten ihn für seine Einführung einer neuen Form der Poesie, welche besser zur Neuzeit paßt und dabei doch chaotisch ist.

Die „Kommentare“ haben oft betont, daß das Moderne in der Kunst stets von Mißklang und Häßlichkeit geprägt ist, weil der moderne Mensch sich immer stärker für ein Leben ohne oder sogar gegen Gott entscheidet – welcher doch sowohl Ordnung als auch Schönheit in seine gesamte Schöpfung hineingelegt hat. Allerdings ist diese Schönheit und Ordnung heute so sehr unter dem Prunk und den Machwerken der gottlosen Menschen begraben, daß Künstler allzu leicht glauben können, es gäbe beides gar nicht mehr. Wenn ihre Kunst sich dann an ihrer Wahrnehmung von Umgebung und Gesellschaft ausrichtet, so wird nur ein außergewöhnlicher moderner Künstler noch überhaupt etwas von der göttlichen Ordnung erfassen, welche unter der ungeordneten Oberfläche des modernen Lebens liegt. Die meisten modernen Künstler haben allerdings die Ordnung aufgegeben und schwelgen gemeinsam mit ihren Kunden in der Unordnung, also im Chaos.

Eliot hingegen wurde im späten 19. Jahrhundert geboren und aufgezogen – zu einer Zeit also, wo die Gesellschaft noch relativ geordnet war. Und während er in den USA eine gute, klassische Ausbildung erhielt, träumten erst wenige Bösewichte im Verborgenen davon, die Ausbildung generell durch die Abrichtung auf unmenschliche Lehrstoffe zu ersetzen. Zwar dürfte Eliot kaum einen oder gar keinen Zugang zur wahren Religion gehabt haben, doch wurde er in ihre seit dem Mittelalter entstandenen „Nebenprodukte“ bestens eingeführt: in die musikalischen und literarischen Klassiker des Westens. In diesen spürte er und vertiefte sich in eine Ordnung, welche seiner Umgebung fehlte. Deswegen konnte Eliot jene tiefgehende Unordnung des angehenden 20. Jahrhunderts so gut erfassen, welche dann im Ersten Weltkrieg (1914–1918) nur noch aufbrechen mußte. So entstand dann im Jahre 1922 sein Gedicht Das wüste Land.

Eliot ist allerdings weit davon entfernt, durch dieses Gedicht in der Unordnung zu schwelgen. Im Gegenteil haßt er sie ganz klar und unterstreicht, wie sehr ihr menschliche Wärme und Werte fehlen. Das wüste Land mag zwar nur noch wenige Spuren der westlichen Religion enthalten, verwendet aber am Ende Fragmente der östlichen Religion. Scruton schreibt, daß Eliot mit Sicherheit auf der Spur des religiösen Ausmaßes des ganzen Problems war. Tatsächlich wäre Eliot ein paar Jahre später beinahe katholisch geworden, wäre er nicht durch die Verurteilung der „Action française“ durch Papst Pius XI. im Jahre 1926 davon abgeschreckt worden. In dieser Verurteilung sah Eliot eher das Problem liegen als dessen Lösung. Aus Dankbarkeit gegenüber dem, was England ihm an traditioneller Ordnung vermittelt hatte, legte er sich auf eine unvollständige Lösung fest: Er verband Anglikanismus mit Hochkultur, und trug dazu stets einen Rosenkranz in der Tasche. Nun kann Gott allerdings auch auf krummen Linien gerade schreiben. Wer weiß, wieviele Menschen, bei ihrer Suche nach Ordnung, von Shakespeare oder Eliot ferngeblieben wären, wenn sie gedacht hätten, daß diese – weil sie ganz katholisch gewesen wären – nur vorgefertigte statt am wirklichen Leben ausgerichtete Antworten hätten geben können?

Das mag traurig sein, doch es ist so. Die Menschen mögen wohl auf die eine oder andere Weise sich selbst betrügen, wenn sie vor katholischen Autoren oder Künstlern zurückschrecken aufgrund der Annahme, daß diese nicht an das wahre Leben sich halten würden. Dieser Entschuldigung keinen Raum zu geben, ist Aufgabe der Katholiken: Zeigen wir Katholiken also durch unser Beispiel, daß wir es uns geistig eben nicht gemütlich gemacht haben durch künstliche Lösungen, welche notwendigerweise der Tiefe der heutigen Probleme nicht gerecht werden. Wir sind keine Engel, sondern irdische Geschöpfe, denen allerdings der Himmel offensteht, wenn wir nur unser heutiges Kreuz auf uns nehmen und unserem Herrn Jesus Christus nachfolgen. Nur solche Nachfolger Christi können die Kirche und die Welt erneuern!

Kyrie eleison.