Gesellschaft

Staatsreligion – III.

Staatsreligion – III. on Januar 14, 2012

Die Behauptung, daß der Staat die katholische Religion weder bekennen noch beschützen brauche, ist ein klassischer liberaler Irrtum und einer der Hauptirrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ein Liberaler könnte seinen siegreichen Plan auf diese Weise schildern: „Greifen wir den Katholizismus nicht direkt an, sondern teilen und herrschen wir: spalten wir den einzelnen Menschen von der Gesellschaft ab, indem wir behaupten, daß der Mensch kein Gesellschaftswesen sei. Dann geben wir vor, daß die Religion eine rein persönliche Angelegenheit sei. Auf diese Weise können wir die Gesellschaft übernehmen, und wenn wir sie erst einmal liberalisiert haben, nutzen wir sie als mächtige Waffe zum Liberalisieren der Einzelnen – denn selbstverständlich ist der Mensch ein Gesellschaftswesen! Will dann ein Einzelner nicht liberalisiert werden, so bekommt er größte Schwierigkeiten mit der Gesellschaft, welche wir zuvor liberalisierten.“ Ist es etwa nicht so? Schauen Sie sich doch nur um. Beantworten wir nun drei weitere Einwände gegen die Lehre, daß für das Heil der Seelen jeder Staat katholisch sein sollte.

Eure Exzellenz, unser Herr sagt selber: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und gebt Gott, was Gottes ist“ (Matthäus 12,21). Hier trennt unser Herr doch ganz klar Kirche und Staat. Deswegen sollte kein Staat sich auf den Katholizismus oder auf irgendeine andere Religion einlassen.

Antwort: Nein, unser Herr trennt hier nicht Kirche und Staat. Er stellt lediglich eine Unterscheidung des gesunden Menschenversandes an zwischen dem, was der Einzelne dem Staat schuldet (Steuern, usw.) und was der Einzelne Gott schuldet (Anbetung). Unser Herr sagt absolut nicht, daß der weltliche Staat dem ewigen Gott nichts schuldet. Tatsächlich schuldet der Staat als kollektive, weltliche Autorität über einer Anzahl von Menschen in seinen Autoritätshandlungen dem allmächtigen Gott, was die einzelnen Menschen als soziale Wesen Gott schulden: namentlich die soziale Anerkennung von Gottes Naturrecht, sowie so viel soziale Anerkennung und Förderung der Kirche – welche durch den natürlichen Verstand eigenständig als wahr erkannt werden kann –, wie es der Rettung der Seelen nicht im Wege steht.

Aber das Erkennen der wahren Religion ist eine Angelegenheit des Einzelnen. Wie kann dann der Staat als Staat grundsätzlich verpflichtet sein, katholisch zu sein?

Antwort: Der Staat ist lediglich die moralische (d.h. nicht-materielle) Vereinigung von einer mehr oder weniger großen Anzahl von physikalischen (d.h. materiellen) Menschen in einem politischen Körper. Jeder einzelne dieser Menschen ist – unabhängig davon, ob er bereits die übernatürliche Gnade des Glaubens besitzt – schon allein durch den rechten Gebrauch seiner natürlichen Vernunft zu der Erkenntnis befähigt, daß Gott existiert, daß Jesus Christus Gott ist und daß die katholische Kirche die von Jesus Christus gegründete Kirche ist. Wenn also ein Staat die wahre Religion nicht erkennt, so liegt das nicht etwa daran, daß seine Bürger dies nicht erkennen können, sondern daran, daß diese aus mehreren Gründen ihre gottgegebene Vernunft nicht für dieses Erkennen einsetzen bzw. nicht einsetzen wollen. Tatsächlich sind die Menschen also zu dieser Erkenntnis befähigt und wenn sie nicht zu ihr gelangen, so werden sie dafür vor Gott in jenem Maße Rechenschaft ablegen müssen, welches Gott ihnen gemäß ihrer Lebensumstände perfekt zudenkt.

Aber Eure Exzellenz, wenn Sie so fest auf der Pflicht des Staates beharren, katholisch zu sein, dann werden Sie lediglich viele Menschen von der guten Lehre abstoßen.

Zur Ehre Gottes und zur Rettung der ewigen Menschenseelen sollte jeder Staat katholisch sein. Wenn Menschen zu ignorant oder zu verdorben für diese Wahrheit sind, so daß sie diese nur befremdet, darf man – ohne von den Grundsätzen abzurücken – mit ihrer Verkündigung zögern. Doch macht das diese Wahrheit nicht weniger wahr. Wahre Grundsätze werden nicht weniger wahr, wenn sie manchmal aus praktischen Erfordernissen heraus mit einem gewissen Maß an Vorsicht verkündet werden müssen. Sicherlich sollte den Lesern dieser „Eleison Kommentare“ aber die ganze Wahrheit dargelegt werden können.

Kyrie eleison.

Staatsreligion – II.

Staatsreligion – II. on Dezember 10, 2011

Die Erklärung, daß jeder Staat auf Erden die katholische Religion unterstützen und schützen soll, ist für die Religion des Liberalismus eine glatte Häresie (wir können nicht oft genug betonen, daß der Liberalismus als Ersatzreligion dient). Doch wenn Gott existiert, wenn Jesus Christus Gott ist, wenn jede natürliche menschliche Gemeinschaft wie beispielsweise der Staat ein Geschöpf Gottes ist, und wenn Jesus Christus die katholische Kirche als sein eines und einziges Mittel zur Rettung der Seelen vor dem ewigen Höllenfeuer gründete, dann ist jeder Staat – wenn er kein Feind der Menschheit sein will – zum Schutz und zur Förderung der katholischen Kirche verpflichtet. Gegen diese Schlußfolgerung gibt es Einwände. Betrachten wir drei von den bekanntesten:—

Erster Einwand: Unser Herr selber sagte zu Pontius Pilatus (Johannes 18,36), daß sein Königreich nicht von dieser Welt sei. Doch der Staat ist von dieser Welt. Deswegen sollte der Staat nichts mit Christi Königtum und Kirche zu tun haben.

Auflösung: Zu Pilatus sagte unser Herr nur, daß Sein Reich und der Staat verschieden sind, aber Er sagte nicht, daß die beiden getrennt sein sollen. So ist auch die Seele des Menschen von seinem Leib verschieden, aber wenn beide getrennt werden, dann stirbt der Mensch. Und die Eltern sind von ihren Kindern verschieden, aber die Trennung der beiden (wie es die Jugendämter heute machen) bedeutet den Tod der Familie. Die Kirche und der Staat sind voneinander so verschieden wie das Leben auf der Erde vom ewigen Leben sich unterscheidet, aber die Trennung von Kirche und Staat bedeutet, eine Kluft zwischen dem irdischen und ewigen Leben zu schaffen und somit die Anzahl der in die Hölle fallenden Bürger deutlich zu steigern.

Zweiter Einwand: Die katholische Religion ist wahr. Doch die Wahrheit setzt sich von alleine durch. Deswegen braucht die katholische Religion keine Zwangsmaßnahmen durch den Staat, wie z.B. die Unterdrückung der öffentlichen Ausübung aller anderen Religionen.

Auflösung: In sich selbst gilt durchaus, wie die Lateiner sagen: „Die Wahrheit ist mächtig und wird obsiegen.“ Aber unter uns Menschen wird sie wegen der Erbsünde eben nicht einfach sich durchsetzen. Wären alle menschlichen Wesen (ausgenommen unser Herr und unsere Liebe Frau) seit dem Sündenfall nicht mit den vier Wunden Unwissenheit, Bosheit, Schwachheit und Begierlichkeit behaftet, dann stünde dem Sieg der Wahrheit deutlich weniger im Wege. Dann könnte Thomas Jefferson richtigerweise verkünden, daß die Wahrheit einfach bloß auf dem Marktplatz ausgesetzt werden müsse, damit sie sich durchsetze. Doch die Katholiken wissen, was die Kirche in diesem Punkt lehrt, daß nämlich der Mensch sogar noch nach der Taufe von der Erbsünde nach unten gezogen wird, so daß er jede vernünftige Hilfe seines Staates braucht, um die Wahrheit zu finden, ohne die er seine Seele nicht retten kann. Vernünftige Hilfe heißt nicht, daß der Staat jemanden zwingt, katholisch zu sein, sondern sie bedeutet, daß der Staat alle gefährlichen Gegenwahrheiten von Jeffersons Marktplatz ausschließt.

Dritter Einwand: Große Macht kann auch in großem Stil mißbraucht werden. Nun ist die Verbindung von Kirche und Staat für beide Seiten sehr machtvoll und deswegen kann sie zu großem Schaden führen. Schauen wir doch nur, wie die Konzilskirche und die säkulare Neue Weltordnung sich gegenseitig ermächtigen!

Auflösung: „Mißbrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf,“ sagt der Lateiner. Hätte unser Herr das Allerheiligste Altarsakrament uns etwa nicht schenken sollen, weil es auf schwere Weise mißbraucht werden kann? Die Wiedervereinigung von Konzilskirche und liberalem Staat ist ein gewaltiger Mißbrauch der Verbindung von Kirche und Staat. Doch sie beweist nicht die Falschheit der Verbindung von katholischem Staat mit der katholischen Kirche, sondern nur die Falschheit des Liberalismus.

Kyrie eleison.

Staatsreligion?

Staatsreligion? on November 26, 2011

Welchen Anteil beim Schutz oder bei der Förderung der katholischen Religion soll der Staat übernehmen? Katholiken mit dem Wissen, daß der Katholizismus die einzig wahre Religion des einen wahren Gottes ist, können nur antworten: Der Staat, als ebenfalls etwas von Gott Geschaffenes, ist verpflichtet, bestmöglich Gottes einer und wahrer Religion zu dienen. Im Gegensatz dazu stehen die Liberalen mit ihrer These, daß der Staat die wahre Religion nicht erkennen könne, weil beispielsweise die Religion auf jeden Fall Privatangelegenheit des Einzelnen sein müsse. Deswegen antworten diese Liberalen auf unsere Frage: Der Staat müsse das Recht aller Bürger garantieren, eine beliebige Religion auszuüben bzw. gar keine Religion. Betrachten wir im folgenden die katholischen Argumente.

Der Mensch wird von Gott erschaffen. Des Menschen Natur kommt also von Gott her. Nun aber ist der Mensch von Natur aus gesellschaftlich geprägt und deshalb muß auch diese Gesellschaftlichkeit von Gott herkommen. Nun schuldet aber nicht nur ein Teil des Menschen, sondern der ganze Mensch Gott die Anbetung (Erstes Gebot). Somit schuldet auch der Mensch in Gesellschaft Gott die Anbetung. Nun ist aber der Staat nichts anderes als die gesamten Gesellschaftlichkeiten der Menschen, die sich als Bürger im Staatskörper zusammenschließen. Also schuldet auch der Staat Gott die kultische Anbetung. Von den verschiedenen Kulten, welche notwendigerweise sich gegenseitig widersprechen (sonst wären sie nicht verschieden), können alle mehr oder minder falsch sein, aber nur ein einziger Kult kann vollständig wahr sein. Wenn es also einen solchen Kult gibt, der vollkommen wahr und auch als solcher erkennbar ist, dann schuldet jeder Staat (als Staat) Gott diesen Kult. Und weil der Katholizismus dieser Kult ist, schuldet somit jeder Staat (als Staat) Gott den katholischen Kult – einschließlich sogar das heutige England, Israel oder Saudi-Arabien.

Nun besteht allerdings ein wesentlicher Teil der kultischen Anbetung darin, nach seinen Möglichkeiten Gott zu dienen. In welcher Hinsicht kann ein Staat hierbei dienlich sein? Er kann einen sehr großen Dienst erweisen: weil der Mensch von Natur aus gesellschaftlich ist, hat seine Gesellschaft einen großen Einfluß darauf, wie er fühlt, denkt und glaubt. Auch haben die staatlichen Gesetze einen entscheidenden Einfluß auf die Formgebung seiner bürgerlichen Gesellschaft. Wenn beispielsweise Abtreibung und Pornographie legal sind, werden viele Bürger schließlich denken, daß daran wenig bis nichts falsch sein könne. Deswegen hat jeder Staat grundsätzlich durch seine Gesetze die Pflicht, den katholischen Glauben und seine Moral zu schützen und zu fördern.

So sieht der klare katholische Grundsatz aus. Bedeutet dieser Grundsatz nun, daß jeder Nicht-Katholik von der Polizei umzingelt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden sollte? Offensichtlich nicht, denn Sinn und Zweck der Anbetung und des Dienens Gottes liegt darin, ihm Ehre zu erweisen und Seelen zu retten. Ein rücksichtsloses Vorgehen des Staates würde aber genau den gegenteiligen Effekt erzeugen – also den Katholizismus diskreditieren und die Seelen entfremden. Daher lehrt die Kirche, daß selbst ein katholischer Staat das Recht hat, in der Praxis auf Maßnahmen gegen eine falsche Religion zu verzichten, wenn diese Maßnahmen ein noch größeres Übel verursachen oder ein höheres Gut verhindern würden. Trotzdem bleibt die grundsätzliche Pflicht des Staates bestehen, den katholischen Glauben und seine Moral zu schützen.

Soll also der Katholizismus den Bürgern aufgezwungen werden? Keinesfalls, weil der katholische Glaube nicht aufgezwungen werden kann. „Niemand glaubt gegen seinen Willen,“ sagt der Hl. Augustinus. Der vorhin dargelegte katholische Grundsatz bedeutet, daß in einem katholischen Staat, wo solche Maßnahmen normalerweise nicht abträglich sein dürfen bzw. sollen, der Staat die öffentliche Ausübung der nicht-katholischen Religionen verbieten darf bzw. soll. Diesen logischen Schluß leugnete das Zweite Vatikanum, weil es liberal war. Doch war diese Logik in den katholischen Staaten bis zum Zweiten Vatikanum gängige Praxis, und sie wird zur Rettung vieler Seelen beigetragen haben.

Kyrie eleison.

Finanzlösungen

Finanzlösungen on November 19, 2011

Eine ganze Reihe von Wirtschaftskommentatoren schreiben und sagen derzeit, daß das Weltfinanzsystem kurz vor dem Zusammenbruch steht. Zwar kennt keiner von ihnen den genauen Zeitpunkt, aber viele dieser Kommentatoren erwarten einen großen Zusammenbruch. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahre 2008 sahen allerdings nur sehr wenige Menschen diese kommen, weil die meisten sich mit einer Lebensart eingerichtet hatten, welche bewährt zu sein und immer weiterzugehen schien. Wenn jedoch die genannten Kommentatoren recht haben, so wird diese Lebensart nun aus ihren Angeln gehoben.

Wir alle sollten darüber nachdenken, was schiefgelaufen ist und wie es richtig gemacht werden kann. Es folgen einige praktischen Ratschläge aus einem kürzlich auf der Internet-Seite „Burning Platform“ („Brennende Plattform“) erschienenen Artikel. Man muß nicht mit jedem Punkt des Artikels übereinstimmen, um nach Alternativen zu unserem heutigen zerrütteten System zu suchen. Die Vorschläge sind politischer und finanzieller Natur. Beginnen wir mit den letztgenannten:—

Verstaatlichung jener Banken, welche „zu groß sind, um unterzugehen“ („too big to fail“) und somit den Staat erpressen können. Übertragung aller damit verbundenen Verluste auf jene Personen, welche für diese Bank verantwortlich oder an ihr beteiligt sind, anstatt auf die Steuerzahler.

Wiedereinsetzung des US-amerikanischen „Glass-Steagall“-Gesetzes, welches Banken daran hindern würde, jemals wieder so groß zu werden.

Wiedereinsetzung von Buchhaltungsrichtlinien für Neubewertungen, damit die Banken nicht mehr vorgeben können, ihre Vermögenswerte seien viel mehr wert, als sie auf dem Markt tatsächlich wert sind.

Regulierung des Derivaten-Marktes, um beispielsweise zu große Finanzunternehmen zu verhindern, welche bei ihrem Bankrott das gesamte System mitzureißen drohen (was beispielsweise im Falle des US-amerikanischen Versicherungskonzern AIG für „American International Group“ geschah).

Vereinfachung des derzeit sehr schwerfälligen Einkommensteuergesetzes oder gleich Ersetzung durch eine Verbrauchersteuer, und Abschaffung von Körperschafts-Steuererleichterungen.

Solche Vorschläge betreffen zwar ausdrücklich das Geldwesen, sind aber auch politischer Natur, weil ihre Realisierung eine entscheidendes politisches Umdenken der Menschen und besonders ihrer Führer voraussetzt. Die Geldwirtschaft hängt von der Politik ab. Es folgen die deutlicher politischen Vorschläge. Diese sind zwar diskussionswürdig, zeigen aber wenigstens in die richtige Richtung:

Einführung von Amtszeitbeschränkungen zur Bekämpfung von Korruption bei allzu bequemen Politikern. Entfernung aller organisierten Interessengruppen (englisch: Lobbies) und ihrer Vertreter, zur Bekämpfung der durch Spezialinteressen korrumpierten Wahlen.

Übertragung der Geldkontrolle an den Staat, um die Macht der Zentralbanken zu beschneiden.

Neugestaltung der staatlichen Sozialhilfe, weil diese heute dermaßen die Staatskassen leert, daß sie morgen überhaupt niemandem mehr wird helfen können.

Unterrichtung der Menschen dahingehend, daß sie einen weniger hohen „Lebensstandard“ akzeptieren und somit nicht mehr länger durch ihre Verschwendung die Gesellschaft ruinieren, sondern sie im Gegenteil durch ihr Sparen aufbauen.

Größtmögliche Ersetzung der Zersiedelung durch selbstversorgende Gemeinden.

Verzicht auf ein Weltreich (im Falle der USA) und dadurch Verringerung der immensen Militärausgaben, beispielsweise durch Zurückholen von tausenden von Truppen überall auf der Welt.

Auch hier gilt: Um solche Vorschläge in die Praxis umsetzen zu können, muß eine große Veränderung im Denken der Menschen und vor allem ihrer Führer vorausgehen. Politische Entscheidungen hängen immer davon ab, was den Menschen wichtiger oder am wichtigsten ist. Warum leben wir eigentlich? Um die Welt zu genießen, oder um auf ewig wirklich glücklich zu sein? Ist das überhaupt eine Entweder-Oder-Frage? Gibt es denn eine Ewigkeit? Solche Fragen zeigen, daß die Politik von der Religion bzw. vom Abschaffen der Religion abhängt. Wird aber heutzutage selbst ein finanzieller Totalzusammenbruch noch jemanden zur Vernunft bringen können?

Kyrie eleison.

Krisenfilme

Krisenfilme on September 24, 2011

Inzwischen behandeln bereits zwei interessante Filme das Erfaßtwerden der USA durch die Finanz- und Wirtschaftskrise, welche seit dem Jahre 2008 die gesamte westliche Lebensweise untergräbt. Beide Filme sind gut gemacht und überzeugen. Allerdings macht ein Film die Bankiers zu Helden, während der andere sie als Schurken zeigt. Dieser Widerspruch verdient eine eingehende Betrachtung, wenn die westliche Gesellschaft eine Zukunft haben will.

Der Dokumentarfilm Inside Job (der englische Begriff bedeutet ein von den eigenen Leuten ausgeführtes Verbrechen) zeigt eine Reihe von Befragungsgesprächen mit Bankiers, Politikern, Volkswirtschaftlern, Geschäftsleuten, Journalisten, Wissenschaftlern, Finanzberatern, uam. Die Gespräche ergeben ein erschreckendes Bild von Gier und betrügerischen Absprachen an der Spitze der US-amerikanischen Gesellschaft in all diesen Bereichen. Das freie Unternehmertum war zur Rechtfertigung der finanziellen Liberalisierung der 1980er- und 1990er-Jahre geworden. Die Geldmeister erhielten dadurch immer mehr Macht, bis sie schließlich alle einflußreichen Politiker, Journalisten und Akademiker unter ihre Kontrolle bringen konnten. Die dadurch erfolgte gnadenlose Ausplünderung der Mittel- und Arbeiterschicht ist nach wie vor im Gange. Zwar drängt die aufgestaute Wut der Opfer zu einer explosionsartigen Entladung, doch bisher können die Geldmeister einfach nicht aufhören, aus jenem Trog zu fressen, welchen sie für ihre Zwecke sich zusammengeschustert haben. „Gier ist gut, denn sie bewegt die Welt,“ sagen die „Bankster“ (Wortspiel für Gangster-Bankiers).

Der zweite Film, Too Big to Fail (deutsch: Zu groß, um unterzugehen) rekonstruiert die dramatischen Ereignisse des Herbst 2008 rund um den Zusammenbruch der „Lehmann Brothers,“ einer großen New Yorker Anlagebank. Der Film zeigt, wie US-Finanzminister Hank Paulson eine klassische Entscheidung für das freie Unternehmertum fällt und somit die Regierung keine Rettungsaktion vornimmt, sondern die „Lehmann Brothers“ in Konkurs gehen läßt. Das Ergebnis ist allerdings ein solcher Schock für die gesamte Finanzwelt, daß er zu einer Kernschmelze des weltweiten Finanz- und Handelssystems zu werden droht. Deswegen versuchen Paulson und seine Regierungskollegen, mithilfe aller führenden Bankiers von New York, den US-Kongreß dahin zu bringen, einen Rettungsplan aufkosten der Steuerzahler und für alle großen Banken zu genehmigen, welche um keinen Preis untergehen dürfen. Dieses Unterfangen gelingt Paulson gerade noch so. Das System ist noch einmal gerettet worden, und die Regierung und Bankiers sind die Helden des Tages. Wieder einmal erwies der Kapitalismus sich als das uns schon lange bekannte „Wunderwerk“ – jedoch dank eines sozialistischen Eingriffs!

Sind die Bankiers nun Helden oder Schurken? Die Antwort lautet: Helden allenfalls kurzfristig, doch ganz gewiß Schurken auf lange Sicht. Denn wir benötigen nur ein bißchen gesunden Menschenverstand für die Erkenntnis, daß jede Gesellschaft Selbstlosigkeit braucht, und daß keine Gesellschaft auf Gier aufgebaut sein kann, d.h. auf Selbstsucht. In allen Gesellschaften wird es immer die Vermögenden und die Armen geben (vergleiche Johannes 12,8). Die Gesellschaftsverwalter, welche Geld und Macht besitzen, müssen sich unbedingt um die Massen kümmern, welche nichts von alledem haben, sonst herrschen Revolution und Chaos. Natürlich setzen die Globalisten auf dieses baldige Chaos, um danach die Weltherrschaft zu erlangen. Doch auch für sie gilt: Der Mensch denkt und Gott lenkt.

Bis dahin sollen die Katholiken und alle, die sich um unsere Zukunft sorgen, ruhig die beiden Filme ansehen und sich einige grundsätzliche Fragen über den Kapitalismus und das freie Unternehmertum stellen. Wieso konnte der Kapitalismus diesmal nur durch den Sozialismus gerettet werden? Sind die Regierungen dann wirklich so schlimm? Ist der Kapitalismus wirklich so gut? Wie kann eine Gesellschaft ihr Überleben ausgerechnet von gierigen Menschen abhängig machen? Wie konnte sie nur in eine solche Abhängigkeit geraten? Gibt es heute überhaupt Anzeichen dafür, daß jemand solche Fragen stellt? Oder fahren wir – nennen wir die Dinge ruhig beim Namen! – mit unserer Anbetung des Mammons unbekümmert fort?

Seit der Menschwerdung Gottes kann ein Gesellschaftssystem nur dann funktionieren, wenn Jesus Christus durch seine Priester die Menschen von ihren Sünden losspricht. Der Kapitalismus lebte schon immer vom Katholizismus früherer Jahrhunderte. Wenn also der Katholizismus sich heute wie erschöpft benimmt, so ist es völlig logisch, daß der Kapitalismus abstirbt.

Kyrie eleison.

„Griechische Geschenke“ – III.

„Griechische Geschenke“ – III. on September 3, 2011

Mit einem „Vatikan-Mitglied“ als Quelle behauptete der italienische Journalist Andreas Tornielli letzten Monat schreiben zu dürfen, daß auf dem Treffen, welches am 14. September 2011 in Rom zwischen römischen Kirchenvertretern und dem Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. mit seinen zwei Assistenten stattfinden soll, eine mögliche kanonische Regularisierung der Bruderschaft besprochen werden könnte (siehe auch: vaticaninsider.​lastampa.​it/​en/​homepage/​inquiries-and-interviews/​detail/​articolo/​lefebvriani-vaticano-tradizione-fellay-7423/​ ). Es folgt eine Zusammenfassung von Torniellis wichtigsten Punkten:—

Die Vatikanischen Vertreter werden der Priesterbruderschaft erstens eine Klarstellung von Papst Benedikts XVI. „Hermeneutik der Kontinuität“ vorlegen, wonach diese die „echtere“ Auslegung der Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils sei. „Erst wenn“ diese Klarstellung die lehrmäßigen Schwierigkeiten zwischen den beiden Parteien beendet, wird zweitens eine Lösung für den kanonisch regelwidrigen Status präsentiert, in welchem die Bischöfe und Priester der Bruderschaft nach wie vor sind. Die Lösung soll die Form eines Ordinariats haben, wie es beispielsweise den übergetretenen Anglikanern im Mai 2011 zugestanden wurde, so daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. durch die Kommission „Ecclesia Dei“ direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt wäre. Diese Vereinbarung würde der Bruderschaft erlauben, weiterhin „ihre besonderen Eigenschaften zu behalten, und nicht den Diözesanbischöfen unterstellt zu sein.“ Allerdings ist drittens eine solche Vereinbarung noch nicht gesichert, weil „innerhalb der Priesterbruderschaft verschiedene Empfindlichkeiten existieren.“

Nach allem, was wir aus öffentlichen Quellen über die Beziehungen zwischen dem Vatikan und der Bruderschaft wissen, ist Torniellis Prognose für das Treffen am 14. September sehr wahrscheinlich. Jeder seiner drei Hauptpunkte verdient allerdings einen Kommentar:—

1.) Die „Hermeneutik der Kontinuität“ von Papst Benedikt XVI. ist keine Lösung für die lehrmäßige Kluft zwischen dem heutigen Vatikan und der Priesterbruderschaft Erzbischof Lefebvres (siehe „Eleison Kommentare“ 208 bis 211). Liegt Tornielli richtig, so wird zwar interessant (wenn auch nicht erbaulich), wie das moderne Rom einmal mehr beweisen will, daß 2 + 2 entweder 4 oder 5 sein kann, oder 5 oder 4. Die katholische Lehre hingegen ist so unbeugsam, auch wenn dies uns Menschen nicht immer vollkommen klar ist, wie der Satz 2 + 2 = 4.

2.) Über die von Tornielli erwähnte kanonische Vereinbarung gilt: Sollte die Priesterbruderschaft auf einen lehrmäßigen Kompromiß eingehen – was eigentlich unvorstellbar ist –, so könnte sie auf keinen Fall gleichzeitig unter die Obhut des Heiligen Stuhls gelangen (2 + 2 ist 4 oder 5) und trotzdem noch „ihre besonderen Eigenschaften behalten“ (welche schließlich darauf basieren, daß 2 + 2 ausschließlich 4 ist). Ein solches praktisches Abkommen würde auf die Bruderschaft einen so beständigen und schlußendlich nicht aushaltbaren Druck ausüben, daß sie die katholische Lehre nicht mehr länger als den Irrtum ausschließend, sondern ihn einschließend verstehen müßte. Und das würde bedeuten, den freimaurerischen Wahrheitsbegriff anzunehmen und den Existenzgrund von Erzbischof Lefebvres Priesterbruderschaft aufzugeben.

3.) Tornielli mag mit der Annahme richtig liegen, daß eine solche Vereinbarung noch nicht gesichert ist. Doch liegt er oder sein Vatikan-Mitglied völlig falsch, wenn er annehmen sollte, daß für das Nichtzustandekommen „verschiedenen Empfindlichkeiten“ in der Bruderschaft verantwortlich seien. Denn Empfindlichkeiten sind subjektiv, während das Hauptproblem zwischen dem Vatikan und Erzbischof Lefebvres Bruderschaft so objektiv wie die Gleichung 2 + 2 = 4 ist. Auf keinem erschaffenen Planeten oder Stern kann zu irgendeinem Zeitpunkt auf der Zeitachse von oder zur Ewigkeit jemals 2 + 2 irgendetwas anderes als ausschließlich vier ergeben.

Sprach Erzbischof Lefebvre nicht deswegen seine berühmten Worte aus, als seine taktischen Anstrengungen bei den Unterhandlungen im Mai 1988, um vom damaligen Kardinal Ratzinger für den wahren Glauben einen sicheren Schutz in der Amtskirche zu erhalten, fehlschlugen? Der Erzbischof sagte: „Eure Eminenz, selbst wenn Sie uns alles Gewünschte zugestehen sollten, so müßten wir trotzdem ablehnen, weil wir an der Christianisierung der Gesellschaft arbeiten, während Sie ihre Entchristlichung betreiben. Eine Zusammenarbeit zwischen uns ist unmöglich.“

Kyrie eleison.