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Eine Erklärung?

Eine Erklärung? on Dezember 8, 2012

Ein Bekannter von mir gab mir kürzlich in Kopie die offizielle Erklärung der Bruderschaft, welche das Generalhaus an alle Bruderschaftsoberen versandt hatte, um fünf möglicherweise beunruhigende Äußerungen des Generaloberen zu rechtfertigen. Weil der Bekannte nach meiner Einschätzung fragte, sage ich ehrlicherweise, daß die Bruderschaftsoberen nach wie vor beunruhigt sein dürften. Meine Begründung in kurzen Zügen:—

Erstens betonte der Generalobere im Mai des Jahres in Österreich gegenüber Bruderschaftspriestern, daß die Priesterbruderschaft ihre Beziehung zu Rom überdenken müsse. Das Generalhaus erklärt nun in seiner offiziellen Aussendung, daß diese Äußerung keine Änderung an der Haltung der Bruderschaft zu Neurom bedeute, sondern nur einen Aufruf an die Mitglieder der Bruderschaft darstelle, anzuerkennen, daß nicht jede Äußerung der Neurömer unsinnig sei. Allerdings verstanden die Priester in Österreich die ursprünglichen Worte des Generaloberen auf jene Weise, welche er selber im Hausmagazin der Bruderschaft ( Cor Unum ) im März des Jahres darlegte, daß also die „neue Situation“ in der Kirche „verlangt, daß wir eine neue Haltung im Hinblick auf die offizielle Kirche annehmen,“ denn seit 2006 „wurden wir Zeugen einer Entwicklung in der Kirche.“ Hat das Generalhaus auch eine Erklärung für diese geschriebenen Worte des Generaloberen?

Zweitens soll der Generalobere bei der gleichen Gelegenheit in Österreich gesagt haben, daß die potentielle Einigung mit Rom bedeuten werde, alle Bruderschafts-Kapellen jünger als drei Jahre niederzureißen. Das Generalhaus erklärt jetzt zu diesem Punkt, daß der Generalobere in Wirklichkeit gesagt habe, daß überall dort, wo die Bruderschaft schon länger als drei Jahre eine hl. Messe lese, eine Kapelle errichtet werden könne. Allerdings sagte der Generalobere auch, daß an jenen Orten, wo die Bruderschaft noch keine drei Jahre wirke, sie ihren Dienst im privaten fortsetzen könne – was natürlich bedeutet, daß sie alle ihre öffentlichen Gebäude wenigstens stillegen muß.

Drittens sagte der Generalobere ebenfalls im Mai zum katholischen Nachrichtendienst CNS aus den USA, daß die Religionsfreiheit „sehr, sehr eingeschränkt“ sei. Das Generalhaus erklärt nun, daß der Generalobere hierbei von der „wahren Religionsfreiheit“ gesprochen habe, welche also die Kirche immer gelehrt hat und wo in der Tat dieses Recht auf die katholische Religion eingeschränkt ist. Allerdings sind die Worte des Generaloberen bei CNS erstens glasklar und zweitens von jedem mit Internet-Zugang nachprüfbar: „ Das Konzil stellte eine Religionsfreiheit vor, welche in Wirklichkeit eine sehr, sehr eingeschränkte war – sehr eingeschränkt.“ Das Generalhaus sollte vielleicht eine zweite Erklärung hinzufügen, um zu bekunden, daß diese erste Erklärung kein Irrtum (im besten Falle) war.

Viertens gab der Generalobere im September in Ecône zu, daß er in seinem Umgang mit Rom einem Irrtum erlegen war. Das Generalhaus erklärt nun, daß der Irrtum allerdings nur einen „sehr präzisen und eingeschränkten Gesichtspunkt“ umfaßte, namentlich in der Frage nach dem Beharren oder Nichtbeharren des Papstes darauf, daß die Priesterbruderschaft das Konzil anerkenne. Nun ist allerdings dieses Beharren auf dem Konzil (zusammen mit dem Beharren auf der Neuen Messe) der ganze Angelpunkt des Streits zwischen der Bruderschaft und Neurom. Diese Erklärung, läßt sie nicht den Generaloberen doch im übertragenen Sinne sagen, daß der tiefe Riß in der Titanic durch den Eisberg nur ein sehr präziser und begrenzter Riß war?

Fünftens erklärte der Generalobere vor einigen Jahren, daß die Konzilsdokumente zu „95% annehmbar“ seien. Das Generalhaus schrieb nun, daß er damit den Buchstaben und nicht den Geist des Konzils gemeint habe. Doch welche Mutter wird ihren Kindern auch nur ein Stück eines Kuchens geben, von dem sie weiß, daß 5% von ihm vergiftet sind? Zwar könnte sie ihnen theoretisch wirklich irgendein Stück aus dem nicht vergifteten 95%-Anteil geben, doch wird sie nicht in der Praxis zurecht Angst vor dem vergiftenden Geist hinter all den Kuchenstücken haben?

Zusammenfassend gesagt: Hätte die Krise der Priesterbruderschaft vom Frühjahr und Sommer mich über die Kompetenz und Ehrlichkeit vom Generaloberen und seinem Generalhaus wundern lassen, so würde ich mich nach dieser Erklärung des Generalhauses mit ihren fünf Zitaten immer noch wundern. Möge Gott mit ihnen sein, denn ihre Verantwortung ist gewaltig.

Kyrie eleison.

„Marcellus Initiative“

„Marcellus Initiative“ on November 10, 2012

Letzte Woche präsentierten wir Einzelheiten zur „Marcellus Initiative,“ die mit dem Ziel gegründet worden war, Spenden für das Anliegen des kürzlich „ausgeschlossenen“ Bischofs zu erleichtern. Nun fragten einige Leser zurecht, wofür diese „Initiative“ denn genau stehe. Zuerst einmal wird sie die Kosten für den Umzug des Bischofs aus Wimbledon oder London an einen anderen Ort tragen, wo er dann verweilen wird. Weit über solche Unkosten hinausgehend ist der Begriff Initiative jedoch bewußt gewählt worden, um verschiedene Möglichkeiten offenzuhalten. Allerdings sei betont, daß Spenden an diese Initiative in nächster Zeit nicht dazu verwendet werden, einen Ersatz zur Priesterbruderschaft St. Pius X. oder ein neues Seminar zu finanzieren. Es gibt gute Gründe, warum diese beiden Anliegen ohne Eile sind.

Bezüglich einer Alternative zur Priesterbruderschaft sei gesagt, daß wir aus ihrer gegenwärtigen schweren Krise erst einmal die Lehre ziehen müssen. Die katholische Kirche fußt auf einer Hierarchie der Autorität, welche abwärts vom Papst bis in die unteren Ränge reicht. Allerdings hat unsere revolutionäre Welt inzwischen den natürlichen Sinn der Menschen für die Autorität so sehr zerstört, daß auf der einen Seite nur noch wenige Personen zu befehlen wissen, und auf der anderen Seite die meisten Menschen entweder zu wenig oder aber zu viel gehorchen. Der bodenständig gesunde Menschenverstand ist uns derart abhandengekommen, daß die katholische Autorität kaum mehr funktionieren kann. Auf ähnliche Weise, wie nur Gott allein die Autorität von Mose durch eine gewaltige Züchtigung der Rebellen wieder herstellen konnte (vergleiche viertes Buch Mose „Numeri“), so kann auch in unserer Zeit gewiß nur Gott allein die päpstliche Autorität auf die Beine stellen. Wird er dazu einen „Feuerregen“ schicken, vor dem Unsere Liebe Frau 1973 im japanischen Akita gewarnt hat? Wie dem auch sei; Glaubensoasen bleiben für uns eine unmittelbare und geeignete Möglichkeit, und ich meine ihnen nach Kräften dienlich zu sein.

Ähnliche Argumente gelten bezüglich des Neustarts eines klassischen katholischen Priesterseminars. Ein altes Sprichwort erinnert daran, daß man ohne ausreichende Mittel nicht an die Arbeit gehen kann. Auf unsere Situation angewandt: Es fällt immer schwerer, aus den heutigen Jungmännern katholische Priester zu formen. Übernatürliche Qualitäten des Glaubens, des guten Willens und der Frömmigkeit sind zwar eine große Hilfe, aber dennoch baut die Gnade auf der Natur auf, und diese natürlichen Grundlagen – wie z.B. ein stabiles Zuhause und eine wahrhaft menschliche Erziehung – fehlen heute immer mehr. Gewiß gibt es noch gute Familien, wo die Eltern verstanden haben, was ihre Religion von ihnen verlangt, um ihre Kinder auf den Weg in den Himmel senden zu können. Und gewiß geben etliche Eltern dabei auch heldenhaft ihr Bestes. Aber unsere abartige Zeit trachtet nach der Zerstörung des gesunden Menschenverstandes und des natürlichen Anstandes von Geschlecht, Familie und Nation. Selbst mit den besten Absichten bleiben die Kinder des heutigen sozialen Umfeldes schlechterdings mehr oder weniger daran gehindert, eine Berufung Gottes wahrzunehmen oder ihr zu folgen.

Hat also Gott seine Kirche aufgegeben und läßt er uns in Zukunft ohne Priester sein? Natürlich nicht. Jedoch sind zwei Dinge zu beachten. Erstens darf eine zur Seelenrettung gegründete katholische Organisation von morgen keinesfalls ihren Scharfblick verlieren bezüglich der seelenzerstörenden Natur der Konzilskirche und der modernen Welt. Und zweitens können keine Priester von morgen ausgebildet werden, welche zwar die Summa Theologiae des Hl. Thomas von Aquin perfekt kennen, aber kaum eine oder gar keine Vorstellung haben, wie diese Summa auf das heutige Leben anzuwenden ist.

Kongregationen und Seminare von morgen müssen auf Biegen oder Brechen an der Wirklichkeit festhalten, anstatt davon zu träumen, wie „normal“ sie doch seien oder sein sollten. Ist diese Aufgabe zu schaffen? Mit Gottes Hilfe gewiß. Allerdings ist Gottes Weisheit unergründlich, und möglicherweise bedient er bei der Seelenrettung von morgen sich nicht mehr länger der klassischen Kongregationen und Seminare von gestern. Was mich angeht, so werde ich jedenfalls versuchen, Gottes Vorsehung beim Weihen von Priestern – und von Bischöfen – zu folgen. Gottes Wille geschehe.

Kyrie eleison.

Elmer Gantry

Elmer Gantry on Oktober 13, 2012

Bei einem kürzlichen Langstreckenflug führte das im Sitzplatz eingebaute Unterhaltungssystem unter der Rubrik „Klassiker“ einen Film, welchen ich vor ungefähr 50 Jahren zum ersten Mal gesehen hatte. Es ist die im Jahre 1960 gedrehte Verfilmung der Novelle Elmer Gantry des US-amerikanischen Schriftstellers Sinclair Lewis. Zwei Bemerkungen aus Dialogen dieses Films blieben in meinem Gedächtnis haften, weswegen ich mich gut an ihn erinnerte. Die erste Bemerkung stammt von einem alten Mann, welcher eine religiöse Bekehrung mit Betrunkenwerden vergleicht. Die zweite Bemerkung kommt von einer jungen Frau, die darum bettelt, angelogen zu werden. Nun sah ich mir den Film erneut an . . .

Elmer Gantry ist ein Schwindler aus den 1920er Jahren in den USA, welcher eines Tages dem Charme der Predigerin und „Schwester“ Sarah Falconer verfällt, welche für die protestantische Erweckungsbewegung eine landesweite Zeltmission durchführt. Der Film ist etwas wirr, weil ihm das Gespür für wahre Religion fehlt. Dennoch zeigt er sowohl das wahre Bedürfnis der Menschen nach Religion, als auch die Falschheit der fundamentalistischen protestantischen „Religion“ gut. Dieses wahrhaftige Bedürfnis und seine unechte Befriedigung kommen gemeinsam gut zum Ausdruck, wenn Elmer einem alten Mann, der gerade im Missionszelt putzt, einige Fragen stellt. „Mein Herr,“ erwidert er, auf seinen Besen gestützt, „ich wurde schon fünf Mal bekehrt. Von Billy Sunday, von Reverend Biederwolf, von Gypsy Smith und zweimal von Schwester Falconer. Erst werde ich fürchterlich betrunken, und dann werde ich echt gerettet. Beides hat mir jeweils sehr gutgetan – sowohl betrunken als auch gerettet zu werden.“

Diese Bemerkung besitzt gewiß ihre komische Seite. Aber dennoch ist sie angesichts der vielen Seelen tragisch, welche es inzwischen für normal halten, religiöse Bekehrung mit Betrunkenwerden auf dieselbe Stufe zu stellen. Dann übertrifft sozusagen die Überlebenskunst die Erweckungsbewegung, und wir sind weit auf dem Weg zur Lächerlichmachung der Religion überhaupt. Wievielen Seelen muß der Heilige Name „Jesus“ für immer vergällt worden sein durch die Gefühlsduselei solcher fundamentalistischer Erweckungsprediger. Lesen Sie die Novelle „Wise Blood“ und andere Geschichten von Flannery O’Connor (1925–1964), einer katholischen Schriftstellerin in den USA, die mit ihren Schriften zwar schockiert, aber gewiß nicht wirr ist. Sie schildert, wie sehr der Protestantismus des tiefen Südens der USA den religiösen Instinkt des Menschen zu entstellen vermag. Gott kann Rosen zwar aus der Kanalisation wachsen lassen – aber dennoch richtet die Häresie einen gewaltigen Schaden an.

Die zweite Bemerkung, an welche ich mich so gut erinnerte, fällt im Film in einem eher privaten Zusammenhang. Und doch ist ihre potentielle Anwendung größer als man hätte zuerst denken können. Während Elmer der Schwester Falconer hinterherrennt, trifft er zufällig auf eine weitere Frau, welche er Jahre zuvor schlecht behandelt und dann verlassen hatte. Als diese Frau vom Verhältnis Elmers zu Schwester Falconer erfährt, trachtet sie nach Rache. Doch selbst als sie dabei ist, Elmer eine „Honigfalle“ zu stellen, um ihn in den Medien vollkommen bloßzustellen, will sie immer noch von ihm gesagt bekommen, daß er sie liebe. So spricht sie also zu Elmer: „Erzähle mir ruhig eine gute, starke Lüge, die ich glauben kann – aber umarme mich fest.“ Weil sie ihn also immer noch liebt, ist ihr Wollen nur darauf ausgerichtet, getäuscht zu werden.

So steht es auch mit der Welt um uns herum: sie verlangt nur noch, getäuscht zu werden. Deswegen beherrschen die Lügen des Teufels diese Welt, in der wir leben. Denn wir wollen Gott nicht. Zwar kann das Leben ohne ihn überhaupt nicht funktionieren – lesen Sie Psalm 126 Vers 1, und schauen Sie sich doch nur um –, aber trotzdem wollen wir unbedingt glauben, daß das Leben ohne ihn am besten sei. Im Grunde sagen wir unseren Politikern folgendes: „Wir wählten euch, damit ihr uns gute, starke Lügen erzählt und uns in unserer Gottlosigkeit festhaltet. Zieht ruhig ein 9/11 (New Yorker Zwillingstürme) oder ein 7/7 (die britische Variante von 9/11) durch, und macht was ihr wollt, solange wir nur an euch als Ersatzgott, der sich um uns kümmert, glauben können. Je größer die Lüge ist, desto eher glauben wir sie – aber ihr müßt uns bloß festhalten. Baut euren Polizeistaat ruhig weiter auf – nur haltet Gott draußen.“

Wen überrascht es da, daß wir heute so eine satanische Welt haben?

Kyrie eleison.

„Rebellisch und entzweiend“

„Rebellisch und entzweiend“ on September 15, 2012

Das Johannesevangelium erteilt uns heute im siebten Kapitel eine besondere Lektion: Wer sind die wahren und wer die scheinbaren Rebellen gegen die Obrigkeit? Wer spaltet das Volk Gottes nur scheinbar und wer entzweit es wirklich? Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen. Wir tun gut daran, folgende Weisung zu beherzigen: „Urteilt nicht nach dem Äußeren, sondern nach Gerechtigkeit fällt Euer Urteil“ (Johannes 7,24).

Dieses Kapitel des Johannes berichtet über die letzte Zeit des irdischen Lebens unseres Herrn. Die Juden trachten danach, ihn zu töten (Vers 1), aber nichtsdestotrotz zieht Unser Herr nach Jerusalem weiter und lehrt im Tempel (Vers 14). Die Volksmenge ist jetzt bereits gespalten (Vers 12), so daß als Folge seiner Lehren ein Teil der Menschenmenge (Vers 40) in ihm den Propheten erkennt (von Deuteronomium 18,15–19). Ein anderer Teil der Menge hingegen (Vers 41–42) verweigert ihm, weil er aus Galiläa stammt, diese Anerkennung. So herrscht in der Volksmenge dann Entzweiung und Streit. Eine solche Entzweiung an sich ist tadelnswert, und somit lautet die Frage: Wer ist daran schuld? Sicherlich nicht unser Herr, welcher lediglich die Doktrin seines himmlischen Vaters lehrt (Vers 16–17). Gewiß auch nicht jener Teil des Volkes, der die göttliche Lehre annahm. Eindeutig liegt die Schuld für die Entzweiung bei den Tempeloberen und bei jenem Teil der Volksmenge, welcher die Wahrheit ablehnte.

Auf ähnliche Weise entzweite Erzbischof Lefebvre in den 1970er und 1980er Jahren die Katholiken durch sein Lehren und Praktizieren der katholischen Tradition. Doch welcher Katholik, der sich heute traditionell zu sein rühmt, gibt dem Erzbischof die Schuld an dieser Entzweiung? Sicherlich war der Grund für die Kirchenspaltung weder beim Erzbischof zu suchen, noch bei jenen, die ihm nachfolgten. Sondern die Hauptschuld lag bei den Kirchenautoritäten, welche die wahre Religion verdrehten – genau wie die Tempeloberen zur Zeit unseres Herrn. Immer und immer wieder bat der Erzbischof die Kirchenoberen eindringlich, „in Gerechtigkeit ein Urteil zu fällen,“ indem er sie mit dem Hauptproblem konfrontierte, also mit ihrem konziliaren Ehebruch mit der modernen Welt. Bis heute verweigern sie sich dieser Konfrontation. Immer und immer wieder lautet ihre einzige Antwort: „Gehorsam!,“ „Einheit!.“ Weist denn nicht dieser völlige Mangel an Argumenten bezüglich dieser grundlegenden Wahrheitsfragen darauf hin, daß diese Kirchenoberen die eigentlichen wahren Rebellen und Spalter der Kirche sind?

Entzweiung an sich ist keine gute Sache, und doch wußten unser Herr und auch Erzbischof Lefebvre genau, daß ihrem Lehren eine Entzweiung folgen würde. Warum fuhren sie dann überhaupt damit fort? Weil die Seelen mit einer Entzweiung (vergleiche Lukas 12,51–53), aber nicht ohne die Wahrheit gerettet werden können. Wenn religiöse Autoritäten das Volk in die Irre führen – und der Teufel bearbeitet sie besonders hart, weil er um ihre Macht weiß, viele Seelen irreführen zu können –, dann muß die Wahrheit verkündet werden, um die Menschen wieder auf den Weg zum Himmel zurückzuführen, selbst wenn diese Verkündung eine Entzweiung verursacht. Insofern steht also die Wahrheit über der Autorität und Einigkeit.

Wo ist nun im Jahre 2012 die Wahrheit? Ist denn die Aussage, daß das Zweite Vatikanum eine Katastrophe für die Kirche darstellt, wahr oder falsch? Die Kirchenautoritäten, welche Assisi III und die „Seligsprechung“ von Johannes Paul II. uns bescherten, hängen immer noch am Vatikanum II – ist diese Aussage wahr oder falsch? Wenn also die Priesterbruderschaft St. Pius X. eben diesen römischen Autoritäten sich unterstellt, so werden diese ihre gesamte Geltung und die von der Bruderschaft selber ihnen übergebene Macht über sie verwenden, den Widerstand der Priesterbruderschaft gegen das Zweite Vatikanum aufzulösen – wahr oder falsch? Somit läuft die Bruderschaft ernsthaft Gefahr, ihren noch vorhandenen Willen, dieser römischen Geltung und Macht zu widerstehen, langsam aber sicher zu verlieren – wahr oder falsch? Wie die Römer sagen: „Rom hat Zeit.“

Wenn wir also „nicht nach dem Äußeren urteilen, sondern nach Gerechtigkeit unser Urteil fällen,“ wer in der Priesterbruderschaft „entzweit“ wirklich? Und wer sind die wahren „Rebellen gegen die Autoritäten“? Sind das jene, welche das Risiko einer Vermischung von katholischer Wahrheit und konziliarem Irrtum tadeln, oder vielmehr jene, welche diese Vermischung fördern?

Kyrie eleison.

April-Zweideutigkeit

April-Zweideutigkeit on September 8, 2012

Am 17ten April dieses Jahres legte die Priesterbruderschaft St. Pius X. Rom ein vertrauliches Dokument vor, von dem es hieß, daß es katholische Grundsätze darlegte, welche von allen Bruderschaftsoberen angenommen werden konnten. Mitte Juni wies Rom dieses Dokument als Basis für eine gegenseitige Vereinbarung allerdings zurück. Gott sei Dank, denn dieses Dokument enthielt eine äußerst gefährliche Zweideutigkeit. Kurz gesagt besteht sie aus der Frage, ob ein Ausdruck wie „Lehramt aller Zeiten“ das Lehramt bis 1962 oder das Lehramt bis 2012 meint. Hier geht es um nichts weniger als um den Unterschied zwischen der Religion Gottes und der vom Menschen veränderten Religion Gottes: der Religion des Menschen. Betrachten wir die entsprechende Dokumentstelle, wie sie für die Bruderschaftsoberen am 18ten April zusammengefaßt wurde:—

„1) Die Tradition muß Kriterium und Leitfaden für das Verständnis der Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils sein. 2) Somit können die Aussagen des Konzils und der nachkonziliaren päpstlichen Lehre bezüglich des Ökumenismus, des interreligiösen Dialogs und der Religionsfreiheit nur im Lichte der vollständigen und ununterbrochenen Tradition verstanden werden; 3) auf eine Weise, die im Einklang mit den Wahrheiten steht, die vom früheren kirchlichen Lehramt gelehrt wurden; 4) und ohne irgendeine Auslegung zu akzeptieren, welche der Tradition und diesem Lehramt entgegensteht oder mit ihnen bricht . . .”

Die Zweideutigkeit – ob nun das Lehramt bis 1962 oder aber bis 2012 gemeint ist – lauert hier in den zwei Worten „Tradition“ und „Lehramt.“ Schließt hier die Verwendung der beiden Worte die Lehren des Konzils (von 1962–1965) und seine Folgen nun aus oder ein? Jeder Traditionskatholik wird diese Textstelle so verstehen, daß sie die Konzilslehren ausschließt, weil er den gewaltigen Unterschied zwischen der wahren Kirche und der Neukirche kennt. Doch ein Konzilsgläubiger kann die Textstelle so auslegen, daß er eine nahtlose Kontinuität zwischen der Kirche vor dem Konzil und der nachkonziliaren Kirche behaupten kann. Betrachten wir genauer, wie Traditionalisten auf der einen Seite und Konziliaristen auf der anderen Seite diese Textstelle jeweils auf ihre eigene Weise auslegen können.

Zuerst die traditionelle Lesart: „1) Die vorkonziliare Tradition muß Maßstab und Richtschnur über die Konzilslehren sein (und nicht umgekehrt). 2) Somit muß die Konzils- und nachkonziliare Lehre durch die gesamte traditionelle Lehre vor dem Konzil gesiebt werden; 3) so daß nichts im Gegensatz zur Lehre des kirchlichen Lehramtes vor dem Konzil steht; 4) ohne irgendeine Auslegung oder Textstelle zu akzeptieren, welche mit der vorkonziliaren Tradition und dem vorkonziliaren Lehramt bricht.“

Sodann die konziliare Lesart (sicherlich jener Römer, welche die heutige Kirche führen): „Die Tradition vor und nach dem Konzil (weil sie gleich sind) muß das Konzil beurteilen. 2) Somit muß die Konzilslehre über kontroverse Themen durch die eine und gesamte vor- und nachkonziliare Lehre gesiebt werden (weil nur das die „vollständige und ununterbrochene“ Tradition ist); 3) so daß nichts im Gegensatz zum vor- oder nachkonziliaren kirchlichen Lehramt steht (weil beide das gleiche lehren); 4) ohne eine Auslegung zu akzeptieren, welche mit der vor- oder nachkonziliaren Tradition und dem vor- oder nachkonziliaren Lehramt bricht (weil es zwischen den vieren keinen Bruch gibt).“

Die konziliare Lesart besagt also, daß das Konzil vom Konzil beurteilt wird. Das bedeutet natürlich, daß das Konzil freigesprochen wird. Im Gegensatz dazu verurteilt jedoch die traditionelle Lesart der Textstelle das Konzil aufs schärfste. Zweideutigkeiten sind tödlich für den wahren Glauben. Jemand will hier mit unseren katholischen Köpfen herumspielen. Ob einer oder mehrere – der Kirchenbann soll sie treffen!

Kyrie eleison.

Sechs Bedingungen

Sechs Bedingungen on September 1, 2012

In seinem offiziellen Brief vom 18. Juli 2012 an die Distriktoberen enthüllte der Generalsekretär der Priesterbruderschaft St. Pius X. die sechs „Bedingungen“ für eine künftige Vereinbarung zwischen Rom und der Bruderschaft. Anfang Juli 2012 arbeiteten die 39 Kapitelmitglieder diese Bedingungen in Besprechungen heraus. Diese Bedingungen unterstreichen gewiß eine besorgniserregende Schwäche aufseiten der gesamten Bruderschaftsführung.

Die erste „erforderliche Voraussetzung“ ist die Freiheit für die Bruderschaft, die unveränderliche Wahrheit der katholischen Tradition lehren und die Verantwortlichen der Irrtümer des Modernismus, Liberalismus und des Zweiten Vatikanum kritisieren zu dürfen. Soweit, so gut. Doch beachten wir, wie diese Vorstellung des Generalkapitels gegenüber Erzbischof Lefebvres Sichtweise sich geändert hat. Seine Anforderung lautete: „ Rom muß sich bekehren, weil die Wahrheit absolut ist.“ Doch dies bedingt das Generalkapitel nicht mehr aus, sondern schreibt nur noch: „Die Bruderschaft verlangt für sich die Freiheit, die Wahrheit zu verkünden.“ Anstatt den konziliaren Glaubensverrat anzugreifen, bittet die Bruderschaft nun die Verräter um Erlaubnis, die Wahrheit verkünden zu dürfen. „Oh meine Bürger, welch ein Fall war das!“ (William Shakespeare, „Julius Cäsar“)

Die zweite Bedingung sieht die ausschließliche Verwendung der 1962er-Liturgie vor. Wiederum schön und gut, weil die 1962er-Liturgie keinen Verrat am wahren Glauben darstellt im Gegensatz zur konziliaren Liturgie, welche ab 1969 von Rom verhängt worden ist. Aber werden wir denn nicht gerade Zeuge von den Vorbereitungen Roms, den traditionellen Kongregationen, welche sich unter die römische Autorität gestellt haben, ein Meßbuch der „gegenseitigen Bereicherung“ aufzuerlegen, indem die Tradition mit dem Novus Ordo gemischt wird? Wieso sollte die Bruderschaft davor geschützt sein, wenn sie sich erst Rom unterworfen hätte?

Die dritte Bedingung verlangt eine Garantie von mindestens einem Bischof. Doch die Schlüsselfrage lautet hier: Wer wählt diesen Bischof aus? Liebe Leser, springen Sie in diesem Text einer künftigen „Vereinbarung“ zwischen Rom und der Bruderschaft schnurstracks zu dem Absatz, welcher die Ernennung von Bischöfen regelt. Im Jahre 1988 schlug Rom vor, daß der Erzbischof drei Weihekandidaten vorschlägt und Rom dann einen auswählt. Doch Rom verschmähte alle drei vorgeschlagenen Kandidaten. Wann werden die Menschen endlich kapieren? Katholiken müssen kämpfen und immer weiter kämpfen in dieser gigantischen Schlacht zwischen der Religion Gottes und der Menschenreligion.

Die vierte Bedingung begehrt eigene Bruderschafts-Schiedsgerichte in erster Instanz. Doch wenn jedes höhere Amtskirchengericht die Entscheidungen eines niedrigeren Gerichtes aufheben kann, was für einen Wert hat dann ein katholisches Urteil eines Bruderschafts-Gerichtes noch?

Die fünfte Bedingung formuliert den Wunsch, daß die Häuser der Bruderschaft der Kontrolle durch die Diözesanbischöfe entzogen seien. Das ist einfach unglaublich. Fast 40 Jahre lang hat die Priesterbruderschaft für die Rettung des Glaubens gekämpft und ihre wahrheitsliebende praktische Glaubensausübung vor der Einmischung durch die Ortsbischöfe geschützt. Und nun kommt das Generalkapitel daher und spricht nur noch den Wunsch nach Unabhängigkeit von diesen Ortsbischöfen aus? Liebe Leser, die Priesterbruderschaft ist leider nicht mehr das, was sie einmal war. Sie ist in den Händen von Menschen, die anders als Erzbischof Lefebvre denken.

Und die sechste und letzte Bedingung wünscht eine in Rom einzurichtende Kommission, welche um die Tradition sich kümmern solle – mit einer starken Vertretung aus der Tradition, aber in „Abhängigkeit vom Papst.“ Abhängigkeit vom Papst? Sind die Konzilspäpste etwa nicht die Rädelsführer des Konziliarismus gewesen? Ist der Konziliarismus denn inzwischen kein Problem mehr?

Im Ergebnis sind diese sechs Bedingungen äußerst gravierend. Sollte die Bruderschaftsführung nicht aus ihrem Traum von einem Frieden mit dem Konzilsrom – so wie es sich ihr präsentiert – herausgerissen werden, so riskiert die letzte weltweite Bastion des katholischen Glaubens, vor den Glaubensfeinden zu kapitulieren. Vielleicht sind Bastionen inzwischen veraltet.

Liebe Freunde, bereiten Sie sich auf den Glaubenskampf von zuhause aus vor. Wandeln Sie Ihr Haus in eine Festung um.

Kyrie eleison.