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Nochmals Lehre

Nochmals Lehre on August 18, 2012

Die Verachtung der „Doktrin“ – also allgemein gesagt der „Lehre“ – ist heute ein schwerwiegendes Problem. Selbst die „besten“ Katholiken unseres 21. Jahrhunderts geben Lippenbekenntnisse über die Wichtigkeit der „Doktrin“ ab, während sie instinktiv meinen, daß sogar die katholische Lehre eine Art Gefängnis für ihren Verstand sei, und der Verstand eben nicht gefangen sein dürfe. In Washington DC steht im Inneren der Kuppel der Jefferson-Gedenkstätte – dem quasi-religiösen Tempel des berühmtesten Verfechters der Freiheit in den USA – folgende religiös wirkende Erklärung Jeffersons: Am Altar Gottes schwöre ich ewige Feindschaft gegen jede Form von Tyrannei über den Verstand des Menschen. Gewiß dachte er dabei unter anderem an die katholische Glaubenslehre. Die Quasi-Religion des modernen Menschen beinhaltet genau die Ablehnung jeder festen Doktrin.

Ein Satz aus einem kürzlichen „Eleison Kommentar“ (Nummer 263 vom 28. Juli 2012) liefert hingegen einen anderen Blickwinkel auf die Art und Bedeutung von „Doktrin“: Solange Rom an seiner Konzilslehre hängt, wird es eine solche (nicht-lehrmäßige) Vereinbarung notwendigerweise dazu verwenden, die Bruderschaft zum (Zweiten Vatikanischen) Konzil heranzuziehen. Anders formuliert: Die treibende Kraft hinter dem Bemühen Roms, angeblich die „Doktrin“ geringzuschätzen und die Priesterbruderschaft um jeden Preis konziliarisieren zu wollen, ist gerade Roms Glaube an seine eigene Konzilslehre. So wie die traditionelle katholische Glaubenslehre – hoffentlich – die treibende Kraft der Priesterbruderschaft St. Pius X. ist, so ist die Konzilslehre die Antriebsfeder von Rom. Beide Lehren prallen zwar aufeinander, aber dennoch sind beide jeweils eine treibende Kraft.

Anders gesagt ist also „Doktrin“ nicht lediglich ein Gedankengut in den Köpfen der Menschen beziehungsweise ein geistiges Gefängnis. Denn unabhängig davon, welche Gedanken ein Mensch zu fassen sich entschieden hat: seine wahre Doktrin besteht genau aus diesem Gedankengut, welches sein Leben antreibt. Obgleich der Mensch dieses Gedankengut ändern kann (z.B. wenn er sich bekehrt), so ist es doch ausgeschlossen, daß er kein Gedankengut hat. Der antike Denker Aristoteles formuliert es so: „Wenn Du philosophieren willst, so mußt Du philosophieren. Willst Du hingegen nicht philosophieren, so mußt Du dennoch philosophieren.“ Auf ähnliche Weise mögen Liberale zwar jedes feste Gedankengut als Tyrannei verachten, doch ist ihre Annahme, daß jedes Gedankengut eine Tyrannei sei, wiederum selber ein tragender Gedanke. Genau dieser tragende Gedanke treibt heute das Leben von Milliarden von Liberalen und viel zu vielen Katholiken an. Diese letzten sollten vernünftiger sein, aber leider liegt die Vergötzung der Freiheit im Wesen von uns modernen Menschen.

Richtig verstanden ist Doktrin also nicht nur ein eingrenzendes Gedankengut, sondern vielmehr die zentrale Vorstellung von Gott, vom Menschen und vom Leben, die das Leben jedes atmenden Menschen vorantreibt. Sogar wenn ein Mensch Selbstmord begeht, wird er dabei von der Vorstellung angetrieben, daß das Leben zu erbärmlich sei, um fortgesetzt zu werden. Beispielsweise treibt die Vorstellung vom Leben, wonach Geld das Wichtigste sei, einen Menschen zum Reichtum; die Vorstellung von der Lust als Mittelpunkt des Lebens macht den Menschen zum Lebemann; und die Vorstellung, daß alles von der Anerkennung abhänge, drängt den Menschen zum Berühmtwerden; usw. Die eigentliche Doktrin eines Menschen entspricht dem, wie er sich sein Leben zentral vorstellt.

Somit werden die konziliaren Römer vom Zweiten Vatikanum als ihrer zentralen Vorstellung angetrieben, die Priesterbruderschaft aufzulösen, weil diese das Zweite Vatikanum ablehnt. Solange die Römer dieses Ziel nicht erreicht haben oder ihre zentrale Vorstellung nicht ändern, solange werden sie sich angetrieben fühlen, die Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre aufzulösen. Im Gegensatz dazu müßte die zentrale Vorstellung des Klerus und der Laien der Bruderschaft sie dazu antreiben, in den Himmel zu kommen – gemäß des Gedankengutes, daß es Himmel und Hölle gibt, und daß Jesus Christus und seine wahre Kirche den einen und einzigen Weg in den Himmel darstellen. Klerus wie Laien der Bruderschaft wissen, daß diese letzte antreibende Vorstellung, die völlig mit dem Gedankengut des Credos übereinstimmt, keine phantasievolle Eigenerfindung ist. Deswegen wollen sie auch nicht, daß diese Doktrin untergraben, unterlaufen oder verdorben werde von den armseligen Neo-Modernisten der Neukirche, welche von ihrer falschen Vorstellung von Gott, vom Menschen und vom Leben angetrieben werden. Der Zusammenprall beider Lehren findet auf ganzer Linie statt, wie die Lehrgespräche von 2009 bis 2011 bewiesen haben.

Dieser Zusammenprall ist außerdem unvermeidlich, selbst wenn die Liberalen es sich anders erträumen. Sollte diesmal die Unwahrheit auf Dauer gewinnen, so würden letztendlich die Steine die Wahrheit hinausschreien (vergleiche Lukas 19,40). Gewinnt hingegen die Wahrheit, so wird der Teufel trotzdem bis zum Ende der Welt einen Irrtum nach dem anderen hervorbringen. Doch unser Herr sagt: „Wer aber ausharrt bis zum Ende, der wird gerettet werden“ (Matthäus 24,13).

Kyrie eleison.

Untergrabene Gegenwehr

Untergrabene Gegenwehr on Juli 21, 2012

Das Generalkapitel der Priesterbruderschaft St. Pius X. ging am vergangenen Samstag zu Ende. Die gute Nachricht ist, daß die bis an den Rand des Selbstmordes geführte Bruderschaft nun vom Kapitel eine Gnadenfrist erhielt. Wenn allerdings die folgenden Worte, die in einem Interview mit einer katholischen US-Nachrichtenagentur weltweit ausgestrahlt wurden, immer noch den Geisteszustand der Bruderschaftsoberen darstellen (welche noch weitere sechs Jahre im Amt sind), dann bedarf es weiterer Gebete, um die erwähnte Gnadenfrist andauern zu lassen. Hier die Worte aus dem Interview (welche möglicherweise noch im Internet verfügbar sind – siehe Catholic News Service ):

„Viele Menschen haben eine Auffassung vom (Zweiten Vatikanischen) Konzil, die falsch ist. Inzwischen gibt es sogar Leute in Rom, die das sagen. Wir könnten sagen, glaube ich, daß wir in den Gesprächen (zwischen Rom und der Bruderschaft in den Jahren 2009 bis 2011) sahen, daß wir (die Bruderschaft) viele Dinge als vom Konzil stammend verurteilt haben, welche in Wahrheit nicht vom Konzil, sondern von der allgemeinen Auffassung vom Konzil herrühren.“

Um dies zu kommentieren, müssen wir zum Zweiten Vatikanum zurückkehren. Die 16 Konzilsdokumente sind, weil sie sowohl Wahrheiten als auch Irrtümer enthalten, grundsätzlich zweideutig und widersprüchlich. Die Bruderschaft hat in Nachfolge von Erzbischof Lefebvre nie behauptet, daß die Konzilsdokumente keinerlei Wahrheit enthielten. Allerdings hat die Bruderschaft sie angeklagt, sehr ernsthafte Irrtümer zu enthalten; z.B. die Konzilslehre, wonach der Staat kein Recht besitze, nicht-katholische Religionen zu unterdrücken. Das konziliare Rom hat die Dokumente dagegen stets verteidigt, unter anderem durch den Hinweis auf die entgegengesetzten Wahrheiten in den Dokumenten, wie z.B. daß jeder Mensch in religiösen Belangen die Wahrheit herausfinden und bekennen müsse. Doch waren die Wahrheiten in den Konzilsdokumenten noch nie das Problem, sondern die Irrtümer und die Widersprüchlichkeiten der Dokumente sind es. Wenn beispielsweise die Masse von Individuen – wie der Staat – angeblich religiös neutral sein dürfe, warum darf dann nicht auch das einzelne Individuum neutral sein? Diese Widersprüche in den Konzilsdokumenten öffnen der „Befreiung“ des Menschen von Gott – kurzum dem Liberalismus – Tür und Tor.

Die Lehrgespräche der Jahre 2009 bis 2011 untersuchten die Kluft in der Glaubenslehre zwischen dem konzilsrömischen Subjektivismus und dem von der Bruderschaft hochgehaltenen katholischen Objektivismus. Die Gespräche zeigten natürlich, daß diese Kluft grundsätzlich und unüberbrückbar ist. Sie besteht nicht etwa zwischen konziliarer Wahrheit und katholischer Wahrheit, sondern zwischen konziliarem Irrtum und katholischer Wahrheit – tatsächlich zwischen der Religion des Menschen und der Religion Gottes.

Nun verkündet der Redner im zitierten Interview, daß die „Leute in Rom “richtig“ und „wir,“ d.h. die Priesterbruderschaft, falsch lägen, weil „viele Dinge,“ welche die Bruderschaft beständig als vom Konzil stammend verurteilt hat, doch lediglich der „allgemeinen Auffassung“ vom Konzil entsprächen. Anders gesagt war es vom Erzbischof und seiner Bruderschaft von Anfang an falsch, das Konzil anzuklagen und entsprechend dem konziliaren Rom zu widerstehen. Daraus folgt ebenfalls, daß die Bischofsweihen von 1988 eine unnötige Entscheidung gewesen sein müssen, weil man die Pflege der katholische Tradition den Konzilsbischöfen hätte anvertrauen können. Doch Erzbischof Lefebvre nannte die Bischofsweihen die „Operation Überleben“ und er bezeichnete das Vertrauen auf das konziliare Rom als „Operation Selbstmord.“

Der Redner aus dem Interview befürwortet gemäß seinen eingangs zitierten Worten heute gewiß ein Abkommen zwischen der Bruderschaft und Rom. Laut einigen Berichten über dieses Abkommen würde sogar die Ernennung von Bruderschaftsbischöfen dem konziliaren Rom obliegen. Wenn aber seit Erzbischof Lefebvres Zeit Rom nicht aufgehört hat, konziliar zu sein – und alle Belege widersprechen einer solchen Illusion –, dann hätte der Erzbischof heute über den Redner aus dem Interview gesagt, daß dieser die „Operation Selbstmord“ fördere (sofern der Redner seine zitierten Worte inzwischen nicht verleugnet hat).

Kyrie eleison.

Zwei Irrtümer

Zwei Irrtümer on Juni 30, 2012

Ungewiß dessen, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. ihre derzeitige schwere Prüfung überlebt, werden die Liberalen immer wieder mit ihren falschen Argumenten sie zum Selbstmord zu überreden versuchen. Betrachten wir zwei solche liberale Argumentationsweisen:

In den jüngsten Debatten über die Frage, ob die Bruderschaft eine praktische, nicht-dogmatische Vereinbarung mit dem konziliaren Rom akzeptieren solle, kam das erste und einfältige der beiden Argumente immer wieder auf den Tisch: Weil ein katholischer Oberer (oder mehrere) von Gott Standesgnaden erhalten, sollten sie nicht kritisiert werden, sondern automatisch als vertrauenswürdig gelten. Erwiderung darauf: Freilich bietet Gott jedem von uns (nicht nur den Oberen) und zu jeder Zeit jene natürliche Unterstützung bzw. übernatürliche Gnade an, die wir zum Erfüllen unseres Standespflichten benötigen. Doch obliegt es unserem freien Willen, diese Gnade wirken zu lassen oder sie zu verweigern. Hätten alle Kirchenoberen stets ihre Standesgnaden wirken lassen, wie hätte es dann jemals einen Judas Iskariot oder ein Zweites Vatikanisches Konzil geben können? Das Argument mit der Standesgnade ist so albern wie einfältig.

Das zweite Argument ist ernsthafter. Herr J.L. brachte es im vergangen Monat in einem zehnseitigen Artikel in einer konservativ-katholischen, englischen Zeitschrift vor. Sein Artikel befürwortete ein praktisches Abkommen zwischen Rom und der Bruderschaft. Im folgenden fasse ich sein Argument zwar gekürzt, aber doch passend zusammen: Die katholische Kirche sei heutzutage unter heftigem Beschuß. Erstens von außen, beispielsweise durch die US-Regierung. Zweitens von innen, beispielsweise durch Bischöfe, welche zwar ihr gemütliches Leben lieben, aber von ihrer Theologie keinerlei Ahnung haben. Drittens und schlimmstens von einer Vatikanischen Verwaltung, die von lauter Skandalen und internen Machtkämpfen geprägt ist. Der Papst sei von allen Seiten belagert und warte nur auf die Priesterbruderschaft, damit diese den gesunden Einfluß der kirchlichen Vergangenheit in der Kirche wieder herzustellen helfe. An diese Vergangenheit glaube der Papst ja, selbst wenn er gleichzeitig an das Zweite Vatikanum glaubt. Msgr. Bux habe dem päpstlichen Aufruf seine Stimme verliehen, als er sagte: Wenn doch die Bruderschaft endlich dem Papst entgegenkommen und eine praktische Vereinbarung akzeptieren würde, so könnte davon nicht nur die Gesamtkirche profitieren, sondern auch die Bruderschaft selber. Der ehemals hochrangige Bruderschaftspriester Hw. Aulagnier erkenne dies ganz klar.

Lieber J.L., für Ihre Liebe zur Kirche, für das Erkennen der Kirchenprobleme, für Ihre Sorge um den Papst und Ihren Wunsch, ihm zu helfen, erhalten Sie eine Bestnote. Doch für Ihre Einschätzung davon, was die Ursachen dieser Kirchenprobleme sind und was die Priesterbruderschaft überhaupt ist, erhalten Sie keine so gute Note. Wie unzählige andere Seelen in der heutigen Kirche und Welt (einschließlich Hw. Aulagnier) verkennen Sie leider die absolut grundsätzliche Bedeutung der Glaubenslehre.

Die US-Regierung greift die Kirche deswegen an, weil letztere schwach ist. Die Schwäche der Kirche wiederum liegt im armseligen Verhalten der Bischöfe begründet, welches auf ihrem armseligen Erfassen der Kirchenlehre fußt – der Lehre von Himmel, Hölle, Sünde, Verdammnis, Erlösung, erlösender Gnade und dem stets gegenwärtigen Opfer des Erlösers innerhalb der wahren Messe. Die Bischöfe haben deswegen ein so armseliges Verständnis von diesen weltrettenden Wahrheiten, weil neben anderem der Bischof aller Bischöfe selber nur zur Hälfte an diese Wahrheiten glaubt. Der Papst glaubt nur zur Hälfte an diese Wahrheiten, weil seine andere Hälfte an das Zweite Vatikanum glaubt. Dieses Zweite Vatikanische Konzil untergräbt die wahre Religion Gottes völlig – durch die überall in den Konzilsdokumenten plazierten, tödlichen Zweideutigkeiten (was Sie ja erkennen), die eig ens entwickelt wurden, um den Menschen an die Stelle Gottes zu setzen.

Eine falsche Glaubenslehre ist das Grundproblem, lieber J.L. Durch die Gnade Gottes hat die Priesterbruderschaft St. Pius X. bis jetzt zwar die wahre Lehre Jesu Christi hochgehalten. Doch wenn die Bruderschaft sich nun unter die kirchlichen Autoritäten stellen würde, welche bestenfalls nur zur Hälfte an diese Wahrheiten glaubt, so würde die Bruderschaft bald aufhören, den Irrtum anzugreifen (was bereits jetzt geschieht), und am Ende selber den Irrtum befördern – und mit dem Irrtum einhergehend alle Schrecken, die Sie in Ihrem Artikel nannten. Gott bewahre!

Kyrie eleison.

Untergrabene Doktrin

Untergrabene Doktrin on Mai 26, 2012

Über das Thema der Religionsfreiheit, wie sie vom Zweiten Vatikanischen Konzil in seiner Erklärung Dignitatis Humanae des Jahres 1965 gelehrt wurde, sind ganze Bücher geschrieben worden. Doch die revolutionäre Lehre dieses Konzilsdokumentes ist stets klar: Aus der natürlichen Würde eines jeden Menschen folge, daß weder der Staat, noch eine gesellschaftliche Gruppe, noch irgendeine menschliche Macht den einzelnen Menschen oder eine Gruppe von Menschen dazu anhalten oder ihnen aufzwingen dürfe, im privaten oder öffentlichen Bereich gegen ihre eigene religiöse Überzeugung zu handeln – solange die öffentliche Ordnung gewahrt bleibe ( DH 2).

Im Gegensatz dazu lehrte die katholische Kirche bis zum Zweiten Vatikanum immer, daß jeder Staat (als solcher) das Recht und sogar die Pflicht hat, seinen Bürgern zu verbieten, eine falsche Religion – d.h. alle nichtkatholischen Religionen – öffentlich auszuüben, solange dieses Verbot dem Heil der Seelen nicht abträglich, sondern dienlich ist. (Beispielsweise wird heute im Jahre 2012 die sogenannte Freiheit dermaßen angebetet, daß ein solches Verbot die Bürger beinahe jeden Staates derart schockieren würde, daß sie die katholische Religion nicht mehr schätzen, sondern verachten würden. In diesem Falle darf, wie die Kirche immer lehrte, der Staat auf die Ausübung seines Rechtes verzichten, die falschen Religionen in Schranken zu weisen.)

Die beiden Lehren widersprechen sich genau an der Frage, ob der Staat die öffentliche Ausübung der falschen Religionen beschneiden darf oder nicht. Dieser Widerspruch mag als relativ eingeschränkt erscheinen, doch seine Auswirkungen sind enorm. Denn sie entscheiden darüber, ob Gott Herr oder Diener des Menschen ist. Wenn nun einerseits der Mensch ein Geschöpf Gottes und von Natur aus ein Gemeinschaftswesen ist (was offensichtlich ist, denn der Mensch verbindet sich mit anderen Menschen auf alle möglichen Arten, vor allem im Staatsverbund), dann sind auch die Gesellschaft und der Staat Gottes Schöpfungen. Als solche sind sie ihm schuldig, ihm und seiner einzig wahren Religion zu dienen, indem sie den öffentlichen Bereich (eine Angelegenheit des Staates) vor den falschen Religionen schützen – solange dies dem Heil der Seelen nicht abträglich, sondern dienlich ist.

Wenn andererseits jedoch die Freiheit des Menschen als so wertvoll angesehen wird, daß es jedem Einzelnen freistehen muß, durch das öffentliche Ausüben und Missionieren einer beliebig falschen Religion seine Mitbürger zu verderben (außer wenn die öffentliche Ordnung gestört würde), dann müssen diese falschen Religionen im öffentlichen Bereich frei wuchern dürfen (wie beispielsweise die protestantischen Sekten im heutigen Südamerika). So wird die Menschenwürde höher eingestuft als der Unterschied zwischen den falschen Religionen und der einzig wahren Religion. Dadurch wird der Wert Gottes nebensächlich im Vergleich zum Wert des Menschen. Deswegen stuft das Zweite Vatikanum Gott in dem Maße herab, wie es den Menschen heraufstuft. Letztendlich ersetzt das Zweite Vatikanum die Gottesreligion mit der Menschenreligion. Es ist gut verständlich, daß Erzbischof Lefebvre die Priesterbruderschaft St. Pius X. gründete, um die unermessliche Würde und Erhabenheit unseres Gottes, des Herrn Jesus Christus, aufrechtzuerhalten – inmitten einer von der Menschenwürde volltrunkenen und damit verrücktgewordenen Welt und Kirche.

Und nun gibt es da einen religiösen Oberen, der Anfang des Monats öffentlich behauptete: „Viele Menschen haben vom Zweiten Vatikanum ein Verständnis, das ein falsches Verständnis ist.“ Die Religionsfreiheit, sagte er, „wird in vielerlei Hinsicht verwendet. Und wenn wir die Sache näher betrachten, so habe ich wirklich den Eindruck, daß nicht viele Menschen wissen, was das Konzil wirklich darüber gesagt hat. Das Konzil legt eine Religionsfreiheit dar, die wirklich eine sehr, sehr eingeschränkte ist, ja sehr eingeschränkt . . .” Auf die Frage, ob das Zweite Vatikanum selber, d.h. als Ganzes, zur katholischen Tradition gehört, erwiderte er: „Ich hoffe doch.“

Schauen Sie sich das in englischer Sprache gehaltene Videogespräch selber an. Es ist auf Youtube verfügbar unter dem Titel: „ Traditionalist leader talks about his movement, Rome ,“ zu deutsch: „Traditionalisten-Oberer spricht über seine Bewegung, Rom.“ Wer könnte überrascht sein, daß „seine Bewegung“ momentan die schwerste Krise in ihrer 42jährigen Existenz durchmacht?

Kyrie eleison.

Glaubenszerstörer

Glaubenszerstörer on Mai 12, 2012

Würde Rom der Priesterbruderschaft St. Pius X. ein allen ihren Wünschen entsprechendes Angebot unterbreiten, warum sollte sie dann trotzdem verweigern? Offensichtlich glauben immer noch mehrere Katholiken, daß das Angebot einer praktischen Übereinkunft, welches allen praktischen Forderungen der Bruderschaft genügen würde, wirklich angenommen werden könnte. Warum also sollte so ein Angebot nicht akzeptiert werden? Weil Erzbischof Lefebvre die Bruderschaft nicht um ihretwillen gründete, sondern zur Bewahrung des katholischen Glaubens, den das Zweite Vatikanischen Konzil wie nie zuvor in der ganzen Kirchengeschichte gefährdet. Betrachten wir genauer, warum einerseits die Behörden der Neukirche nach einem praktischen Abkommen mit der Bruderschaft streben, während andererseits die Priesterbruderschaft es ablehnen muß.

Der Grund für die Ablehnung eines solchen Angebots lautet: Weil die Neukirche subjektivistisch ist, und somit jedes rein praktische Abkommen voraussetzt, daß der Subjektivismus wahr sei. Die neue Konzilsreligion betrachtet Glaubensdogmen nicht als objektive Wahrheiten, sondern als Symbole subjektiver Bedürfnisse (vergleiche päpstliches Lehrschreiben Pascendi 11–13,21). Das folgende Beispiel möge diese konziliare Sichtweise demonstrieren: Wenn die Überzeugung, daß Gott Mensch geworden ist, meine psychologische Unsicherheit besänftigen kann, so ist die Menschwerdung Gottes für mich wahr – im einzig möglichen Sinn des Wortes „wahr.“ Wenn nach dieser Sichtweise also die Traditionalisten ihr Bedürfnis nach der alten Religion haben, so ist diese Religion für sie wahr (und es ist sogar bewundernswert, wie stark sie an ihrer Wahrheit hängen). Doch der Gerechtigkeit halber müssen diese Traditionalisten auch uns Römern unsere konziliare Wahrheit lassen. Wenn sie dieses Zugeständnis nicht machen können, dann sind sie unerträglich arrogant und intolerant, weswegen wir nicht erlauben können, daß sie eine solche Entzweiung in unsere Konzilskirche der „Liebe, Liebe, über alles“ hineintragen.

Deswegen wäre das neo-modernistische Rom mit einem praktischen Abkommen glücklich, durch welches die Bruderschaft ihren radikalen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit „ihrer“ Wahrheiten – wenigstens stillschweigend – aufgäbe. Im Gegensatz dazu kann die Priesterbruderschaft mit keinerlei Abkommen von Subjektivisten zufrieden sein, denn der Abschluß eines solchen würde entgegen allen Worten zeigen, daß sie in der Tat die Objektivität „ihrer“ Religion aus 20 Jahrhunderten aufgäben. Denn von „ihrer“ Religion kann gar nicht die Rede sein. Sobald ich mit Subjektivisten übereinkomme, kann ich nicht mehr auf Objektivität bestehen. Bestehe ich hingegen auf Objektivität, so kann ich kein Übereinkommen mit Subjektivisten akzeptieren – außer sie schwören ihrem Subjektivismus ab.

Doch das werden die Römer leider nicht tun. Im Gegenteil unterstrichen sie kürzlich ihr selbstgerechtes Beharren auf ihrer neuen Religion mittels eines Dokumentes namens „Hinweis zu den Schlußfolgerungen der kanonischen Visitation des Institutes vom Guten Hirten“ in Frankreich. Einige Leser werden sich daran erinnern, daß dieses Institut neben anderen nach dem Konzil gegründet wurde, um den traditionellen Katholizismus unter Aufsicht der römischen Behörden zu praktizieren. Rom kann ruhig einige Jahre warten – bis der Fisch sozusagen fest am Haken hängt –, bevor es dann zugreift:

Der „Hinweis“ verlangt die Aufnahme des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Konzilskatechismus aus dem Jahre 1992 in die Studiengänge des Instituts. Somit muß das Institut von nun an die „Hermeneutik von Erneuerung in Kontinuität“ behaupten und darf nicht mehr länger die Tridentinische Messe als seinen „ausschließlichen“ Meßritus bezeichnen. Zudem muß das Institut mit einem „Geist der Gemeinschaft“ am offiziellen Diözesanleben teilnehmen. Anders gesagt muß das Institut aufhören, traditionell zu sein, um zur Neukirche gehören zu dürfen. Doch was hatte das Institut denn anderes erwartet? Es müßte wieder dem Zugriff der Neukirchen-Behörden entfliehen, um die Tradition bewahren zu können. Doch wie wahrscheinlich ist das jetzt noch? Das Institut hat vom konziliaren Ungetüm verschluckt werden wollen – und wird nun verdaut.

Warum um Himmels Willen sollte es der Priesterbruderschaft St. Pius X. anders ergehen? Vielleicht wird die römische Versuchung diesesmal von der Bruderschaft zurückgewiesen, aber machen wir uns nichts vor: Die Subjektivisten werden immer und immer wieder kommen, um die objektive Wahrheit und den objektiven Glauben abzustreifen, die ihrem kriminellen Unsinn ein beständiger Vorwurf sind.

Kyrie eleison.

Dunkle „Aufklärung“

Dunkle „Aufklärung“ on April 28, 2012

Unabhängig davon, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich nun dafür oder dagegen entscheidet, unter Umgehung der glaubenslehrmäßigen Uneinigkeit ein rein praktisches Abkommen mit den römischen Konzilskirchenbehörden zu schließen, müssen alle um ihr ewiges Seelenheil Bemühten möglichst genau verstehen, was auf dem Spiel steht. In diesem Zusammenhang sandte ein Freund mir jüngst eine großartige Darstellung des Kernproblems:

„In den Jahren 2009 bis 2011 führten Vatikanexperten und vier Bruderschaftstheologen sogenannte „Glaubensgespräche“ durch. Diese Gespräche machten deutlich, wie sehr die römischen Behörden an den Lehren des Zweiten Vatikanum festhalten. Dieses Konzil versuchte, die katholische Lehre mit dem aus der „Aufklärung“ des 18. Jahrhunderts entwickelten Menschenverständnis zu versöhnen.“

„Deshalb erklärt das Konzil, daß der Mensch aufgrund der Würde seiner Natur das Recht besitze, die Religion seiner Wahl zu praktizieren. Dementsprechend müsse die menschliche Gesellschaft die Religionsfreiheit schützen und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen einrichten. Sodann seien diese Religionen zum ökumenischen Dialog eingeladen, weil sie alle ihren eigenen Anteil an der Wahrheit besäßen.“

„Im Ergebnis leugnen diese aufklärerischen Prinzipien, daß Jesus Christus wahrhaftig Gott ist und daß seine Offenbarung – die zu hüten der Kirche obliegt – von allen Menschen und allen Gesellschaften angenommen werden muß. Somit widerspricht die Lehre von der Religionsfreiheit, wie im Konzilsdokument Dignitatis Humanae in Abschnitt 2 ausgedrückt, den Lehren von Papst Gregor XVI. in Mirari Vos, von Pius IX. in Quanta Cura, von Leo XIII. in Immortale Dei und von Pius XI in Quas Primas. Und die dogmatische Konstitution über die Kirche im Abschnitt 8 von Lumen Gentium, wonach die göttliche Vorsehung nichtkatholische Religionsgemeinschaften als Mittel zum Heil benutze, widerspricht den Lehren von Papst Pius IX. im Syllabus, von Leo XIII. in Satis Cognitum und von Pius XI. in Mortalium Animos.“

„Diese neuen Glaubenslehren, die zusammen mit vielen anderen Lehren im Widerspruch zur formalen und einhelligen Lehre der vorkonziliaren Päpste stehen, können im Hinblick auf das katholische Dogma nur als häretisch bezeichnet werden.“

„Weil die Einheit der Kirche auf der Unversehrtheit des Glaubens beruht, kann die Priesterbruderschaft zu keinem Abkommen – und sei es rein „praktischer“ Natur – mit den Vertretern dieser neuen Glaubenslehren gelangen.“

Wenn mein Freund diese Bewegung der intellektuellen Emanzipation des 18. Jahrhunderts, auch „Aufklärung“ genannt, als Grund für das Scheitern der Kirchenmänner des 20. Jahrhunderts bezeichnet, so folgt er dabei lediglich Erzbischof Lefebvre. Dieser hatte ein halbes Jahr vor seinem Tode vor seinen Priestern dieselbe Aussage getroffen: „Je mehr man die Dokumente des Zweiten Vatikanum untersucht . . . desto mehr wird einem klar, worum es geht: . . . um eine komplette Perversion des Geistes und um eine ganz neue Philosophie, die auf der modernen Philosophie und auf dem Subjektivismus beruht . . . . Es ist eine komplett andere Auffassung von der Offenbarung, vom Glauben, von der Philosophie . . . . Es ist wahrhaft erschreckend.“

Doch wie kann der Mensch nun seinen Geist wieder Gottes Wirklichkeit unterwerfen? Eine Möglichkeit ist, die von meinem Freund eingangs erwähnten päpstlichen Lehrschreiben zu besorgen und genau zu lesen. Sie wurden zwar für Bischöfe geschrieben, aber die Konzilsbischöfe sind unzuverlässig. Heute müssen die Laien also ihre geistliche Ausbildung selbst in die Hand nehmen – und ihren eigenen Rosenkranz.

Kyrie eleison.