Subjektivismus

Glaubenszerstörer

Glaubenszerstörer on Mai 12, 2012

Würde Rom der Priesterbruderschaft St. Pius X. ein allen ihren Wünschen entsprechendes Angebot unterbreiten, warum sollte sie dann trotzdem verweigern? Offensichtlich glauben immer noch mehrere Katholiken, daß das Angebot einer praktischen Übereinkunft, welches allen praktischen Forderungen der Bruderschaft genügen würde, wirklich angenommen werden könnte. Warum also sollte so ein Angebot nicht akzeptiert werden? Weil Erzbischof Lefebvre die Bruderschaft nicht um ihretwillen gründete, sondern zur Bewahrung des katholischen Glaubens, den das Zweite Vatikanischen Konzil wie nie zuvor in der ganzen Kirchengeschichte gefährdet. Betrachten wir genauer, warum einerseits die Behörden der Neukirche nach einem praktischen Abkommen mit der Bruderschaft streben, während andererseits die Priesterbruderschaft es ablehnen muß.

Der Grund für die Ablehnung eines solchen Angebots lautet: Weil die Neukirche subjektivistisch ist, und somit jedes rein praktische Abkommen voraussetzt, daß der Subjektivismus wahr sei. Die neue Konzilsreligion betrachtet Glaubensdogmen nicht als objektive Wahrheiten, sondern als Symbole subjektiver Bedürfnisse (vergleiche päpstliches Lehrschreiben Pascendi 11–13,21). Das folgende Beispiel möge diese konziliare Sichtweise demonstrieren: Wenn die Überzeugung, daß Gott Mensch geworden ist, meine psychologische Unsicherheit besänftigen kann, so ist die Menschwerdung Gottes für mich wahr – im einzig möglichen Sinn des Wortes „wahr.“ Wenn nach dieser Sichtweise also die Traditionalisten ihr Bedürfnis nach der alten Religion haben, so ist diese Religion für sie wahr (und es ist sogar bewundernswert, wie stark sie an ihrer Wahrheit hängen). Doch der Gerechtigkeit halber müssen diese Traditionalisten auch uns Römern unsere konziliare Wahrheit lassen. Wenn sie dieses Zugeständnis nicht machen können, dann sind sie unerträglich arrogant und intolerant, weswegen wir nicht erlauben können, daß sie eine solche Entzweiung in unsere Konzilskirche der „Liebe, Liebe, über alles“ hineintragen.

Deswegen wäre das neo-modernistische Rom mit einem praktischen Abkommen glücklich, durch welches die Bruderschaft ihren radikalen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit „ihrer“ Wahrheiten – wenigstens stillschweigend – aufgäbe. Im Gegensatz dazu kann die Priesterbruderschaft mit keinerlei Abkommen von Subjektivisten zufrieden sein, denn der Abschluß eines solchen würde entgegen allen Worten zeigen, daß sie in der Tat die Objektivität „ihrer“ Religion aus 20 Jahrhunderten aufgäben. Denn von „ihrer“ Religion kann gar nicht die Rede sein. Sobald ich mit Subjektivisten übereinkomme, kann ich nicht mehr auf Objektivität bestehen. Bestehe ich hingegen auf Objektivität, so kann ich kein Übereinkommen mit Subjektivisten akzeptieren – außer sie schwören ihrem Subjektivismus ab.

Doch das werden die Römer leider nicht tun. Im Gegenteil unterstrichen sie kürzlich ihr selbstgerechtes Beharren auf ihrer neuen Religion mittels eines Dokumentes namens „Hinweis zu den Schlußfolgerungen der kanonischen Visitation des Institutes vom Guten Hirten“ in Frankreich. Einige Leser werden sich daran erinnern, daß dieses Institut neben anderen nach dem Konzil gegründet wurde, um den traditionellen Katholizismus unter Aufsicht der römischen Behörden zu praktizieren. Rom kann ruhig einige Jahre warten – bis der Fisch sozusagen fest am Haken hängt –, bevor es dann zugreift:

Der „Hinweis“ verlangt die Aufnahme des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Konzilskatechismus aus dem Jahre 1992 in die Studiengänge des Instituts. Somit muß das Institut von nun an die „Hermeneutik von Erneuerung in Kontinuität“ behaupten und darf nicht mehr länger die Tridentinische Messe als seinen „ausschließlichen“ Meßritus bezeichnen. Zudem muß das Institut mit einem „Geist der Gemeinschaft“ am offiziellen Diözesanleben teilnehmen. Anders gesagt muß das Institut aufhören, traditionell zu sein, um zur Neukirche gehören zu dürfen. Doch was hatte das Institut denn anderes erwartet? Es müßte wieder dem Zugriff der Neukirchen-Behörden entfliehen, um die Tradition bewahren zu können. Doch wie wahrscheinlich ist das jetzt noch? Das Institut hat vom konziliaren Ungetüm verschluckt werden wollen – und wird nun verdaut.

Warum um Himmels Willen sollte es der Priesterbruderschaft St. Pius X. anders ergehen? Vielleicht wird die römische Versuchung diesesmal von der Bruderschaft zurückgewiesen, aber machen wir uns nichts vor: Die Subjektivisten werden immer und immer wieder kommen, um die objektive Wahrheit und den objektiven Glauben abzustreifen, die ihrem kriminellen Unsinn ein beständiger Vorwurf sind.

Kyrie eleison.

Dunkle „Aufklärung“

Dunkle „Aufklärung“ on April 28, 2012

Unabhängig davon, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich nun dafür oder dagegen entscheidet, unter Umgehung der glaubenslehrmäßigen Uneinigkeit ein rein praktisches Abkommen mit den römischen Konzilskirchenbehörden zu schließen, müssen alle um ihr ewiges Seelenheil Bemühten möglichst genau verstehen, was auf dem Spiel steht. In diesem Zusammenhang sandte ein Freund mir jüngst eine großartige Darstellung des Kernproblems:

„In den Jahren 2009 bis 2011 führten Vatikanexperten und vier Bruderschaftstheologen sogenannte „Glaubensgespräche“ durch. Diese Gespräche machten deutlich, wie sehr die römischen Behörden an den Lehren des Zweiten Vatikanum festhalten. Dieses Konzil versuchte, die katholische Lehre mit dem aus der „Aufklärung“ des 18. Jahrhunderts entwickelten Menschenverständnis zu versöhnen.“

„Deshalb erklärt das Konzil, daß der Mensch aufgrund der Würde seiner Natur das Recht besitze, die Religion seiner Wahl zu praktizieren. Dementsprechend müsse die menschliche Gesellschaft die Religionsfreiheit schützen und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen einrichten. Sodann seien diese Religionen zum ökumenischen Dialog eingeladen, weil sie alle ihren eigenen Anteil an der Wahrheit besäßen.“

„Im Ergebnis leugnen diese aufklärerischen Prinzipien, daß Jesus Christus wahrhaftig Gott ist und daß seine Offenbarung – die zu hüten der Kirche obliegt – von allen Menschen und allen Gesellschaften angenommen werden muß. Somit widerspricht die Lehre von der Religionsfreiheit, wie im Konzilsdokument Dignitatis Humanae in Abschnitt 2 ausgedrückt, den Lehren von Papst Gregor XVI. in Mirari Vos, von Pius IX. in Quanta Cura, von Leo XIII. in Immortale Dei und von Pius XI in Quas Primas. Und die dogmatische Konstitution über die Kirche im Abschnitt 8 von Lumen Gentium, wonach die göttliche Vorsehung nichtkatholische Religionsgemeinschaften als Mittel zum Heil benutze, widerspricht den Lehren von Papst Pius IX. im Syllabus, von Leo XIII. in Satis Cognitum und von Pius XI. in Mortalium Animos.“

„Diese neuen Glaubenslehren, die zusammen mit vielen anderen Lehren im Widerspruch zur formalen und einhelligen Lehre der vorkonziliaren Päpste stehen, können im Hinblick auf das katholische Dogma nur als häretisch bezeichnet werden.“

„Weil die Einheit der Kirche auf der Unversehrtheit des Glaubens beruht, kann die Priesterbruderschaft zu keinem Abkommen – und sei es rein „praktischer“ Natur – mit den Vertretern dieser neuen Glaubenslehren gelangen.“

Wenn mein Freund diese Bewegung der intellektuellen Emanzipation des 18. Jahrhunderts, auch „Aufklärung“ genannt, als Grund für das Scheitern der Kirchenmänner des 20. Jahrhunderts bezeichnet, so folgt er dabei lediglich Erzbischof Lefebvre. Dieser hatte ein halbes Jahr vor seinem Tode vor seinen Priestern dieselbe Aussage getroffen: „Je mehr man die Dokumente des Zweiten Vatikanum untersucht . . . desto mehr wird einem klar, worum es geht: . . . um eine komplette Perversion des Geistes und um eine ganz neue Philosophie, die auf der modernen Philosophie und auf dem Subjektivismus beruht . . . . Es ist eine komplett andere Auffassung von der Offenbarung, vom Glauben, von der Philosophie . . . . Es ist wahrhaft erschreckend.“

Doch wie kann der Mensch nun seinen Geist wieder Gottes Wirklichkeit unterwerfen? Eine Möglichkeit ist, die von meinem Freund eingangs erwähnten päpstlichen Lehrschreiben zu besorgen und genau zu lesen. Sie wurden zwar für Bischöfe geschrieben, aber die Konzilsbischöfe sind unzuverlässig. Heute müssen die Laien also ihre geistliche Ausbildung selbst in die Hand nehmen – und ihren eigenen Rosenkranz.

Kyrie eleison.

Glaube der Atheisten?

Glaube der Atheisten? on Oktober 8, 2011

Ein faszinierendes Zitat des berühmten deutschen Komponisten Johannes Brahms (1833 – 1899) zeigt, daß selbst ein Mensch ohne jeglichen religiösen Glauben noch eine objektive Ordnung erkennen kann. Eine solche Erkenntnis stellt einen Haltegriff an der Wirklichkeit dar und gewährte Brahms den Zugriff auf eine große Schönheit, welche sich in seiner Musik widerspiegelt. Die Krise unzähliger moderner Seelen hingegen besteht gerade aus ihrer Überzeugung, daß es nichts Objektives gebe. Somit sind diese Seelen in ihrer eigenen Subjektivität gefangen – ein Zustand, der ein sehr kahles Gefängnis darstellt und zu einer Musik von Selbstmördern führt.

Für seinen Freund, den hervorragenden Geiger Joseph Joachim (1831 – 1907), komponierte Brahms im Jahre 1878 eines seiner schönsten und beliebtesten Werke, das Violinkonzert in D-Dur. Als Joachim es ihm vorspielte, sagte Brahms: „Hm, ja, auf diese Weise könnte es gespielt werden.“ Anders gesagt hörte Brahms bereits beim Komponieren des Konzerts in seinem geistigen Ohr eine ganz bestimmte Spielweise dafür. Trotzdem anerkannte er die etwas andere Spielart seines Werkes durch einen anderen Musiker.

Zweifelsohne hätte Brahms gewisse Arten, sein Konzert auszuführen, nicht akzeptiert. Doch solange ein Künstler durch eine andere Art und Weise sich dem gleichen Ziel näherte, das auch Brahms beim Komponieren im Sinn gehabt hatte, sah er keine Notwendigkeit, auf seiner eigenen Spielweise zu beharren. Das objektive Ziel war wichtiger als die subjektive Vorgehensweise. Solange also Brahms durch seine Komposition den jeweiligen Künstlern das Erreichen dieses Ziel ermöglichte, durften sie in gewissen Grenzen das Konzert gerne auf ihre Art spielen. Das Objekt steht über dem Subjekt.

Letztendlich heißt aber dieser Vorrang des Objekts, daß Gott über dem Menschen steht, aber Brahms war immerhin kein Gläubiger. Der katholische tschechische Komponist Antonin Dvorak (1841 – 1904), welcher mit Brahms befreundet war und ihn bewunderte, sagte einmal über ihn: „Was für ein großer Mann! Was für eine große Seele er hat! Aber er glaubt an nichts! Er glaubt nichts!“ In der Tat war Brahms kein Christ. In seinem deutschen Requiem vermied er absichtlich jedwede Erwähnung von Jesus Christus. Außerdem gab er nie zu, an irgendetwas zu glauben. So behauptete er beispielsweise, daß die für sein Requiem verwendeten Texte der Heiligen Schrift lediglich dem Ausdruck von Gefühlen dienen sollten, aber keiner Überzeugung und keinem Glauben. Hier steht also das Subjekt über dem Objekt. Und dürfen wir nicht meinen, daß Brahms’ Bekenntnis zum Unglauben für eine gewisse in seiner Musik oft fehlende Ungezwungenheit und Freude verantwortlich ist?

Dennoch enthält Brahms’ Musik eine Art herbstlicher Schönheit und eine sorgfältig ausgearbeitete Anordnung. Diese Handwerkskunst und dieser Widerhall natürlicher Schönheit, beispielsweise in seinem Violinkonzert, erinnert an ein Wort unseres Herrn, wo Er sagt, daß manche Seelen Ihn zwar durch das Wort leugnen, aber durch die Tat noch ehren (Matthäus 21,28–29). In der heutigen Zeit leugnen fast alle Seelen unseren Herrn durch das Wort. Wieviele Menschen gibt es doch, welche auf die eine oder andere Weise – beispielsweise durch Musik oder durch die Natur – wenigstens jene Ordnung noch ehren, mit der unser Herr sein gesamtes Weltall ausgestattet hat? Diese Art zu glauben ist natürlich noch lange nicht der alleinseligmachende katholische Glaube, doch sie stellt wenigstens jenen glimmenden Docht dar, welcher noch nicht ausgelöscht werden soll (Matthäus 12,20).

Mögen alle mit der Fülle des Glaubens gesegneten Katholiken solche Seelen um sich herum wahrnehmen. Und erbarmen wir uns jener Scharen von Menschen, welche durch die Feinde Gottes von Ihm weggeführt werden – in der Musik wie in allen Bereichen (Markus 8,2).

Kyrie eleison.

Benedikts Denken – III.

Benedikts Denken – III. on Juli 23, 2011

In seiner Schrift „Der Glaube, gefährdet durch die Vernunft“ untersucht Bischof Tissier zuerst eingehend die Wurzeln des päpstlichen Denkens – siehe „Eleison-Kommentar“ EC 209 – und anschließend die Früchte dieses Denkens. Diese können aber nicht gut sein, weil des Papstes Denken an erster Stelle auf dem systematischen Subjektivismus von Kant (1724–1804) beruht. Wie können denn die objektiven Wahrheiten des Glaubens jemals von der Teilnahme oder Reaktion des subjektiven Gläubigen abhängig gemacht werden? Dadurch werden das Evangelium, die Glaubenslehre, die Kirche, die Gesellschaft, das Königtum Christi und die vier Letzten Dinge eines nach dem anderen zu Fall kommen.

Beginnen wir also mit dem Evangelium. Nach diesem subjektivistischen Denken liegt der Wert des Evangeliums nicht mehr länger in seinen historischen, aus dem Leben und Sterben Unseres Herrn berichteten Tatsachen, sondern in der Kraft solcher Erzählungen, insofern sie uns an die wesentlichen Probleme unserer eigenen Zeit erinnern. Beispielsweise soll es nicht mehr wichtig sein, ob unser Herr bei seiner österlichen Auferstehung in seinem eigenen Körper und vereint mit seiner menschlichen Seele aus dem Grab emporstieg. Sondern vielmehr sei die moderne Bedeutung dieser Erzählung wichtig: Die Liebe ist stärker als der Tod, Jesus Christus lebt durch die Kraft der Liebe weiter und versichert, daß auch wir durch die Liebe überleben werden. Vergessen wir also die Wirklichkeit und die Tatsachen, denn „Allein die Liebe genügt“ . . .

Weiterhin muß nach diesem Denken auch das Dogma von der Vergangenheit gereinigt und durch die Gegenwart bereichert werden. Hierzu lehrt der moderne Philosoph Heidegger, daß die menschliche Person „selbst-übertreffend“ ist. Demnach war Christus so vollkommen selbst-übertreffend und strebte so völlig nach dem Unendlichen über sich selber, daß er sich selber bis hin zur Vergöttlichung erfüllte. Damit lautet also das Dogma von der Menschwerdung nicht mehr länger, daß Gott Mensch geworden, sondern daß der Mensch Gott geworden ist! Auch darf die Erlösung Christi nicht mehr länger bedeuten, daß Jesus Christus durch sein schreckliches Leiden am Kreuz seinem himmlischen Vater die Schuld für all die Sünden der Menschen bezahlt hat. Sondern diese Erlösung bedeutet nun, daß Jesus Christus an unserer Statt durch sein Kreuz Gott so sehr liebte, wie Gott geliebt werden sollte und daß er uns dazu ermuntert, es ihm gleich zu tun. Auch die Sünde ist nicht mehr länger eine tödliche Beleidigung Gottes, sondern nur ein Egoismus, also ein Mangel an Liebe. Aus diesem Grund braucht auch die hl. Messe nicht mehr länger ein Sühneopfer zu sein und der Priester kann zu nichts anderem als zum Vorsteher der Gemeinschaftsfeier werden. Es ist also kein Wunder, daß Benedikt an die „Novus Ordo“-Messe glaubt.

Natürlich trifft dieses Denken auch die Kirche. Als Folge der These, daß die Existenz der Person der höchste Wert ist – siehe EC 209 – und alle Personen gleichermaßen existieren, muß auch eine Kirche mit hierarchischen Ungleichheiten verschwinden. Die katholische Kirche als die eine und einzige Arche des Heils ist also nicht zumutbar, denn schließlich sind die Anhänger jedweder anderen Religion ja auch existierende Personen! Daher muß die Ökumene jede katholische Mission ersetzen. Das Erheben der menschlichen Person zum höchsten Wert löst aber auch die Gesellschaft auf, weil das Allgemeinwohl den persönlichen Rechten untergeordnet wird. Weiterhin untergräbt dieses Erhöhen die Ehe und den Gemeinschaftsverband, weil es die „Gegenseitigkeitsgesellschaft“ von männlicher und weiblicher Person über die Kinder stellt. Schließlich wird der Christuskönig entthront, weil jedem Menschen eine so hohe Würde zuerkannt wird, daß der Staat das Recht jeder Person auf freie Religionsausübung garantieren muß.

Zu guter Letzt wird aus dem Tod als Strafe sogar noch ein Heilmittel für unser Leiden, und aus dem persönlichen Gericht beim Tode eine Belohnung gemacht. Die Hölle ist dann nur noch ein unwiderruflich egoistischer Zustand der Seele, während der Himmel „ein immer neues Eintauchen in die Unendlichkeit des Seins“ ist (welches Sein eigentlich?). Und so weiter und so fort. Es geht tatsächlich um eine neue Religion, schreibt Bischof Tissier, welche durchaus gemütlicher als die katholische Religion ist – jedenfalls hier unten auf Erden!

Kyrie eleison.

Echter Papst? – II.

Echter Papst? – II. on Mai 7, 2011

Nicht jedermann stimmt der Meinung der „Eleison Kommentare“ Nr. 198 von letzter Woche zu. Sie lautete, daß die subjektiv gute Absicht oder der gute Wille der Konzilspäpste verhindert, daß ihre haarsträubenden objektiven Häresien sie zu ungültigen Päpsten machen (siehe Prof. Dörmanns Arbeit über die Allerlösungslehre von Johannes Paul II., und Bischof Tissiers Arbeit über das Entleeren des Kreuzes durch Benedikt XVI). Die gegenteilige Meinung erklärt die Irrlehren der Konzilspäpste allerdings für so gravierend, daß 1.) diese Häresien unmöglich durch einen echten Stellvertreter Christi ausgesprochen worden sein können; oder 2.) daß eine subjektiv noch so gute Absicht das objektive Gift dieser Häresien nicht neutralisieren kann; oder 3.) daß im Falle der Konzilspäpste eine subjektiv gute Absicht ausgeschlossen ist, weil sie noch in der alten Theologie ausgebildet wurden. Auf diese drei Argumente möchte ich nun in aller Ruhe eingehen:—

Erstens: Nur Gott allein weiß sicher, bis zu welchem Punkt er den – wenigstens objektiven – Betrug seiner Stellvertreter an ihm zuläßt. Allerdings wissen wir aus der Hl. Schrift (Lukas 18,4), daß Jesus Christus bei seiner Wiederkehr auf Erden kaum noch den wahren Glauben finden wird. Ist im Jahre 2011 der katholische Glaube bereits auf dieses Maß reduziert? Noch nicht, darf man annehmen. In dem Fall könnte Gott sogar zulassen, daß seine Stellvertreter noch schlimmeres tun, ohne allerdings aufzuhören, seine Stellvertreter zu sein. Lernen wir nicht ebenfalls aus der Hl. Schrift, daß Kaiphas just zu jenem Zeitpunkt Hohepriester war, als er das größte vorstellbare Verbrechen gegen Gott plante, d.h. den Justizmord an Jesus Christus (Johannes 11,50–51)?

Zweitens: Es ist wahr, daß für die Universalkirche die objektive Häresie gutmeinender Häretiker viel schwerer wägt als ihre subjektiv guten Absichten. Auch ist wahr, daß viele objektive Häretiker subjektiv von ihrer eigenen Unschuld überzeugt sind. Aus diesem zweifachen Grund hat die Mutter Kirche – wenn sie gesund ist – ein Instrument, um solche materiellen Häretiker zu zwingen, daß sie entweder ihre Häresie widerrufen oder aber vollends formelle Häretiker werden. Dieses Instrument sind die Inquisitoren, welchen die Kirche ihre gottgegebene Autorität verleiht, die Häresien zu bestimmen und zu verurteilen, um die Reinheit der Lehre aufrechtzuerhalten. Doch was geschieht, wenn die höchste Autorität in der Kirche selber objektive Häresien ausspricht? Wer steht dann über den Päpsten und hat die Autorität, sie zu korrigieren? Niemand. Hat Gott also seine Kirche aufgegeben? Nein, allerdings unterzieht er sie einer schweren Prüfung, welche allzusehr verdient ist wegen der heutigen Masse an lauen Katholiken – einschließlich, Gott sei es geklagt, an Traditionalisten?

Drittens: In der Tat erhielten sowohl Johannes Paul II. als auch Benedikt XVI. eine vorkonziliare Ausbildung in Philosophie und Theologie. Doch hatten zu ihrer Zeit bereits über ein Jahrhundert lang der Kantianische Subjektivismus und der Hegelsche Evolutionismus am Kern des Begriffs der objektiven und unveränderlichen Wahrheit genagt. Ohne diesen Wahrheitsbegriff leuchtet der Begriff des unveränderlichen katholischen Dogma jedoch nicht mehr ein. Sicherlich kann man argumentieren, daß beide Päpste moralisch schuldig daran waren – beispielsweise wegen dem Streben nach Beliebtheit bei den Menschen, oder wegen intellektuellem Stolz –, daß sie in die materielle Häresie abglitten. Doch ist die moralische Schuld kein Ersatz für die maßgebliche dogmatische Verurteilung, welche diese Päpste erst mit Sicherheit von materiellen Häretikern zu formellen erklären kann.

Weil nur formelle Häretiker aus der Kirche ausgeschlossen sind und weil die einzig sichere Methode, eine formelle Häresie nachzuweisen, im Falle eines Papstes nicht anwendbar ist, muß eine gewisse Bandbreite an Meinungen zum Problem der Konzilspäpste offenbleiben. Einerseits ist es ungerecht, daß die liberalen „Traditionalisten“ aus dem Wort „Sedisvakantist“ ein Schimpfwort machen; andererseits sind die Argumente der Sedisvakantisten nicht so schlüssig, wie sie es gerne hätten oder vorgeben. Zusammenfassend gesagt mögen Sedisvakantisten noch katholisch sein, doch auf der anderen Seite ist noch kein Katholik verpflichtet, Sedisvakantist zu sein. Ich zum Beispiel glaube, daß die Konzilspäpste gültige Päpste sind.

Kyrie eleison.

Konziliarer „Theologe“ – II.

Konziliarer „Theologe“ – II. on Juni 12, 2010

Vor einer Woche legten die „Eleison Kommentare“ die sechs Irrtümer eines der führenden „Theologen“ des Zweiten Vatikanum, Pater Marie-Dominique Chenu, dar. Wir sagten damals dazu, daß im Vergleich zum Original in Si Si No No die Reihenfolge der Irrtümer geändert wurde und daß dies eine eigene Geschichte ergeben werde. Diese Geschichte ist die verheerende Entthronung des Verstandes durch die modernen Zeiten.

In Si Si No No stand der Sentimentalismus an erster Stelle, gefolgt vom Subjektivismus, Historizismus, Anthropozentrismus (die anthropologische Wende), Evolutionismus und Immoralismus. Mit dem Sentimentalismus zu beginnen heißt, mit dem Menschen anzufangen, wie wir ihn heute vorfinden: in seinen Gefühlen schwelgend. Es folgen zwei Beispiele aus hunderten oder sogar tausenden: In der Religion gilt heute: „Gott ist zu lieb, um eine einzige Seele zu verdammen.“ In der Politik gilt: „Es ist nicht patriotisch, zu hinterfragen, wer hinter „9/11“ (11.9.2001) stand.“

Die letzte Ausgabe der „Eleison Kommentare“ sortierte die Irrtümer nicht nach ihrer Unmittelbarkeit, sondern nach ihrer Tiefe. Deswegen steht der Anthropozentrismus, im Sinne von der Abkehr von Gott, an erster Stelle, weil die Abwendung von Gott die Wurzel aller Sünden und Irrtümer ist. Als nächstes folgen die drei den Verstand angreifenden Irrtümer: Subjektivismus, Historizismus und ihre Folge, der Evolutionismus. Denn – und hier kommt der springende Punkt – erst nachdem der rechtmäßige König entthront worden ist, kann der Thronräuber dessen Platz einnehmen. Erst nachdem also der Verstand ausgeschaltet worden ist, können die Gefühle das Steuer übernehmen. An letzter Stelle steht auf beiden Listen der Immoralismus, also die Leugnung vom Guten und Bösen, weil die Unordnung der Seele und des Verstandes immer zur Unordnung des Handelns führt.

Um den natürlichen Vorrang des Verstandes vor den Gefühlen zu begreifen – dieser Vorrang ist vielen modernen Seelen nicht mehr offensichtlich -, gebrauchen wir den Vergleich mit einem Segelschiff. Bei diesem Vergleich verläßt der Kapitän willentlich das Steuerruder, wodurch das Schiff in die Gewalt von Wind und Wellen gerät und letztendlich Schiffbruch erleiden wird. Wenn der Kapitän jedoch das Steuerruder wieder in die Hand nehmen will, gehört es zum Wesen des Steuerruders, dem Kapitän das Steuern zu ermöglichen. Bei guter Ausnutzung von Wind und Wellen wird er so schließlich den Hafen erreichen. Gleichermaßen gilt: Wenn ein Mensch willentlich seinen Verstand ausschaltet, gibt er dadurch seine Seele in die Gewalt von Gefühlen und Leidenschaften, und er treibt in die ewige Hölle hinein. Nichtsdestotrotz gehört es zur Natur seines Verstandes, daß wenn der Mensch ihn wieder einschalten will, dieser ihn zum Himmel zu leiten vermag – so schwierig es für seine Vernunft anfangs gewesen sein mag, seine Leidenschaften und Gefühle zu beherrschen.

Wie kann nun der Mensch seinen Verstand wieder inthronisieren? Indem er sich erneut Gott zuwendet, denn es war überhaupt erst seine Abkehr von Gott, welche zur Entthronung seines Verstandes führte – denn wenn der Mensch sich von Gott abkehren will, so muß er auch bald damit anfangen, seinen Verstand abzubauen. Wie aber wendet ein Mensch sich am einfachsten wieder Gott zu? Indem er mit dem täglichen Beten eines „Ave Maria“ beginnt, nach einer Weile ein paar „Ave Maria“ betet, dann ein Gesätzchen des Rosenkranzes und schließlich fünf Gesätzchen pro Tag. Wenn er das tut, so wird er seinen Verstand wieder in Gang setzen.

Heilige Muttergottes, rette unseren Verstand!