Wahrheit

Staatsreligion – III.

Staatsreligion – III. on Januar 14, 2012

Die Behauptung, daß der Staat die katholische Religion weder bekennen noch beschützen brauche, ist ein klassischer liberaler Irrtum und einer der Hauptirrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ein Liberaler könnte seinen siegreichen Plan auf diese Weise schildern: „Greifen wir den Katholizismus nicht direkt an, sondern teilen und herrschen wir: spalten wir den einzelnen Menschen von der Gesellschaft ab, indem wir behaupten, daß der Mensch kein Gesellschaftswesen sei. Dann geben wir vor, daß die Religion eine rein persönliche Angelegenheit sei. Auf diese Weise können wir die Gesellschaft übernehmen, und wenn wir sie erst einmal liberalisiert haben, nutzen wir sie als mächtige Waffe zum Liberalisieren der Einzelnen – denn selbstverständlich ist der Mensch ein Gesellschaftswesen! Will dann ein Einzelner nicht liberalisiert werden, so bekommt er größte Schwierigkeiten mit der Gesellschaft, welche wir zuvor liberalisierten.“ Ist es etwa nicht so? Schauen Sie sich doch nur um. Beantworten wir nun drei weitere Einwände gegen die Lehre, daß für das Heil der Seelen jeder Staat katholisch sein sollte.

Eure Exzellenz, unser Herr sagt selber: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und gebt Gott, was Gottes ist“ (Matthäus 12,21). Hier trennt unser Herr doch ganz klar Kirche und Staat. Deswegen sollte kein Staat sich auf den Katholizismus oder auf irgendeine andere Religion einlassen.

Antwort: Nein, unser Herr trennt hier nicht Kirche und Staat. Er stellt lediglich eine Unterscheidung des gesunden Menschenversandes an zwischen dem, was der Einzelne dem Staat schuldet (Steuern, usw.) und was der Einzelne Gott schuldet (Anbetung). Unser Herr sagt absolut nicht, daß der weltliche Staat dem ewigen Gott nichts schuldet. Tatsächlich schuldet der Staat als kollektive, weltliche Autorität über einer Anzahl von Menschen in seinen Autoritätshandlungen dem allmächtigen Gott, was die einzelnen Menschen als soziale Wesen Gott schulden: namentlich die soziale Anerkennung von Gottes Naturrecht, sowie so viel soziale Anerkennung und Förderung der Kirche – welche durch den natürlichen Verstand eigenständig als wahr erkannt werden kann –, wie es der Rettung der Seelen nicht im Wege steht.

Aber das Erkennen der wahren Religion ist eine Angelegenheit des Einzelnen. Wie kann dann der Staat als Staat grundsätzlich verpflichtet sein, katholisch zu sein?

Antwort: Der Staat ist lediglich die moralische (d.h. nicht-materielle) Vereinigung von einer mehr oder weniger großen Anzahl von physikalischen (d.h. materiellen) Menschen in einem politischen Körper. Jeder einzelne dieser Menschen ist – unabhängig davon, ob er bereits die übernatürliche Gnade des Glaubens besitzt – schon allein durch den rechten Gebrauch seiner natürlichen Vernunft zu der Erkenntnis befähigt, daß Gott existiert, daß Jesus Christus Gott ist und daß die katholische Kirche die von Jesus Christus gegründete Kirche ist. Wenn also ein Staat die wahre Religion nicht erkennt, so liegt das nicht etwa daran, daß seine Bürger dies nicht erkennen können, sondern daran, daß diese aus mehreren Gründen ihre gottgegebene Vernunft nicht für dieses Erkennen einsetzen bzw. nicht einsetzen wollen. Tatsächlich sind die Menschen also zu dieser Erkenntnis befähigt und wenn sie nicht zu ihr gelangen, so werden sie dafür vor Gott in jenem Maße Rechenschaft ablegen müssen, welches Gott ihnen gemäß ihrer Lebensumstände perfekt zudenkt.

Aber Eure Exzellenz, wenn Sie so fest auf der Pflicht des Staates beharren, katholisch zu sein, dann werden Sie lediglich viele Menschen von der guten Lehre abstoßen.

Zur Ehre Gottes und zur Rettung der ewigen Menschenseelen sollte jeder Staat katholisch sein. Wenn Menschen zu ignorant oder zu verdorben für diese Wahrheit sind, so daß sie diese nur befremdet, darf man – ohne von den Grundsätzen abzurücken – mit ihrer Verkündigung zögern. Doch macht das diese Wahrheit nicht weniger wahr. Wahre Grundsätze werden nicht weniger wahr, wenn sie manchmal aus praktischen Erfordernissen heraus mit einem gewissen Maß an Vorsicht verkündet werden müssen. Sicherlich sollte den Lesern dieser „Eleison Kommentare“ aber die ganze Wahrheit dargelegt werden können.

Kyrie eleison.

Staatsreligion – II.

Staatsreligion – II. on Dezember 10, 2011

Die Erklärung, daß jeder Staat auf Erden die katholische Religion unterstützen und schützen soll, ist für die Religion des Liberalismus eine glatte Häresie (wir können nicht oft genug betonen, daß der Liberalismus als Ersatzreligion dient). Doch wenn Gott existiert, wenn Jesus Christus Gott ist, wenn jede natürliche menschliche Gemeinschaft wie beispielsweise der Staat ein Geschöpf Gottes ist, und wenn Jesus Christus die katholische Kirche als sein eines und einziges Mittel zur Rettung der Seelen vor dem ewigen Höllenfeuer gründete, dann ist jeder Staat – wenn er kein Feind der Menschheit sein will – zum Schutz und zur Förderung der katholischen Kirche verpflichtet. Gegen diese Schlußfolgerung gibt es Einwände. Betrachten wir drei von den bekanntesten:—

Erster Einwand: Unser Herr selber sagte zu Pontius Pilatus (Johannes 18,36), daß sein Königreich nicht von dieser Welt sei. Doch der Staat ist von dieser Welt. Deswegen sollte der Staat nichts mit Christi Königtum und Kirche zu tun haben.

Auflösung: Zu Pilatus sagte unser Herr nur, daß Sein Reich und der Staat verschieden sind, aber Er sagte nicht, daß die beiden getrennt sein sollen. So ist auch die Seele des Menschen von seinem Leib verschieden, aber wenn beide getrennt werden, dann stirbt der Mensch. Und die Eltern sind von ihren Kindern verschieden, aber die Trennung der beiden (wie es die Jugendämter heute machen) bedeutet den Tod der Familie. Die Kirche und der Staat sind voneinander so verschieden wie das Leben auf der Erde vom ewigen Leben sich unterscheidet, aber die Trennung von Kirche und Staat bedeutet, eine Kluft zwischen dem irdischen und ewigen Leben zu schaffen und somit die Anzahl der in die Hölle fallenden Bürger deutlich zu steigern.

Zweiter Einwand: Die katholische Religion ist wahr. Doch die Wahrheit setzt sich von alleine durch. Deswegen braucht die katholische Religion keine Zwangsmaßnahmen durch den Staat, wie z.B. die Unterdrückung der öffentlichen Ausübung aller anderen Religionen.

Auflösung: In sich selbst gilt durchaus, wie die Lateiner sagen: „Die Wahrheit ist mächtig und wird obsiegen.“ Aber unter uns Menschen wird sie wegen der Erbsünde eben nicht einfach sich durchsetzen. Wären alle menschlichen Wesen (ausgenommen unser Herr und unsere Liebe Frau) seit dem Sündenfall nicht mit den vier Wunden Unwissenheit, Bosheit, Schwachheit und Begierlichkeit behaftet, dann stünde dem Sieg der Wahrheit deutlich weniger im Wege. Dann könnte Thomas Jefferson richtigerweise verkünden, daß die Wahrheit einfach bloß auf dem Marktplatz ausgesetzt werden müsse, damit sie sich durchsetze. Doch die Katholiken wissen, was die Kirche in diesem Punkt lehrt, daß nämlich der Mensch sogar noch nach der Taufe von der Erbsünde nach unten gezogen wird, so daß er jede vernünftige Hilfe seines Staates braucht, um die Wahrheit zu finden, ohne die er seine Seele nicht retten kann. Vernünftige Hilfe heißt nicht, daß der Staat jemanden zwingt, katholisch zu sein, sondern sie bedeutet, daß der Staat alle gefährlichen Gegenwahrheiten von Jeffersons Marktplatz ausschließt.

Dritter Einwand: Große Macht kann auch in großem Stil mißbraucht werden. Nun ist die Verbindung von Kirche und Staat für beide Seiten sehr machtvoll und deswegen kann sie zu großem Schaden führen. Schauen wir doch nur, wie die Konzilskirche und die säkulare Neue Weltordnung sich gegenseitig ermächtigen!

Auflösung: „Mißbrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf,“ sagt der Lateiner. Hätte unser Herr das Allerheiligste Altarsakrament uns etwa nicht schenken sollen, weil es auf schwere Weise mißbraucht werden kann? Die Wiedervereinigung von Konzilskirche und liberalem Staat ist ein gewaltiger Mißbrauch der Verbindung von Kirche und Staat. Doch sie beweist nicht die Falschheit der Verbindung von katholischem Staat mit der katholischen Kirche, sondern nur die Falschheit des Liberalismus.

Kyrie eleison.

Verfluchte Liberale

Verfluchte Liberale on Dezember 3, 2011

Der Liberalismus ist eine schreckliche Krankheit, die Millionen und Abermillionen von Seelen in die Hölle schickt. Er „befreit“ den Geist von der objektiven Wahrheit und das Herz (d.h. den Willen und die Neigungen) vom objektiv Guten. Somit herrscht auf absolute Weise das Subjektive. Kurz gesagt rückt der Liberalismus den Mensch an die Stelle Gottes; wobei der Mensch dann Gott nur noch soviel Bedeutung zubilligt, wie es dem Menschen gefällt – und das ist normalerweise nicht gerade viel. Der allmächtige Gott wird sozusagen an die Leine genommen wie ein gehorsames, kleines Hündchen. In Wirklichkeit ist der „Gott“ der Liberalen eine Verspottung des wahren Gottes. Doch „Gott läßt seiner nicht spotten“ (Galaterbrief 6,7) und er bestraft die Liberalen im irdischen Leben, indem sie zu falschen Kreuzfahrern, zu wahren Tyrannen und verweichlichten Männern werden.

Gemäß Erzbischof Lefebvre stellen die Revolutionspriester in Lateinamerika ein klassisches Beispiel für falsche Kreuzfahrer dar. Er pflegte zu sagen, daß jene Priester, welche unter dem Einfluß der kirchlichen Modernisierungsbewegung den Glauben verloren, die furchtbarsten aller Revolutionäre abgaben. Denn sie steckten die gesamte Kraft des wahren Kreuzzuges zur Rettung der Seelen – wofür sie ausgebildet worden waren, woran sie allerdings nicht länger glaubten – in den falschen Kreuzzug namens Kommunismus.

Glauben die Menschen nicht mehr an den wahren Kreuzzug – der für Gott, für Jesus Christus und für das ewige Seelenheil ficht –, so entsteht eine entsprechend große Lücke in ihrem Leben. Diese Lücke suchen sie mit Kreuzzügen für alles und jeden zu füllen: für ein Tabakverbot (aber mit der Freiheit für Marihuana und Heroin); für ein Verbot der Todesstrafe (aber mit der Freiheit, die effektiven Rechten hinzurichten); für eine Ächtung von Tyrannen (aber mit der Freiheit, jedes Land in die „Demokratie“ zu bomben); für die Unantastbarkeit des Menschen (aber mit der Freiheit zur Abtreibung des menschlichen Kindes im Mutterschoß), und vieles mehr. Die soeben hervorgehobenen Widersprüche stehen ganz im Einklang mit dem Kreuzzug der Liberalen für eine völlig neue Welt, welche die christliche Weltordnung ersetzt. Die Liberalen schützen zwar vor, daß sie nicht gegen Jesus Christus kämpfen wollen, doch wird dieses Deckmäntelchen immer dünner.

Logischerweise werden Liberale auch zu wahrhaften Tyrannen. Denn sie haben sich selber von jedem Gott, von jeder Wahrheit und von jedem Gesetz – welche über den Liberalen stehen – befreit. Somit bleibt nur noch die Autorität ihres eigenen Geistes und Willens übrig, und nur diese „Autorität“ lassen sie gelten, um ihren Mitmenschen jedwede Willkür aufzuerlegen. Als beispielsweise Paul VI. jeden Sinn für Tradition, welche seine Autorität begrenzte, verloren hatte, zwang er im Jahre 1969 der katholischen Kirche seine Neue Meßordnung auf, um zur Neuen Weltordnung zu passen. Dies geschah ungeachtet der Tatsache, daß erst zwei Jahre zuvor eine beträchtliche Anzahl von Bischöfen einen im Wesentlichen ähnlichen, experimentellen Meßritus abgelehnt hatten. Warum sollte Paul VI. die Einschätzungen der Personen unter ihm beachten, außer wenn es Liberale waren? Diese Personen wußten offenbar nicht, was gut für sie war – er jedoch schon.

Ebenfalls logischerweise werden Liberale zu verweichlichten Menschen, weil sie alles persönlich nehmen müssen. In der Tat fußt jeder vernünftige Widerspruch gegen ihren Autoritarismus auf der von ihnen mißachteten Wahrheit und dem Gesetz über den Menschen. Genau auf diese Weise widerstand Erzbischof Lefebvre dem Liberalismus Pauls VI. Doch der Papst vermochte nur davon auszugehen, daß der Erzbischof ihm seinen Platz als Papst streitig machen wollte. Er war unfähig zu begreifen, daß es eine weit höhere Autorität als seine eigene gab, auf die der Erzbischof in aller Seelenruhe sich stützte. Wer braucht schon zu befürchten, daß unser Herr und Gott jemals scheitert?

Heiligstes Herz Jesu, oh schenke, daß wir gute Führer verdienen, die nur aus Dir kommen können.

Kyrie eleison.

Tugendhafte Heiden

Tugendhafte Heiden on Oktober 22, 2011

Der Eleison-Kommentar Nummer 221 stufte die Musik von Johannes Brahms als Beweis für eine bestimmte Seelengröße ein. Daraufhin fragte ein junger Leser aus Brasilien, ob der glimmende Docht bei Brahms nicht vielleicht stärker glimmte als bei einem lauwarmen Katholiken (vergleiche Matthäus 12,20). Dieser Gegensatz soll auf der einen Seite die Tugend der Heiden aufzeigen, und auf der anderen Seite die Tugend des „warmen, faulen“ Katholiken in Frage stellen. Selbstverständlich ist die heidnische Tugend lobenswert, während die katholische Lauheit tadelnswert ist. Allerdings steht dahinter eine größere Frage: Wie wichtig ist es grundsätzlich, ein gläubiger Katholik zu sein? Und wie wichtig ist die Tugend des Glaubens? Die Antwort kann nur lauten: Die Glaubenstugend ist so wichtig wie die Ewigkeit lang ist.

Die Evangelien zeigen eindeutig, daß der Glaube eine Tugend von allerhöchstem Wert ist. Wenn unser Herr ein Wunder in der Form einer körperlichen oder geistigen Heilung gewirkt hatte, so sagte Er den Betroffenen häufig, daß sie dieses Wunder wegen ihres Glaubens erhalten hatten, beispielsweise bei Maria Magdalena (Lukas 7,50). Die Hl. Schrift zeigt allerdings ebenso deutlich, daß dieser verdienstvolle Glaube etwas tiefergehendes ist als nur ein ausdrückliches Kennen der Religion. Beispielsweise können die römischen Zenturionen über den damals wahren Glauben, das Alte Testament, nur wenig bis nichts gewußt haben. Dennoch sagt unser Herr über einen solchen Zenturio, daß Er in ganz Israel keinen solchen großen Glauben gefunden hat (Matthäus 8,10). Ein anderer Zenturio erkennt im gekreuzigten Jesus Christus den Sohn Gottes, während Ihn die religiösen Fachmänner nur verhöhnten (Matthäus 27,41). Ein dritter Zenturio namens Cornelius bahnt den Weg für alle Heiden, welche in die wahre Kirche eintreten werden (Apostelgeschichte 10,11). Worüber verfügten diese heidnischen Zenturionen, was die Priester, Schriftgelehrten und Ältesten nicht oder nicht mehr hatten?

Heiden wie Nicht-Heiden werden während ihres gesamten Erdenlebens ständig mit einer Vielzahl an guten Dingen konfrontiert, welche letztendlich alle von Gott stammen, und sie werden bösen Dingen begegnen, welche der Schlechtigkeit der Menschen entspringen. Doch weil Gott unsichtbar ist, während die bösen Menschen allzu deutlich sichtbar sind, fällt es leicht, die Güte oder sogar Existenz Gottes anzuzweifeln. Allerdings glauben die Menschen guten Willens an das Gute im Leben und geringschätzen das Böse relativ (nicht absolut). Die Menschen schlechten Willens hingegen geringschätzen das Gute um sie herum. Nun mögen beide Gruppen von Menschen keine ausdrückliche Kenntnis von der Religion haben, doch während die gutherzigen Menschen (wie diese Zenturionen) die Wahrheit ergreifen sobald sie ihnen begegnet, verspotten die Menschen schlechten Herzens sie mehr oder minder. Daher nahmen der treuherzige Andreas und Johannes den Heiland sofort an (Johannes 1,37–40), während der gelehrte Gamaliel viel mehr Zeit und Überzeugungskraft benötigte (Apostelgeschichte 5,34–39). Wir können daher sagen, daß der ausdrücklichen und wissentlichen Glaubenstugend im Kern ein vorbehaltloses Vertrauen in die Güte des Lebens und in das dahinterstehende Wesen innewohnt. Dieses Vertrauen kann allerdings durch falsche Lehren untergraben und beispielsweise durch den Skandal erschüttert werden.

Kommen wir auf Brahms zurück. Die Frage lautet also, hat er wenigstens dieses vorbehaltlose Vertrauen in die Güte des Lebens und in das dahinterstehende Wesen gehabt? Sicher lautet die Antwort nein, denn Brahms verbrachte die gesamte zweite Hälfte seines Lebens in der damaligen Hauptstadt der Musik: im katholischen Wien. Die Schönheit seiner Musik muß zahlreiche Freunde und sogar Priester bewogen haben, Brahms zum ausdrücklichen Vollzug dieser Schönheit aufgefordert zu haben – durch Bekenntnis und Ausübung der Religion Wiens. Doch Brahms muß alle diese Appelle abgelehnt haben. Deswegen scheint es allzu möglich zu sein, daß er seine Seele nicht hat retten können. Gott weiß es.

Nichtsdestotrotz danken wir Gott für Brahms’ Musik. Wie der Hl. Augustinus auf wunderbare Weise sagte: „Jede Wahrheit gehört uns Katholiken.“ Das gilt ebenso für jede Schönheit, selbst wenn sie von Heiden gefertigt ist!

Kyrie eleison.

Schuldlose Unkenntnis

Schuldlose Unkenntnis on August 13, 2011

Ein Leser stellt folgende wesentliche Frage: „Kann ein guter Protestant – der zwar ein gutes Leben führte, aber felsenfest glaubt, daß der katholische Glaube falsch ist, und der daher gar nicht erst erwägt, in die katholische Kirche einzutreten – gerettet werden?“ Diese Frage ist vital, d.h. lebensnotwendig (lateinisch „vita“ heißt „Leben“), weil es für unzählige Seelen um das ewige Leben oder den ewigen Tod geht.

Der wichtigste Punkt der Antwort lautet, daß Gott, sobald eine Seele bei ihrem Tod augenblicklich vor Seinem Richterstuhl erscheint, sie mit perfekter Gerechtigkeit und Barmherzigkeit richtet. Gott allein kennt die Tiefen des Herzens eines Menschen, über welche der Mensch sich selber – und anderen erst recht – etwas vormachen kann. Während der Mensch falsch urteilen kann, ist dies bei Gott unmöglich. Daher wird der „gute Protestant“ entweder durch sich selber verdammt oder durch Gott gerettet werden, so wie dieser Mensch entsprechend dem unfehlbaren Ratschluß Gottes es verdient.

Gott will, daß wir alle gerettet werden (Erster Brief des Timotheus 2,4) und verlangt von uns unter Androhung der ewigen Verdammnis (Markus 16,16), daß wir glauben. Somit leuchtet ein, daß Gott uns auch wissen läßt, was wir glauben und tun müssen, um unsere Seele zu retten. Was also muß dieser „gute Protestant“ glauben?

Jeder Mensch muß für seine Seelenrettung wenigstens glauben, daß Gott existiert, und daß Er die Guten belohnt und die Bösen bestraft (Hebräerbrief 11,6). Ein „guter Protestant,“ welcher dieses nicht glaubt, kann nicht gerettet werden, auch wenn er ein „gutes Leben“ führte. Allerdings gehen viele katholische Theologen weiter und erklären, daß der Mensch für seine Seelenrettung auch an die Heilige Dreifaltigkeit und an Jesus Christus als Erlöser glauben muß. Wenn diese Theologen richtig liegen, dann dürfte es noch viel mehr „gute Protestanten“ geben, die ihre Seelen nicht retten können.

Nun kann Gott von den Menschen allerdings auch verlangen, daß sie mehr als nur diese absoluten Grundlagen glauben müssen – und zwar in Abhängigkeit von den Gelegenheiten in ihrem Leben, von der von Ihm ausgehenden Wahrheit zu erfahren. Begegneten sie dem übrigen katholischen Glauben, welchen sie ignorieren, wirklich niemals? Vielleicht nicht. Aber vielleicht trafen sie doch auf ihn. Ich erinnere mich noch gut daran, wie meine protestantische Mutter einmal voller Begeisterung von einem katholischen Priester erzählte, der alle ernsthaften Fragen ihres „guten protestantischen“ Vaters beantwortet hatte. Doch hatte dies keine Folgen für sein Leben, soviel ich weiß. Wenn „gute Protestanten“ wirklich nur einmal in ihrem Leben der katholischen Wahrheit begegneten, warum gingen sie ihr dann nicht nach? Abgesehen von dem Fall, daß sie ihnen schlecht vorgestellt worden wäre, haben sie die Wahrheit praktisch zurückgewiesen. Können sie diese Zurückweisung schuldlos durchgeführt haben? Wiesen sie die Wahrheit also unschuldigerweise oder willentlich zurück? „Gute Protestanten“ betrachten sich gerne als unschuldig – so wie wir alle. Doch niemand kann Gott täuschen.

Ein „guter Protestant“ muß jedoch auch etwas tun, um gerettet zu werden. Er mag zwar nicht alles kennen, was die katholische Kirche unfehlbar in Moralfragen von uns verlangt, doch trägt er wenigstens das natürliche Licht seines angeborenen Gewissens in sich. Es ist sicherlich schwer, diesem natürlichen Licht des angeborenen Gewissens unter der Last der Erbsünde und ohne Hilfe der katholischen Sakramente zu folgen. Doch wer das Gewissen ernstlich verletzt oder von der Wahrheit löst, kann leicht im Stande der Todsünde leben und sterben, und somit nicht gerettet werden. Wiederum kann der „gute Protestant“ im Gegensatz zu den Katholiken sich darauf berufen, daß er die Fülle der Gesetze Gottes nicht kannte. Aber ist seine Unkenntnis wirklich „unüberwindlich“ und damit schuldlos? Wußte der Protestant beispielsweise tatsächlich nicht, daß die künstliche Empfängnisverhütung Gott ernsthaft beleidigt, oder wollte er es nur nicht wissen?

Gott allein weiß es. Gott allein richtet. Möge er Erbarmen mit allen „guten Protestanten“ und mit uns allen haben.

Kyrie eleison.

Benedikts Denken – I.

Benedikts Denken – I. on Juli 9, 2011

Der „Eleison Kommentar“ vom 18. Juni 2011 versprach eine Folge von vier Ausgaben, welche die „Verwirrung“ in der „Glaubensweise“ von Papst Benedikt XVI. aufzeigen. Die Folge stellt eine Zusammenfassung des wertvollen Traktats dar, welches Bischof Tissier de Mallerais als einer der vier Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X. vor zwei Jahren über Benedikts Denken schrieb. Das Traktat heißt „Der Glaube, gefährdet durch die Vernunft“ („The Faith Imperilled by Reason“), und der Bischof bezeichnet es als „schlicht“ – trotzdem deckt es das grundsätzliche Problem des Papstes auf, d.h. wie man den katholischen Glauben der Kirche vollständig bekennen kann, ohne die Werte der modernen Welt verurteilen zu müssen. Das Traktat belegt, daß eine solche Glaubensweise zwingendermaßen verwirrt ist, auch wenn der Papst selber noch irgendwie glaubt.

Das Traktat besteht aus vier Teilen. Nach einer wichtigen Einführung in die „Hermeneutik der Kontinuität“ untersucht der Bischof kurz die philosophischen und theologischen Wurzeln des päpstlichen Denkens. Im dritten Teil legt er dann die Früchte dieses Denkens dar im Hinblick auf die Hl. Schrift, das Dogma, die Kirche und Gesellschaft, die Christkönigsherrschaft und die letzten Dinge. Der Bischof schließt sein Traktat dann mit einem maßvollen Urteil über den Neuglauben des Papstes – sehr kritisch, aber voller Respekt. Beginnen wir mit einem Überblick der Einleitung:—

Das grundlegende Problem von Benedikt XVI. ist – wie eigentlich für uns alle – der Gegensatz zwischen dem katholischen Glauben und der modernen Welt. So erkennt der Papst zum Beispiel durchaus, daß die moderne Wissenschaft amoralisch, die moderne Gesellschaft säkular und die moderne Kultur multireligiös ist. Er ortet den Gegensatz als zwischen Glaube und Vernunft bestehend – zwischen dem Glauben der Kirche und der von der Aufklärung des 18. Jahrhunderts herausgearbeiteten Vernunft. Allerdings ist er davon überzeugt, beide auf eine solche Weise auslegen zu können und zu müssen, daß sie in Einklang zueinander stehen. Dieser Überzeugung entsprang seine intensive Teilnahme am Zweiten Vatikanum, denn dieses Konzil versuchte gleichfalls, den katholischen Glauben mit der modernen Welt zu versöhnen. Die traditionellen Katholiken halten dieses Konzil allerdings für mißlungen, weil seine Grundsätze mit dem wahren Glauben unvereinbar sind. Daher rührt Papst Benedikts „Hermeneutik der Kontinuität,“ d.h. sein System der Auslegung, welches zeigen will, daß es keinen Bruch zwischen katholischer Tradition und dem Zweiten Vatikanum gegeben hat.

Die Grundsätze der Benediktschen „Hermeneutik“ gehen zurück auf den deutschen Historiker Wilhelm Dilthey (1833 – 1911). Dieser behauptete, daß die innerhalb der Geschichte auftretenden Wahrheiten nur innerhalb ihrer jeweiligen Geschichte verstanden werden können, und daß die den Menschen betreffenden Wahrheiten grundsätzlich nur unter Beteiligung des jetzigen menschlichen Subjekts in der jeweiligen Geschichte verstehbar seien. Um den Kern von Wahrheiten aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu übertragen, müssen demnach alle Bestandteile aus dieser Vergangenheit, welche heute belanglos sind, entfernt und mit Bestandteilen ersetzt werden, welche in der jetzigen Zeit wichtig sind. Benedikt wendet diesen zweistufigen Vorgang der „Reinigung und Bereicherung“ auf die Kirche an. So meint er einerseits mit der Vernunft den Glauben von seinen Fehlern der Vergangenheit reinigen zu müssen, beispielsweise den früheren Absolutismus. Andererseits muß man – so meint er – mit Hilfe des Glaubens die Vernunft der Aufklärung im Hinblick auf ihre Angriffe gegen die Religion mäßigen, und sie daran erinnern, daß ihre menschlichen Werte, ihre Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit alle ihren Ursprung in der Kirche hätten.

Der große Denkfehler des Papstes liegt hier darin begründet, daß die Wahrheiten des katholischen Glaubens – auf welchen die christliche Zivilisation erbaut war und worauf ihre schwachen Reste immer noch ruhen – ihren Ursprung keinesfalls innerhalb der menschlichen Geschichte haben, sondern im ewigen Schoß des unveränderlichen Gottes. Es sind ewige Wahrheiten, aus der Ewigkeit und für die Ewigkeit. „Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen,“ spricht unser Herr (Matthäus 24,35).

Weder vermag Dilthey noch scheinbar Benedikt XVI. sich solche Wahrheiten vorzustellen, welche die menschliche Geschichte und vor allem ihre Aufbereitung weit überragen. Wenn der Papst denkt, daß er durch solche Zugeständnisse an die glaubenslose Vernunft deren Anhänger zum wahren Glauben bringen wird, so hat er falsch gedacht. Denn diese Anhänger verachten den Glauben dadurch nur noch mehr!

Nächstes Mal werden wir die philosophischen und theologischen Wurzeln von Papst Benedikts Denken betrachten.

Kyrie eleison.