Schlagwort: Rosenkranz

Hauslektüre

Hauslektüre posted in Eleison Kommentare on Oktober 20, 2012

Die „Eleison-Kommentare“ empfahlen den Lesern vor einiger Zeit, ihre Häuser in Festungen auszubauen, falls ob der Verrücktheit der modernen Zeit die öffentlichen Glaubensfestungen verschwinden könnten. Nun fragten einige Leser, wie ein solcher Festungsbau denn aussehen könnte. Zwar haben diese „Kommentare“ schon einige geistliche und irdische Mittel vorgeschlagen, um das Heim und die Familie schützen zu können; zuvörderst natürlich durch das Rosenkranz-Gebet. Doch eine Art des Festungsausbau blieb bisher unerwähnt, welches ich vermutlich anstelle des Fernsehers einsetzen würde, hätte ich eine Familie zu verteidigen: den Kindern allabendlich ausgewählte Kapitel aus dem Werk „Der Gottmensch“ von Maria Valtorta vorzulesen. Wenn wir dann den letzten Band durchgelesen hätten, so würden wir, stelle ich mir vor, wieder von vorne anfangen – bis alle Kinder das elter liche Heim verlassen hätten.

Nun hat das Werk Valtortas viele und sprachgewandte Feinde. Es besteht aus Episoden über das Leben Unseres Herrn Jesus Christus und Unserer Lieben Frau, angefangen von ihrer Unbefleckten Empfängnis bis hin zu ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel. Maria Valtorta, eine unverheiratete Frau reiferen Alters aus Norditalien, schaute während des Zweiten Weltkrieges diese Episoden als Visionen vom Himmel, wie es glaubhaft scheint. Valtorta war durch eine Rückenverletzung, welche sie Jahre zuvor erlitten hatte und dadurch dauerhaft verkrüppelt war, an das Krankenbett gefesselt. Die im italienischen Original (etwa 4.000 Seiten auf 10 Bände verteilt) eingefügten Anmerkungen zeigen die große Furcht von Valtorta davor, vom Teufel getäuscht zu werden. Tatsächlich bezweifelt eine gewisse Zahl von Menschen, ob das Werk Valtortas auch wirklich von Gott stammt. Gehen wir auf drei der wichtigsten Einwände näher ein.

Erstens wurde das Werk in den 1950er Jahren auf den kirchlichen Index der verbotenen Bücher gesetzt, also kurz bevor Rom in den 1960er Jahren neo-modernistisch wurde. Als Gründe für die Indizierung wurden genannt eine Romantisierung und Sentimentalisierung der Ereignisse im Evangelium. Zweitens werden dem Werk zahlreiche lehrmäßige Irrtümer vorgeworfen. Drittens wandte Erzbischof Lefebvre gegen Valtortas Werk ein, daß das Aufzählen von so vielen materiellen Einzelheiten aus dem Alltagsleben unseres Herrn ihn zu irdisch werden ließe und wir somit zu stark von der geistlichen Ebene der vier Evangelien herabgebracht würden.

Nun zur Erwiderung auf diese drei Einwände. Wie hätten erstens die Modernisten Rom in den 1960er Jahren übernehmen können, wenn sie nicht schon vorher in den 1950er Jahren gut in Rom eingerichtet gewesen wären? Sodann ist das Werk Valtortas, wie auch das Evangelium (siehe Johannes 11,35, usw.) tatsächlich voller Gefühle, die allerdings ihrem jeweiligen Objekt entsprechen und es nicht übertreffen. Meines Erachtens kommt dem gesunden Sachverstand das Werk weder sentimental noch romantisiert vor. Zweitens sind die scheinbaren lehrmäßigen Irrtümer einer nach dem anderen leicht zu entkräften, was ein kompetenter Theologe in den Anmerkungen der italienischen Ausgabe auch durchgeführt hat. Und drittens möchte ich bei allem gebotenen Respekt vor Erzbischof Lefebvre argumentieren, daß der moderne Mensch die in Valtortas Werk beschriebenen irdischen Einzelheiten sogar durchaus braucht, um wieder an die Wirklichkeit des Evangeliums glauben zu können. Hat denn nicht eine zu starke „Spiritualität“ unseren Herrn für den modernen Menschen sozusagen ins „Obergeschoß“ hinauf entrückt, während Kino und Fernsehen den menschlichen Sinn für Realität unten im „Erdgeschoß“ übernommen haben? So wie unser Herr ganz Mensch und ganz Gott war, so ist auch Valtortas Werk zu jeder Zeit sowohl ganz geistlich als auch ganz irdisch.

Aus der nicht-elektronischen Lektüre des Werkes zuhause dürfte, so glaube ich, großer Nutzen erwachsen – zusätzlich zu einem wahrhaftigen Umgang zwischen den vorlesenden Eltern und ihren zuhörenden Kindern. Denn Kinder saugen ihre Umgebung wie Schwämme das Wasser auf. Werden ihnen altersgemäß ausgewählte Kapitel aus diesem Werk vorgelesen, so verspreche ich mir für die Kinder schier endlose Lernmöglichkeiten über das Leben Unseres Herrn und der Muttergottes. Denken wir außerdem an die vielen Fragen, welche die Kinder dann stellen würden. Und erst an die Antworten, mit welchen die Eltern dann aufwarten müßten. Mir dünkt, daß Valtortas Werk ein großartiger Beitrag zum Ausbau des Heimes in eine Festung sein könnte.

Kyrie eleison.

Sarto oder Siri?

Sarto oder Siri? posted in Eleison Kommentare on September 29, 2012

Am Fest des Hl. Pius X. entglitt mir einmal in einer Predigt „fast eine Häresie,“ als ich laut fragte, ob Giuseppe Sarto der Kirchenzerstörung durch Paul VI. widerstanden hätte, wenn er nicht schon im Jahre 1914 als Papst, sondern z.B. erst 1974 als Kardinal gestorben wäre. Innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X. muß diese Frage wie eine Häresie anmuten, denn wie könnte die Weisheit des himmlischen Schutzpatrons der Bruderschaft – um in unserem Fragebeispiel zu bleiben – auf irgendeine Art fehlerhaft gewesen sein? Dennoch ist diese Frage berechtigt.

In den 1970er Jahren suchte Erzbischof Lefebvre einige der besten Kardinäle und Bischöfe der Kirche in der Hoffnung auf, wenigstens eine Handvoll von ihnen von der Notwendigkeit des öffentlichen Widerstandes gegen die Revolution des Zweiten Vatikanischen Konzils überzeugen zu können. Er pflegte zu sagen, daß der gemeinsame Widerstand von nur einem halben Dutzend Bischöfen die konziliare Verwüstung der Kirche hätte ver- oder wenigstens behindern können. Doch leider Gottes unternahm nicht einmal der von Papst Pius XII. als Wunschnachfolger ausersehene Kardinal Siri von Genua einen öffentlichen Schritt gegen die konziliare Kirchenführung. Schließlich trat wenigstens Bischof de Castro Mayer hervor – allerdings erst in den 1980er Jahren, als die konziliare Revolution schon in der Kirchenspitze sich eingenistet hatte.

Wie konnte es geschehen, daß selbst die bestausgebildetsten Köpfe so umnachtet waren? Warum erkannten damals nur so wenige der besten Kirchenmänner, was Erzbischof Lefebvre klar sah? Wie z.B. die Tatsache, daß das Kirchen-„Gesetz,“ welches die „Novus Ordo“-Messe etablierte, überhaupt kein Gesetz war; denn es gehört zum Wesen des Rechtes, daß ein Gesetz eine vernünftige Verordnung für das Allgemeinwohl sein muß. Wieso blieb also der Erzbischof so relativ alleine in seinem Kampf, ein solches Grundprinzip des gesunden Menschenverstandes vor dem Ersticktwerden durch eine überbordende Autoritätshörigkeit zu beschützen – wo doch das Zweite Vatikanum und die Neue Messe das Überleben der Kirche selber gefährdeten? Auf welche Weise konnte denn die Autorität solcherart über Wirklichkeit und Wahrheit die Oberhand gewinnen?

Meine Antwort lautet: Dies alles geschah, weil die Christenheit seit sieben Jahrhunderten in den Glaubensabfall, auch Apostasie genannt, abgleitet. Seit 700 Jahren wird – abgesehen von edlen Ausnahmen wie z.B. die Gegenreformation – die Wirklichkeit des Katholizismus vom Wahn des Liberalismus wie durch ein Krebsgeschwür zerfressen. Dieser Liberalismus „befreit“ den Menschen von Gott auf mehrere Weisen: er „befreit“ die Natur von der Gnade, den Verstand von der objektiven Wahrheit und den Willen vom objektiven Recht und Unrecht. Während der längsten Zeit dieser Epoche, 650 Jahre lang, hielten die katholischen Kirchenmänner an der Wirklichkeit fest und verteidigten sie eisern. Doch am Schluß drang eine ausreichende Menge des allumfassenden Wahns der lockenden Moderne bis ins Mark der Kirchenmänner vor, so daß ihr Verstand und Wille den Bezug zur Wirklichkeit verloren. Wie der Hl. Thomas Morus über die englischen Bischöfe seiner Zeit sagte, welche die katholische Kirche verrieten: es fehlte ihnen die Gnade. So ließen die Konzilsbischöfe gerne zu, daß der bloße Menschenwahn anstelle von Gottes Wirklichkeit, und die Autorität anstelle der Wahrheit, rückten. Daraus ergeben sich praktische Lehren für den Klerus wie für die Laien.

Liebe Priesterbrüder innerhalb und außerhalb der Priesterbruderschaft: Hüten wir uns davor, so wie Giuseppe Siri zu verfahren, und reagieren wir so wie Giuseppe Sarto mit seinen herrlichen Verurteilungen der modernistischen Irrtümer in seinen Lehrschreiben Pascendi, Lamentabili und Notre charge apostolique über den Sillon. Und um die Gnade geschenkt zu bekommen, welche wir für die gewaltigste Krise in der gesamten Kirchengeschichte benötigen, müssen wir auch gewaltig beten.

Liebe Laien: Wenn die Greuel des modernen Lebens Sie „hungernd und dürstend nach Gerechtigkeit“ machen, so frohlocken Sie möglichst darüber, denn genau diese Greuel halten Sie an, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Und seien Sie ohne Zweifel, daß Sie durch Ihr Ausharren im Hunger nach Gerechtigkeit am Ende „Ihren Lohn erhalten werden“ (Matthäus 5,6). Selig die Armen im Geiste, die Sanftmütigen und die Trauernden, sagt unser Herr an derselben Stelle. Als sichersten Schutz vor der Übernahme unseres Verstandes und Herzens durch den liberalen Wahn beten Sie täglich fünf, oder am besten fünfzehn, Geheimnisse des Hl. Rosenkranzes unserer Allerseligsten Jungfrau Maria.

Kyrie eleison.

Dunkle „Aufklärung“

Dunkle „Aufklärung“ posted in Eleison Kommentare on April 28, 2012

Unabhängig davon, ob die Priesterbruderschaft St. Pius X. sich nun dafür oder dagegen entscheidet, unter Umgehung der glaubenslehrmäßigen Uneinigkeit ein rein praktisches Abkommen mit den römischen Konzilskirchenbehörden zu schließen, müssen alle um ihr ewiges Seelenheil Bemühten möglichst genau verstehen, was auf dem Spiel steht. In diesem Zusammenhang sandte ein Freund mir jüngst eine großartige Darstellung des Kernproblems:

„In den Jahren 2009 bis 2011 führten Vatikanexperten und vier Bruderschaftstheologen sogenannte „Glaubensgespräche“ durch. Diese Gespräche machten deutlich, wie sehr die römischen Behörden an den Lehren des Zweiten Vatikanum festhalten. Dieses Konzil versuchte, die katholische Lehre mit dem aus der „Aufklärung“ des 18. Jahrhunderts entwickelten Menschenverständnis zu versöhnen.“

„Deshalb erklärt das Konzil, daß der Mensch aufgrund der Würde seiner Natur das Recht besitze, die Religion seiner Wahl zu praktizieren. Dementsprechend müsse die menschliche Gesellschaft die Religionsfreiheit schützen und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen einrichten. Sodann seien diese Religionen zum ökumenischen Dialog eingeladen, weil sie alle ihren eigenen Anteil an der Wahrheit besäßen.“

„Im Ergebnis leugnen diese aufklärerischen Prinzipien, daß Jesus Christus wahrhaftig Gott ist und daß seine Offenbarung – die zu hüten der Kirche obliegt – von allen Menschen und allen Gesellschaften angenommen werden muß. Somit widerspricht die Lehre von der Religionsfreiheit, wie im Konzilsdokument Dignitatis Humanae in Abschnitt 2 ausgedrückt, den Lehren von Papst Gregor XVI. in Mirari Vos, von Pius IX. in Quanta Cura, von Leo XIII. in Immortale Dei und von Pius XI in Quas Primas. Und die dogmatische Konstitution über die Kirche im Abschnitt 8 von Lumen Gentium, wonach die göttliche Vorsehung nichtkatholische Religionsgemeinschaften als Mittel zum Heil benutze, widerspricht den Lehren von Papst Pius IX. im Syllabus, von Leo XIII. in Satis Cognitum und von Pius XI. in Mortalium Animos.“

„Diese neuen Glaubenslehren, die zusammen mit vielen anderen Lehren im Widerspruch zur formalen und einhelligen Lehre der vorkonziliaren Päpste stehen, können im Hinblick auf das katholische Dogma nur als häretisch bezeichnet werden.“

„Weil die Einheit der Kirche auf der Unversehrtheit des Glaubens beruht, kann die Priesterbruderschaft zu keinem Abkommen – und sei es rein „praktischer“ Natur – mit den Vertretern dieser neuen Glaubenslehren gelangen.“

Wenn mein Freund diese Bewegung der intellektuellen Emanzipation des 18. Jahrhunderts, auch „Aufklärung“ genannt, als Grund für das Scheitern der Kirchenmänner des 20. Jahrhunderts bezeichnet, so folgt er dabei lediglich Erzbischof Lefebvre. Dieser hatte ein halbes Jahr vor seinem Tode vor seinen Priestern dieselbe Aussage getroffen: „Je mehr man die Dokumente des Zweiten Vatikanum untersucht . . . desto mehr wird einem klar, worum es geht: . . . um eine komplette Perversion des Geistes und um eine ganz neue Philosophie, die auf der modernen Philosophie und auf dem Subjektivismus beruht . . . . Es ist eine komplett andere Auffassung von der Offenbarung, vom Glauben, von der Philosophie . . . . Es ist wahrhaft erschreckend.“

Doch wie kann der Mensch nun seinen Geist wieder Gottes Wirklichkeit unterwerfen? Eine Möglichkeit ist, die von meinem Freund eingangs erwähnten päpstlichen Lehrschreiben zu besorgen und genau zu lesen. Sie wurden zwar für Bischöfe geschrieben, aber die Konzilsbischöfe sind unzuverlässig. Heute müssen die Laien also ihre geistliche Ausbildung selbst in die Hand nehmen – und ihren eigenen Rosenkranz.

Kyrie eleison.

Dem Chaos entgegnen

Dem Chaos entgegnen posted in Eleison Kommentare on Februar 18, 2012

Aufmerksame Leser der „Eleison Kommentare“ (EC) bemerkten kürzlich vielleicht eine scheinbare Unvereinbarkeit. Denn einerseits verurteilten die „Kommentare“ stets das Moderne in der Kunst (z.B. in EC 114, 120, 144, 157, usw.). Doch andererseits bezeichneten sie letzte Woche den anglo-amerikanischen Schriftsteller T.S. Eliot als „Erz-Modernisten“ und lobten ihn für seine Einführung einer neuen Form der Poesie, welche besser zur Neuzeit paßt und dabei doch chaotisch ist.

Die „Kommentare“ haben oft betont, daß das Moderne in der Kunst stets von Mißklang und Häßlichkeit geprägt ist, weil der moderne Mensch sich immer stärker für ein Leben ohne oder sogar gegen Gott entscheidet – welcher doch sowohl Ordnung als auch Schönheit in seine gesamte Schöpfung hineingelegt hat. Allerdings ist diese Schönheit und Ordnung heute so sehr unter dem Prunk und den Machwerken der gottlosen Menschen begraben, daß Künstler allzu leicht glauben können, es gäbe beides gar nicht mehr. Wenn ihre Kunst sich dann an ihrer Wahrnehmung von Umgebung und Gesellschaft ausrichtet, so wird nur ein außergewöhnlicher moderner Künstler noch überhaupt etwas von der göttlichen Ordnung erfassen, welche unter der ungeordneten Oberfläche des modernen Lebens liegt. Die meisten modernen Künstler haben allerdings die Ordnung aufgegeben und schwelgen gemeinsam mit ihren Kunden in der Unordnung, also im Chaos.

Eliot hingegen wurde im späten 19. Jahrhundert geboren und aufgezogen – zu einer Zeit also, wo die Gesellschaft noch relativ geordnet war. Und während er in den USA eine gute, klassische Ausbildung erhielt, träumten erst wenige Bösewichte im Verborgenen davon, die Ausbildung generell durch die Abrichtung auf unmenschliche Lehrstoffe zu ersetzen. Zwar dürfte Eliot kaum einen oder gar keinen Zugang zur wahren Religion gehabt haben, doch wurde er in ihre seit dem Mittelalter entstandenen „Nebenprodukte“ bestens eingeführt: in die musikalischen und literarischen Klassiker des Westens. In diesen spürte er und vertiefte sich in eine Ordnung, welche seiner Umgebung fehlte. Deswegen konnte Eliot jene tiefgehende Unordnung des angehenden 20. Jahrhunderts so gut erfassen, welche dann im Ersten Weltkrieg (1914–1918) nur noch aufbrechen mußte. So entstand dann im Jahre 1922 sein Gedicht Das wüste Land.

Eliot ist allerdings weit davon entfernt, durch dieses Gedicht in der Unordnung zu schwelgen. Im Gegenteil haßt er sie ganz klar und unterstreicht, wie sehr ihr menschliche Wärme und Werte fehlen. Das wüste Land mag zwar nur noch wenige Spuren der westlichen Religion enthalten, verwendet aber am Ende Fragmente der östlichen Religion. Scruton schreibt, daß Eliot mit Sicherheit auf der Spur des religiösen Ausmaßes des ganzen Problems war. Tatsächlich wäre Eliot ein paar Jahre später beinahe katholisch geworden, wäre er nicht durch die Verurteilung der „Action française“ durch Papst Pius XI. im Jahre 1926 davon abgeschreckt worden. In dieser Verurteilung sah Eliot eher das Problem liegen als dessen Lösung. Aus Dankbarkeit gegenüber dem, was England ihm an traditioneller Ordnung vermittelt hatte, legte er sich auf eine unvollständige Lösung fest: Er verband Anglikanismus mit Hochkultur, und trug dazu stets einen Rosenkranz in der Tasche. Nun kann Gott allerdings auch auf krummen Linien gerade schreiben. Wer weiß, wieviele Menschen, bei ihrer Suche nach Ordnung, von Shakespeare oder Eliot ferngeblieben wären, wenn sie gedacht hätten, daß diese – weil sie ganz katholisch gewesen wären – nur vorgefertigte statt am wirklichen Leben ausgerichtete Antworten hätten geben können?

Das mag traurig sein, doch es ist so. Die Menschen mögen wohl auf die eine oder andere Weise sich selbst betrügen, wenn sie vor katholischen Autoren oder Künstlern zurückschrecken aufgrund der Annahme, daß diese nicht an das wahre Leben sich halten würden. Dieser Entschuldigung keinen Raum zu geben, ist Aufgabe der Katholiken: Zeigen wir Katholiken also durch unser Beispiel, daß wir es uns geistig eben nicht gemütlich gemacht haben durch künstliche Lösungen, welche notwendigerweise der Tiefe der heutigen Probleme nicht gerecht werden. Wir sind keine Engel, sondern irdische Geschöpfe, denen allerdings der Himmel offensteht, wenn wir nur unser heutiges Kreuz auf uns nehmen und unserem Herrn Jesus Christus nachfolgen. Nur solche Nachfolger Christi können die Kirche und die Welt erneuern!

Kyrie eleison.

Unfaßbare Hybris

Unfaßbare Hybris posted in Eleison Kommentare on Februar 19, 2011

Unheilspropheten sind zwar unbeliebt, doch wenn sie zu den Dienern Gottes zählen, so müssen sie die Wahrheit aussprechen. Einige Personen mögen einwenden, daß solche Diener weder die Politik noch die Wirtschaft behandeln sollten. Doch wie sieht es aus, wenn die Politik zu einer Ersatz-Religion geworden ist; notwendigerweise zu einer falschen Religion, weil der Mensch an die Stelle Gottes gestellt wird? Und wie steht es, wenn die Wirtschaft bzw. das Finanzsystem viele Menschen in den Hunger treiben wird? Dürfen dann Gottesdiener nicht fragen, wie diese Menschen noch ein tugendhaftes Leben führen sollen, wenn ihnen die notwendigsten Lebensgrundlagen fehlen werden? Ist denn das tugendhafte Leben der Menschen kein Anliegen solcher Diener Gottes?

Aus diesem Grunde erlaube ich mir, einen bemerkenswerten Absatz eines Reporters im angesehenen „Wall Street Journal“ zu zitieren. Dieser Reporter berichtete kürzlich, wie er im Sommer 2006 von einem leitenden Berater des damaligen Präsidenten Bush dafür gescholten wurde, daß er einen kritischen Artikel über eine ehemalige Leiterin des Kommunikationswesens im Weißen Haus geschrieben hatte. Der Reporter schreibt, daß er damals noch nicht vollständig begriffen hatte, was der Berater ihm ganz offen sagte. Erst im Nachhinein erkannte er das Gesagte als das Wesentliche der Bush-Präsidentschaft. Im folgenden gibt der Reporter die wesentlichen Worte des Beraters wieder:—

Leute wie dieser Reporter, sagte der Berater zu ihm, leben „in der – wie wir sagen – wirklichkeitsbasierten Gemeinschaft. D.h. Leute wie Sie glauben daran, daß aus dem umsichtigen Untersuchen der erkennbaren Wirklichkeit dann Lösungen hervorgehen.“ Der Reporter sollte diese gestrigen Grundsätze vom Aufnehmen der Wirklichkeit vergessen. Denn „ so funktioniert die Welt nicht mehr. Wir sind nun ein Imperium, und durch unser Handeln schaffen wir unsere eigene Wirklichkeit – umsichtig, wenn Sie so wollen, aber wir werden erneut handeln und somit wieder andere, neue Wirklichkeiten erschaffen, welche Sie wiederum untersuchen können. Auf diese Weise wird alles ins Lot gebracht. Wir sind es, die wir die Geschichte machen . . . . Und Ihnen, Ihnen allen, wird nur das zu untersuchen übrigbleiben, was wir tun.“ (siehe Beitrag auf www.321gold.com vom 2. Februar 2011 namens „We are Victims of a Financial Coup d’Etat“ von Catherine Fitts. Zu deutsch: „Wir sind Opfer eines Finanz-Staatsstreichs.“)

Hier moralisiere nicht ich darüber, daß die moderne Welt auf Phantasie baut. Sondern ein innerster Vertrauter aus Washington prahlt damit, wie die moderne Welt auf der Basis von Phantasie funktioniert. Entsprechen denn seine Worte nicht genau jenen Erfindungen, beispielsweise „9/11“ (11. September 2001 in New York) und Saddam Husseins „Massenvernichtungswaffen,“ welche „geschaffen“ wurden, um damit eine Politik zu rechtfertigen, die anders nicht gerechtfertigt werden konnte? Die Arroganz hinter einer derartigen Verachtung der Wirklichkeit und der Menschen, welche die Wirklichkeit anerkennen, ist atemberaubend.

Die antiken Griechen waren Heiden ohne Kenntnis des geoffenbarten Gottes. Jedoch hatten sie ein klares Verständnis von jener Wirklichkeit, welche den moralischen Rahmen von Gottes Weltall ausmacht, das – wie die Griechen meinten – von den Göttern regiert wird. Jeder Mensch, und sogar jeder Held, welcher wie dieser Bush-Berater diesen Rahmenbedingungen trotzt, würde sich der „Hybris,“ das heißt des Aufbäumens gegen seinen gebührenden menschlichen Rang schuldig machen, und entsprechend von den Göttern zerquetscht werden.

Liebe Katholiken, wenn Sie denken, daß die Gnade die Natur abschaffe, dann sollten Sie besser von den Heiden aus alten Zeiten erneut jene Lektionen über die Natur lernen, welche heute nötiger sind als jemals zuvor. Studieren Sie den Xerxes in Aischylos’ Persae, den Kreon in Sophokles’ Antigone, den Pentheus in Euripides’ Bacchae. Mit Sicherheit sollten Sie den Rosenkranz beten; doch lesen Sie auch die berühmten Klassiker, pflanzen Sie Kartoffeln an und bezahlen Sie Ihre Schulden ab, sage ich!

Kyrie eleison.

Traditionelle Infektion

Traditionelle Infektion posted in Eleison Kommentare on Januar 29, 2011

Der Liberalismus ist eine ungeheuerliche Krankheit. Sie vermag selbst die besten Köpfe und Herzen verrotten zu lassen. Kurz und bündig definiert ist der Liberalismus die Befreiung des Menschen von Gott. Obwohl er uralt ist, war er noch nie so tiefgehend, weitverbreitet oder scheinbar normal wie heute. Nun ist die Religionsfreiheit der Kern des Liberalismus – denn was nützte es, von allem und jedem befreit zu sein, wenn nicht von Gott? Als Papst Benedikt XVI. vor drei Wochen darüber klagte, daß „auf der ganzen Welt die Religionsfreiheit bedroht sei,“ zeigte dies, daß er mit Sicherheit vom Liberalismus infiziert ist. Doch selbst die Nachfolger der katholischen Tradition können nicht sicher sein, daß sie gegen diese Krankheit immun sind. Im folgenden zitiere ich einen Brief, den ein Laie aus Europa vor einigen Tagen mir sandte:—

„Lange Zeit, ungefähr 20 Jahre lang, war ich liberal geprägt. Durch die Gnade Gottes durfte ich bei der Priesterbruderschaft St. Pius X. mich bekehren. Doch zu meinem Schock habe ich eine liberale Haltung sogar teilweise innerhalb der Tradition vorgefunden. Denn noch immer wird gesagt, man solle die derzeitige Situation nicht so schlimm sehen. Die Freimaurerei wird als Feind der Kirche kaum erwähnt, weil das persönlichen Schaden anrichten würde. Also wird so getan, als wenn im großen und ganzen in der Welt alles noch in Ordnung wäre.

Manche Traditionalisten empfehlen sogar, den Leidensdruck, welcher ein traditionstreuer Katholik ohnehin hat, mit Psychopharmaka zu begegnen; und um sich das Leben leichter zu machen, empfehlen sie, sein Glück bei Ärzten zu suchen.

Die Folge dieser Vorgehensweise ist eine Gleichgültigkeit, welche der Nährboden für den Liberalismus ist. Plötzlich ist es dann auf einmal nicht mehr so schlimm, die neue Messe zu besuchen, mit den Modernisten gemeinsame Sache zu machen, seine Prinzipien jeden Tag zu ändern, seinen Glauben nicht mehr öffentlich zu bekennen, auf einer staatlichen Universität zu studieren, dem Staat zu vertrauen und davon auszugehen, daß es ja ohnehin alle nur gut meinen.

Unser Herr Jesus Christus hat es mit harten Worten ausgesprochen: Die Lauen wird er „ausspeien aus seinem Munde“ (Offenbarung 3,16). Es mag paradox klingen, doch die größten Feinde der Kirche sind die liberalen Katholiken. Es existiert sogar ein liberaler Traditionalismus!“ (Ende des Zitates.)

Was ist nun das Heilmittel gegen dieses Gift, welches jeden von uns bedroht? Zweifellos die heiligmachende Gnade (Römer 7,25) – denn sie reinigt den Verstand von Verwirrung und stärkt den Willen, damit er tut, was der Verstand als richtig erkennt. Doch wie kann ich der heiligmachenden Gnade sicher sein? Das gleicht der Frage: Wie kann ich ausharren bis zum Ende, um gerettet zu werden? Die Kirche lehrt, daß es keine Garantie für die endliche Ausharrung gibt, weil sie ein Geschenk – oder besser: das Geschenk – Gottes ist. Jedoch kann ich stets den heiligen Rosenkranz beten: durchschnittlich fünf Geheimnisse pro Tag, doch besser fünfzehn, falls halbwegs möglich. Wer das tut, folgt der Bitte der Gottesmutter an uns alle – und sie hat eine geradezu unbegrenzte mütterliche Verfügungsgewalt über ihren Sohn, unseren Herrn und Gott, Jesus Christus.

Kyrie eleison.